21. Anthony, der einfach nach Hause gegangen ist

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„Brauchst du noch irgendwas? Ein Glas Wasser, etwas zu Essen, die BRAVO?“, säuselt Toby übertrieben und mehr als nicht Ernst gemeint, während er mich auf dem Bett absetzt.

„Neue Klamotten wären nicht schlecht“, antworte ich nüchtern und er geht an meinen Schrank. Ziemlich zielsicher zieht er eins von den neuen Shirts und eine kurze Hose raus. Er wirft beides neben mich auf die Bettdecke und kniet sich vor mich. Dieser ach so nicht weite Weg nach Hause hat mich geschlaucht und ich will eigentlich nur noch schlafen.

„Müde, hm?“, murmelt er jetzt schon fast verständnisvoll. Ich nicke und fühle mich wie ein Kleinkind. Er greift nach meinem vollgebluteten Oberteil und zieht es mir über den Kopf.

„Das ist normalerweise der Moment, wo du das Mädel küsst“, grinse ich ihn an und er grinst zurück. Er nimmt das Shirt in die eine Hand und küsst mich auf die Wange.

„Zufrieden?“, fragt er und zieht mich hoch, damit ich die auch mehr oder minder eingesaute Hose ausziehen kann.

„Passt“, lache ich und er hilft mir in die anderen Klamotten. Mir fehlt einfach die Kraft und lustlos bin ich auch.

„Wie spät ist es?“, nuschele ich und bekomme Durst.

„Keine Ahnung. Sieben oder so“, rät Toby und holt sein Handy aus der Hosentasche und nickt bestätigend. Vorsichtig stehe ich auf und stelle fest, dass mir der Blutverlust doch etwas mehr zu schaffen macht, als gedacht. Meine Wangen tun weh und mir ist leicht schwindelig.

„Wo willst du hin?“, fragt er und betrachtet mich misstrauisch.

„Duschen. Und was trinken“, murmele ich, doch plötzlich wackelt alles so sehr, dass ich mich nicht auf den Beinen halten kann. Ein Arm legt sich um meine Hüfte und hält mich vor dem Fallen.

„Kannst du doch auch morgen machen“, sagt Toby leise und zieht mich wieder auf die Matratze. Dann verschwindet er kurz und kommt mit einer Wasserflasche wieder.

„Und jetzt pennst du erstmal, okay? Wenn was ist, rufst du mich oder Mom!“

„Wohl eher dich“, flüstere ich und schließe die Augen.

Als ich aufwache, tut mir so ziemlich alles weh. Mein Kopf schmerzt und mir ist unglaublich warm. Das kenne ich. Wenn ich im Krankenhaus zu viel Flüssigkeit verloren habe, trat häufiger Schüttelfrost oder so eine Scheiße ein. Bestätigt mal wieder, dass ich wohl doch ein bisschen zu lange geblutet habe. Herzliche Glückwunsch, Zoe. Ich versuche nach Toby zu rufen, aber meine Stimme ist ziemlich dünn und fast hätte ich mich selbst ausgelacht. Na toll, da sagt er ich kann ihn rufen, wenn ich ihn brauche und dann hört er mich nicht. Während ich aus dem Bett steige, stelle ich fest, dass mein ganzer Körper zittert. Das kann ich nicht unterdrücken, konnte ich noch nie. Mehr schlecht als recht wanke ich aus meinem Zimmer und zu Toby' s. Meine Blickränder verschwimmen etwas und färben sich bunt. Alles ist so heiß, so unglaublich heiß. Mit einem Ruck drücke ich die Klinke runter und stolpere schon fast hinein. Unerwartet begegne ich nicht zwei, sondern vier Augenpaaren. Anthony. Anthony ist da. Was macht der denn hier? Es ist mitten in der Nacht, morgen ist für jeden normalen Mensch Arbeit oder Schule und die zocken schon wieder. Oder dröhnen sie sich zu? Wohl eher ersteres. Zunächst sagt niemand etwas. Ich halte mich im Türrahmen fest und die beiden halten ihre Controller. Wortlos steht Toby auf und kommt zu mir. Er ist größer als ich und daher muss ich aufsehen, als er vor mir steht.

„Zoe, was ist los?“, fragt er leise und ich spüre die Hitze in mir aufwallen und den kalten Schweiß, wie er meinen Rücken runter läuft. Er wartet auf eine Antwort, aber ich kann nicht. Er berührt leicht meinen Arm und zuckt dann zusammen. Ruhig aber besorgt hält er meinen Blick fest und legt dann seine Hand an meine Wange.

„Zoe, du hast Fieber“, informiert er mich. Ach was, vielen Dank für die Information. Die Farben werden immer mehr und ich drohe leicht in den Knien einzuknicken.

„Komm, ich bring dich rüber“, murmelt er sanft und will meine Hand von der Tür lösen.

„Ich trage dich, okay?“, fragt er und hebt mich hoch. Das verstehe selbst ich nicht. So extrem ist es sonst auch nicht. Vielleicht bilde ich mir das hier auch ein und träume eigentlich. Kann ja sein. Dafür ist das erschreckend real.

„Kann ich irgendwas tun?“, ruft Anthony hinterher.

„Bring mir mein Handy!“, antwortet Toby und legt mich vorsichtig in mein Bett. Er reicht mir die Flasche und wartet auf Anthony, der uns folgt.

„Ich ruf Dad an, okay?“, informiert er mich und Anthony reicht ihm sein Handy, bevor er sich stumm auf meinen Schreibtischstuhl setzt und uns beobachtet. Ich höre nicht zu, während Toby redet. Er ist sehr leise und sehr schnell. Ich höre nur, wie er auflegt und mich dann ansieht.

„Dad sagt, wenn das Fieber zu hoch ist sollen wir ins Krankenhaus. Er meint, das kommt nicht vom Blutverlust“, sagt er und steht auf, um draußen nach Mom zu rufen. Den Rest bekomme ich nur am Rande mit. Toby zieht mir noch eine Strickjacke über, bevor er mich Mom folgend zum Auto trägt und ich innerlich schreiend meinen Körper verfluche. Es war doch nur gottverdammtes Nasenbluten und keine Amputation von zwei Armen und dem rechten Bein. Nasenbluten verdammt. Da sind lauter Lichter über meinem Gesicht und mein Oberkörper liegt auf Toby' s Schoß.

„Wo ist Anthony?“, flüstere ich und erwarte eigentlich nicht, dass er mich verstanden hat.

„Er ist nach Hause gegangen, Babe“, antwortet Toby klar, doch seine Stimme verzerrt sich leicht. Er streicht mir eine Haarsträhne aus meiner verschwitzten Stirn und ich schließe die Augen. Nach Hause. Er ist einfach nach Hause gegangen.

Wie konnten Sie das nur übersehen?“

Wir holen das sofort nach Dr. Morell.“

Wenn sie tatsächlich eine Sepsis hat, werden Sie von mir hören.“

Ich werde durch das mir bekannte aber immer noch äußerst nervtötende Tröpfeln geweckt. Da ist keine Überraschung, als ich die Augen öffne. Wäre doch mal cool gewesen, wenn die Wände bunt oder „Willkommen zurück“ an der Decke gestanden hätte. Oder ein Radio laut das „HAHA“ von den Simpsons eingespielt hätte. Ich habe den Namen von dem Jungen vergessen. Flenders war es nicht. Millhouse auch nicht. Ach scheiß drauf. Dass kein Licht durch die Fenster scheint beweist, dass ich die erste Nacht noch nicht überstanden habe. Zu meiner rechten sitzt Toby. Er hat die Augen halb geschlossen und die Hände in den Jackentaschen vergraben. An dem Tisch, wo die Schwestern immer Wasserflaschen abstellen hat meine Mutter den Oberkörper auf die Tischplatte gelegt. Mir ist nicht mehr übel, liegt wohl an der Infusion. Der Schwindel ist gering, nur heiß ist mir immer noch und meine Stirn ist verschwitzt. Mal vom Rest meines Körpers abgesehen. Toby regt sich langsam und blinzelt. Er braucht einen Moment, um zu realisieren, dass ich wach bin.

„Hey“, murmelt er und lächelt leicht.

„Besser?“, fragt er und ich nicke leicht. Er setzt sich auf, greift nach einem feuchten Tuch auf dem Nachttisch und wischt mir über die Stirn. Seine Hand ist kühl und ich ergreife sie, um das angenehme Gefühl bei mir zu halten.

„Wie lange muss ich hier bleiben? Ich hab geträumt, dass Dad mit irgendeiner Schwester über Sepsisdingsda gesprochen hat“, murmele ich und spüre ein Kratzen im Hals.

„Hast' e nicht, keine Sorge. Dad dachte, dass du 'ne Blutvergiftung hast, weil dein Immunsystem ja angeblich noch schwach ist.“

„Haben die mir einfach Blut abgenommen?“ Er weist auf ein kleines Pflaster an meinem Unterarm.

„Hast Glück gehabt. Dein Fieber kommt von der Produktion neuen Blutes. Das belastet deinen Körper. Bist halt doch 'ne Pussy“, feixt er beim letzten Satz leicht, streicht mir aber über die Wange und ich presse seine Hand an dieser Stelle fest.

„Bleib. So. Die. Ganze. Nacht“, keuche ich und er lächelt leicht.

„Na Gott sei Dank ist die bald vorbei“, grinst er.

„Kann ich was trinken?“, frage ich und er gibt mir eine Glasflasche mit Sprudel. Er legt seine Hand an den Flaschenhals, während ich trinke.

„Ich kann das selber“, stöhne ich, wobei mir das Wasser fast aus der Hand rutscht. Triumphierend hält er sie fest und bewart mich davor, alles in meinem Schoß zu ergießen.

„Du kannst das selber, ja?“, lacht er mich aus und gähnt dann.

„Viel Spaß in der Schule nachher“, grinse ich.

„Als ob ich da hingehe“, zeigt er mir einen Vogel und nahezu gleichzeitig wenden wir unseren Blick der immer noch schlafenden Mom zu. Jaja, manchmal fühle ich mit meinem Bruder auch mit. Eine Schwester kommt leise rein und Toby macht ihr Platz. Sie misst meine Temperatur und trägt etwas auf ihrem Klemmbrett ein. Sie sagt, dass ich späer noch etwas essen kann und der Arzt nochmal vorbei schaut.

„Schlaf noch 'n bisschen, Zoe-Schatz“, murmelt Toby.

„Das sagst du in letzter Zeit oft zu mir.“

„Du packst dich ja auch oft auf die Fresse, Z.“ Er ergreift meine Hand und legt seinen Oberkörper auf meine Bettkante, bevor ich tatsächlich abdrifte.

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