29. Die scheiß Dachschrägen, die Toby auch schon kennt

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Irgendetwas sitzt auf meinem Kopf. Ich komme zu mir und es fühlt sich an, wie eine übergewichtige Seekuh. Nein, es sind zwei. Die beiden drücken gegen meine Schläfen und ich habe das Gefühl zu explodieren. An das, was zuletzt passiert ist, habe ich nur noch wage Erinnerungen. Da war Alkohol, Gras und irgendein Schlag auf meine Stirn. Toby. Er hat mich vollgerotzt. Es muss Blut gewesen sein, es war rot. Was sollte es sonst gewesen sein? Ich traue mich langsam zu blinzeln und finde mich wohl augenscheinlich auf dem Dachboden wieder. Die Schrägen nehmen viel Platz weg und direkt über mir ist ein Pfosten, der diagonal nach oben führt. Sehr flaches Zimmer, da muss ich wohl gegen geknallt sein. Den Fehler begehe ich nicht ein zweites Mal. Abgesehen davon, dass ich sowieso nur in sehr langsamen Bewegungen vorwärts komme. Hier oben ist auch nichts, außer einem Fensterpaar, dem flächigen Bett und einem Nachtschrank. Ich steige aus dem Bett und stelle fest, dass ich kein Oberteil trage. Nur BH und Hose, na super. Mir ist schwindelig und ich kämpfe mich über den Dielenboden. Am Ende des Witzes von Zimmer ist ein Loch im Boden. Ich kann mich nur schwer halten, nicht reinzufallen. Ah, eine Leiter. Richtig klasse. Ich brauche bestimmt eine halbe Ewigkeit für diese dämlichen paar Stufen, bis ich in einem zweiten Zimmer angelange. Scheint beides zur selben Person gehören, nur kann ich mich nicht entsinnen, zu welcher. Der Raum ist auch nicht sonderlich groß. Eine Couch, ein Schreibtisch, ein Stuhl und ein Fernseher. Noch ein Schrank mit einer Anlage oben drauf. Die Wände hier sind eindeutig höher. Der Scherz da oben ist wohl nur zum Schlafen gedacht. Und plötzlich sind da wieder die Augen. Die Grauen Augen, die mir begegnet sind. Die Farbe trifft sich in den Couchkissen wieder. Unheimlich, wie ich Anthony so erkenne. Erst überlege ich mir ein Shirt aus dem Schrank zu klauen, aber das kommt mir so unhöflich vor. Jap, ich hab eindeutig noch Restalkohol. Sonst würde ich mir nicht solche Gedanken über Nettigkeiten machen. Darauf bedacht möglichst langsam zur Tür zu drehen, setze ich einen Fuß vor den anderen. Die sind übrigens auch nackt. Standard in letzter Zeit. Im Krankenhaus durfte ich das nicht. Da habe ich immer Ärger bekommen, wenn ich so über den Flur gelatscht bin. Hygienevorschriften und so einen Mist haben die mir an den Kopf geworfen. Das war schon, als sie mich nicht mehr mochten. Die Krankenschwestern meine ich. Gerade als ich meine Hand an die Türklinke legen will, wird die Tür schön geöffnet und Anthony steht vor mir. Er muss ungefähr so groß wie Toby sein und neigt nun leicht sein Gesicht herab. Ich überlege meine Arme irgendwie zu verschränken, damit ich nicht mehr ganz so nackt bin, aber das scheint mir ziemlich sinnlos.

„Schön, dass die Prinzessin es auch geschafft hat“, feixt er und ich will eigentlich nur noch an ihm vorbei und ein Bad finden. Im Ernst, ich muss pinkeln und er steht im Weg. Unbedingt gerne halte ich mich hier ohnehin nicht auf. Dank meiner momentanen physischen Lage ist es allerdings ein Leichtes für ihn, mich zu seinem Sofa zu schieben und hinzusetzen.

„Immer langsam, du hast da einen ganzen schönen Hieb auf die Stirn bekommen“, meint er seelenruhig undo hockt sich vor mich. Das ist mir unangenehm. Ich, so halbnackt in seinem Zimmer, während er den Beschützer raushängen lässt. Ihn stört das, wie erwartet, nicht im Geringsten und er grinst mich selbstsicher an.

„Will Dornröschen gar nicht wissen, was letzte Nacht passiert ist?“ Klar will ich das wissen, aber selbst die Bitte danach, würde meinen Stolz verletzen. Er fängt ja sowieso an zu plappern.

„Also erstmal brauchst du keine Angst haben. Vergewaltigt habe ich dich nicht.“ Wow, danke für die Erkenntnis.

„Ach was Sherlock.“

„Edwards“, korrigiert er mich und spielt auf das Gespräch vor dem Supermarkt an. Apropros, seine Hand sieht doch wieder ganz ordentlich aus. Gut, er trägt noch immer den Verband, aber schlecht geht es ihm ja anscheinend nicht.

„Wo ist mein Oberteil?“ Er fährt sich durch die Haare und ich frage mich, was er damit bezwecken will. Blenden wir mal die Tatsache aus, dass er dabei schon wieder lächerlich gut aussieht. Mein Kopf pulsiert, ich bin damit entschuldigt. Ich darf sowas denken, man kann es als Attest betrachten.

„Im Müll.“

„Wirklich?“

„Nein, Toby hat Blut rauf gespuckt und ich habe es erstmal ins Waschbecken gelegt.“ Ah, wo wir gerade bei dem Thema sind. Ich muss wirklich mal dringend aufs Klo.

„Was ist gestern passiert?“, frage ich und versuche mich noch zusammen zu reißen.

„Ihr wart alle ziemlich bekifft. Liam hat mich angerufen, als er schon den Krankenwagen für Toby verständigt hat.“ Ich fahre hoch.

„Bitte was?“, werde ich laut, aber schlenkere gefährlich und falle zurück auf die Couch.

„Halb so wild, wir gehen ihn nachher besuchen. Der Notarzt meinte, es ist nichts Ernstes.“ Achja, deswegen ist er jetzt im Krankenhaus.

„Und warum haben die mich nicht mit genommen?“ Er setzt sich neben mich.

„Toby wollte das nicht. Deswegen hat er ja Liam gesagt, er soll mich anrufen. Er wollte, dass dich und Liam mitnehme, damit dein Dad nichts mitbekommt“, informiert er mich.

„Und wo ist Liam jetzt?“, frage ich.

„Keine Ahnung, du warst bewusstlos und ich war damit beschäftigt die Sanitäter davon zu überzeugen, dass es dir gut geht. In der Zeit muss er sich verpisst haben. Keine Ahnung, wo der hin ist.“ Toll, Toby ist im Krankenhaus. Liam verreckt wahrscheinlich gerade in irgendeinem Mülleimer am Straßenrand und ich mache mir gleich in die Hosen.

„Ich muss mal wohin“, erkläre ich ihm. Er nickt kurz und zieht mich dann hoch. Nicht so schnell, junger Mann. Immer mit der Ruhe. Meine Blase platzt, aber der Kopf ist wohl wichtiger für mein Überleben. Das Bad ist direkt neben Anthonys Zimmer und ich erledige schnell, was fast schiefgegangen wäre. Und das wäre wohl mehr als peinlich gewesen. Als ich wieder den Flur betrete, ist es still und es dauer einen Moment, bis Anthony mir entgegen kommt. Er drückt mir ein Shirt in die Hand. Bräuchte ich es nicht dringend, würde ich es ablehnen, aber langsam wird es echt unangenehm obenrum. Es passt ganz gut, sitzt halt locker. Er schlägt vor zu Toby zu fahren und ich schlage vor, erstmal ihn per Telefon zu kontaktieren. Auch das dauert eine Ewigkeit, aber als er abnimmt, bin ich mehr als erleichtert.

„Toby?“

„Zoe?“ Ich atme aus. Er lebt. Gott sei Dank, der Typ schuldet mir noch was. Er ist mein Bruder, irgendwas gibt es da ja immer.

„Wo bist du?“

„Bist du bei Anthony?“ Ich stöhne auf.

„Lass den Scheiß, ich hab dich zuerst gefragt!“ Er lacht gequält, ihm geht’s echt schlecht.

„Ich wurde entlassen. Vor ein paar Stunden und jetzt hatte ich eigentlich vor schlafen zu gehen.“ Das verstehe ich jetzt nicht. Erst rotzt er mich an, dann ist es angeblich nichts Ernstes und jetzt ist er schon wieder Zuhause. Was war denn verdammt nochmal los? Da besteht dringender Gesprächsbedarf.

„Bleib wach, ich komme!“, räume ich jeglichen Diskussionsspielraum aus dem Weg.

„Weißt du eigentlich, wo du gerade bist, Zoe-Schatz?“, fragt er süßlich und ich ziehe die Augenbrauen hoch. Selbst das schmerzt. Anthony beobachtet mich und ich mustere ihn jetzt.

„Wo wohnst du?“, flüstere ich ihm zu und er grinst leicht.

„Ich fahre dich.“ Ich weiß nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll.

Anthony hat mich verarscht. Da er weiß, dass ich nicht sonderlich weit kommen kann mit meinem Kopfdröhnen, kann er das auch. Und er genießt es. Wie ich auf seinem Gepäckträger sitze und mich an ihm festhalte. Er ist ein absoluter Spacken. Mein Arsch tut weh, meine Schläfen brennen. Anthony lacht, fick dich doch Welt. Anthony wohnt auf der anderen Seite des Sportplatzes und dann nur noch ein paar Minuten entfernt. Das Viertel ist sozusagen um das Feld rum aufgebaut. Erst lässt er sich Zeit, aber als ich ihm androhe, ihn anzukotzen, tritt er schneller in die Pedalen. Vor dem Gartentor steige ich ab und er will mich noch zur Veranda führen, aber ich schicke ihn weg. Endlich ist der Typ weg. Die Tür ist offen, wie immer eigentlich. In der Küche ist niemand, aber Dad sitzt im Wohnzimmer. Ist ja schließlich Sonntag, da geht selbst er nicht arbeiten. Zumindest meistens. Er schaut irgendwas im Fernsehen und trinkt dabei Bier.

„Wie war es bei Emily?“ Erst muss ich nachdenken, wen er meint. Emily. Olga. Achso.

„War nett. Haben uns gegenseitig Flechtfrisuren gemacht und Bhs untereinander getauscht“, versuche ich trocken zu reagieren. Er dreht sich nicht um, er hat mich gehört.

„Hört sich gut an“, antwortet er reserviert, als würde er mir gar nicht zuhören. Ich gebe auf und steige in wohl bedachter Geschwindigkeit die Treppe rauf. Ich muss schon wieder auf die Toilette und wasche mir danach das Gesicht. Nicht, dass ich verschmierte Schminke hätte oder so, nein, aber ich sehe mir selbst nicht ähnlich. Liegt wohl an Anthonys Shirt. Es steht mir nicht, ich mag es nicht. Ich muss es ausziehen, aber erstmal muss Toby mir einiges erklären. Ich verlasse das Bad und halte mich nicht am Klopfen auf, sondern gehe gleich in sein Zimmer. Er hat auf mich gewartet und sitzt auf seinem Bett. Er hat mehrere Kratzer im Gesicht und ein großes Pflaster klebt auf seiner Stirn. Er nimmt mich in den Arm und dann erzählt er. Nur eine Gehirnerschütterung. Das Blut; das, das er auf mein Shirt gespuckt hat, kann er selbst nicht zuordnen. Wir beschließen einfach, dass er vielleicht Nasenbluten oder sowas hatte. Er sagt, er ist wohl doch etwas stärker auf die Fresse geflogen bei der Aktion mit Liam letzte Nacht. Da, wo sie der Meinung waren, sich gegenseitig besteigen zu müssen. Wie die Tiere, also wirklich. Er sagt, man habe ihm erklärt, es komme vom Gras, dass er das erst nicht bemerkt hat. Das Blut und die Schmerzen.

„Weißt du, wo Liam ist?“, fragt er mich und wir müssen beide lachen.

„Der taucht schon wieder auf“, meine ich und er stimmt mir zu. Immerhin hat er es ja noch geschafft, Anthony anzurufen, damit der mich abholt. Anthony.

„War' s schön mit Tony?“, feixt Toby und stupst mich in die Seite. So viel Zärtlichkeit, ist ja unnormal.

„Wegen ihm bin ich ein zweites Mal ohnmächtig geworden.“ Toby scheint zu wissen, was ich meine.

„Die scheiß Dachschrägen, 'ne?“, grinst er und ich nicke.

„Da bin ich auch schon das eine oder andere Mal aufgewacht. Die Gründe sind mir heute noch unbekannt. Und ehrlich gesagt will ich sie auch gar nicht kennen.“ Verstehe ich, Fantasie reicht da schon. Er schiebt das natürlich auf den Alkohol. Er blinzelt ungewöhnlich oft und ich will aufstehen. Ihn schlafen lassen. Er ist krank und ich will auch pennen. Vielleicht hören dann die Kopfschmerzen auf. Aber er zieht mich neben sich und legt sich dann schweigend auf die Matratze. Ich könnte niemals so vertraut neben einem anderen Typen einschlafen, wie neben ihm.

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