50. Toby, mein Verräterbruder

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Ginger und ich beobachten Matty dabei, wie er zum zehnten Mal von rechts nach links mit seinem Steckenpferd über die Bühne latscht. Birch ist nicht zufrieden. Und Ginger kann sich nicht mehr zusammenreißen ernst zu bleiben. Sie fängt bei seinem Pferdchensprung an zu lachen und erntet dafür einen bösen Blick von Jesus.

„Wir tun hier nichts, wofür man sich schämen muss, Matty. Bitte nochmal!“, fordert er dann meinen beleidigten -ja, was ist er denn eigentlich- irgendwas dazu auf, die Sache zum elften Mal zu hoppeln.

„Können wir nicht einfach zur nächsten Szene?“, fragt Matty und legt kurz genervt den Kopf in den Nacken. Doch Birch bleibt hart, Matty genervt und Ginger kippt zur Seite auf den Nachbarstuhl. Sie lacht so sehr, dass sie sich verstecken muss, um Matty nicht noch mehr zu provozieren.

„Und vergiss deinen Text nicht“, erinnert Birch ihn und das senkt die Laune noch mehr. Matty wackelt los und faselt irgendwas von wegen, dass er ein schönes Mädchen, nein, das schönste Mädchen sucht, weil er sie liebt. Toby kommt vom Bühnenabgang und setzt sich zu uns. Weil es heute so warm ist, muss er keine Strumpfhosen tragen und daher legt er seine Füße auf die Lehnen der Stühle vor uns.

„Hey, du hast ja endlich Haare an den Beinen. Du wirst erwachsen, Toby. Die Pupertät hat zugeschlagen“, bemerke ich flüsternd. Er sieht mich nur an, grinst und greift nach meinen blonden Strähnen, die immerhin mehrere Zentimeter lang sind.

„Du auch“, sagt er dann. Wieso gewinnt er bei sowas immer? Naja gut, ich habe es ja irgendwie provoziert und Konter sind eigentlich immer besser. Auf der Bühne zieht Matty mittlerweile allen möglichen Weibern den Turnschuh an, den wir für die Proben benutzen. Ginger ist auch eine von ihnen.

„Zoe, dein Auftritt“, ruft plötzlich Birch und ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Hektisch blättere ich in meinem Skript und stelle fest, dass jetzt die Szene kommt, in der Matty mich findet. So weit sind wir schon? Ich klettere auf die Bühne und starre auf meinen Text. Die paar Zeilen sind schnell gesagt, ein bisschen Geschnulze und Schleimerei von Matty. Ich bin natürlich tooootal schüchtern und zurückhaltend. Szene zu Ende, ich will abgehen.

„Du hast da was vergessen“, hält Matty mein Handgelenk fest. Ich sehe nochmal in meine lose Blättersammlung und sehe das in Kursiv geschriebene.

„Das müsst ihr nicht heute...“, beginnt Birch, doch offensichtlich muss mein Partner das, denn er umschlingt mit der Hand, in der er sein Skript hält meine Hüfte und küsst mich. Das geht so schnell, dass ich die Augen schließe und es geschehen lasse. Als ich sie wieder öffne, ist es immer noch dunkel. Was ist denn jetzt los.

„Licht?“, höre ich Birch rufen. Irgendwo links von uns höre ich etwas klappern und dann auf den Boden krachen. Dadurch, dass die Vorhänge zu der Fensterfront zugezogen sind, ist es wirklich stockdunkel. Matty lässt meine Hüfte los, greift aber nach meiner Hand.

„Moment“, höre ich Liam rufen. „Wir haben da ein kleines Problem“, setzt er noch hinten ran und dann spüre ich kurz ein weiteres Mal Mattys Lippen auf meinen. Nicht lange, nicht mal eine Sekunde. Als ob ich sonst Angst hätte, als ob ich sonst anfangen würde zu heulen. Im Zuschauerraum fangen die ersten an zu meckern, weil mittlerweile bestimmt eine Minute vergangen ist.

„LICHT“, brüllt jemand und dann geht es wieder an. Matty steht neben mir, ich drücke seine Hand und er lächelt mich an.

„Ich hätte es auch so geschafft“, grinse ich und lasse ihn los. Er verengt die Augen etwas, schüttelt dann kurz den Kopf und sieht auf meine Hand.

„Ach, das meinst du“, sagt er und verwirrt mich damit.

„Gut Leute, wir haben heute sehr viel geschafft. Die letzten Szenen arbeiten wir dann das nächste Mal durch und dann festigen wir das nur noch“, entlässt uns Birch dann jedoch und wir gehen von der Bühne. Die Probe ist vorbei und wir gehen. Anthony habe ich nach dem einen Zwischenfall nicht mehr gesehen. Er geht auch nicht über den Campus, als wir in Mattys Auto einsteigen. Sein Motorrad parkt an seinem gewohnten Platz, als wir fahren.

Es kommt mir so vor, als hätte ich meine Mutter seit Tagen nicht mehr gesehen. Also nicht, dass sie plötzlich einen riesigen Bauch hätte, aber ich bin ihr scheinbar gut aus dem Weg gelaufen, seit sie bekanntgegeben hat, dass sie schwanger ist. Von wem auch immer, das wüsste ich auch noch gerne. Doch als Toby und ich Zuhause ankommen, kocht sie. Kommt heute noch so 'ne Nachricht? Ist Dad gestorben? Oder ist seine Affaire auch tragend? Oder auch gestorben? Hat Mom vielleicht rausgefunden, wer der Vater ihres Kackarschs ist? Ich überlege, welche Nachricht mich am meisten freuen und am meisten zerstören würde.

„Hast du einen neuen Lover?“, frage ich sie, als sie gerade irgendwas in der Pfanne wendet und erschrickt, weil sie uns erst jetzt bemerkt hat.

„Das ist nicht witzig, Zoe“, meckert sie und der Herd piept, als sie die Temperatur herab regelt. Dann dreht sie sich um, wischt die Hände an der obligatorischen Schürze ab und verschränkt die Arme vor der Brust. Nope, da ist kein bisschen Baby im Bauch zu sehen.

„Ich dachte mir, es wäre nett, wenn wir wenigstens abends zusammen warm essen“, rechtfertigt sie sich. Ich hole die Cola aus dem Kühlschrank und trinke aus der Flasche.

„Wir haben auch Gläser, Zoe“, klärt Toby mich auf.

„Magst du meine Spucke nicht?“, frage ich, nachdem ich geschluckt habe und er schüttelt sich theatralisch vor Ekel.

„Auf jeden Fall wäre ich euch daher sehr dankbar, wenn ihr abends spätestens um sieben zu Hause seid. Und wenn es halt nur zum Essen ist“, bittet sie und weil ich kein Argument dagegen habe außer „Wir sind keine Familie“ oder „Davon wirst du auch nicht weniger schwanger“, halte ich die Klappe. Sie scheint sich Mühe gegeben zu haben und ich habe Hunger. Das darf ich mir jetzt nicht versauen. Außerdem ist da irgendwas im Ofen. Also im richtigen Ofen, nicht in meiner Mutter. Ich muss also nett sein.

„Können wir irgendwas machen, Mom?“, fragt Toby und ich sehe ihn irritiert an. „Wieso denn wir?“, entgegne ich. Mutter sagt, dass wir den Tisch decken können, damit wir essen, wenn Dad kommt und Toby spielt den Heiligen, indem er genau das tut. Er holt Teller und Gläser und ich wische die Colaflasche oben ab. Job getan, ich bin stolz auf mich.

„Ich habe euch übrigens eine Woche über euren Geburtstag an der Küste gebucht“, sagt sie dann plötzlich und versucht es beiläufig zu sagen. Toby und ich werden in ein paar Wochen achtzehn. In den Sommerferien. Und sie hat uns ausgemietet.

„Ich dachte, dass ihr sicherlich unter euch sein wollt“, zuckt sie mit den Schultern, weil Toby und ich sie anstarren.

„Das ist...“, beginnt mein Bruder und sucht nach Worten. Er stellt den Stapel Teller ab und geht auf sie zu, umarmt sie und beendet mit „nett von dir.“. Das ist es tatsächlich. Verstehe ich nicht. Wo ist der Haken? Wo ist das Uneigennützige? Finde den Fehler, Zoe, finde den Fehler.

„Ich bin nicht so egoistisch wie du vielleicht denkst“, sagt sie, Toby immer noch umarmend, aber den Blick auf mir.

„Ihr sollt einfach eine schöne Zeit haben“, zuckt sie mit den Schultern und mein Verräterbruder löst sich von ihr.

„Und was macht ihr in der Zeit? Macht ihr überhaupt was zusammen?“, frage ich und sie senkt den Blick.

„Wir genießen den Urlaub eures Vaters Zuhause. Hier ist es doch auch schön“, sagt sie und ich warte immer noch. Wo ist der Haken?

„AußerdemerneuernwirunserEheversprechen“, nuschelt sie dann plötzlich sehr schnell, doch ich verstehe sie genau. Ach du Scheiße.

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