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Der nächste Tag beginnt beschissen. Ich bin noch gar nicht richtig wach, da klopft es an meine Tür. Gähnend rolle ich mich aus dem Bett, stolpere zur Tür und blicke einer gut gelaunten Sloan entgegen.

„Guten Morgen, Seven."

„Morgen, Sloan. Was gibt' s?"

„Ich hole dich zur Injektion ab."

Toll. Wirklich klasse. Das wollte ich hören.

Kurz überlege ich, ob ich ihr sage, dass ich allein hin gehe, aber vermutlich wäre das mal wieder etwas Auffälliges, weswegen ich es lasse und sie stattdessen herein bitte.

Während ich mich anziehe, setzt sie sich wieder auf mein Bett. Mir fällt etwas ein. „Sloan? Warum hast du eigentlich nicht unter meinem Kissen nachgesehen, als du mir letztes Mal gesagt hast, dass jemand etwas darunter gelegt hat?"

Sie zuckt mit den Schultern. „Weil es mich nichts angeht."

Misch dich nirgendwo ein, hat Jake gesagt. Ich verstehe.

„Ich hoffe, mein Hinweis hat dir geholfen", sagt sie vergnügt.

Ich nicke. „Ja, das hat er."

Zufrieden lächelt sie. „Gern geschehen."

Nachdem ich mir die Zähne ausgiebig geputzt, mich noch zwei Mal umgezogen und von Sloan für jedes Outfit unzählige Komplimente bekommen habe, kann ich es nicht länger hinauszögern. Seufzend nicke ich Richtung Tür und Sloan nickt zurück.

Die Injektion wird oben verabreicht in einem Raum, der durch eine Tür zu betreten ist, die direkt am Gang zwischen Aufenthaltsbereich und Speisesaal liegt. Sloan klopft drei Mal, dann schenkt sie mir ein letztes, seltsames Lächeln und geht.

„Komm rein, Seven", höre ich Michaels gedämpfte Stimme.

Du schaffst das, Lu.

Nachdem ich tief durchgeatmet und die Hände noch einmal mit aller Kraft zu Fäusten geballt habe, damit das Zittern aufhört, trete ich ein.

Es ist anders.

Mir wird schlecht.

Ich glaube, ich muss mich übergeben.

Nicht jetzt, Lu. Nicht hier. Reiß dich zusammen!

Alles wird gut. Es wird alles gut. Jake glaubt an dich, also wird es wieder gut. Weil ihr gut seid, du und Jake und mehr braucht es nicht.

„Guten Morgen, meine Liebe."

Michael steht neben einem Behandlungsstuhl, wie er unten auch bereit stand. Mit dem Unterschied, dass neben ihm unzählige medizinische Gerätschaften aufgestellt wurden, die nur darauf lauern, an mich angeschlossen zu werden.

„Wofür ist das?", frage ich und könnte mir im nächsten Moment auf die Zunge beißen.

Keine Fragen stellen, nicht einmischen, nicht zu viel sagen.

Michael sieht das glücklicherweise nicht so eng wie gedacht. „Damit überprüfen wir deine Vitalzeichen, um sicherzugehen, dass es dir gut geht, Seven."

Ich runzele die Stirn. „Warum habt ihr das unten nicht gemacht?"

Schon wieder eine Frage. Was kann ich eigentlich?

„Weil ihr hier oben die Besten und die Wichtigsten seid."

Oh ja, weil ihr ausgesiebt habt. Weil einige schon unten raus gekickt und vermutlich umgebracht wurden. Weil wir unten unwichtig waren und es nicht allzu schlimm gewesen wäre, wenn wir abgekratzt wären.

Wir waren dreißig Mädchen am Anfang. Wie viele sind wir jetzt noch?

„Fühlst du dich nicht gut? Ich habe gehört, dass du gestern früher vom Mittagessen gegangen bist."

Blinzelnd versuche ich mich zu konzentrieren.

Spielen, Lu. Du musst nur spielen können.

Zielstrebig laufe ich auf den Stuhl zu, ignoriere die Angst und das Gefühl wegrennen zu müssen, die mit jedem Schritt, den ich näher kommen, anschwellen und setze mich.

Geschafft. Sehr gut.

„Mir geht es gut. Ich war gestern nur sehr müde und wollte schnell unter die Dusche."

Ich war gestern zwei Mal duschen. Einmal als ich angekommen bin und nach dem Essen. Verdammt.

„Ich verstehe. Aber jetzt fühlst du dich besser?"

Ich nicke und halte ihm meinen Arm hin.

Er lacht. „Nicht so eilig. So weit sind wir noch nicht."

Nein, sind wir tatsächlich nicht. Denn ich werde wirklich an unzählige Kabel, Elektroden und andere seltsame Sachen angeschlossen. Sogar an meinem Kopf.

Messen sie meine Gehirnaktivitäten? Werden sie den Kampf sehen können, der gleich in mir ausbrechen wird?

Die Übelkeit nimmt zu.

„Ich fange jetzt an, okay?"

Nein, das ist nicht okay, denke ich. Mein Körper nickt stattdessen.

Es geht los.


Ich habe dich vermisst.


Geh weg.


Ach Liebes, sind wir immer noch an der gleichen Stelle?


Ich rede nicht mit dir.


Und du glaubst, dass du es so verstecken kannst?


Ich glaube es nicht, ich weiß es.


Du wirst auffliegen, mein Schatz. Und dann wird er dich töten.


Werde ich nicht und wird er nicht.


Was, wenn Jake es tun muss?


Halt den Mund.


Was, wenn sie ihm sagen, dass er dich töten soll?


Ich sagte, halt den Mund.


Er wird es nicht tun, mein Herz. Und dann wird auch er sterben. Dann werden sie auch ihn umbringen. Und es wird deine Schuld sein.


Fast hätte ich die Kontrolle verloren.

Es wird meine Schuld sein.

Fast hätte ich geschrien.

Weil es meine Schuld sein wird.

Fast wäre alles aufgeflogen.

Und dann wäre es meine Schuld gewesen, wenn Jake getötet worden wäre, nachdem er so dafür gekämpft hat, dem zu entgehen.

Sloan holt mich direkt nach der Injektion zum Frühstück ab. Ich fühle mich wacklig auf den Beinen, aber immerhin werde ich nicht mehr ohnmächtig danach. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder?

„Oooh, heute gibt es Spiegelei! Ich liebe Spiegelei", freut Sloan sich, als wir den Speisesaal betreten. Die anderen sitzen schon an den Tischen und essen. Sie hat extra auf mich gewartet.

Trotzdem ist sie nicht sie selbst und ich kann ihr nicht trauen.

„Was magst du lieber: Spiegelei oder Rührei?", fragt sie mich aufgeregt, als wir uns am Buffet bedienen.

„Ich mag kein Ei", presse ich hervor, während ich mich darum bemühe, mich auf den Beinen zu halten. Am liebsten würde ich das Frühstück ausfallen lassen und auf mein Zimmer verschwinden, aber ich werde beobachtet, das hat Michael mir vor ein paar Minuten mehr als deutlich gemacht. Und wenn ich jetzt gehe, wird er mich morgen wieder fragen, was los war und warum es mir immer noch so schlecht geht nach der Injektion. Immerhin dürfte ich keine Schmerzen mehr haben.

Oder er wird mich gleich töten, ohne mich überhaupt zu verhören.

„Was magst du dann am liebsten zum Frühstück?"

„Kaffee", murmle ich. „Nur Kaffee."

Sloan besteht darauf, dass ich nicht nur Kaffee zum Frühstück zu mir nehme, weil sie das für ungesund hält und schleift mich letztendlich mit einem voll beladenen Teller an den gleichen Tisch, an dem wir gestern gesessen haben.

„Suchst du etwas? Oder jemanden?", fragt Sloan mich, als ich meinen Blick über die Tische schweifen lasse.

„Nein, nein ich suche niemanden. Weißt du, wie viele Leute wir sind, Sloan?", frage ich beiläufig.

Sie verzieht den Mund. „Gute Frage. Hab nicht nachgezählt. Wieso willst du das wissen?"

„Nur so", antworte ich schnell.

Vielleicht sind einige Zimmer auch gar nicht besetzt. Vielleicht steht zwar an jeder ein Name dran, aber nicht jeder hat es so weit geschafft. Oder ist so tief gefallen, wie man' s nimmt.

„Weißt du, wie viele Zimmer es gibt?", frage ich weiter.

Wieder runzelt sie unsicher die Stirn. „Vielleicht sechzig oder siebzig?"

„Und wo schlafen die Pfleger und Michael?"

„Keine Ahnung, Seven, ist doch auch egal, oder?"

Das war zu viel. „Ja, ist egal. Hast recht", murmele ich.

Ist es nicht, aber das werde ich ihr nicht sagen. Ich werde ihr auch nichts von Jake erzählen oder was er mir unter mein Kissen gelegt hat oder wo wir uns getroffen haben oder wo wir zusammen hingegangen sind.

Und ich werde ihr nicht sagen, dass wir beide noch wir sind, denn sie würde uns verraten.

Du musst andere der Gruppe verpfeiffen, wenn sie etwas falsch machen.

Vielleicht sollte ich noch mehr Leute kennenlernen. Vielleicht gehe ich dann in der Gruppe unter und stehe nicht mehr so unter der Beobachtung von Sloan.

Oder aber es werden mich noch viel mehr Augenpaare unter die Lupe nehmen.

Ich werde Jake fragen, was ich am besten tun soll. Heute Abend, wenn wir uns sehen.

Bis dahin muss ich die Zeit totschlagen. Und das kann ich nicht wieder in meinem Zimmer tun. Zu auffällig. Nach dem Frühstück bin ich Gott sei Dank erstmal Sloan los, die freudestrahlend zu ihrer Injektion rennt. Ich hingegen hole mir das erstbeste Buch aus meinem Regal, nehme all meinen Mut zusammen und setze mich unten in den Aufenthaltsbereich auf eine Couch.

Zu lesen war eine gute Entscheidung. Zwar habe ich das Sofa nicht lange für mich allein, aber abgesehen vom freundlichen gegenseitigen „Hey" werde ich nicht angesprochen, da ich in das Buch vertieft bin. Auch wenn mir irgendwann die Augen brennen, schlage ich die Zeit zwischen Frühstück und Mittagessen und auch noch zwischen Mittag- und Abendessen rum. Beobachtet fühle ich mich nicht, dafür beobachte ich immer mal wieder möglichst unauffällig die Gruppe. Leider zähle ich jedes Mal eine andere Zahl. Fünfundfünfzig, einundfünfzig, achtundvierzig. Aber nie sechzig. Die Türen der unteren Etage kann ich dafür ganz genau zählen. Dreißig. Also oben dreißig und unten dreißig. Insgesamt sechzig. Hälfte Jungen, Hälfte Mädchen.

Wie viele es nun wirklich nicht hoch geschafft haben, kann ich nicht sagen. Viele gehen zwischendurch in ihr Zimmer, wenn ich erneut durchzähle oder müssen zur Injektion oder wohin auch immer.

Ich muss es nochmal versuchen, wenn wir alle im Speisesaal sind. Beim Abendessen bin ich allerdings zu aufgeregt dafür.

Nur noch wenige Stunden, bis ich Jake wiedersehe.

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#seven