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Sally und Sarah wissen, dass ich heute Abend nicht kommen möchte. Sie wissen es. Also kann es nur Sam sein, der an meine Tür klopft, ausgerechnet jetzt. Ich stehe im Bad vor dem Spiegel und mache mich gerade ein wenig zurecht für... na ja, für Jake.

„Ich komme nicht", rufe ich genervt raus, während ich mir die Wimpern tusche.

„Dann komme ich halt rein."

Vor Schreck zucke ich so sehr zusammen, dass ich mir die Mascara über das gesamte Lid ziehe und aussehe wie ein Panda.

Das war Michaels Stimme.

Was will er hier?

Ich hätte doch zu ihm kommen sollen nach der Auseinandersetzung mit Sam. Ich muss den Regeln folgen.

Was wird er nun tun? Wird er mich sofort beseitigen?

Fahrig versuche ich das Missgeschick in meinem Gesicht mit einem Fetzen Klopapier zu entfernen. „Moment noch", rufe ich, meine Stimme zittert.

„Kein Stress."

Witzig.

Nervös stakse ich langsam aus dem Bad, knipse das Licht aus und trete Michael gegenüber, der sich auf mein Bett gesetzt hat und mich mit einem unergründlichen Blick mustert. Unsicher trete ich von einem Fuß auf den anderen und halte weiter einen großzügigen Abstand. Vielleicht kann ich noch weg rennen, vielleicht schaffe ich es aus dem Zimmer, bevor er bei mir ist und...und...

„Wie geht' s dir?"

Verwundert runzele ich die Stirn. „Äh...gut."

Seine Mimik verändert sich kein Stück. Keine Ahnung, was er denkt. „Du warst heute plötzlich weg."

Mein Herz schlägt immer schneller. Worauf will er hinaus? „Jaaah...ich...mir ging' s nicht so gut."

Endlich, eine Regung in seinem Gesicht. Auch wenn es nur ein leichtes Heben der Augenbrauen ist. „Schon wieder?"

Ich nicke.

„Wenn du dich häufiger nicht wohl fühlst, sollte ich mir das vielleicht mal ansehen." Er steht auf und obwohl er an Ort und Stelle bleibt, zucke ich kaum merklich zusammen.

Entgangen ist ihm das offenbar dennoch nicht. „Du brauchst dir keine Sorgen machen", meint er sanft und ist mit wenigen Schritten bei mir. Ich stehe mit dem Rücken zur Wand, er hält vielleicht einem halben Meter Abstand. „Es wird alles gut, ich versprech' s dir. Komm einfach mit."

„Wohin?", frage ich. Vielleicht ist das ein Trick.

Er lächelt. „In den Behandlungsraum, ich mach das nicht hier."


„Also körperlich bist du vollkommen fit. Da kann man nichts sagen." Michael löst das Blutdruckmessgerät von meinem Arm, nachdem er mich einmal komplett durchgecheckt hat und schüttelt schulterzuckend den Kopf. „Muss was Psychisches sein. Was beschäftigt dich?"

Ist das ein Test? Sollte ich behaupten, dass mich gar nichts beschäftigt, weil ich mit allem zufrieden sein sollte? Das wird er mir nicht abkaufen. Und noch ist ohnehin nur Sloan an diesem Punkt angelangt.

„Ist es Sam?"

Mir wird augenblicklich tatsächlich ziemlich übel und ich habe das Gefühl, dass mir jegliches Blut aus dem Gesicht entweicht. Ertappt, Lu.

Ich muss mich räuspern, meine Stimme ist dünn wie Papier. „Es gab ein Missverständnis, aber wir haben das geklärt."

Michael nickt, aber ich weiß, dass er mir das nicht abkauft. „Hat er irgendwas Unangemessenes gemacht?"

Ironischerweise legt er dabei seine Hand auf meinen Arm, wie er es schon so oft getan hat. Meint er etwa, das sei in irgendeiner Weise angemessen?

„Nein", antworte ich knapp und senke meinen Blick auf seine Finger, die auf meiner Haut ruhen. Ich hasse es, wenn er mich anfasst. Ich hasse es, wenn er so tut, als würde ihm etwas an mir liegen. Ich hasse es, weil er mir immer wieder eine scheiß Angst macht, aber in diesem Moment bin ich irgendwie erleichtert. Zwar hat er wohl mitbekommen, dass ich Streit mit Sam hatte, aber er scheint immer noch nichts von Jake und mir zu wissen und davon, dass wir anders sind als die anderen.

„Fühlst du dich jetzt gerade unwohl?", hakt er nach.

„Nein", lüge ich. Ich lüge die ganze Zeit.

Und er weiß das, da bin ich mir sicher, weil ich schlecht im Lügen bin und trotzdem ruht seine Hand weiterhin auf mir.

„Schon gut, du kannst mir das sagen."

„Es gibt nichts zu sagen. Alles in Ordnung, wirklich", behaupte ich fest und lächele ihn an, was erstaunlich gut funktioniert.

Ein paar Sekunden hält er meinen Blick fest, dann nickt er und lächelt auch. „Okay, das ist gut."

Es ist gut? Wie meint er das? Was ist daran gut? Warum ist es gut, dass ich angeblich kein Problem mit seiner Nähe habe?

Plötzlich beschleicht mich ein kleiner, widerlicher Gedanke, den ich so schnell nicht mehr vergessen werde – was, wenn er mir noch näher kommen wird?

Reiß dich zusammen, Lu. Du weißt, dass das Schwachsinn ist! Jake hätte dir das gesagt! Wenn es Teil dieser dämlichen Prüfungen ist, denen du hier unterzogen wirst, dann hätte er dir das gesagt!

Doch was ist, wenn es kein Test ist?

Was, wenn ich ihm einfach gefalle?

Keine Ahnung, welche Option ich weniger beunruhigend finde.

„Wenn es dir nächstes Mal schlecht geht, kommst du direkt zu mir, in Ordnung? Vielleicht kommen wir dem Geheimnis dann etwas erfolgreicher auf die Spur, weswegen dir schlecht wird."

Ich nicke, er löst seine Hand von mir, um sie mir dann hinzuhalten. Ich nehme sie an, er zieht mich hoch und nickt Richtung Tür. Eilig laufe ich darauf zu, halte dann aber nochmal inne und drehe mich zu ihm. Er steht immer noch am Behandlungsstuhl und beobachtet mich.

„Hat Sam irgendwas gesagt?"

Er schweigt kurz, die Stille erdrückt mich. Ich hätte ihn das nicht fragen sollen. Ich hätte es einfach dabei belassen sollen. Sein Mundwinkel zuckt. „Nein. Ich habe mich nur gewundert, dass er vorhin alleine zur Injektion gekommen ist. Aber du sagtest ja bereits, dass nichts gewesen ist."

Beruhigt mich leider überhaupt nicht, aber ich nicke mit so etwas wie einem Lächeln auf den Lippen und verschwinde.

Michaels Untersuchung kam mir unendlich lang vor. Es müsste bereits nach halb elf sein und doch wartet Jake nicht am vereinbarten Ort auf mich. Soll ich direkt in den Heizungsraum kommen? Unsicher sehe ich den breiten, dunklen Gang zwischen Speise- und Aufenthalssaal herab, aber mein Blick hat mich beim ersten Mal tatsächlich nicht getäuscht – er ist nicht hier. Mir wird kalt, furchtbar kalt. Wurde ihm die letzte Nacht zum Verhängnis? Bekommt er nun meinetwegen, einzig und allein wegen meiner Dummheit Probleme?

Mein Kopf fühlt sich diesig an, mir wird schwindelig.

Ist ihm etwas passiert? Haben sie ihm etwas angetan?

„Du bist ja immer noch hier."

Ein Schrei entfährt mir, ich kann ihn nicht zurück halten. Mit einem Satz fahre ich herum, das Blut rauscht in meinen Ohren und ich fühle mich, als würde mein Schädel gleich explodieren.

Michael steht in der geöffneten Tür des Behandlungsraums, lehnt mit Händen in den Kitteltaschen im Rahmen und sieht mir dabei zu, wie ich versuche, mich wieder zu beruhigen.

„Du hast mich erschreckt", stelle ich fest, während ich damit kämpfe, meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.

„Hab ich gemerkt. War aber nicht mit Absicht, ich wollte gerade gehen." Damit verlässt er den Raum, löscht das Licht und schließt die Tür ab. „Wartest du noch auf jemanden oder soll ich dich noch zur Treppe begleiten?"

Wortlos steuere ich Richtung Zimmer, weg von Jake womöglich, aber sobald Michael außer Sichtweite ist, werde ich wieder zurück gehen.


Doch das ist gar nicht nötig, wie mir klar wird, als ich in meinem Zimmer angelangt bin. Michael hat mich nicht nur bis zur Treppe, sondern bis zu meiner Tür gebracht, bevor er sich verabschiedet hat.

Drinnen ist es dunkel. Sobald die Tür ins Schloss fällt, atme ich erleichtert aus, knipse das Licht an und bekomme gleich den nächsten Herzinfarkt. Diesmal kann ich einen Schrei aber Gott sei Dank verhindern. Stattdessen mache ich einen ungelenken Sprung nach hinten, knicke mit dem Fuß um und verziehe fluchend das Gesicht. Ein heißer, ziehender Schmerz windet sich durch meine Fessel.

„Oh verdammt", höre ich Jake, der an meinem Schreibtisch gesessen hat und jetzt hastig zu mir kommt. „Das war nicht mit Absicht."

„Schon gut", presse ich hervor, aber gut ist es nicht wirklich. Ich kann kaum auftreten, ohne dass es weh tut.

Jake legt den Arm um mich und stützt mich zum Bett, wo ich den verletzten Fuß hoch hebe und zittrig auf der Matratze ablege.

„Ich wollte dich nicht erschrecken", murmelt er, während er sich neben mich setzt und die schmerzende Stelle betrachtet. „Das sieht nicht gut aus. Es schwillt schon an", stellt er fest.

Mir schießen die Tränen in die Augen. Nicht wegen meines Fußes, obwohl es wirklich ganz schön pocht, nein. Das alles überfordert mich. Mein Puls war in der letzten Stunde nicht einmal im Normalbereich, so fühlt es sich zumindest an.

„Wir sollten damit zu Michael."

„Nein", wehre ich sofort ab. „Da war ich gerade. Reicht mir für heute." Ich blinzele die Tränen weg, funktioniert mehr schlecht als recht. Den Rest, der sich aus meinen Augenwinkeln gestohlen hat, wische ich schnell mit dem Handballen fort. Jake sieht das und seufzt.

„Es könnte was gerissen sein oder sogar gebrochen."

„Das wird es schon nicht", schniefe ich.

Forschend mustert er mich, ich weiche ihm aus und starre auf meinen Fuß. „Was hat er gemacht?", fragt er leise.

Stirnrunzelnd sehe ich auf. „Wie meinst du das?"

Er hadert mit sich, das sehe ich. „Hat er dich angefasst?"

„Nein!", antworte ich schnell, erst danach wird mir bewusst, dass das nicht stimmt. „Doch. Aber es ist nichts passiert, wirklich. Er hat nur seine Hand auf meinen Arm gelegt."

„Noch", murmelt Jake, ich hätte ihn fast nicht verstanden.

„Wie meinst du das?"

Hitze steigt in mir auf, er antwortet nicht.

„Jake, wie meinst du das?", frage ich nachdrücklich und zwinge ihn, mich anzusehen.

Er kaut auf seiner Lippe, schüttelt den Kopf und fleht mich stumm förmlich an, es nicht aussprechen zu müssen.

„Ich wollte es dir erst sagen, wenn es soweit ist", sagt er entschuldigend. „Du solltest dir nicht jetzt schon Sorgen machen."

„Zu spät", stelle ich tonlos fest.

Meine Bedenken waren berechtigt. Was mir vorhin schon irgendwie klar war, obwohl ich es verdrängen konnte, wird tatsächlich passieren.

„Ich werde mit ihm schlafen müssen, oder?"

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