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Irgendwas ist anders, als ich wieder in das kleine Verlies gebracht werde. Und damit meine ich nicht, dass ich diesmal bereits halbwegs bei mir bin, als ich den Flur herab geschoben werde.

Weil ich stärker bin.

Nein, das meine ich nicht.

Als die Tür knallend hinter uns geschlossen wird und Abigail weg gebracht wird, ist es ganz still. Nicht mal Arya sagt was.

„Ist was passiert?", frage ich unsicher und schlinge die Arme um meinen Oberkörper. Hier drinnen ist es noch kälter als draußen.

Arya mustert mich prüfend, als würde sie irgendwas suchen. Als würde sie etwas vermissen.

„Wo warst du?", fragt sie, anstatt mir zu antworten.

Verwirrt runzele ich die Stirn. „Wo soll ich schon gewesen sein?", entgegne ich. Ihr Ton gefällt mir nicht. Sie klingt misstrauisch.

„Das frage ich dich", meint sie kühl.

„Bei der Injektion, wo sonst?"

Arya verengt skeptisch die Augen. „Du hast nicht geschrien."

Stirnrunzelnd warte ich auf eine ausführlichere Erklärung, doch scheinbar sieht Arya das als ausreichend an. „Und?", hake ich daher nach.

„Haben sie dich so schnell klein gekriegt? Gestern noch hast du nicht eine Sekunde aufgehört zu kämpfen und heute gibst du schon auf?"

Entrüstet schüttele ich den Kopf. „Ich gebe nicht auf. Ich werde nicht aufgeben." Sie scheint mir nicht zu glauben und auch die anderen sehen nicht überzeugt aus. „Und selbst wenn ich das tun würde – was geht es euch an?"

Toll gemacht, Lu, jetzt glauben sie dir bestimmt viel mehr.

„Fünf von uns sind schon oben. Wir haben hier nur noch uns, Luisa. Und vermutlich ist das mehr, als wir je hatten."

Ihre Stimme klingt nicht mehr hart und anklagend, sondern zerbrechlich.

Woher weiß sie, dass ich...

„Wie meinst du das?", frage ich, obwohl ich es eigentlich schon ahne.

„Du hast keine Eltern mehr, oder?"

Ich hatte nie Eltern. Mir wird schwindelig bei dem Gedanken, vielleicht ist es aber auch nur die Nachwirkung der Injektion.

„Das ist es, Lu. Keiner von uns hat das. Was auch immer die mit uns vorhaben – wir werden nicht vermisst werden." Ein trauriges Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen. „Von niemandem."

Abigail kommt nicht zurück. Als das nächste Mädchen geholt wird, wird sie nicht zurück gebracht.

Tag drei. Ich kann sie noch zählen. Und ich weiß immer noch wie ich heiße.

Luisa.

Luisa.

Luisa.

Abigail ist nicht zurückgekehrt. Arya hat die ganze Nacht auf sie gewartet. Ich weiß das, weil ich ebenfalls kein Auge zumachen konnte und sie beobachtet habe, wie sie die Tür angestarrt hat. Die ganze Nacht.

„Du da, komm mit!" Ungläubig mustere ich den Typ, der in der Tür steht und mich direkt ansieht. „Ja, dich meine ich. Beweg dich!"

Verunsichert rutsche ich ein Stück zurück. „Ich war heute schon dran."

Das war ich. Und es war furchtbar, noch schlimmer als gestern.

Unwirsch stampft er auf mich zu, packt mich am Oberarm und zerrt mich hoch. „Ist mir vollkommen egal", brüllt er mich an und spuckt mir dabei ins Gesicht.

Ruhig, Lu, ganz ruhig. Du hast keine Angst.

„Und jetzt beweg dich!"

Er lässt meinen Arm nicht los, ich stolpere hinter ihm her und muss mich konzentrieren, nicht zu stürzen.

Warum muss ich heute zwei Mal? Warum ausgerechnet ich? Reicht eine Dosis nicht aus?

Zu meiner Überraschung gehen wir am Behandlungsraum vorbei, wodurch sich augenblicklich so etwas wie Erleichterung in mir ausbreitet.

Wenn sie mich nicht zu Michael bringen, wohin dann?

Ich meine...

Der Typ öffnet plötzlich eine Tür rechts vom Gang und zieht mich in einen kleinen Raum.

Kein Stuhl.

Kein Beistelltisch.

Keine Spritze.

Mir kommen fast die Tränen, so erleichtert bin ich.

Dafür steht eine Liege an der Wand mit einer Decke und einem Kissen.

„Guck nicht so blöd. Das ist für dich."

Obwohl mir furchtbar kalt ist und mein Körper danach schreit, sich mal wieder auf etwas legen zu können, was nicht harter Boden ist, rühre ich mich nicht.

Das ist eine Falle, Lu. Warum sollten sie plötzlich nett zu dir sein?

„Was ist jetzt dein scheiß Problem?"

Schweigend starre ich die Liege an.

Irgendwas wird passieren, wenn ich es annehme. Irgendwas wird passieren.

Du darfst ihnen nicht trauen, Lu.

„Dann bleib halt da stehen, mir doch egal", werde ich angeraunzt und noch ehe ich überhaupt reagieren kann, werde ich allein gelassen.

Es dauert vielleicht zehn Minuten. Zehn Minuten, in denen ich unschlüssig von einem auf den anderen Fuß getreten bin.

Zehn Minuten. Und dann höre ich, wie die Tür hinter mir aufgeschlossen wird.

„Die steht ja immer noch da, die Hohlbirne", höre ich die spöttische Stimme des Kerls, der mich her gebracht hat. „Pass auf, die ist nicht ganz sauber."

Ruckartig drehe ich mich um. Sehe gerade noch, wie die Tür wieder ins Schloss fällt.

Und vor ihr steht nicht Michael. Und auch nicht eins dieser dummen Mistschweine.

Er sieht jung aus. Vielleicht so alt wie ich oder ein bisschen älter. Ungefähr so groß wie Michael mit dunklem Haar, das ihm in die Stirn fällt und hellen, klaren Augen. Obwohl er mich anlächelt, erreicht es seine Augen nicht. Er sieht irgendwie aus, als wäre er nicht ganz bei sich.

Ob das aus einem wird, wenn man aufhört zu kämpfen?

Er taxiert mich prüfend und obwohl sein Blick auf meinem Gesicht ruht, fühle ich mich plötzlich unwohl. Noch unwohler als zuvor, dabei habe ich seit Tagen kein Stück Stoff am Körper.

Nimm die Decke, Lu. Was sollen sie mit der schon angestellt haben?

„Darf ich rein kommen?"

Seine Stimme klingt lebendig. Nicht so taub wie er aussieht. Er klingt echt.

Scheinbar merkt er, dass ich das gehört habe, denn er räuspert sich schnell, setzt wieder sein komisches Lächeln auf und kommt auf mich zu.

Ich weiche einen Schritt zurück, er bleibt sofort stehen.

„Ich tu' dir nichts. Keine Sorge."

Wieder sieht er mich mit diesem Blick aus Glas an, wobei ich mir einbilde, für einen Moment irgendwas anderes in seinen Augen zu sehen.

Er macht einen großen Bogen um mich, geht zur Liege und greift nach der Decke, um sie in meine Richtung zu halten.

„Du musst frieren", stellt er mechanisch fest.

Was ist nur los mit ihm?

Und wieso kaufe ich es ihm nicht ab?

Zögernd hebe ich meine Hand und nehme sein Angebot an.

„Dir passiert nichts."

Während ich mich in dem weichen, warmen Stoff einhülle, lasse ich ihn nicht aus den Augen.

„Wer bist du?", frage ich.

Er blinzelt. „Fyn."

Warum lügt er?

Er hat gezögert. Er hat gelogen. Er heißt nicht Fyn.

„Willst du was essen?", lenkt er das Thema schnell in eine andere Richtung.

Warum lügst du, Fyn?

Und warum macht dich das so nervös? Du hast mehr Angst als ich im Moment.

Statt ihm zu antworten, hebe ich den Kopf und sehe in die Ecken des Raumes, bis ich finde, wonach ich gesucht habe.

Wir werden beobachtet. Eine kleine, schwarze Kamera über der Liege hat uns im Visier.

„Luisa?"

Ich sehe ihn an, sein Blick ist wieder neutral.

Ich hab dich durchschaut.

Fyn.

Ich hab dich durchschaut.

Fyn - oder auch nicht, wie auch immer - fühlt sich offenbar so unwohl in meiner Umgebung, dass er geht und stattdessen ein anderer Junge kommt, der mir ein Tablett mit heißer Suppe, Brot und Saft bringt.

Er verhält sich genau so seltsam wie Fyn, mit dem Unterschied, dass er keine Sekunde lang einen Funken Menschlichkeit offenbart. Wie ein Roboter. Freundlich, kühl, distanziert.

Das Essen rühre ich nicht an, obwohl mein Körper mir dafür innerlich eine scheuert.

„Du darfst die Decke mitnehmen."

Wenn ich sie mit nehme, kann ich sie mit den anderen teilen. Sie wird nicht für alle reichen, aber wir können uns abwechseln. Jeder kann sie für ein paar Minuten oder Stunden haben und sich aufwärmen. Sie werden sich freuen.

Ich hätte sie da lassen sollen.

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