213-das Muskelspiel am Morgen

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"Aufstehen", ruft jemand laut, der zwischen unseren Beinen hin und her hüpft, auf und ab, dabei laut kichert. "Aufstehen, Harry, Honor!", ertönt es erneut, worauf ich mich müde drehe, mir mein Kissen greifen möchte, um es über meine Ohren zu ziehen, jedoch reißt mir jemand das Kissen schnell und stark weg.

"Hey, das ist meins", beschwere ich mich. Um mich herum taste ich nach dem Kissen, bis ich es ergreife und kräftig zurück zu mir ziehe. Olivia, deren Stimme ich nun erkannt habe, hüpft unbeirrt weiter munter auf den Matratzen, kreischt jedes Mal, wenn sie hoch in die Luft fliegt.

"Aufstehen! Los jetzt!"

"Harry!" Murrend schubse ich an dem Oberkörper des Mannes neben mir, der knurrend antwortet, sich dreht, was ich ebenfalls tue. Wir beide starren uns müde an, führen über Blicke einen Kampf darum, wer nun aufsteht und sich um Olivia kümmert.

Keiner von uns beiden will nachgeben, weil jeder noch weiterschlafen möchte.

"Wir haben es fucking sieben, Olivia", stöhnt er, nach Abbruch des Blickkontakts. Dazu dreht er sich auf den Rücken, reibt sich mit seinen Händen über die Augen, wobei sich seine Arme anspannen, das Muskelspiel am Morgen schon beginnt, welches mich vollkommen fasziniert. Auch, da Olivia immer weiter seine Decke nach unten zieht, nun schon aus dem Bett springt und in Richtung Tür, den Stoff der Decke in ihre kleinen Finger gequetscht, läuft. "Stopp", brüllt Harry plötzlich, schafft es gerade noch so, sie den weißen Stoff vor dem Ende seiner Hüften zu halten.

Olivia wird durch den Ruck zurückgezogen, kracht nach hinten, direkt auf ihren Po und beginnt zu weinen.

Jedoch bin ich Harry nicht böse. Ich selber konnte nur nicht schnell genug denken und reagieren. Wer nimmt es mir aber um fucking sieben übel?

Gestern Abend wollte Olivia unbedingt -wie ein großes Mädchen- alleine im Wohnzimmer schlafen, was wir zuließen. Über Nacht musste sie nur einmal auf die Toilette, wofür ich ihre erste Ansprechperson war, da Harry weiter hinten im Bett lag, wo sie nicht hinkam.

Ein Wunder, dass sie gerade nicht mit ihrem Kopf gegen die Decke gestoßen ist.

Auf jeden Fall verlief die Nacht sonst normal. Ruhig und angenehm, wenn man mal davon absieht, dass ich bei jeder Bewegung auf Harrys Seite einen hohen Puls bekam, wegen der einfachen Tatsache -der Kerl schlief splitterfasernackt.

Seine Begründung dazu war, dass er ein Mann ist, sein Glied seit neunzehn Jahren nun schon tagtäglich unter der Enge einer Unterhose leidet und er manchmal einfach seine Freiheit benötigt. So schnell, wie die Boxer aus war, konnte ich gar nicht reagieren.

"Scheiße, Honor, wirf mir eine Jogginghose zu", fleht er mich mit einem besorgten Blick an, als ich schon aus dem Bett eile und zu dem Mädchen haste, das mit Tränen am Boden sitzt. Zum Glück fiel sie nicht ganz nach hinten und stieß sich irgendwo den Kopf. "Schnell!", zischt der Lockenkopf.

Seine Hose werfe ich ihm nur zu, bevor ich mich wieder hinknie und nach den kleinen Händen greife, diese vorsichtig von Olivias Mund entferne. "Harry", bringe ich erschrocken hervor, sehe das Blut über ihre Lippe laufen.

"Was?", fragt er hektisch, besorgt, erscheint fast schlitternd neben ihr. Sein Blick wird groß, als er ebenso den blutenden Mund erkennt.

"Sie hat sich auf die Unterlippe gebissen", stelle ich fest und erkenne leicht die Abdrücke von ihren Zähnen. Mir gefällt es nicht, wie die kleinen Bluttropfen ihr Kinn runter fließen, weswegen ich schnell ein Taschentuch hole und dieses sanft auf die Stelle presse.

So stark blutet es nicht, jedoch stark genug, um uns beide in einen Schock zu versetzen.

"Es tut mir leid, Olivia", entschuldigt Harry sich in der Zwischenzeit bei ihr, schaut ihr traurig und bitter in die Augen, umfasst gleichzeitig die kleine Hand, an der ebenfalls etwas Blut klebt. "Eigentlich wollte ich nur, dass du die Decke nicht weiter wegziehst. Dass du dich jetzt verletzt hast, tut mir wirklich leid."

"Puldipump angenommen", murmelt sie, wovon das Taschentuch bestimmt die Hälfte dämpft.

Etwas schmunzelnd über ihre Aussprache von Tschuldigung, wische ich vorsichtig nochmal über die Lippe, bevor wir beide ihr auf die Beine helfen.

"So, wer möchte Eierkuchen?", frage ich laut in den Raum, erhoffe mir davon einfach nur die Stimmung aufheitern zu können.

"Ich", ruft das kleine Mädchen laut, überlegt dann aber kurz und sagt etwas Urkomisches, weswegen nun auch Harry und ich wieder beruhigt sind. "Aber Harry macht die doch, oder?"

"Klar, Mit Nutella und Bananen", antwortet er ihr, wobei er sie hochhebt, sie auf seiner Hüfte trägt. Zu dritt laufen wir in die Küche.

"Mit Nutella, ja. Aber ohne Bananen", meint das Mädchen. "Bananen sind eklig", erklärt sie dann, verzieht er Gesicht angewidert, kraust ihre Nase und bekommt kleine Falten auf der Stirn.

"Find ich nicht", kontert Harry, womit er sie frech aufzieht.

Belustigt beobachte ich die beiden verträumt, wie sie nun eine hitzige Diskussion über Bananen beginnen. Vom Stuhl aus verfolge ich, wie der große Mann sich immer wieder nach vorne zu dem Mädchen beugt, das auf der Theke hockt, und dazu seine Arme entschlossen in die Hüfte stemmt.

"Bananen sind lecker."

"Sind sie nicht", antwortet Olivia zackig auf Harrys Aussage, mit dem schnippischen, provozierenden Unterton. "Die schmecken wie Babybrei."

"Als du ein Baby warst, hast du immer Babybrei bekommen", entgegnet der Mann, sucht dabei die Zutaten für die Eierkuchen. "Jeden Tag gab es morgens, mittags und abends bei dir Babybrei. Und du hast es geliebt."

Störrisch ihre Arme vor der Brust verschränkend, kommt es von der kleinen Blondine: "Hab ich gar nicht!"

"Hast du wohl!"

"Nein!"

"Doch!"

"Nein!"

"O.k. es reicht ihr zwei", mische ich mich ein und unterbreche sie, indem ich aufstehe und meine Hände hebe. "Wenn ihr nicht gleich mit Kochen anfangt, bereite ich doch noch selber die Eierkuchen zu. Ich habe nämlich Hunger!"

Beide reagieren sofort, greifen sich jeder entweder eine Schüssel oder einen Löffel und machen Dinge, die nichts mit Kochen zu tun haben. Sie wollen nur nicht, dass ich koche.

"Mein Herz ist verletzt, wie wenig ihr von meinen Kochkünsten haltet", scherze ich verletzt, ziehe dabei meine Mundwinkel nach unten und starre auf den Boden. "Sehr. Schon fasst gebrochen."

"Vielleicht kann sie ja den Teig nachher umrühren", schlägt Olivia nachdenklich als erstes vor. "Oder, Harry?"

Bettelnd schaue ich zu meinem Freund, der seine grünen Augen zu kleinen Schlitzen zieht, mich musternd ansieht. Er seufzt, bevor wir beide lachen und er einverstanden nickt. Ich lasse mich wieder auf den Stuhl fallen, beobachte, wie die beiden alles zusammen in eine Schüssel packen.

Wir haben wahrscheinlich beide nun unser vorheriges Augenduell verloren, doch es stört schon keinen von uns. Obwohl ich schlafen auch gerne noch tun würde, aber die Zeit mit Olivia sehe ich als etwas tausendmal Besseres an.

Mit ihr haben wir Spaß, veranstalten lustige Dinge und am aller wichtigsten für mich -Harry ist glücklich durch ihre Anwesenheit.

Sie schenkt ihm eine Gelassenheit, die er nicht oft besitzt.

Man kann mit ihm immer lachen, rumalbern, jedoch wirklich frei, ohne dieses kleine schnell Angespannte und Gereizte, erlebe ich ihn nur in der Nähe des Mädchens, das nun drei Eier aufschlägt und dies besser macht, als ich es jemals können werde.

Er liebt sie. Und sie bedeutet sein Leben für ihn.

"Honor?", weckt der Lockenkopf mich aus meinen Gedanken, überreicht mir den Löffel, mit dem ich umrühren soll, doch ich schüttele dankend den Kopf, meine: "Lass Olivia mal rühren", bevor ich Teller und Tassen, ebenso Besteck aus den Schränken hole.

"Alles in Ordnung?", flüstert Harry leise seine Frage in mein Ohr, die tattowierten Arme um meinen Bauch geschlungen, damit ich nicht weglaufe. Nur ein Nicken als Antwort geben möchte ich weiter, werde jedoch zurückgehalten, indem er seinen Griff verstärkt. "Ich war in Gedanken, Harry", teile ich ihm deswegen seufzend mit.

"Manchmal mache ich mir einfach Sorgen um dich, weil du plötzlich so ruhig bist und man einfach nicht raus finden kann, wieso und dazu, was in deinem Kopf vorgeht."

"Auch besser so, wenn du nicht in meinen Kopf schauen kannst", entgegne ich, stelle nun endlich Teller und Tassen auf den Tisch, lege die Gabeln und Messer ordentlich dazu, da er mich nun losgelassen hat.

"Ach, perverse Gedanken", ruft er dann neckend aus, bekommt sein breites Grinsen nicht mehr von den Lippen. Wieso habe ich nicht geahnt, dass er meinen Satz gleich wieder vollkommen falsch aufgreifen wird?

"Nein, keine perversen Gedanken", beruhige ich ihn genervt, verdrehe meine Augen. "Ich habe nur darüber nach gedacht, wie es sein würde, wenn dieser Anruf wahr gewesen wäre", erkläre ich ihm, womit ich eine Stille zwischen uns beiden erschaffe. Nur noch das leise Klappern von dem Mädchen hört man, das fleißig im Teig rührt. "Ohne sie würde Dunkelheit herrschen, Harry."

"Die finsterste Nacht, aus der nur du mich befreien kannst", antwortet er.

"Das bezweifle ich." Kopfschüttelnd nehme ich Platz. "Sie bedeutet dir dafür zu viel."

"Aber du bist die Person, die mir ebenfalls so viel bedeutet, die mich genau wie sie, jeden Tag zum Lachen bringt, glücklich macht, frei sein lässt, mein Herz zum höher Schlagen bringt, Honor", spricht er ernst, vor meine Beine gekniet, meine Hände in seinen. "Wenn es jemand schaffen kann, dann du."

Gerührt von seinen Worten, nachdenklich beiße ich mir auf meine Unterlippe, lasse seine Worte in meinem Kopf erneut ablaufen. Wenn es jemand schaffen kann -mich aus der finstersten Nacht zu befreien- dann du, so meinte er es und damit wendet er meine ganzen Gedanken.

"Ich weiß, Baby, dass du nicht oft Vertrauen zu dir selber hast, denkst, andere würden mir mehr bedeuten oder würden allgemein besser sein als du", erzählt Harry leise, wirft kurz einen Blick zu dem Kind, welches weiterhin rührt. "Aber keinen von ihnen besitzt ein Herz, wie du. Diesen Charme. Keiner kann einem das Gefühl geben besonders zu sein, so wie du es tust."

Das ich jemanden ein besonderes Gefühl schenke überrascht mich, klingt kitschig und gleichzeitig schön.

"Erinnerst du dich noch daran, als ich von niemandem Hilfe annehmen wollte, weil ich der Meinung war, dass ich es nicht wert bin?", erkundigt er sich und ich erinnere mich, antworte mit einem Stummen Kopfnicken.

Nie werde ich den Abend vergessen, den wir auf diesem Friedhof verbrachten oder denn, an dem wir uns auf einem Parkplatz anbrüllten, ich danach meinen ersten Kuss erlebte. Er sprach oft davon, keine Hilfe zu benötigen, davon, dass niemand ihm helfen möchte -während ich es die gesamte Zeit über wollte.

Ich wollte seine Geheimnisse lüften, Antworten auf meine nervigen Fragen bekommen und dem mürrischen Lockenkopf helfen mit den Dingen, mit denen er kämpfte.

Auch wenn ich sie nicht kannte, ihr Ausmaß nicht erahnen konnte. Niemand tat dies.

Aber ich wollte Harry helfen und dafür musste ich seine eigene Wertschätzung anheben, was mir jetzt aber irgendwie erst klar wird.

Jeder unterschätzt sich selbst viel zu oft -dies begreife ich jetzt. Und wahrscheinlich gehöre ich zu der Gruppe von Menschen, die es viel, viel, viel zu oft und häufig an einem Tag tun, als dass es noch gesund sei.

"Nur durch dich habe ich mich überwunden, nicht auf die eingeprägten Worte meiner Eltern gehört und habe mir von dir helfen lassen, habe mich dir genähert und... Ich bereue es kein Stück, weil mit dir jeder Tag fantastisch wird, alle unterschiedlich besonders sind und... Lerne nun für dich selbst, über deinen eigenen Schatten zu springen und vertraue dir selber."

Ich nicke wieder nur, küsse ihn kurz, liebevoll, wobei ich mit meinen Händen sein Gesicht sanft umschließe, bevor er zu Olivia eilt und den fertigen Teig nun in die Pfanne gießt, damit wir endlich essen können.

Das kleine Mädchen lässt sich von der Theke heben, kommt zu mir gelaufen. "Darf ich mir nochmal deine Lippe ansehen?", frage ich sie und werfe einen skeptischen Blick auf ihre etwas angeschwollene Unterlippe. Doch zum Glück sieht es nicht mehr ganz so schlimm aus und ich denke, dass es in einer Woche wieder normal aussehen wird.

Ihre Mutter wird wahrscheinlich trotzdem irgendwas deswegen zu meckern haben und es uns beim nächsten Mal schwerer machen, ihre Tochter wieder einzuladen.

"Eierkuchen Nummer eins. Wer will?", kommt Harry mit der Pfanne zu uns, was irgendwie... Er trägt halt kein Oberteil und nur seine graue Jogginghose, die aber auch bedrohlich tief auf seiner Hüfte hängt.

"Ich!", kreischt Olivia sofort laut, hebt ihre Hand und bekommt deswegen den Eierkuchen auf ihren Teller, den sie reichlich mit der braunen Schokolade einstreicht, bevor ich ihr den Teig zusammenrolle, was das Essen leichter macht.

Trotzdem sitzt sie fünf Minuten später mit verschmierten Händen und Nutella knapp unter ihrem Auge am Tisch, verlangt noch einen zweiten Eierkuchen.

Die letzten paar Stunden, bevor sie gehen muss, können ja noch lustig werden, denke ich mir, schaue zu Harry, der ebenso amüsiert grinst.

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