220-K.O.

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Harry schaut starr, schweigend zu mir, den Mund offen stehend.

Ratlos, bestürzt, fassungslos schaut er in meine Augen, seine Hand weiter über meinen Rücken bewegend. Diese Position hier vor der Toilette wird unbequem, unbehaglich, doch ich stehe nicht auf, schlucke hart, weil ich Angst vor seiner Reaktion bekomme, wenn er mich so schweigsam anschaut.

"Harry?", versuche ich krächzend eine Antwort von ihm zu erhalten, drehe mich auf den Fliesen so, dass ich mit meinem Oberkörper zu ihm gewandt bin. "Sag, bitte, etwas."

"Wie hast du darauf reagiert?"

Unbeholfen beiße ich mir auf meine Unterlippe, weil ich eher mit einem lauten Schrei, einer wütenden Handlung oder Morddrohungen für Leonard gerechnet habe. Doch dieses zurückhaltende Fragen gefällt mir nicht und ich weiß nicht, wieso.

"Ic-ich hab ihn auf die... Also, ich hab ihn auf die Wange geschlagen", gebe ich zaghaft zu, schaue verlegen zu Boden, auf unsere Hände die von mir verschränkt auf seinen Oberschenkeln ruhen. "Und ihn weggeschubst!"

"Hat er verdient", brummt er, leicht schmunzelnd. Scheinbar gefällt ihm der Gedanke, dass ich Leo geschlagen habe. "Wirklich. Auch deinen Schlag auf seine Nase", meint er weiter, schmunzelnd und amüsiert.

"Er ist zu weit gegangen", antworte ich ernst.

Leonard hat eine Grenze überschritten -zum zweiten Mal. Und wenn er meine Bitten nicht versteht, muss ich vielleicht anders mit ihm kommunizieren. Dazu kam noch ein bisschen Wut und Energie, die sich dann anstauten.

"Ich bin stolz auf dich."

"Warum reagierst du so, Harry?", frage ich ihn auf seine lobende Entgegnung, bei der er einen Arm um mich legt, locker und gelassen wirkt. "Normalerweise drehst du durch, schlägst deinen Boxsack Windelweich und jetzt sitzt du hier, als wenn du hundert Jahre lang meditiert hast."

Als habe er mehrere Jahre bei Buddhisten verbracht, meditiert, seinen inneren Geist gefunden, sitzt er hier vor mir, die Ruhe in Person, während ich schon wieder wütend auf Leonard werde.

So viel zerstört er jedes Mal und ich verabscheue es, dass er es immer wieder schafft.

"Du spukst, siehst erschöpft aus und ich habe gemerkt, dass ich manchmal zu sehr überreagiere. Dir gefällt es nicht, wenn ich fluche und deswegen will ich mich ändern."

"Mich stört dein Fluchen nicht. Wenn du wütend bist, dann mache ich mir sorgen ja, und ich mag es nicht, wenn du deine Wut an den falschen Gegenständen und Personen auslässt", erkläre ich ihm ehrlich. Er besitzt einen Boxsack und soll einfach nur die Vasen meiner Mom in Frieden lassen. "Aber du sollst dich nicht ändern!"

Seufzend reibe ich mir kurz erschöpft über mein Gesicht, bevor ich hervorbringe: "Vor einem halben Jahr verliebte ich mich in einen mürrischen, leicht reizbaren, fluchenden Lockenkopf und genau den, möchte ich für immer behalten."

Harry umarme ich nun, drücke mich an ihn, mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrabend. Er soll sich nicht ändern. Und wenn er wütend ist, vor allem jetzt wegen Leonard, dann darf er sich auch aufregen, dann soll er gegen das schwarze Leder des in unserem Schlafzimmer hängenden Sacks schlagen, seine ganze Wut rauslassen.

Ich kenne ihn nicht anders, will ihn nicht anders erleben!

"Und was meintest du mit: Du spukst?"

"Dass du dich vielleicht, wegen der ganzen Aufregung und allem übergeben musstest", erzählt er mir, womit er recht haben könnte, da dies schon öfters geschah.

Wenn ich alleine an meine Nervenzusammenbrüche vor einem Vortrag zurückdenke, dann muss ich ihm einfach sagen, dass er so was von richtig liegt.

Manchmal macht mein Kopf sich so viele Gedanken, bis mein Magen diesen Stress nicht mehr aushält und dann einfach stopp sagt.

"Ich erinnere mich auch noch an deine scheiß Nervosität vor jeder Arbeit und jeder Präsentation, Baby", gibt er zu und hebt mich nun hoch, damit wir wahrscheinlich wieder zurück ins Bett kommen. "Du wurdest immer ganz rot und hast geweint, bis dir alles zu viel wurde."

"Ihr hab euch damals immer lustig über mich gemacht", entgegne ich murmelnd.

So oft war es mir peinlich, am nächsten Tag dann die Schule zu betreten, weswegen ich fast wieder auf die Toilette hätte rennen müssen.

Harry lachte mich aus. Louis lachte mich aus. Charlotte lachte mich aus. Emma lachte mich aus. Und alle anderen lachten mich ebenfalls aus.

Sie bezeichneten mich als rote Tomate, einen Freak, der eklig ist und schwanger sein soll, worauf man sich immer gleich über meine Jungfräulichkeit lustig machte. Meine Angst und Nervosität bereiteten mir an einige Tage die Hölle und mein Leben zu einer schweren Tortur.

"Wofür ich mich schäme. Es tut mir wirklich so viel aus der Vergangenheit leid und ich verstehe manchmal nicht, wieso du noch bei mir bist, obwohl ich dein halbes Leben so grauenhaft gestaltet habe."

"Weil es irgendwann nur noch ein kleiner Teil meines Lebens sein wird", antworte ich, bin aber noch nicht fertig. "Und dieser Teil irgendwann unbedeutend wird, weil du die kommenden Jahre zu den schönsten und unvergesslichsten meines Lebens gestalten wirst, Harry. Es werden Zeiten kommen, die alles Dunkle überschatten." Lachend füge ich dann noch hinzu: "Außerdem wird die Schulzeit in vier, fünf Jahren nicht mehr die Hälfte meines Lebens darstellen."

Breit grinsend halte ich mich an seinem Hals fest, lasse mich durch den Flur, zurück ins Schlafzimmer tragen, wo er mich erneut sanft ins Bett fallen lässt, sich zu mir legt, worauf ich mich an ihn kuschele.

Einen Arm um mich gelegt, sein Mund dicht an meinem Ohr, genieße ich diesen kurzen Moment, schließe meine Augen. Warum gewinnt Leonard so oft, obwohl er nichts Vernünftiges zustande bringt?

"Sollte Willoughby aber nochmal hier auftauchen, dann wird er nicht mit einem schwachen Schlag von dir davon kommen", murmelt der Mann nach einer Weile rau, leicht neckend an mein Ohr.

"Wenn er hier auftaucht, dann zeig ich ihn an." Dies meine ich ernst, weil er es ansonsten wahrscheinlich nie begreifen wird. "Und was heißt hier schwacher Schlag? Der war doch ganz gut."

Amüsiert rolle ich auf seinen Bauch, meine Finger auf seiner Brust verschränkt, auf denen ich mein Kinn ablege, und sehe ihn abwartend an. Ebenso auch warnend, da er lieber nichts Falsches sagen sollte.

Mir mag es nicht so gut gehen, schlecht und ich bin immer noch ein Stück enttäuscht, jedoch macht der Lockenkopf mich glücklich, muntert mich auf. Jedes Mal aufs Neue.

Genau deswegen liebe ich ihn jeden Tag ein Stück mehr.

"Naja, also du hättest schon etwas mehr mit deinen Beinen arbeiten können und etwas kräftiger zuschlagen", meint er nuschelnd, dies nicht ganz zugebend. "Bei einem gut platzierten und kräftigen Schlag, wäre seine Nase wahrscheinlich gebrochen gewesen."

"Dann bring es mir bei", fordere ich ihn hibbelig auf, krabbele, fast fallend, aus dem Bett.

"Ich soll dir zeigen, wie man jemanden die Nase bricht?" Verwirrt schaut er zu mir, sieht verdattert aus, wie er da hockt, eine Braue skeptisch hochgezogen.

"Nicht, wie man jemanden die Nase bricht", erkläre ich belustigt den Kopf schüttelnd. "Aber wie ich mich sicher vor Leonard und anderen verteidigen kann. Bitte!"

Mit einem bettelnden Blick, zusätzlich meine Unterlippe vorgeschoben, falte ich meine Hände flehend, knie mich mit einem Bein aufs Bett, um ihn wieder etwas dichter zu sein. Er überlegt lange, beißt auf die Innenseite seiner Wange, weshalb ich noch meine, womit ich ihm sofort habe: "Du willst doch auch, dass ich sicher bin und niemand mich verletzen kann!"

"Fein", bringt er hervor, ehe er auch schon neben mir steht, mich mit sich zu dem Boxsack zieht, vor dem er sich hinter mir stellt und mich auffordert: "Zeig mir, wie du richtig zu schlägst!"

Mit meiner ganzen Kraft, die ich gerade besitze, haue ich mit einer Faust gegen das Leder des Sacks, der nur ein wenig zurück schwenkt. Nicht begeistert von meiner Leistung, schaue ich stöhnend zu Harry, der ein Grinsen auf den Lippen besitzt.

"Dein Training scheinst du bitter nötig zu haben", amüsiert er sich über mich, bevor er seine Finger auf meine Hüfte legt, mich etwas dreht. "So, stehen", flüstert er, bevor sein Fuß meine Beine etwas weiter auseinander drückt. "Und hab deine Beine nicht so zusammengepresst, als wenn du dringend auf Klo musst."

Nickend fühle ich mich angespannt, wie unter Strom gesetzt, auf Grund seiner Berührungen. Dies hier ist doch so klischeehaft und doch fühlt es sich so einzigartig an, wie er mich festhält, dreht, berührt und lobt, als ich nun zum zweiten Mal gegen den Sack schlage.

"Halt deine Fäuste höher, knick den Arm etwas ein und behalte diesen zur Deckung", rät er mir, meine Hände an meinen Gelenken hebend.

Mir gefällt diese Art von Verteidigungs- und Boxtraining.

Ein drittes Mal haue ich den Sack, wobei er dieses Mal mehr zurückschwank, was mich stolz und aufgeregt auf quieken lässt. "Hast du das gesehen?", wende ich mich freudig dem Mann hinter mir zu, der zufrieden nickt, seine Arme vor der Brust verschränkt.

"Versuch jetzt mal öfters drauf zuhauen und dabei die Fäuste zu wechseln, okay?"

"Ja, Chef", entgegne ich lachend, stelle mich ordentlich hin und schlage wieder gegen den Sack.

Langsam verstehe ich Harry, wieso er dieses teil unbedingt mitnehmen wollte. Man kann echt alle stressigen Gedanken vergessen, seine Wut an etwas auslassen, das keinen Schmerz empfindet und keine Gefühle besitzt. Man bekommt Kraft, powert sich aus. Dieser stinknormale Boxsack bewirkt wahre Wunder in meinem Inneren.

"Deine Beinarbeit nenne ich miserabel", meckert Harry. Er stoppt mich, indem er mich an der Hüfte festhält, wodurch ich diese nicht mehr bewegen kann. "Du hampelst zu viel rum und vergisst deine Arme immer wieder, sodass dein Gegner dich schon locker K.O. geschlagen hätte."

Mir auf die Unterlippe beißend, nicke ich verstanden, beginne wieder auf den Sack einzudreschen. Dieses Mal, mit einem klaren Bild von Leonard vor meinen Augen, wegen dem ich immer hitziger und wütender werde, hart nun beginne einfach einzuschlagen, ohne auch nur irgendwie auf Harrys Anweisungen zu hören.

Bevor er mich stoppen kann, bin ich so erschöpft, dass ich auf den Boden sacke, weinend dort liege und nur noch schwach atme.

Mir geht es wieder schlecht.

"Alles in Ordnung?", erkundigt der Lockenkopf sich besorgt, beugt sich zu mir runter, wo er über meinen Kopf streicht, seinen etwas schief legt, um mich besser zu betrachten.

"Wäre mein Gegner jetzt K.O.?"

"Er wäre schreiend vor Angst weggelaufen, Baby", antwortet er scherzend und ich weiß, dass er mich nur aufmuntern will. "Wir können ein anderes Mal gerne weitermachen, wenn du möchtest. Aber jetzt-" Seufzend packt er mich unter den Armen. "-solltest du dich ausruhen und vielleicht ein wenig schlafen."

"Kannst du was kochen und mich wecken, wenn du fertig bist?" Mein Magen knurrt ein bisschen, weswegen ich ihm diese Frage stelle, mich ohne Widerstand währenddessen ins Bett hieven lasse. "Suppe oder so?"

"Das sind aber nur fünf oder zehn Minuten", meint er, mich liebevoll unter einer Decke vergraben, die mich warm hält.

"Dann esse ich erst und schlafe danach."

"Na, schön", seufzt er, lässt sich von mir überreden. "Welche Suppe?"

"Kennst du Buchstabensuppe?" In Erinnerung an alte Kinderzeiten schwelgend murmele ich diese Frage.

Früher habe ich, als ich in die erste und zweite Klasse ging, immer wieder mit den vielen Buchstaben Wörter gelegt, die wir an dem Tag lernten. Oma und Opa, Mama und Papa kamen oft vor, aber auch Wörter wie Baum, Katze oder Auto. Als ich aber eines Abends das Wort Freak legte, hörte ich damit auf und aß sie einfach nur noch so.

"Wir sollten noch eine Tüte da haben", überlegt er laut, kratzt sich kurz am Kinn. Von mir aus könnte er sich mal wieder rasieren, weil seine Stoppeln langsam wieder stark zu sehen sind und beim Küssen kitzeln. "Gib mir zehn Minuten und du bekommst die beste Buchstabensuppe aus der Tüte, deines Lebens."

Mit diesen Worten läuft er schon zur Tür, wovon ich ihn nur mit einem Rufen abhalte.

"Harry?"

"Ja, Baby?"

"Meine Mom hat früher immer ein Ei aufgeschlagen und hinzu gegeben", erzähle ich ihm, worauf er verstehend nickt, nochmal zurück zum Bett kommt und sich zu mir kniet, die Kante des Bettes etwas runterzieht.

"Buchstabensuppe mit Ei. Verstanden." Dann küsst er mich, wobei seine Stoppeln wirklich sehr stark kratzen und kitzeln.

"Kannst du dich danach rasieren?"

"Wieso?"

"Weil deine Bartstoppeln kratzen." Verlegen schaue ich in die grünen, funkelnden Augen.

"Wirklich? Also eigentlich wollte ich mir einen Vollbart wachsen lassen", scherzt er. "Würde mir doch bestimmt super stehen, oder?"

"Der kratzt aber noch mehr." Das Bild von Harry mit einem dunklen Vollbart und langen Haaren will nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden, weswegen ich in den Stoff der Decke kichere, mir den Bauch halte.

"Na, schön. Zuerst Buchstabensuppe mit Ei und danach eine ordentliche Rasur", zählt er nochmal auf, bevor er den Raum mit einem 'Ich liebe dich' nuschelnd verlässt.



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