234-die Anzeige

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Wir begegnen in unserem Leben ja immer wieder neuen, unbekannten Menschen, jedoch bin ich mir gerade nicht sicher, wo ich fest Harrys Hand halte, mich an ihn drücke und nachdenklich zu dem Mann schaue, ob ich diesen Herren in dem teuren Anzug genauer kennenlernen möchte. Dominierend, als seien wir ins sein Haus eingebrochen, sieht er zu mir, dann zu Harry.

Musternd gleitet sein Blick an der Kleidung meines Freundes herunter, der -wie man es nicht anders von ihm kennt- eine Jeans mit Löchern an den Knien und ein graues Shirt trägt. Dazu trug er gerade noch, die schwarzen Boots, welche ich ihn gestern ins Krankenaus brachte, da er vorher nur seine Turnschuhe da hatte. Mir gefällt sein Look, ich liebe ihn dafür und bewundere ihn auch, dass er solch einen Mut besitzt und mit diesen schon manchmal gewagten Schuhen stolz durch die Stadt läuft.

Dem Mann, der förmlich und wohlhabend gekleidet ist, scheint das Auftreten meines Freundes nicht zu gefallen.

Nun wirft er einen Blick auf mich, mustert das Loch in meiner Hose, welches aber ungewollt in den Stoff kam. Ich bin vorgestern hingefallen und dabei an der Tischkante hängen geblieben. Auf meinem blau-weißen Hemd befindet sich ein Colafleck und meine Haare sind zu einem unordentlichen Zopf gebunden. So als sei ich gerade aufgestanden oder durch einen Sturm gelaufen.

Die Uhr des Mannes, eine silberne Rolex schmückt das Handgelenk des Mannes und an seinem Finger trägt er einen goldenen Ehering. Sein Anzug sieht maßgeschneidert aus und die Krawatte so, als gehöre sie nur zu diesem einen Anzug. Die Haare wirken auch sehr kostspielig, da sie bestimmt schon ein paar Male getönt wurden und ordentlich zur Seite gekämmt.

Die Aktentasche kostete bestimmt auch nochmal ein paar tausend Pfund.

"Entschuldigen Sie meine Störung, Miss Chapel und Mr. Styles", spricht er, ruhig und gewählt. "Mir liegt jedoch sehr viel daran, dass ich dieses Gespräch mit Ihnen beiden führen konnte, weswegen ich so unmanierlich hier aufkreuzte. Mr. Horan war so freundlich mir Eintritt zu gewehren."

Er spricht schon fast geschwollen und irgendwie erinnert es mich an Romeo und Julia von Shakespear, in dem auch so vornehm gesprochen wurde, sodass ich nicht jedes Wort und den kompletten Sinn verstand. Deswegen höre ich dem Mann vor mir aufmerksam zu.

"Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen", entschuldigt er sich, schaut uns forschend an, doch scheint keine Antwort zu erwarten, da er kurz darauf weiterspricht: "Aber mir liegt dieser Fall sehr am Herzen, weswegen ich unbedingt persönlich vorbei schauen wollte. Eine schwere Körperverletzung und versuchte Vergewaltigung nimmt man nicht einfach auf die leichte Schulter."

"Sie sind Leos Vater", hauche ich mit einem Mal, fassungslos.

Mr. Willoughby nickt bejahend auf meine Worte, schmunzelt ein kleines bisschen. Um ehrlich zu sein, mir viel seine Ähnlichkeit zu einer mir bekannten Person schon auf, jedoch wurde es mir erst richtig bewusst, als ich seine Rolex genauer studierte und die Sonderanfertigung erkannte, welche Leonard ebenfalls besitzt.

"Was wollen Sie?" Unfreundlich und grimmig zischt Harry neben mir nun diese Frage, scheint nicht begeistert davon zu sein, dass Leos Vater zu uns kommt um mit uns zu reden.

"Ich möchte mit Ihnen über die Anzeige sprechen", antwortet der ältere Mann, bleibt ruhig und gelassen. Sein Sohn hätte schon längst aggressiver reagiert, weil er Harry auch einfach nicht mag.

Aber ich besitze die Annahme, dass sein Vater von anderer Natur ist.

"Da gibt es, in meinen Augen, nicht viel zu besprechen."

Etwas eingeschüchtert und nervös durch Harrys Haltung, verschränke ich meine Finger, womit ich versuche ihn ein Stück zu beruhigen. Er muss nicht so unfreundlich dem Mann gegenübertreten, wenn er ihn gar nicht kennt.

"Miss Chapel?"

"Ja?" Aufmerksam richte ich meinen Blick dem Herr zu, nicke knapp mir dabei fest auf die Unterlippe beißend.

"Dürfte ich wenigstens mit Ihnen ein Gespräch führen? Schließlich zeigen Sie meinen Sohn ebenfalls, wie Mr. Styles an", bittet er mich.

"Meinetwegen", antworte ich, deute auf die Couch, auf die er sich wieder setzen kann. Langsam, zaghaft löse ich mich von Harry, der stehen bleibt, nehme mit einem geringen Abstand zu Mr. Willoughby auf der Couch Platz. Unwohl schaue ich dann aber doch zu dem Lockenkopf, flehe ihn mit meinem Blick an, dass er sich setzt, worauf er seufzend nachgibt und zu mir kommt.

"Niall, könntest du ins Schlafzimmer gehen?", fragt der Mann mit den Tattoos seinen besten Freund, der einverstanden nickt, uns alleine lässt.

Auch wenn ich Leos Vater mehr vertraue, als seinem eigenen Sohn, so möchte ich doch nicht alleine mit ihm in einem Raum sein. Auch wenn ich wüsste, dass Harry sich direkt im Nebenzimmer aufhält und sowieso wie ein Leopard in der Prärie nur auf das erste Geräusch wartet, damit er loslaufen kann. In mir existiert ein Knoten gegenüber Leo, der sorgte, dass sich dieser Knoten seine Familie nun schon mit einbezieht.

"Damit eins gleich am Anfang für sie klar steht", spricht Harry als erstes bedrohlich. "Keiner von uns beiden lügt!"

"Sie müssen verstehen, dass ich als Vater meinem Sohn natürlich auch ein Ohr schenke und mir seine Seite der Geschichte anhöre. Sie werden selber bestimmt einmal in solch eine Situation kommen, Mr. Styles", antwortet ihm Mr. Willoughby ruhig, förmlich und gelassen. Scheinbar kann er gut mit einer mürrischen Art umgehen. "Jedoch bin ich hier, weil ich auch Ihre Seite erfahren möchte."

Diese Tatsache erfreut mich. Er hört nicht nur auf Leo, sondern möchte diese Sache scheinbar vernünftig klären, mit uns reden. Wenn ich mich noch recht erinnere, zählt er schließlich als Nebenkläger.

"Wenn Honor Ihnen nicht erzählen will, was geschah, dann werde ich sie nicht dazu zwingen", erklärt mein Freund dem Mann nun ernst. "Sie musste deswegen schon genug leiden und es reicht mir, wenn sie sich daran noch einmal vor einen Gericht erinnern muss."

"Dies finde ich sehr ehrenhaft von Ihnen, Mr. Styles, und ich akzeptiere dies natürlich auch."

"Ich erzähle es Ihnen aber", mische ich mich ein, nicke tief Luft holend.

Es fällt mir schwer mich daran zu erinnern, an die Bilder, während die Schmerzen recht schnell in meinem Gedächtnis wiederzufinden sind. Das Brennen auf meiner Haut und auf meinen Lippen kehrt zurück, lässt mich mit meinem Inneren kämpfen.

"Am Anfang verstand ich mich ziemlich gut mit Ihrem Sohn", beginne ich, umklammere Harrys Hand. "Er war freundlich, nett und schien sich auch vor mich zu interessieren. Aber über die Zeit hinweg bemerkte ich große Unterschiede in unseren Ansichten, Lebensarten und auch Freundeskreisen, weswegen ich langsam den Kontakt abbrach." Nachdem wir dieses Treffen hatten, Harry mich auf den Parkplatz küsste, sah ich den reichen Jungen lange nicht mehr wieder. "Dafür gab es mehrere Gründe. Nach einer Weile traf ich mich aber wieder mit ihm und da... Er wollte mich einfach küssen. Das war so der Anfang."

"Küsste er Sie einfach, Miss Chapel?", hackt der Vater nach, der mich nicht zu verurteilen scheint, sondern nur still auf unserer Couch sitzt und meinen Worten lauscht.

"Zu diesem Zeitpunkt noch nicht", erzähle ich ihm, bevor ein tiefes Seufzen meinen Mund verlässt. "Ein paar Monate vergingen, bis er halt wieder auftauchte. Eigentlich schrieb er mir oft und wollte sich mit mir treffen, worauf ich aber nie einging, bis..."

Bis Harry und ich uns wegen der Sache zwischen Maja, Niall und Noah stritten. Allein die Gedanken an diesen Streit gefallen mir nicht, da wir uns so hasserfüllt an schrien und kein Funke an Vertrauen zwischen uns herrschte. Grauenhaft.

"Ihr Sohn und ich wollten uns eigentlich in einem Restaurant treffen, was mir auch lieber gewesen wäre, aber dann wollte er einfach plötzlich lieber in den Park, wozu ich dann ja sagte", teile ich dem Mann mit.

"Sie sind also in den Park gegangen", murmelt er und ich nicke darauf, während er sich an seinem Kinn kratzt.

"Leo hatte dort ein Picknick vorbereitet, was mich erst nicht so groß störte, doch dann... Wir sind irgendwie dazu gekommen oder er hat einfach damit angefangen, von Harry zu reden und wie viel besser er zu mir passen würde, bis..." Ich muss kurz Luft holen. "Er küsste mich einfach, worauf ich ihn wegdrückte. Doch er wollte mich dann wieder küssen, hat mich an der Hüfte gepackt und den Knopf meiner Jeans sogar geöffnet. Immer wenn ich ihn wegschubste, wurde er aggressiver, einfach damit ich da bleibe. Am schlimmsten war es, als... als er mit seiner Hand in meine Hose fahren wollte."

Sofort stoppe ich, drehe mich zu Harry, der mir liebevoll über den Rücken streicht, aufmunternd meine Stirn küsst. Mir fällt es schwer all dies zu erzählen, auch weil ich denke, dass ein Vater solch eine Geschichte nicht gerne über seinen eigenen Sohn, sein eigen Fleisch und Blut hört. Aber er wollte es wissen.

"Daraufhin habe ich ihn geschlagen und bin dann weggekommen", versuche ich, nun etwas leiser sprechend, weiter zu erzählen. "Er tauchte ein paar Stunden später bei uns Zuhause auf und wollte, dass ich mit ihm komme."

"Mein Sohn wollte sich also nicht entschuldigen?"

Kopfschüttelnd murmele ich: "Nein, wollte er nicht. Tut mir wirklich leid", bevor ich mit der Erzählung fortfahre: "Monate ließ er uns in Ruhe, bis er eines Abends Steine gegen unsere Scheibe warf und auf den Boden schrieb, dass Harry ein Mörder sei, worauf ich raus ging. Ich sagte ihm, dass er krank sei, weil er immer wieder darauf bestand, dass ich mit ihm gehe und irgendwann, küsste er mich einfach wieder."

Mir tut der Mann wirklich leid. Und trotzdem würden mich seine Gedanken dazu interessieren und auch, was sein Sohn ihm erzählte.

"Mr. Styles", bittet er nun Harry, seine Krawatte etwas lockerer ziehend, darum seine Geschichte zu erzählen.

"Also erst einmal so, Ihr Sohn konnte mich nie leiden und ich ihn nicht", beginnt er ehrlich, wenn auch harsch. "Das was Sie wissen wollen ist, dass er mich in einer Bar provozierte, ich drauf eingegangen bin und er mich dann irgendwann so sehr nach hinten schubste, dass ich gegen die Barkante gestolpert bin, wodurch das ganze Chaos so groß wurde."

"Er schubste Sie? Und was taten Sie davor?"

"Ich habe ihn geschlagen. Das leugne ich gar nicht. Aber nicht stark, sodass er einen Grund gehabt hätte mich so sehr zu schubsen", erläutert der Lockenkopf genauer.

"Sie müssen vielleicht wissen, dass er kurz tot war. Das ist die Tatsache, die mich an meisten schockiert. Ihr Sohn nennt Harry einen Mörder, schubst ihn dann aber so stark, dass er wiederbelebt werden musste", mische ich mich ein. Mir ist dieser Punkt einfach wichtig, da Harry diese Sache gerne verheimlicht. Er will nicht für Unruhe sorgen, jedoch sehe ich diese Sache gerade als wichtig an.

"Darf ich fragen, ob Sie denn wirklich jemanden umgebracht haben?", erkundigt der Mann sich zaghaft, mit einem entschuldigenden Unterton.

Gleichzeitig antworten Harry und ich ernst, sowie ehrlich: "Nein!", was der Lockenkopf danach genauer erklärt indem er erzählt: "Also ich habe nie jemanden umgebracht."

"Leo behauptet, Harry habe seine Schwester getötet, was jedoch nicht stimmt", führe ich fort, umfasse seine Hand, damit er weiß, wie sehr ich bei ihm bin. "Sie starb an Lungenkrebs."

"Mein Beileid."

Ohne eine richtige Antwort zu geben, schüttelt Harry nur mit dem Kopf, steht dann seufzend auf und läuft zu der Kommode im Wohnzimmer, an die er sich nun locker lehnt, zu mir und dem Mann schaut. "Was wollen Sie nun genau von uns?"

Neugierig sehe ich nun selber zu Mr. Willoughby, frage mich dasselbe wie mein Freund.

"Nach Ihrer Geschichte, habe ich nun einen anderen Wunsch als vorher", beginnt er, ernst, ebenso enttäuscht. "Ich möchte Sie nun darum bitten, Ihre Anzeigen fallen zu lassen. Natürlich kann ich Sie verstehen, wenn Sie dies nicht tun werden, aber ich bitte Sie beide darum. Leonard ist psychisch krank, dies bezweifle ich nicht. Deshalb würde ich ihn in eine Klinik einweisen lassen."

"Sie wollen, dass er seine gerechte Strafe nicht erhält?", hackt Harry genauer nach, nicht gerade begeistert von dieser Feststellung. "Er wollte meine Freundin vergewaltigen, bereitete ihr so viel Angst und Schmerzen, brachte einen Riss in unsere Beziehung, tyrannisierte uns und brachte mich ins Krankenhaus. Und nun soll er dafür nicht angezeigt werden?"

Sprachlos schüttelt Harry den Kopf, ehe er ernst zischt: "Vergessen Sie es."

Mir auf meine Unterlippe beißend, denke ich über viele Dinge nach. Darüber, was ein Gerichtsprozess für uns beide bedeutet, welche Gründe Leos Vater haben könnte, uns um diesen Gefallen zu bitten und so vieles mehr.

"Sie möchten ihm den Stress eines Prozess ersparen, der noch mehr Schaden anrichten könnte, wenn er danach noch in eine Klinik muss", komme ich ganz am Ende zu dem Schluss.

Der Mann nickt, womit er mir bestätigt, dass ich ihn in dieser halben Stunde gut beobachtete und lernte einzuschätzen. Er ist anders als sein Sohn.

"Sollte er noch einmal in unserer Nähe auftauchen, zeigen wir ihn ohne Umschweife wieder an und damit hat er es selber besiegelt", spreche ich nun, merke, dass Harry kein Stück einverstanden ist. "Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute und viel Kraft, während Ihr Sohn in der Klinik steckt."

"Honor", will der Lockenkopf von der Kommode aus sich einmischen, jedoch unterbreche ich ihn kopfschüttelnd, meine: "Nein, Harry. Wir beide sahen es als unsere letzte Chance an, weil wir nicht dachten, dass Leonard eine Therapie machen würde. Lass es uns so probieren und damit auch einigem Stress aus dem Weg gehen. Bitte!"

"Wir würden da gemeinsam durchgehen."

"Aber wer kann mir versichern, dass wir gemeinsam rauskommen?", entgegne ich. "Es bestände die Möglichkeit, dass du ebenfalls verurteilt wirst, da du ihn schlugst. Harry, ich will dich nicht verlieren, auch wenn du für eine wichtige Sache kämpfst! Also bitte, springe über deinen Schatten."

Ohne ein Wort verlässt er das Wohnzimmer, lässt mich mit dem alten Mann zurück, der nun die Schultern hängen lassend aufsteht, mir seine Hand reicht. "Ich danke Ihnen Miss Chapel, für Ihre Bemühungen."

"Das war ein Ja, von Harry", teile ich ihm mit, schüttele die warme Hand. "Bitte sorgen Sie dafür, dass Leo sich an diese Vereinbarung zwischen uns hält. Ich möchte so viel Stress wie möglich vermeiden. Auch, weil Harry bald seine Prüfung schreibt."

"Auf Wiedersehen und haben Sie herzlichen Dank."

Hinter ihm die Tür schließend, lehne ich mich gegen das Holz, rutsche erschöpft runter auf den Boden, mein Gesicht in meinen Händen versteckt, die Knie an meine Brust gezogen. Tief hole ich Luft, atme dann laut hörbar wieder aus.

"Du bist zu viel zu gutmütig!"

*Auf Hochdeutsch für samira_offici. Love you*

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