277-Elvis Presley

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Schluchzend renne ich schnellen Schrittes durch die dreckige Straße, will hier weg.

Weg von Harry, dem Haus, dieser versifften Straße. Einfach nur weg.

Irgendwohin, wo ich alleine bin, für mich weinen kann und mich schämen, da meine Mutter jedes Mal wusste, dass ich sie anlüge, wenn ich ihr etwas wegen dem Mann auftischte.

"Er muss arbeiten", tischte ich ihr häufig auf. "Leider hat er Unterricht", ebenso, ohne mit der Wimper zu zucken, oder: "Ich soll euch seine Grüße ausrichten und mitteilen, dass er leider nicht hier sein kann."

Sie wussten ganz genau, dass er nicht kommen wird. Jedes Mal wenn meine Mom mich anrief, wusste sie, dass ich alleine bin, wenn sie mich besuchten, kannten sie die Wahrheit, welche ich aus Scham vor ihnen verheimlichte.

Welches Elternteil würde so etwas von seinem Kind wollen? Wer wird gerne angelogen? Niemand! Und wie fühlt man sich dann erst, wenn man genau weiß, dass man Jahre lang belogen wird, noch extra Geschichten erfunden werden? Grauenhaft.

Ich zumindest würde mich so fühlen.

Selber spüre ich den Scharm, die Beschämung, Angst und Peinlichkeit, die Trauer. Eigentlich fühlte ich mich vor wenigen Minuten noch ziemlich glücklich, frei und wohl, bei Harry, in seinen Armen oder, wenn seine Lippen auf meinen lagen, doch nun verzweifle ich, schluchze und wische ständig meine Tränen weg.

Passanten mustern mich schief von der Seite, während ich hastig an ihnen vorbei gehe. Einige gucken mir nach und andere kümmern sich schon wieder um sich selber, schütteln nur kurz ihren Kopf, um mein scheußliches, schmerzhaftes Bild, von einem Menschen, zu vergessen.

Da existiert dieser Kloß in meinem Hals, der mir die Luft zum Atmen raubt, durch den ich schnauben muss. Da gibt es diese Last an meinen Füßen, die mir das Laufen schwer fallen lässt, meine Beine sich wie Blei fühlen lässt. Da herrscht diese Stimmung in mir, wegen der ich gerne schreien würde, laut auf brüllen und den Himmel fragen, wieso so etwas passieren muss.

Was musste geschehen, dass all dies passiert, Harry sich entscheidet den Brief zu schreiben, überhaupt erst mich zu verlassen, er meine Eltern anlügt und ich solche Schmerzen erleide, drei Jahre lang? Was lief da hinter meinem Rücken ab?

Er hätte es mir langsam erzählt, wahrscheinlich über den ganzen Tag verteilt, wobei ich ihm aufmerksam zu gehört hätte. Manchmal stelle ich ihm dabei vielleicht Fragen oder werde etwas aufbrausend, da Dinge enthüllt werden, die mir nicht so gefallen. Vielleicht wäre auch alles schnell, einfach und normal, ohne großen Stress verlaufen.

Wer weiß das schon?

Der Wind auf den Straßen wird mehr, der Himmel verdunkelt sich langsam, weil die großen, dunklen Wolken sich zusammen ziehen, die Sonne immer weiter verdecken. Mein Schritttempo erhöhe ich, aus Angst vor Regen oder gar einem Gewitter, schlinge meine Arme um meinen Körper.

Müde, in Gedanken versunken starre ich auf das Shirt an meinem Körper mit der Aufschrift und den Gedanken an Harry, wie er es mir mit seinem frechen Grinsen überreichte. Es sah so süß und lustig aus, wie seine Grübchen zu sehen waren, er sich darüber amüsierte, freute, mich nur in Unterwäsche und dem Shirt vor sich sitzen zu haben. Und mir gefiel alleine der Gedanke, bei der Erinnerung an alte Zeiten.

Alte Zeiten, in denen ich häufig morgens knapp bekleidet neben ihm aufwachte, mich an ihn kuschelte und es genoss, wenn er zärtlich über meinen Rücken strich. Die Morgende, an denen er nur seine Boxer trug oder eine Jogginghose und in der Küche am Herd stand, wo er das Frühstück vorbereitete, während ich ihm verträumt beobachtete.

Genau diese Gedanken kamen zurück und leiteten mich, durch die Sehnsucht nach dem Bekannten, der Vergangenheit. Aber auch nach der Zukunft, da diese wieder so werden könnte.

Könnte, wenn nicht so viele Geheimnisse zwischen uns herrschen würden, die sogar mein eigenes Umfeld, wie meine Eltern, mit einbeziehen.

Niemals wollte ich meine Mom enttäuschen, oder meinen Dad anlügen. Ich wollte nicht feige in ihr Gesicht eine Lüge sprechen und dabei die Schmerzen in meiner Brust fühlen. Meine Mom sollte stolz auf mich sein, mich lieben, weil sie sich immer auf mich verlassen kann, wir keine Geheimnisse voreinander haben. Für meinen Dad wollte ich die Tochter sein, die er sich damals wünschte, als er erfuhr, dass sein, geliebte Frau schwanger ist.

Doch nun zweifele ich daran, dass ich mich zu überhaupt etwas entwickelte, für das die beiden sich loben, freuen und nicht schämen müssen.

Was wurde denn aus mir, nachdem Harry mich verließ?

Ein etwas, welches kaum isst, lügt, ständig weint und trübselig durch die Welt geht. Jemand, ein Wesen, das einem immer und immer wieder ohne eine Miene zu verziehen direkt ins Gesicht log.

Welche Mutter würde sich da freuen?

Was mich nur verwundert, überrascht und stutzig macht ist die Tatsache, dass niemand mich je darauf angesprochen hat. Würde nicht zumindest Dad irgendwann mit mir darüber reden wollen und alles aufklären? Eigentlich schon und irgendwie stelle ich mir vor, wie die beiden all die Jahre sich erhofften, dass ich von selbst mit ihnen rede.

Tatsächlich beginnt es nun zu regnen, worauf sich meine Tränen mit den Regentropfen vermischen und nicht mehr so auffällig sind. Es donnert, blitzt weit von mir entfernt, worüber ich mich trotzdem erschrecke, blitzschnell die letzten Meter zu der Eingangstür sprinte, beim Laufen den schwarzen, großen, bekannten Wagen auf dem Parkplatz stehen sehe.

Mom und Dad besitzen, für den Notfall, einen Ersatzschlüssel zu meiner Wohnung, welchen sie offensichtlich benutzten. Sie wissen, da sie sich gestern von mir verabschiedeten und wir drüber sprachen, bis wann ich gestern kellnerte. Ob ich danach bei jemand anderem schlief oder nach Hause kam und nun nur durch Zufall fehle, besprachen wir nie, weswegen ich mit viele Fragen meiner besorgten Mutter rechne, die mich bestimmt sofort, beim Zufallen der Tür in Empfang nehmen wird.

Seufzend quäle ich mich die Treppen nach oben, wuschele etwas durch die nassen Haare, welche klebend von meinem Kopf hängen. Tropfen fliegen durch die Luft, spritzen ebenso in mein Gesicht, auf meine leicht bibbernden Lippen, da es doch ziemlich kalt mit dem Shirt und der klitschnassen Jeans wurde.

Mühselig, auf Grund meiner rutschfesten Tasche, ziehe ich meine Schlüssel raus, die ich dann klappernd in das Schüsselloch stecke und umdrehe, meine Wohnung daraufhin betrete. Und tatsächlich, kaum muss meine Mom mich gehört haben, steht sie auch schon im Flur, die Hände in die Hüfte gestemmt und mich besorgt ansehend.

"Ich war unterwegs", teile ich ihr schnell mit, bevor sie überhaupt eine Frage stellen kann. Quasi lüge ich damit nicht, da ich ja tatsächlich unterwegs war. "Wonach riecht es, Mom?"

"Deine Grandma und ich kochen zum Abschied", erklärt sie mir, worauf ich verwirrt eine Braue hebe.

"Abschied?" Jauchzen stelle ich die nassen Schuhe zu den anderen, folge dann meiner Mutter in die Küche, wo Grandma, eine Schürze -woher auch immer sie die hat- um die Hüften gebunden und am Herd stehend.

"Wir müssen heute Abend zurück nach Corby, Schatz, und wollten uns angemessen von dir verabschieden", erklärt Mom, dabei lächelnd.

Scheinbar rief Harry nicht an und erzählte ihnen davon, dass ich nun Bescheid weiß, ansonsten würden sie sich anders verhalten.

"Möchtest du Sauerkraut oder Rotkohl, Liebling?", ruft Grandma mir fragend zu.

"Rotkohl", antworte ich, dann meinend: "Ich geh mich kurz umziehen. Draußen regnet es, wie aus Eimern", ehe ich den Raum verlasse, nachdenklich in mein Schlafzimmer tapse, wo ich die Tür hinter mir schließe.

Was wenn meine Großeltern auch von der Trennung wissen? Was wenn sie ebenso, wie meine Eltern, den Grund kennen, und genau, jedes Mal wussten, dass ich sie anlog, mitten ins Gesicht?

Wenn ich jetzt so nachdenke, stellte niemand von ihnen in den vergangenen Jahren Fragen zu dem Lockenkopf. Immer begann ich das Thema, erfand eine Ausrede, um ihn zu entschuldigen. Niemand aus meiner Familie ging darauf ein, gab einen Kommentar wie: "Oh, schade", oder: "Wir hätten ihn gerne wiedergesehen", ab, sondern wechselte eher noch den Gesprächsstoff, worüber ich mich immer nur freute.

Ich machte mir keine großen Gedanken zu der, wenigen Interesse, sondern fand es fantastisch. Doch was, wenn sie es mit Absicht taten, da sie sowieso schon die Wahrheit kannten?

Tausende Gedanken quälen mich, bereiten mir Kopfschmerzen, neben dem immer noch wirkenden Alkohol. Verzweifelt steige ich aus meiner Hose, schlüpfe in eine Jogginghose und ziehe mir Harrys Shirt über den Kopf, welches ich auf meiner Heizung platziere, um es zu trocknen.

Was weiß meine Familie, was ich nicht weiß? Wie viel erzählte Harry ihnen?

Mein Blick fällt auf das Armband an meinem Handgelenk, welches unterschiedliche Anhänger besitzt. Es wurde mir nicht, wie gedacht von meinen Eltern geschenkt, sondern von Harry. Er schenkte mir etwas zu meinem Geburtstag und ich wusste nichts davon, konnte nicht danke sagen.

All die Jahre liebte ich dieses Kettchen an meiner Hand, tue es immer noch, doch ich liebte den falschen Überbringer. Mir gefallen die einzelnen Symbole, vor allem der Anker. Eine Mischung aus einem Bettelarmband und einer einfachen Zusammenstellung verschiedenster Zeichen an einem silbernen Band.

Stärke, Zusammenhalt, Liebe, Vertrauen, Wahrheit, Gleichheit, Respekt und Mut, all diese Eigenschaften werden von den Zeichen dargestellt. So erzählte es Mom mir damals, als ich mit Tränen in den Augen das Päckchen öffnete und den Schmuck in meine Hände nahm, gerührt betrachtete.

Langsam denke ich, dass Harry ihr diese Worte sagte, sie mir genau dies übermitteln soll, weil er die Wirkung kannte.

Nach meinem neunzehnten Geburtstag nahm ich mir die Worte, Bedeutung des Armbands zu Herzen und wehrte mich zum ersten Mal gegen Charlotte. Selbst Emma konnte mir nichts, bei meinem Besuch in Corby und im Kindergarten, anhaben, starrte mir nur stutzig nach, nachdem sie meine ehrliche Meinung zu hören bekam.

Mit Wut und trotzdem einer freundlichen Haltung erklärte ich ihr, dass mich ihre Worte nicht mehr interessieren, sie irgendwann in der Zukunft schon sehen wird, was sie davon bekommt. Ich sprach streng in ihr Gesicht: "Manchmal bin ich lieber ein Freak, als jemand so erbärmliches, der andere Menschen runtermachen muss, um sich selbst zu lieben."

An diesem Tag fühlte ich mich wohl in meinem eigenen Körper, strahlte danach nur noch. Freudig spielte ich mit den Kindern der Gruppe im Sandkasten oder schaukelte Olivia und Ava auf der Schaukel an. Für Ava waren es ihre letzten Ferien im Kindergarten, da sie danach in die Schule kommen würde, worauf sie sich aber sehr freute.

Und in den Jahren lernte dann auch Olivia neue Freunde kennen, da sie ja in meinen ersten Ferien, die Jüngste der Gruppe war. Und nun ging sie schon ein Jahr zur Schule, bekam heute, wenn ich mich nicht täusche, ihr allererstes Jahreszeugnis. Sie meinte, als ich sie das letzte Mal sah, dass sie oft Bienenstempel und Aufkleber von der netten Lehrerin bekommt.

Meine Haare binde ich zu einem unordentlichen Zopf zusammen, ehe ich aus dem Raum wieder verlasse und in meine Küche gehe, wo Mom und Grandma nun den Tisch decken, mir deuten, dass ich mich schon mal setzen soll, was ich tue.

"Kommt ihr zwei dann auch, bitte?", ruft Grandma laut nach Dad und Grandpa, die dann beide scheinbar aus dem Wohnzimmer kommen, wo sie sich irgendwas angesehen haben müssen. Auch schön, wenn die es sich in meiner Wohnung gut gehen lassen, da ihr Hotel kaum was bietet, denke ich mir, schmunzele dann aber.

Bis mir wieder Harry einfällt und all diese Lügen, Geheimnisse und plötzlichen Enthüllungen.

Lange mustere ich meine am Herd summende Grandma, die bestimmt eines ihrer Elvis Presley Lieder summt. Mom stellt den ersten Topf lächelt auf den Tisch, küsst daraufhin mich auf die Wange. In mir steigt wieder dieses schlechte Gefühl auf, weswegen ich meinen Blick zu Dad werfe, der sich schon den Kartoffelbrei gierig auf den Teller füllt. Grandpa trinkt währenddessen sein Wasser.

Meine Familie wirkt so normal, unbeschwert und zufrieden, als würde es nie Probleme geben und doch schwirrt diese eine Sache lästig vor meinen Augen umher.

Meine Mom, die mir sonst tausende Fragen zu allen stellt, stellte mir keine, da sie wusste, dass Harry nicht mehr zu meinem Leben gehört. Meine Grandma, die unbedingt Urenkel haben möchte, schwieg Jahre zu diesem Thema, weil sie weiß, sie wird in der nächsten Zeit keine bekommen können. Grandpa, der gerne mit Harry über Dinge fachsimpelte und sich einfach gerne mit dem jungen Mann unterhielt, fragte sich nicht, wo er steckt, aus dem Grund, dass er die Antwort schon wusste. Und Dad, der meinte, ich sehe glücklich bei dem Lockenkopf auf, fragte mich nie, ob alles in Ordnung sei, denn er wusste -nichts ist in Ordnung.

"Warum habt ihr mir nie verraten, dass ihr wisst, dass Harry Schluss gemacht hat?"

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