312-fünfziger Zone

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"Also, wo hat der feine Herr uns einen Tisch reserviert?", frage ich laut, meine Hände bequem hinter meinen Kopf verschränkend und abwartend nach rechts blickend, wo Harry gerade das Lenkrad wegen einer Kurve nach Links zieht.

"Lass dich überraschen", antwortet er verschmitzt grinsend, bevor er hoch in den fünften Gang schaltet, meinen alten Wagen noch ein Stückchen mehr fordert. Alleine deswegen wollte ich fahren, da mein guter Begleiter der letzten drei Jahre nicht viel aushält und der Lockenkopf gerne mit Tempo fährt.

"Du jagst!", weise ich ihn deshalb drauf hin, werfe einen prüfenden Blick auf das Tacho, welches mir sechzig anzeigt. "Das ist hier eine fünfziger Zone."

Harry tritt noch mehr aufs Gas und es erscheint mir so, als wenn er dies mit Absicht machen würde. Knacken und Brummen ertönt schon vom Motor, was mir gar nicht gefällt. Ich bin doch erst vor kurzem wegen einem kaputten Motor liegen geblieben.

Die Sache muss Harry zwar nicht erfahren, aber man muss es auch nicht erneut herausfordern.

"Ich teste deine alte Karre nur ein Wenig."

"Teste deinen Wagen, aber lass meinen bitte in Ruhe", flehe ich, meine Hand bittend auf seinen Oberschenkel legend, in der Hoffnung, dass er durch meine flehende Berührung auf die Bremse drückt. "Bitte."

Seufzend nickt er einverstanden, drosselt die Geschwindigkeit auf vierzig herab, das Lenkrad ruhig haltend.

Die Gebäude draußen ziehen wieder langsamer an uns vorbei, die Lichter der Lampen sind klar zu erkennen und auch einige Menschen, die unterwegs sind, erkennt man nun klar. Im Auto herrscht Ruhe, wenn man mal von Olivias Geschmatze und Geklapper von ihrem Reißverschluss absieht. Sie probiert schon die ganze Zeit über die Jacke zu öffnen, die sie sich noch vor ein paar Minuten unbedingt anziehen wollte. Harry schweigt.

Zumindest kurz.

"Viel mehr hätte er sowieso nicht ausgehalten", meint er nämlich nun frech, verschmitzt grinsend und an der roten Ampel haltend.

"Ich verstehe ja, wenn du von deiner Karre mehr beeindruckt bist, aber solange du hinter meinem Steuer sitzt, wirst du dich bitte nicht beschweren", entgegne ich, leicht warnend. Meinen Blick richte ich aus dem Fenster, weg von ihm, bis mir noch ein Punkt einfällt, weswegen ich ihm meinen Kopf wieder zu drehe und keck feixe: "Außerdem zwingt dich ja niemand zum Fahren, wenn es dir nicht gefällt."

Nur kurz grinst der Mann, ehe er den Kopf schüttelt und wieder bei einer grünen Ampel startet.

Sich beschweren, aber trotzdem niemand anderen fahrenlassen wollen. Genauso kenne ich Harry, und nicht anders.

Vielleicht liebe ich aber genau dies. Diesen lustigen, verwirrten Trottel, der mich immer wieder zum Lachen bringt.

Nach einer Weile versuche ich es erneut, frage ihn: "Verrätst du mir jetzt wenigstens, wo wir hinfahren?" Als Antwort bekomme ich jedoch nur ein Kopfschütteln. Und ein schelmisches Grinsen.

"McDonalds?", ruft Olivia hysterisch fragend von hinten, wild auf ihrem Sitz rumzappelnd.

Mit einem Schulterzucken drehe ich mich zu ihr um, teile, ihr mit: "Ich weiß nicht, wo es hingeht. Da musst du Harry fragen."

Ihre Jacke hängt nun komisch an dem kleinen Körper runter, wirkt mit dem Gurt verknotet. Offensichtlich konnte sie den Reißverschluss nicht aufbekommen.

"Es geht nicht zu McDonalds", antwortet der Lockenkopf, spricht weiter: "Das hättest du dir auch denken können, Honor. Als ob ich so billig bin."

"Aber da gibt es gerade so ein cooles Spielzeug", kontert das blonde Mädchen, wobei sie eine traurige Schnute zieht.

Ich erinnere mich selbst noch zu gut an meine Kindheit und die Probleme, welche meine Eltern jedes Mal mit mir in dem Fast Food Restaurant bekamen. Bei jedem Besuch dort aß ich Nuggets mit Pommes, jedoch musste ich zuerst mein Spielzeug öffnen, weswegen wir uns sehr lange dort häufig befanden.

Bis meine Eltern die Regel aufstellten, dass ich erst aufessen muss, ehe das Geschenk ausgepackt werden darf.

"Gut, dann geben wir dich bei McDonalds ab, und fahren dann weiter. Du musst dann solange im Bällebad spielen, bis wir wiederkommen", erklärt der Mann ihr locker und ernst, zuckt mit den Schultern, als würde es ihn nicht kümmern.

So als würde es ihn nicht kümmern, eine Siebenjährige spät abends in einem McDonalds mit zehn Pfund abzugeben und erst nach ein paar Stunden wieder abzuholen.

Wäre sie ein nerviges Kind, das ihm nichts bedeutet, könnte ich mir sogar vorstellen, dass er sie tatsächlich zurücklassen würde. Früher wäre dies auf alle Fälle geschehen. Er wäre mürrisch mit meinem knallenden Wagen vor das Gebäude gefahren, hätte ein Kind aus seinem Kofferraum raus geworfen, dem zehn Pfund in die Hand gepresst und nicht einmal gesagt, wann er wiederkommt, ehe er schon die Autotür zuknallen ließe und weg fahren würde.

Vor vier Jahren wäre es so ein beschissenes, fucking Kind gewesen, das sogar einen fucking Panzer kaputt bekommt.

Heute bleibt er ruhig, wirft mir im Augenwinkel einen kurzen Blick zu und schmunzelt vor sich hin. Dies zeigt wieder einmal, wie sehr er sich in den letzten Jahren änderte.

"Kann ich einen Tipp haben?", quengelt Olivia weiter, sich nach vorne beugend -zumindest soweit, wie es der Gurt zulässt. "Nur einen einzigen?"

Das 'Einzigen' zieht sie schrill in die Länge, sodass ich amüsiert kichern muss, schmunzelnd aus dem Fenster blicke, damit der Mann neben mir meine Belustigung nicht bemerkt. Ihm scheint ihr Quengeln nicht zu gefallen. Er weiß jedoch auch besser als ich, ob Olivias nervig werden kann oder nicht.

"Nein!"

"Einen einzigen. Bitte?", fleht sie sofort weiter, kaum dass er ernst und entschlossen das 'Nein' aussprach. "Bitte!" Erneut zieht das Mädchen das Wort endlos lang, zieht es, wie einen Kaugummi. Energisches Kopfschütteln von Harry.

"Bitte, Hazza?"

Nun wird sie süß und klimpert mit den Wimpern, was er durch den Rückspiegel zu sehen scheint. Doch ich denke, dass sie ihn schon bei dem Hazza hatte, denn er seufzt nun ergeben, bevor er ihr einen Tipp gibt.

"Es hat etwas mit einer haarigen Frucht zu tun", antwortet er.

Und damit hilft er Olivia kein Stück. Mir jedoch schon. Sehr sogar, da ich kurz darauf sofort weiß, wo er hinfährt und ihn fassungslos anstarre, stammelnd hervorbringe: "Ich habe nie eins gefunden."

"Tja, deshalb bin ich auch der Mann in unserer Beziehung. Und außerdem hatte ich auch das Erste gefunden."

Stolz auf sich selbst lächelt er breit, zwinkert mir zu, ehe er ein weiteres Mal nach links abbiegt und nun auf den Parkplatz eines Restaurants fährt, dessen Name schon in großen Neonbuchstaben über der Eingangstür leuchtet.

"Dessert Kiwi", liest Olivia stotternd vor, ehe sie verwirrt zu uns nach vorne blickt. "Kenne ich nicht."

"Harry und ich kennen es ziemlich gut", murmele ich leise, jedoch unverständlich und kaum hörbar für sie.

Die Erinnerungen an den Friedhof erscheinen wieder in meinem Kopf, dann das Schweigen in Harrys Wagen und dann dieses Restaurant, indem wir mitten in der Nacht gemeinsam aßen, wobei ich nur mein Schlafzeug und einen dicken Pulli trug. Ich sehe quasi die komische Karte noch vor mir und weiß, dass ich dasselbe wie Harry nahm.

Es war irgendwie, unser kleiner Beginn.

Deshalb war ich so enttäuscht, als ich vor drei Jahren kein neues in London fand und verwirrt war, dass es dieses Restaurant scheinbar nur in Corby geben sollte.

"Wollen wir?", bringt der Mann hervor, die Autotür öffnend, wodurch ein kalter Wind durchs Auto zieht, bevor Olivia und ich ebenfalls aussteigen.

Ums Auto herumgehend, laufe ich auf Harry zu, greife ruhig nach seiner Hand, deren Finger ich mit meinen verschränke, was er erwidert. Olivia befindet sich an seiner anderen Hand, fummelt aber immer noch etwas an ihrem Reißverschluss, während wir dem Gebäude immer näher kommen und uns dann von einem Mann, der gerade raus möchte, die Tür geöffnet wird.

Drinnen gelangt man sofort an eine Bar, unter der sich Lichter befinden müssen, da das Licht von unten kommt. Die Gläser, welche von der Decke hängen, leuchten ebenfalls sehr schön in Neonpink und Gelb auf. Hinter dem Tresen sieht uns ein Mann an, der schnell einen Blick auf eine Liste wirft und dann fragt: "Styles", worauf Harry ihm zunickt.

"Dort hinten der Tisch", wird uns mitgeteilt.

"Es sieht noch schöner, als in Corby aus", hauche ich dem Lockenkopf beim Gehen zu.

Fasziniert von der ganzen Deko, der Einrichtung, den Stühlen und Tischen, die immer wieder so futuristisch beleuchtet werden, kann ich seine Hand nur schwach halten und mit einem offen stehenden Mund alles betrachten.

Olivia klettert bei unserem Platz nach ganz hinten durch auf die eine Bank, Harry und ich nehmen nebeneinander auf der zweiten Platz, was sich komisch anfühlt. Beim letzten Mal saßen wir uns gegenüber, sind den Blicken des anderen aus dem Weg gegangen und spürten die gesamte Zeit über diese Beklommenheit in der Luft.

Jetzt können wir nicht die Finger voneinander lassen.

Die Karte hält er in der einen Hand, währenddessen sich seine andere, freie auf meinen Oberschenkel befindet und dort rauf und runter streicht, was mich ganz hibbelig macht. Mit glasigen Augen blicke ich immer wieder zwischen meinem Freund und der Karte hin und her, konzentriere mich gar nicht auf das Angebot.

Ich werde sowieso einfach dasselbe wie er nehmen.

Beim ihm bereue ich es wenigstens nicht. Anders als damals bei Leonard, auch wenn dieser es mir eher aufschwatzte.

Das Mädchen uns gegenüber blättert total begeistert zwischen den Seiten hin und her, blickt mit offenem Mund all die Gerichte an, zwischen denen sie sich scheinbar nicht entscheiden kann.

"Besser als McDonalds?", ärgert Harry sie nun auch noch, worauf ich ihn mahnend gegen die Schulter schlage. Von Olivia kommt keine sprachliche Antwort, bloß fasziniertes Nicken. "Ich bin halt toll", lobt der Mann sich dann auch noch selber.

Schnell drehe ich ihm meinen Kopf zu, eine Braue hebend, ob er das nun wirklich ernst meint. "Übertreibe mal nicht gleich!" Trotzdem lehne ich mein Kinn auf seine Schulter und schlinge meine Arme fest um seinen Torso.

"Aber so ein bisschen schon, oder?"

"Ein bisschen, ja."

Wir beide lachen, beobachten das blonde Mädchen weiter, wobei ich immer mal wieder Küsse auf meine Wange bekomme, oder auch an meinen Hals. Solange, bis der Kellner kommt und uns fragt, was wir gerne haben würden.

"Carnis o' Gallica zweimal für uns beide", bestellt Harry für uns und dann kommt das Süßeste, was ich jemals gehört habe. Olivias Versuch, die schwierigen Wörter auszusprechen. "Pe-Pepitas ala Bonus", kämpft sie mit den Worten, doch schafft es und grinst dann ganz stolz den Kellner an, der ihr kräftigend zu nickt.

"Weißt du, was wir machen sollten?", fragt der Lockenkopf mich nach einer Weile, säuselnd die empfindliche Stelle hinter meinem Ohr küssend. Nachdenklich schüttele ich meinen Kopf, sehe ihn abwartend an. "Jedes Jahr an unserem Jahrestag hier herkommen. Anfangs nur wir zwei und irgendwann mit unseren Kindern", antwortet er mir.

Zwar von der Idee begeistert und total verliebt, entgegne ich ihm trotzdem lachend: "Hast du denn eine Ahnung, wann unser Jahrestag ist? Ich nämlich nicht."

Es war alles damals viel zu durcheinander, als dass man genau sagen könnte, dass wir seit dem und dem Tag zusammen sind. Irgendwann im Juli oder August vielleicht, aber genau kann dies niemand sagen. Auch nicht Harry.

"Dann legen wir einfach einen Tag fest", schlägt er schulterzuckend vor.

"Und welchen Tag willst du?", harke ich nach, erhalte ein 'Keine Ahnung' und einen verdatterten Blick, da er scheinbar nicht damit rechnete, mir so schnell antworten zu müssen.

"Der einundzwanzigste Juli?", schlägt er dann zaghaft vor, worauf ich sofort vehement meinen Kopf schüttele.

"Nein", entgegne ich ernst, kann es ein Stück nicht fassen, dass er ausgerechnet diesen Tag vorschlägt.

"Nur wegen Sky?", fragt er, erhält ein alles sagendes Nicken von mir. Genau wegen Sky. "Honor", seufzt Harry, meint: "Sollte es nicht gerade dieser Tag sein? Als Zeichen, dass wir uns gegen alles wehren und die Sache mit Louis uns nur stärker gemacht hat?"

"Es geht nicht, Harry!"

Ich kann nicht jedes Jahr etwas an diesen Tag feiern, obwohl er eigentlich so grauenhaft für mich ist. Ja, es wurde über die Jahre hinweg besser, trotzdem möchte ich es nicht. Schließlich habe ich auch immer noch ein Problem damit, wenn die Menschen mit Ell oder Eleonour nennen, so wie sie es als einzige früher tat.

Da sträube ich mich einfach, weil sich bei mir alle Haare aufstellen.

"Dann schlag du einen Tag vor und ich erkläre mich damit sofort einverstanden", bittet er mich dann, sieht mich abwartend an.

"Der erste Februar."

Er hebt eine Braue, guckt mich an, als ob ich dumm bin. Doch ich meine es ernst, wiederhole mich und sage: "Der erste Februar, Harry!"

"Ernsthaft?" Er wirkt nicht begeistert, während ich amüsiert kichere, frech nicke und liebevoll seine Hand in meiner drücke.

"Ich will es jetzt nicht so kitschig erklären, aber du spielst die wahrscheinlich wichtigste Rolle in meinem Leben, weswegen der Tag an dem du geboren bist, ein wichtiger in unserer Beziehung ist."

Es ist einfach so und da er meinte, er erklärt sich mit jedem Tag, den ich vorschlage einverstanden, grinse ich breit, ehe ich seine Wange küsse, gleichzeitig durch die kurzen Haare wuschele.

"Oder wir nehmen morgen", meine ich dann. "Wenn alles klappt."

"Das wird es! Ich verspreche es dir!"

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