Oui, l'amour

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Max lächelte, während mal wieder das verbleibende Licht des schwindenden Tages in seinen grünen Augen tanzte. "Irgendwie bezweifle ich, dass das klug von mir war, aber ich bin zufrieden damit, zufriedener könnte ich nicht sein", sah er sie an. 
"Dass was nicht klug von dir war?"
Sie hatten sich auf den Balkon gepflanzt, nebeneinander auf die schmale Fensterbank. 
"Mich auf dich einzulassen. Jetzt." Er lächelte undefinierbar. Seine Füße ragten über die Brüstung.
Hannas Hand glitt an ihre Kette. Das Medaillon war an der Unterseite warm, wo es zwischen den Schlüsselbeinen auf ihrer Haut auflag. Oben kühlte es ihre Fingerspitzen beruhigend. Dieses Gefühl brauchte sie, denn ihr Herz klopfte flatternd in ihrer Brust. Sie hatte keine Ahnung, was als nächstes passieren würde. 
"Was schaust du mich so erschrocken an?", lachte Max. 
"Ich weiß nicht, was willst du mir damit sagen?" Sie schluckte. War sie zu forsch gewesen?
"Nichts. Gar nichts." 
Hanna kniff misstrauisch die Augen zusammen. 
"Ich bin doch hier. Ich wäre schon gegangen, wenn ich das gewollt hätte."
"Max, sollen wir nochmal einen Schritt zurückgehen?"
"Einen Schritt zurück?" Jetzt waren es seine Augen, die sich zu schmalen Schlitzen verengten.
"Ich kann sehr quengelig werden, wenn ich meinen Willen nicht kriege und ich befürchte, dem bist du zum Opfer gefallen. Habe ich dich zu irgendwas gedrängt?" Hanna senkte reumütig die Lider. 
"Nicht direkt", kratzte er sich perplex am Kopf. 
"Nico sagt, ich bin verführerisch, er denkt, das ist eine meiner Charaktereigenschaften."
"Wann hat er das gesagt?", knurrte Max. 
Hanna wurde rot. "Nicht dann, wann du denkst", meinte sie verachtungsvoll und nippte vielsagend an ihrer Teetasse.
"Und welchen Schritt zurück willst du deswegen machen?" 
"Na ja, ich will zwar eine Beziehung, aber du musst nicht unbedingt sofort mein Freund sein. Das zwischen uns muss nicht gleich etwas Festes werden. Wir können es ja langsam angehen lassen", schlug sie zögerlich vor. 
Max lachte fassungslos. "Das ist nicht dein Ernst. Erst drängelst du und jetzt machst du einen Rückzieher? Tut mir leid, aber da fällt's mir schwer, zu glauben, dass du echt was von mir willst und nicht nur deine Spielchen mit mir treibst."
"Oh mein Gott, für wie niederträchtig hältst du mich denn?", empörte sie sich. 
"Hanna, hör mir zu, für was Lockeres bin ich nicht zu haben. Ich weiß, was ich will und ich stehe dazu. Wie ist das bei dir?"
Das war keine nette Bitte gewesen, ein Statement abzugeben. Es war vielmehr eine unmittelbare Aufforderung, sich klar zu ihrer Beziehung zu positionieren. Sie verstand ihn nicht ganz, er hatte ihr doch vor nicht einmal einer halben Minute deutlich vermittelt, dass er Zweifel hegte. Gleichzeitig wuchs die magnetische Anziehung, die er auf sie ausübte, parallel zu ihrer Verwirrung ins Unermessliche. Max war wirklich die Verkörperung all dessen, was sie sich bei ihrem Freund immer gewünscht hatte. Er versprühte Charisma und Humor, war ein bisschen abgedreht und er wusste eben, was er wollte. Immerhin stellte er das doch gerade unter Beweis.  
"Hast du Nico denn gar nicht über mich ausgefragt?", feuerte sie in ihrer Irritation hitzig zurück. "Ich suche nichts Lockeres. Ich bin locker genug für fünfzig Leute. Aber das trifft nicht auf jeden Lebensbereich zu, schon gar nicht auf die Liebe. Du solltest mich in meinem Studium erleben, locker ist das letzte Wort, das mir diesbezüglich einfallen würde. Ich habe ein lockeres Verhältnis zu meinen Freunden - wobei ich sie eher als die Freunde meines Bruders bezeichnen sollte." Hanna spürte, dass sie ins Quasseln verfiel, doch umso verzweifelter sie sich dagegen zur Wehr setzte, desto öfter reihte sie bloß hastig x-beliebige Sätze aneinander. Sie hätte schwören können, was sie gerade vor sich hinstotterte, wäre für Max inhaltsloser Nonsens. "Und ich öffne mich nur den wenigsten komplett", faselte sie dennoch weiter. "Glaub mir, von Grund auf weiß ich, wer ich bin, wo ich herkomme und wo ich hin will. Ich suche jemanden, der das auch weiß. Wenn du nicht so eine Person bist, dann sag es mir, bevor es zu schmerzhaft für mich wird. So egoistisch bin ich, dass ich meinen Kopf dann lieber rechtzeitig aus der Schlinge ziehen will. Ich hatte von Anfang an das Gefühl bei dir, dass du diese drei Dinge genau weißt: Wer du bist, wo du herkommst, wohin du willst. Ich habe zu lange gebraucht, um die Antworten für mich darauf zu finden, als dass ich jetzt noch die Geduld hätte, abzuwarten, bis mein Partner das für sich weiß."
Max lehnte sich zurück. Verblüffung, die bereits an Paralyse grenzte, stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Halt mal die Luft an."
Selbst vor Schock gelähmt starrte Hanna ihn wie ein verschrecktes Reh an. Jetzt hatte sie es sich kaputt gemacht. Definitiv. So rasch sie ihr Glück ereilt hatte, umso eiliger schien es sich nun wieder von ihr loseisen zu wollen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie hatte doch schon früher auf die harte Tour lernen müssen, dass nichts Gutes dabei rauskam, wenn sie ihre Gedanken so direkt und unverblümt rausposaunte. Eventuell hatte ihre Therapeutin sie angelogen, als sie meinte, Hanna wäre kein bisschen sozial inkompatibler als jeder andere Mensch. Ja, wahrscheinlich hatte sie das. Rückblickend betrachtet ergab das sogar Sinn. Sie war eine anstrengende Patientin gewesen und ihre ADHS-Erscheinungen ließen nach, als Frau Doktor Haller ihr endlich erfolgreich einreden konnte, dass sie nicht verrückt war. Auf diese perfide Art war sie Hanna losgeworden. 
"Hey, alles okay?", beugte Max sich zu ihr. "Entschuldige, ich wollte nicht gemein sein oder so."
"Max, ich -" Sie stockte. "Ich bin ganz furchtbar krank", outete sie sich.
Max sah sie schräg an. "Was hast du?" 
"Ich bin ein psychisches Wrack mit Depressionen", plapperte sie los, "und einer Aufmerksamkeitsstörung und du sollst das nicht mitmachen müssen, du -"
"Hanna!", stoppte er sie laut. Ihr Atem ging flach. Ein Schwindelgefühl riss sie fast von der Fensterbank. Sie hatte Glück, dass Max so schnell reagierte: Er fing sie auf, bevor sie auf den Boden krachte. "Beruhige dich", zog er sie rauf in seine Arme. "Es besteht kein Grund zur Panik", flüsterte er in ihr Haar. "Schließ die Augen."
Noch immer halb hyperventilierend fixierte sie angsterfüllt seine Lippen. "Na los", meinte er sanft.
Hanna krallte sich in seinen Oberschenkel, dann kniff sie die Augen zusammen und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. "Siehst du die Tür?"
Aber Hanna erlitt gerade einen echten Zusammenbruch. "Scheiße, ich habe die Augen zu!", kreischte sie plötzlich wütend. "Hier ist nix, nur Dunkelheit." Daraufhin begann sie zu schluchzen, doch er ließ sich nicht beirren. "Lass die Augen zu. Kannst du die Tür sehen?"
"Wovon redest du?", flehte sie wimmernd.
"Je länger du zweifelst, desto länger dauert es, bis du sie gefunden hast", belehrte er sie. "Atme langsam ein und aus, dann wird der Duft von all dem, was hinter der Tür liegt, zu dir strömen. Denk an den Geruch von Papier, an Nicos Eigengeruch, an frisch gewaschene Wäsche …" Bei seinem letzten Beispiel blitzte es in Hannas Fantasie, auch deshalb, weil Max nach frisch gewaschener Wäsche duftete. Flammend tat sich eine Tür vor ihr auf, die aussah wie die Tür ihres alten Kinderzimmers.
"Öffne sie", sagte Max leise in ihr Ohr - Hanna öffnete die Augen. "Alles gut", strich er mit dem Daumen über ihre Wange, während ihr Puls raste, als hätte sie soeben bei einem Marathon als Erste die Ziellinie überquert. Ein paar Minuten saßen sie schweigend auf dem Balkon. Hanna drängte sich eng an Max. 
"Ich weiß wie schwer es ist, wenn man nicht aus seinem Kopf rausfindet", brach er schließlich das Schweigen. "Ich wünschte, den Trick mit der Tür hätte ich mir ausgedacht, aber die Idee stammt von meiner Schwester."
"Funktioniert", gab Hanna dumpf ihre Einschätzung von sich.
"Um nochmal zurück auf das zu kommen, worüber wir vorhin geredet haben …" Er nahm ihre Hand und verflechtete seine Finger mit ihren. "Wenn du diese Depressionen und diese Aufmerksamkeitsstörung schon hattest, bevor wir uns kennengelernt haben, also solange ich sie nicht hervorgerufen habe, sehe ich nicht das größte Problem darin, sondern vielmehr in dem, was du noch davor gesagt hast. Ich will bedingungslos geliebt werden. Was das angeht bin ich egoistisch. Es gibt keinen Plan B bei mir, kein Entweder-Oder. Es gibt nur Plan A."
"Glaubst du nicht an die eine große Liebe?"
"Doch. Aber ich glaube, dass jede die große Liebe sein kann."
Hanna schüttelte den Kopf. "Da sind wir unterschiedlicher Meinung. Prinzipiell mag jeder der Richtige sein, aber in der Praxis gibt es nur den Einen. Du hast häufiger Schluss gemacht, oder? Ich dachte, wir wären dabei auf einer Wellenlänge."
"Nico zufolge lief das bei dir ähnlich ab in der Vergangenheit", ging er sofort in die Defensive. 
"Ja, nur hatte ich bestimmt andere Gründe", verzog sie die Miene als hätte sie in einen sauren Apfel gebissen.
"Wieso hast du Schluss gemacht?"
Hanna zauderte; sie war unsicher ob sie ihm diese Information verraten sollte. Dann fiel ihr auf, dass es egal war. So wie Max sie eben erlebt hatte, kannte sie abgesehen von Nico eh keiner. "Die meisten konnten nicht mit den Depressionen umgehen. Manche haben es schlimmer gemacht… Wenn es das nicht war, dann lag es daran, dass ich wahre Liebe zu keinem von ihnen aufbauen konnte."
"Du testest das an, gehst eine Beziehung ein und schaust, was passiert?" 
"Wer tut das nicht? Beziehungen geht man ein, wenn man verliebt ist."
Dem hatte er nichts entgegen zu setzen. Sie lächelte probehalber und er erwiderte es.
"Tja, hier sind wir", nestelte er am Saum seines T-Shirts herum.
"Du bist hibbelig", grinste sie.
"Ich wurde mit Hummeln im Hintern geboren", grinste er zurück.
"Willst du dir meine Wohnung anschauen?", fragte sie unvermittelt.
"Na, hör ma', auf jeden Fall!"
Lachend stand sie auf. "Folg mir."


Dadurch, dass sich der Balkon an Hannas Wohnzimmer anschloss, starteten sie vor dem Harry Potter Schrein. "Den kennst du schon", deutete sie auf das Regal. Max nickte. "Und ich finde diese Ecke nach wie vor äußerst interessant. Was ist das?", griff er nach einer Kerze im unteren Bereich. "Tarotkarten?", observierte er belustigt Hannas Esotherik-Sammlung. "Sind das nicht diese Dinger, mit denen man angeblich die Zukunft vorhersagen kann?" 
"Urteile nicht voreilig, es ist spannend. Wenn man sich erst einmal eingelesen hat, lässt es einen nicht mehr los."
"Dann legst du Leuten die Karten?" Am liebsten hätte sie auf eine Erklärung verzichtet, doch er hatte gefragt, also gab sie ihm widerwillig eine Antwort.
"Na ja, nicht wirklich. Ich lege sie oft der Freundin meines Bruders. Die nimmt aber leider zu ernst, was ich ihr sage. Ansonsten habe ich Nico ein paar Mal dazu gekriegt, aber er nimmt es nicht ernst genug. Und es ist schwer, wenn man versucht, sie für sich selbst zu legen."
"Ich würde ja sagen, dass das nach einer Wissenschaft klingt…", neckte er Hanna.
"Ich weiß, ich weiß", seufzte sie.
"Und wie stehst du zu Astrologie und dem ganzen Zeug?"
"Dein Sternzeichen ist Löwe, oder?"
Für einen winzigen Moment sah er beeindruckt aus. "Ach … Nico", atmete er auf.
"Nein", meinte sie trocken. "Ich habe keine Ahnung, wann genau du Geburtstag hast. Das war geraten. Ich habe einfach deine Eigenschaften und das, was ich bisher über den Tierkreis gelernt habe, zusammengepuzzelt."
"Okay", kommentierte er langgezogen. "Was soll's, ich erwarte auch nicht von dir, dass du jedes Videospiel feierst, das ich verehre. Übrigens habe ich am ersten August Geburtstag."
Hanna lächelte, als sie Max küsste. Sie sanken irgendwann auf die Wildledercouch, wo sie schließlich nach einigen Minuten voneinander abließen.
"Gemütlich", boxte er in eins der walnussbraunen Kissen. Neugierig tastete er auf der über und über mit Stickern beklebten Konsole dahinter herum, auf der sich Hannas aktuell angefangene Bücher befanden. "Der fünfte Band ist mein Lieblingsband", hob er den Orden des Phoenix aus Harry Potter hoch. 
"Wirklich? Geht mir genauso!", lehnte sie sich begeistert zu ihm rüber. "Ich lese ihn gerade zum vierten Mal."
"Zum vierten Mal?" Er machte ein verächtliches Geräusch. "Amateurin. Ich habe ihn sieben Mal durch."
"Achso, dann liest du immer alle sieben Bände, wenn du die Reihe wiederholst?", warf sie scheinbar unschuldig in den Raum. 
"Oh, eine Intellektuelle", spottete er.
Sie streckte ihm die Zunge raus.
"Hübsch hast du's", ignorierte Max sie und ließ seinen Blick weiter durch das Zimmer streifen. An den Wänden hingen Bilder, die definitiv nicht von Ikea stammten. Er fragte sich, ob Hanna sie selbst gemalt hatte, konnte aber nirgends im Raum Zeichenutensilien ausmachen. Überhaupt waren Hannas Möbel willkürlich zusammengewürfelt: zuweilen mussten sie deutlich teurer sein, unverkennbar vom Flohmarkt oder selbst aufgepimpte Einrichtungsgegenstände aus einem zweitklassigen Billig-Möbelhaus. Seine Füße scharten über den persischen Flokati, einen hochwertigen Teppich, bei dem es ihn allerdings nicht gewundert hätte, hätte Hanna ihn für einen lächerlichen Betrag auf dem Bazar ersteigert. "Es hat Charme", sah er sich um, "und Pflanzen scheinen es gut bei dir zu haben."
"Die sind anspruchslos", winkte Hanna ab. 
"Das sind schon echte Pflanzen, oder?"
"Klar", kicherte sie. "Mit viel Sauerstoff in den Lungen lernt es sich besser." Sie nickte in Richtung des Schreibtischs. Max Augen huschten wieder zu ihren Lippen und es folgte eine zweite Runde Geknutsche, bevor sie die Besichtigung fortsetzten.

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