24 - reinigendes Gewitter

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Ich schlafe schlecht, komme nur schwer aus dem Bett, kann mich bei der Arbeit kaum konzentrieren. Mir spuken ununterbrochen Namjoon und Jeongguk durch den Kopf. Der gemeinsame Feierabend mit So-Ra ist also praktisch meine Erlösung. In der Mittagspause hab ich ihr ein bisschen erzählt, was in mir und in der Villa grade alles abgeht. Jetzt steuern wir wochenendmüde auf die S-Bahn-Station zu.

"Soll ich heute mal wieder mitkommen? Ich muss ja gar nicht viel machen. Aber ich könnte DIR ein bisschen den Rücken stärken."
Ich überlege einen Moment. Es erfüllt mich mit Wärme und Freude, So-Ra an meiner Seite zu wissen.
"Wenn es dir nichts ausmacht? Ich glaube, heute könnte ich dich gut brauchen."
"Gerne! Komm ich gleich mit zu dir? Oder holst du mich zu Hause ab?"
"Ich hol dich. Bis nachher!"
Wir trennen uns in der Tiefebene und streben zu unseren jeweiligen U-Bahnen. Ich bin erleichtert, dass ich da gleich nicht alleine hin muss.

Eine Stunde später bin ich geduscht, in bequeme Klamotten gestiegen und eigentlich ausgeruht. Aber meine Nerven liegen trotzdem blank. Ich weiß nicht mal warum. Eine ungute Vorahnung kribbelt mir von der Kopfhaut bis zu den Zehen und macht mich schier wahnsinnig. Um so erleichterter bin ich, als kurz darauf So-Ra neben mir auf den Beifahrersitz rutscht. Sie scheint mal wieder zu spüren, wie es mir geht. Nach einem fröhlichen "Hallo!" und einem Blick in mein Gesicht schmeißt sie ihr Handy an und schmettert völlig schmerzbefreit alles mit, was in ihrer Playlist grade so aufploppt. Entsprechend runtergeholt und fröhlich fahre ich von der Autobahn und den Berg hoch zur Villa.

Ein paar hundert Meter vorher kommen uns ein käseweißer Jeongguk und ein fürsorglicher Hoseok Hand in Hand entgegen.
"Ui! Kuck mal, Guk ist auf dem Weg, um seinen Bruder vom Bus abzuholen. Es geht ihm offensichtlich nicht gut damit, aber der Bruder ist wichtiger. Das freut mich so für ihn."
"Besonders glücklich sieht er ja nicht aus. Aber hinterher kann er stolz auf sich sein."
Ich halte neben den beiden an und mache das Beifahrerfenster auf.
"Hallo, ihr zwei. Na? Gehts los? Ich bin echt stolz auf dich, Guk, dass du das heute schon schaffst."

Guks Stimme klingt gepresst und kratzig. Sein Blick ist starr zu Boden gerichtet.
"Hm. Is schwer. Wollte schon kneifen. Aber dann is Namjoon aufgetaucht. Da is mir die Straße lieber."
Er steht offensichtlich total unter Strom und zerquetscht Hobi fast die Hand, was der aber geduldig erträgt.
"Du schaffst das! Du bist schon so weit gekommen."
Wir winken noch mal und fahren weiter den Berg hoch.

Ich stelle das Auto bei den Müllcontainern ab und schleppe So-Ra mit ins Baubüro. Da die Handwerksmeister aber noch auf der Baustelle sind, spazieren wir hoch zur Villa. Hier wird schon überall aufgeräumt, bald ist Feierabend. Wir setzen uns hinter der Villa im Park in den Schatten, damit wir nicht im Weg stehen, und warten ab. Dabei kann ich So-Ra das ein oder andere am Haus und im Gelände zeigen, was sich seit ihrem letzten Besuch verändert hat.

Der Park sieht hier hinten allerdings nach wie vor echt wild aus.
"Wir haben beschlossen, dass wir mit dem vorderen Garten in diesem Jahr zumindest noch anfangen wollen. Aber hier hinten - der Spielplatz, der Pavillon, der Teich, die Wiesen und Wege, der Beschnitt der Obstbäume - das kommt dann im nächsten Jahr."
"Das muss ja auch nicht auf Biegen und Brechen sofort sein. Solange du nicht weißt, wofür das ganze, wäre es Quatsch, einfach irgendwas zu machen."

Nach einer Weile wird es still auf der Baustelle, und Tae gesellt sich zu uns.
"Na, kein Drang unter die Dusche?"
"Nö. Blöd. Aber da ist Namjoon, und ich hab immer noch keinen Bock auf sein Gemecker."
"Dann warte einfach die Besprechung ab, und wir gehen hinterher zusammen runter."

Die Handwerker verabschieden ihre letzten Mitarbeiter am Portal und kommen zu uns hinter die Villa. Wir machen eine Hausbegehung, bekommen die Fortschritte erklärt, ich kann ein paar Fragen stellen und ein paar Wünsche äußern. Dann starten die Männer ins Wochenende, und wir drei laufen zum Pförtnerhaus.

In mir blubbert schon wieder die Nervosität nach oben. Und das wird auch nicht weniger, als am Rondell Jeongguk, Hoseok und eine glücklich lächelnde, etwas ältere Ausgabe von Guk zu uns stoßen.
"Kuck, das ist Frau Cho. Der das alles hier gehört. Und die uns nicht rausgeworfen hat."
Ich bremse Guks aufgeregten Redeschwall.
"Herzlich willkommen! Ich freue mich so sehr für Sie beide, dass die furchtbare Durststrecke bald hinter Ihnen liegen darf. Kommen Sie erstmal in Ruhe an und lassen Sie sich von Guk alles zeigen. Wir essen wahrscheinlich nachher zusammen zu Abend."
Die Stimme des Bruders ist tiefer als die von Jeongguk und butterweich.
"Herzlichen Dank für das warme Willkommen und noch viel mehr für all das, was sie schon für meinen Bruder getan haben. Ich bin so froh, dass er nicht alleine ist."

Als wir uns der Pförtnerei nähern, ist alles still. Zu still. Doch das ändert sich schon wenige Sekunden später. Durchs offene Küchenfenster hören wir etwas scheppern, direkt gefolgt von Yoongis wütender Stimme.
"Ich habe keine Ahnung, welche Laus dir über die Leber gelaufen ist, und ich muss das auch nicht wissen. Aber wie man auch nach zwei Tagen noch sauer und schlecht gelaunt sein kann, nur weil das rettende Dach über dem Kopf kein Bügeleisen bereit hält, das ist mir echt schleierhaft. Du bist grade auf dem besten Weg, hier rauszufliegen. Krieg dich ein und entschuldige dich, sonst setzen wir dich vor die Tür."
"Und wenn ich nicht gehe? Außerdem muss mir eure Lieblingsmutti dafür erst mal kündigen und die Kündigungsfrist einhalten."

Ich bewundere den Kämpfergeist und die Selbstbeherrschung von Yoongi, denn Namjoon ist wie am ersten Tag voll im "mir doch scheißegal"-Modus. Ich wäre ihm wahrscheinlich schon längst an die Gurgel gegangen.
Ich hole tief Luft und straffe die Schultern. So-Ra hält mich zurück.
"Stop! Erst überlegen, wie du das angehen willst, Lieblingsmutti. Dann zum Löwen in den Ring steigen."
Ich knirsche mit den Zähnen.
"Ich bin hier nicht die LiEbLiNgSmUtTi."
"Doch, bist du. Und da kannst du sehr, sehr stolz drauf sein. Die fünf Jungs verdanken dir nicht nur ganz viel. Sie verehren dich und würden jederzeit für dich durchs Feuer gehen. Weil du genau DER Mensch bist, der ihnen allen in ihrem Leben gefehlt hat. Nimm seinen Gehässigkeiten die Spitze, indem du das Gute darin findest. Und jetzt rein mit dir!"

Jeongguk zeigt seinem Bruder sein Zimmer, und dann verkrümeln sie sich zur Villa. Sie werden jetzt viel zu reden haben. Und sie sind aus der Schussbahn, falls es gleich ungemütlich werden sollte.
Da es weiterhin in der Küche klappert, steuere ich direkt darauf zu. Hoseok, So-Ra und Tae setzen sich angespannt im Gemeinschaftsraum an den Tisch, wo Yoongi schon hockt und total angepisst vor sich hin köchelt.
Ich gebe mir einen Ruck und öffne die Küchentür. Namjoon steht am Herd und brutzelt sich was. Neben der Spüle steht ein waghalsig gestapelter Berg von umgedrehten Töpfen und Pfannen.

Ich schaue Namjoon an und will ihn begrüßen. Der jedoch blickt stur auf seine Pfanne und legt los, bevor ich ganz im Raum drin bin.
"Ach, sieh an. Da kommt die Mutti, um das schwarze Schaf zurück auf den Pfad der Tugend zu führen. Wissen Sie was? Ich scheiß drauf! Mein Leben ist sowas von gelaufen, da können Sie auch nichts mehr retten. Es sei denn, Sie haben Lust, meine Schulden zu bezahlen."
Er lächelt bitter, und ich bekomme eine Gänsehaut. Das Lächeln, das ich so sympathisch fand, wirkt jetzt wie eine fiese Fratze.

"Zunächst mal guten Tag. Und dann sofort hinterher: ich denke, das Hauptproblem ist, dass ich eben grade NICHT Ihre Mutti bin. Und deshalb sind Sie selbst verantwortlich - für Ihr Leben, für Ihr im Moment leider nicht vorhandenes Sozialverhalten, für die Nackenschläge, die sie in den letzten Tagen verteilt haben. Und für das Bügeln Ihrer Wäsche.
Ich habe hier fünf Menschen weder angezeigt noch auf die Straße gesetzt sondern ihnen im Gegenteil ein Dach über dem Kopf, Verpflegung, Bezahlung und Seelenstütze angeboten. Ich habe Ihnen, Herr Kim, gegen meine Vorahnung die Chance gegeben, in diese Gemeinschaft zu finden, weil die Jungs es so wollten. Aber diese fünf Männer flüchten seit ein paar Tagen vor ihrem eigenen Zuhause, weil sie hier fürchten müssen, angepöbelt zu werden. Ich erwarte, dass dieses Verhalten sofort aufhört und Sie sich wieder einfügen in die Gemeinschaft. Ich ..."

"Oooch. Haben die Kinderlein sich bei Mutti über mich beschwert? Im Kindergarten nannten wir sowas früher petzen. Ist das hier doch ein Kindergarten?"
"Eben nicht. Die fünf anderen lernen nämlich täglich dazu. Der einzige, der auf dem Niveau stecken geblieben zu sein scheint, sind Sie. Wenn Sie ein Bügeleisen brauchen, dann wissen Sie das mit Sicherheit ein paar Tage vorher und können sich eines besorgen. Es ist nicht meine Aufgabe, Ihnen hier den roten Teppich auszurollen. Übernehmen Sie endlich Verantwortung für sich selbst."
Ruckartig dreht sich Namjoon zu mir um und fixiert mich kalt.

"Ach ja? Wenn unser Baby Gukkie ausrastet und die anderen sogar in Gefahr bringt, dann kommen Sie quer durch Seoul gerast, um Händchen zu halten. Wenn ich wegen eines Bewerbungsgesprächs, von dem meine Zukunft abhängt, ein Bügeleisen brauche, dann passiert hier gar nichts. Außer, dass ein paar Grünschnäbel wie aufgescheuchte Hühner in alle Richtungen davonwackeln und um Hilfe schreien.
Was ist das hier? Eine Zweiklassengesellschaft in der Gosse? Ihr persönlicher Gutmensch-Selbstverwirklichungstrip? Eine Umerziehungsanstalt? Ich habe keinen Bock, mich auf Dauer erpressen zu lassen. 'Entweder du bist brav, oder du wanderst zurück in den Knast.' Einen Scheiß tu ich. Also lassen Sie mich in Ruhe zu Abend essen, statt mir hier eine Gardinenpredigt zu halten."

Mit Schwung befördert er sein Essen in ein Schüsselchen und knallt die Pfanne zurück auf den Herd. Er schnappt sich Stäbchen und will aus der Küche.
Dass er neben der Spur ist, haben wir ja alle begriffen. Dass man im Frust mal grantig und unleidlich wird, steht hier jedem zu. Aber dass er dabei gezielt unter die emotionale Gürtellinie geht - das ist unter aller Sau. Und er wusste von Anfang an, dass ich das nicht dulden würde. Nur - wie komme ich ihm jetzt bei?

Mit angenervter Stimme bellt er mich an.
"Darf ich bitte durch, Mutti?"
Perplex trete ich zur Seite und lasse ihn aus der Küche. Im Gemeinschaftsraum rückt ein Stuhl, und Hoseok presst mühsam beherrscht ein paar Worte zwischen den Zähnen durch.
"Hier ganz bestimmt nicht, Arschloch. Kannst in deinem Zimmer essen."
Der Stuhl rückt erneut, die Zimmertür knallt zu.

Ich breche in Tränen aus. Keine Ahnung warum. Ich bin diese Machtspielchen einfach leid.
Schade. Er war mir inzwischen richtig sympathisch geworden. Aber sowas ist ein NoGo. Ich bin weder eine Heldin noch seine Aufpasserin. Aber ich bin seine Vermieterin. Und als solche kann ich ihm kündigen. Hätte ich doch bloß meinem ersten Eindruck geglaubt!
Von hinten legen sich zwei Arme um mich. So-Ra flüstert mir ins Ohr.
"Lass ihn laufen. Ich habe das Gefühl, dass er selbst verzweifelt um Fassung ringt und völlig überfordert ist. Irgendwas scheint schief gegangen zu sein. Du bist jedenfalls weder auf einem Selbstverwirklichungstripp, noch erpresst du ihn, noch bist du dafür zuständig, ihm einen vollständigen Haushalt zur Verfügung zu stellen. Das sind alles hübsch seine Probleme. Nicht deine."

Wir gehen rüber ins Wohnzimmer. Yoongi knirscht mit den Zähnen vor Wut, Hoseoks Gesicht gleicht einem Gewitter kurz vorm Ausbruch. Und Taehyung weint.
Wenn ich schon Namjoon nicht beikomme - wie kann ich denn wenigstens für die anderen hier wieder Ruhe reinbringen? Au Mann, ich hasse sowas. Muss ich dem jetzt ernsthaft ein Ultimatum stellen?!?
Als erstes gehe ich hin und nehme Taehyung einmal fest in die Arme.
"Beruhig dich, Tae. Soll er toben. Du bist morgen den ganzen Tag bei deinen Eltern, er schläft samstags viel oder ist weg. Und bis Sonntag habe ich ihn definitiv dazu gebracht, mir ordentlich zuzuhören. Denn wenn er sich nicht zügig wieder einkriegt, werde ich nicht davor zurückscheuen, ihm zu kündigen. Das ist kein Umgangston in einer WG."

"Ach ja?"
Wir zucken alle zusammen, als Namjoons Stimme von der Tür her erklingt. Und ich beschließe, jetzt das Ruder zu übernehmen. Ich richte mich auf.
"Ja. Ganz schlicht: ja. Was auch immer Ihnen in dieser Woche passiert ist - Sie können das mit jedem hier teilen, das wissen Sie. Aber das zu verbergen und stattdessen die schlechte Laune an Unschuldigen auszulassen - ist hiermit vorbei. Ich gebe Ihnen bis Mittwoch Zeit, zur Besinnung zu kommen und sich bei den anderen zu entschuldigen. Sonst haben Sie Mittwoch Abend die schriftliche, fristgerechte Kündigung auf dem Tisch."

Wütend rauscht der große Mann an mir vorbei und stellt seine leere Schüssel einfach in die Küche. Kaum ist er wieder im Gemeinschaftsraum, knurrt Yoongi ihn an.
"Spülen. Oder zumindest in die Maschine räumen. Wir sind nicht deine Diener."
Wortlos macht Namjoon kehrt, stellt Schüssel und Pfanne in die Spülmaschine und räumt - oh Wunder! - auch noch den schiefen Stapel aus sauberen Töpfen und Pfannen ordentlich in die Schränke.

"Zufrieden?"
Immer noch der pampige Unterton.
"Ja, sehr. Danke! Der Stapel sah ziemlich gefährlich aus."
Mit zusammengebissenen Zähnen rauscht er an uns vorbei und verlässt das Haus. Da am offenen Fenster ein paar stinkende Rauchschwaden vorbeiziehen, hat er sich wohl eine Zigarette angezündet.
Wenns ihn beruhigt ... soll er sich doch die Lunge ruinieren. Hauptsache, hier kommt wieder Entspannung rein.

Und wie kriegt jetzt die Gruppe die Kurve? Hm. Das wäre ...
Ich greife zum Handy und rufe bei meinem Italiener an.

"Antonio, hast du für heute Abend noch einen Tisch für acht Personen frei?"
"Wenn es in Ordnung ist, dass ihr draußen an der Straße sitzt?"
"Klar, das ist bei dem Wetter sowieso schöner. Danke! Wir sind in einer Stunde da."

Ich wende mich zu den anderen.
"Hoseok, gibt es hier auf der Baustelle einen Personenbus? Dann bräuchten wir kein Taxi sondern könnten einfach alle gemeinsam fahren."
Hobi überlegt einen Moment.
"Ich glaube schon. Kann ich deinen Schlüssel zum Baubüro haben? Dann kann ich sehen, was grade hier steht an Fahrzeugen."
Eine Viertelstunde später ist er wieder da.
"Gebongt. Ein Achterbus. Das passt super. Wann müssen wir los?"
"Och, so in einer halben Stunde."

Wie der Wind flitzen Tae und Hobi los, denn sie haben beide nach der Arbeit noch nicht geduscht. In der Zwischenzeit wird Jin aufgescheucht, und Yoongi macht sich auf die Suche nach Guk und seinem Bruder. Nach einer halben Stunde marschieren wir gemeinsam los zum Bus. Die Jungs haben alle ihre ... naja ... ihre am wenigsten abgewrackten Klamotten angezogen, ihre Schuhe vom Baustellendreck befreit, sind sich einmal mit einem feuchten Kamm durch die Wuschelhaare gefahren und halten mir feixend ihre sauber geschrubbten Hände zur Kontrolle entgegen. Ich zeige ihnen einen Vogel, kann jetzt aber endlich auch drüber lachen.
"Ich bin immer noch nicht eure Mutti. Blamieren könnt ihr euch ganz alleine, wenn euch danach ist. ICH kontrolliere hier gar nichts!"

Der Abend wird lecker, feucht-fröhlich und entspannt uns alle herrlich. Jeongguk strahlt die ganze Zeit seinen Bruder an, der sich bei uns offensichtlich wohlfühlt. So-Ra albert mit Hobi und Tae, ich unterhalte mich mit Jin, und Yoongi sagt selten etwas, sitzt aber vergnügt schmunzelnd zwischen uns und beruhigt sich zusehens.
Ich atme durch und lasse los. Namjoons kurze Essenspause war auch für mich die Gelegenheit, einen Schritt rückwärts zu gehen und die Situation etwas rationaler zu betrachten.
Ich bedaure, dass es so weit gekommen ist. Und zumindest von meiner Seite aus lag es sicher auch daran, dass ich bereits mit der Erwartung in die Begegnung gegangen bin, dass es knallen WIRD.

Ich wäre wahrscheinlich geduldiger und ruhiger gewesen, wenn sich mir nicht das Gefühl aufgedrängt hätte, dass er bockig und gemein sein WOLLTE. Was er am Donnerstag auch immer gemacht und erlebt hat - da muss irgendwas so richtig schief gegangen sein. Ach, Namjoon. Kommunikation ist das Zauberwort!
Ich sollte versuchen zu verstehen, was ihn antreibt, was ihm gut tut oder ihn verletzt. Wie nimmt er sich, mich, die Gemeinschaft wahr? Seine Bemerkung vorhin klang ja nach Eifersucht, nach einem Wettstreit um meine Aufmerksamkeit. Das war richtiges Kräftemessen. War das so, weil wir Zuschauer hatten? Aber so wichtig finde ich mich gar nicht. Und in den Tagen vorher hat er sich auch daneben benommen, obwohl ich gar nicht dabei war.

Was hat er gesagt? Ein Bewerbungsgespräch, von dem seine Zukunft abhängt. Mit gebügeltem Hemd. Also hat er sich bestimmt nicht bei der Müllabfuhr beworben. Sondern? ... Auwei - bei einer Bank?!? Glaubt er ernsthaft, dass er einfach wieder zurück in seinen Beruf als Broker rutschen kann? Das wäre entweder haushohe Selbstüberschätzung oder pure Verzweiflung.
Wie hatte er das genannt? Zweiklassengesellschaft in der Gosse. Mein persönlicher Gutmensch-Selbstverwirklichungstrip. Umerziehungsanstalt. Fühlt er sich nur so schlecht behandelt, vermischt er die neuen Erfahrungen mit älteren - oder benachteilige ich ihn wirklich? Auf der anderen Seite: die anderen sind alle als Kinder oder Jugendliche erst ausgerutscht und dann ausgestoßen worden. Namjoon ist Mitte dreißig, schon lange erwachsen. Er hatte einen normalen Lebenslauf, bis er sich bewusst für den falschen Weg entschieden hat. Ich gehe jede Wette ein, dass er gar nicht wollen würde, dass ich ihn tröste wie ein verletztes Kind.

Ich sollte aufhören zu spekulieren, und anfangen, ihn direkt zu fragen. Hm. Vielleicht sollte ich ihn am Sonntag Nachmittag mal an der Tankstelle besuchen? Wenn es nicht passt, kann ich ja einfach wieder nach Hause fahren. Da sind jedenfalls nicht die Jungs als Publikum dabei. Wir sind an der Tanke nicht ungestört, weil er ja arbeiten muss, also kann er da auch nicht so ausfällig werden.

Als So-Ra und ich schließlich später am Abend von der Villa nach Hause fahren, bedanke ich mich bei ihr für die stumme Rückendeckung und teile meine Gedanken mit ihr. Sie lächelt nur.
"Bist du eigentlich schon auf die Idee gekommen, dass da einfach die Hormone mit ihm durchgehen? Ich meine ... er ist ein ansehnlicher Mann, nur ein paar Jahre älter als du. Du bist eine attraktive, gut betuchte Single-Frau."
Ich fange an zu lachen.
"Sorry, dass ich dich auslache, Süße. Aber damit wäre er der allerallererste Homo Sapiens, der eine Frau erobern will, indem er sie beleidigt. DAS ist nun wirklich das Letzte, woran ich bei ihm denke. Da kann das Alter noch so gut passen."

Schließlich lacht meine Beste einfach mit, und wir lassen das Thema fallen.
Dank des ausführlichen gemeinsamen Abends streiche ich das Samstagsfrühstück und schlafe stattdessen aus.
Muss auch mal sein.

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29.1.2023    -    22.3.2024

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