32 - Katerstimmung

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Taehyung weint die ganze Heimfahrt über. Er hockt mit angezogenen Beinen neben mir, umklammert seine Knie und weint unaufhörlich. Ich streiche ihm ab und zu mit der Hand über den Rücken, mehr kann ich nicht tun. Ich muss mich ja auf den Verkehr konzentrieren. Zum Glück sind morgens um 2.00 Uhr kaum noch Leute unterwegs, und ich komme zügig vorwärts. Ich spüre auch, wie bei mir nach und nach die Anspannung und die Aufmerksamkeit nachlassen.

An einer roten Ampel aktiviere ich die Freisprechanlage und informiere kurz So-Ra und Namjoon über die weiteren Ereignisse dieser Nacht. Es ist halb drei Uhr morgens, als ich endlich den Weg vom Rondell zur Pförtnerei entlang holpere, um Taehyung nach Hause zu bringen. Warmes Licht strahlt uns aus den Fenstern des Gemeinschaftsraumes entgegen. Ich lasse das Auto einfach vor dem Haus stehen und bringe den jetzt vor Erschöpfung zitternden jungen Mann rein.

Völlig übermüdet und in Sorge blicken uns Hoseok und Jeongguk entgegen. Bei Taes Anblick stehen sie sofort auf und nehmen ihn fest in die Arme. Den verlässt nun endgültig alle Kraft. Er sackt einfach in sich zusammen. Hoseok überlegt nicht lange.
"Komm her, Tae. Du hast es überstanden. Es ist vorbei. Wir bringen dich jetzt ins Bett und bleiben bei dir. Möchtest du, dass ich mich zu dir lege? Das beruhigt dich vielleicht ein bisschen. Du musst jetzt ganz dringend schlafen."
Die beiden Freunde bringen Tae auf dem direkten Weg ins Bett.

Hoseok taucht noch einmal auf, um sein Bettzeug zu holen und sieht mich mehr oder weniger apathisch mitten im Raum stehen.
"Nelli? Du siehst völlig fertig aus. Danke, dass du Taehyung so zur Seite gestanden hast. Du solltest jetzt aber auch ganz schnell ins Bett gehen."
"Ich weiß nicht, ... ob ich das schaffe. Das ... ist doch ... ziemlich weit."
Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Noch mehr Auto fahren wäre jetzt definitiv keine gute Idee.
"Ich hab nicht gesagt 'nach Hause fahren' sondern 'ins Bett gehen'. Da ist die Tür, Namjoons Bett ist frei, geh schlafen. Jetzt."
Er schiebt mich vorwärts, über den Flur bis zu Joonies Zimmertür.
"Los, beende den furchtbaren Tag und schlaf. Namjoon hat ganz bestimmt nichts dagegen."
Ich gehorche, ohne noch irgendetwas dabei zu denken.

Schlaf! Damit der Alptraum ein Ende hat.
Ich schlüpfe aus meinen Sandalen und Shorts und krieche in das Bett, das einen ganz feinen Geruch von Namjoon verströmt.

Das nächste, das ich wahrnehme, ist warmer Atem in meinem Nacken und etwas Schweres auf meinem Bauch. Ein Arm.
Okay ... Wo bin ich eigentlich?
Ich öffne meine Augen, kann im Dämmerlicht aber kaum etwas erkennen. Stattdessen höre ich eine leise Stimme sprechen.
"Mist! Guten Morgen, meine Liebe. Hab ich dich geweckt? Das wollte ich nicht. Schlaf einfach weiter, ich bin jetzt auch da."
Zufrieden lasse ich mich in Namjoons Wärme und Geborgenheit sinken und dämmere sofort wieder weg.
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich geschlafen habe, aber Namjoon ist schon vor mir wach, und das will was heißen. Erstaunt registriere ich, wie schön es ist und wie geborgen es sich anfühlt, in den Armen eines geliebten Menschen wach zu werden. Ich kann gar nicht anders, als ein Stückchen rückwärts zu rutschen und mich noch ein bisschen dichter an Joonie zu kuscheln. Sein schlafwarmer Geruch ist angenehm und schon ein bisschen vertraut, was mich überirdisch glücklich macht.

Joonie schnurrt wie eine Katze.
"Guten Mittag, Schlafmütze. Welch angenehme Überraschung hat mich heute Morgen in meinem Gemach erwartet. Ich hoffe, du konntest nach der Horrornacht trotzdem gut schlafen, Liebes."
"Sehr gut. Seit du da warst. Ist es wirklich schon Mittag?"
"Fast 14.00 Uhr. Meine übliche Zeit."
"Warst du schon bei den anderen? Wie geht es Tae?"
"Als ich heute Morgen gekommen bin, war Hobi schon auf den Beinen. Er hat So-Ra in Schach gehalten, Taes Familie ist inzwischen hier. Und er hat meinen Anwalt von neulich kontaktiert, der sich unendlich gefreut hat, dass wir ihn immer am Wochenende brauchen. Er will aber erstmal mit dir telefonieren, wenn ich das richtig mitgekriegt habe. Ich bin dann halt ins Bett."

"Dann lass uns aufstehen und sehen, wie der Stand der Dinge ist."
"Schade!"
"Wie - schade?"
"Najaaaaa ..."
Provokant fährt sein Finger meine Wirbelsäule entlang. Ich kriege eine kribbelige Gänsehaut, drehe mich zu ihm um und gebe ihm einen Kuss.
"Das schaffst du schon."
Grübchenalarm!
"Das ist Bestechung!"
Namjoon kuckt ehrlich erstaunt.
"Was denn?"
"Ernsthaft? ... Ist dir nicht bewusst, dass du für dieses Grübchenlächeln eigentlich einen Waffenschein bräuchtest?"
Sein verblüfftes Gesicht ist zum Piepen.
"Einen ... was? Wieso?"
"Weil du einfach wundervoll und einzigartig und liebenswert aussiehst, wenn du so kuckst. Und jetzt raus aus den Federn!"

Im Gemeinschaftsraum sind alle beieinander. Jin fährt Berge von Essen auf, Taehyung wird von seiner Familie mit Liebe überschüttet, Hoseok tippt auf seinem Handy rum. Die Stimmung ist müde, träge, verunsichert. Wir müssen noch einmal in Ruhe für alle erzählen, was da eigentlich heute Nacht passiert ist.
"Ach, und - Nelli, hast du dir den vollständigen Namen und die Adresse von diesem Jimin gemerkt? Der war so schnell verschwunden."
Ich grabe in meinen Erinnerungen.
"Der Junge heißt Park Jimin und hat eindeutig eine heftige Soziophobie. Er muss echt schon viel Schlimmes erlebt haben. Sein Vermieter ist ein Herr Kang Sejin. Aber die Adresse? Keine Ahnung. Irgendwo am Berg, denn Jimin hat gesagt, dass er rauf-fährt. Warum fragst du?"
"Das einzige, was ich durch den Nebel meiner eigenen Angst wahrgenommen habe, ist, dass er noch mehr Angst hatte als ich. Das heißt: er hat das Verbrechen gesehen. Er hat gesehen, dass ein Falscher verhaftet wurde. Und er hat sein Bedürfnis nach Gerechtigkeit über seine eigene Panik gestellt, um einem vollkommen fremden Menschen zu helfen. Ich will ihn unbedingt finden und rausfinden, ob ich was für ihn tun kann!"
Allgemeines Nicken in der Runde. DAS kann hier jeder nachvollziehen.

Namjoon hat die ganze Zeit seinen Arm um mich gelegt, mir den Rücken gestreichelt, kleine Signale der Zuneigung und Fürsorge gesendet. Ich fühle mich wohl und entspannt dabei. Nun schüttelt er den Kopf.
"Wenn ich das richtig verstanden habe, ist er ein Meister darin, sich zu verstecken und andere zu bemerken. Der wird schneller kapieren, dass du ihn suchst, als du entschieden hast, wie du ihn suchen willst. Ich verstehe dich. Versuche es auf jeden Fall! Aber sei nicht enttäuscht, wenn er es nicht aushält. Sein Fluchtreflex scheint sehr ausgeprägt zu sein."
Taehyung hat eben sehr entschlossen ausgesehen, aber nun senkt er wieder traurig den Kopf.
"Ob die Polizei uns die Frage beantwortet? Oder ob wir diesen Kang Sejin finden können?"
Yoongi seufzt.
"Das wird schwer werden bei 9,5 Millionen Einwohnern. Der Mann wird sicher nicht ganz im Süden der Stadt wohnen, sonst hätte er nicht so schnell mit Jimin an der Brandstelle sein können. Vielleicht wohnen die sogar in einem Haus. Aber selbst bei 5 Millionen Einwohnern nördlich des Han wird es mehrere Kang Sejins geben. Wenn er überhaupt im Adressbuch steht."

Schnell stellt sich heraus, dass es zwar siebzehn Kang Sejins nördlich des Han gibt. Aber die Adressen sind ausnahmslos weit entfernt vom Bukhansan. Das ist also eine Sackgasse.
Ich rufe bei der Polizei an und frage nach, aber die rücken die Adressen nicht raus.
"So ein Mist! Wir können doch nicht zu Fuß den ganzen Berg absuchen!"
Tae grübelt. Plötzlich hellen sich seine Züge auf.
"Er arbeitet in einer Gärtnerei am Jinheung-ro-Park. Und fährt von da den Berg rauf mit dem Fahrrad. Dabei kommt er jedes Mal durch diese Straße. ... Haben wir hier einen Stadtplan aus Papier?"
Yoongi steht auf.
"Bin gleich wieder da."

Kurz darauf kommt er wieder mit einem kleinen Karton, schnibbelt ein Loch rein, klebt was von innen dagegen - als hätte er nie etwas anderes getan.
"Könntet ihr mal den Raum abdunkeln und die Pinnwand runterholen?"
Keiner kapiert, was er vorhat, aber alle machen stumpf, was er sagt. Yoongi schnipselt derweil was aus Pappe. Eine Weile ist er mit seinem Handy beschäftigt, dann stellt er das in den Karton und bewegt ihn auf dem Tisch vor und zurück - bis wir alle ganz groß und scharf an der Wand den Ausschnitt vom Stadtplan von Seoul sehen, der sich zwischen dem Jinheung-ro-Park und dem Haupteingang zum Nationalpark befindet.

"So. Gärtnerei. Tae finde doch bitte schon mal den Brandort auf der Karte. ... Und ... die einzige Gärtnerei an dem Park ist ..."
Wir alle sperren Mund und Nase auf bei diesem simplen Trick. Yoongi geht zu der Wand und mustert die projizierten Strukturen.
"... ist diese hier. Das ist eine große Landschaftsgärtnerei. Die haben sicher viele Angestellte. Und viele Ecken auf dem Gelände, wo man arbeiten kann, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Hat jemand von euch Stecknadeln?"
Ich habe immer ein paar Sicherheitsnadeln in der Handtasche, und auch Taes Mutter ist damit ausgerüstet. Namjoon schüttelt den Kopf.
"Ist das ein Frauending - Sicherheitsnadeln mit sich rumzuschleppen?"

Wir antworten nicht sondern konzentrieren uns wieder auf Yoongi, der den Kartenausschnitt auf seinem Handy vergrößert. Dann pinnt er an mehreren Stellen weißes Papier an die Wand und zeichnet die Gärtnerei, die Hauptverkehrsadern, die Baustelle und die Grenze zum Nationalpark auf.
"Tae, kannst du uns zeigen, wo du immer langläufst, wo der Supermarkt und die Brandstelle sind?"
Taehyung schnappt sich Yoongis Stift und ergänzt einige Linien.
"Normalerweise ist das hier der kürzeste Weg von dieser Haltestelle zu der Haltestelle. Als ich an dieser Ecke war, gab es die kleinen Explosionen, weshalb ich stattdessen durch diese Straße gerannt bin. Gestanden habe ich hier. Das ist das Firmengelände."

Eine Weile mustern wir alle die Straßenlinien an der Wand.
Eine grobe Richtung ist da schon zu erkennen. Aber wo führt die hin?
Yoongi sieht irritiert aus.
"Wenn Jimin also tatsächlich von hier kommt und durch diese Straße radelt, dann geht sein Weg in Luftlinie hier entlang. Aber das ist doch unmöglich, diese Durchgangsstraße kann man gar nicht überqueren."
Tae zeigt auf einen Punkt unweit der Luftlinie.
"Stimmt - drüber nicht. Aber da hinten ist die Grundschule, und darum führt hier der Fußgängertunnel unter der Straße durch. Der zweite Tunnel, durch den ich tatsächlich auch gehe, verläuft hier. Und dann ist man genau in dem Viertel mit dem Brand. Wenn man ein bisschen sportlich ist, kann man ein Fahrrad problemlos diese Treppen rauf und runter tragen.
Wenn also Jimin von hier kommt und durch diese Straße fährt ... und dabei möglichst wenig Menschen begegnen will ... dann ist das hier seine grobe Richtung den Berg rauf."

Konzentrierte Stille senkt sich auf den Raum. Alle starren auf die Wand oder in ihr Handy. Aber allmählich dämmert uns allen, dass wir einfach zu wenig wissen. Minni lässt frustriert ihr Handy auf den Tisch fallen.
"Wie war das mit der Stecknadel und dem Heuhaufen? Das einzige, was es da oben am Berg noch gibt, ist ein Schrottplatz. Und er wird ja wohl als 'Mieter' kaum in einer der Rostlauben wohnen. Deine einzige Chance, ihn zu erwischen, dürfte tatsächlich dieser Fußgängertunnel sein. Da MUSS er durch."

Jin öffnet die Fensterläden. Yoongi baut seinen improvisierten Beamer wieder auseinander. Bei der Gelegenheit kann ich sehen, dass es eine Lupe ist, die er da vorne reingeklebt hat.
"Ich denke, Taehyung, dass du als erstes rausfinden solltest, ob das die richtige Gärtnerei ist. Dort ist er auf vertrautem Boden und kann dich auf Abstand halten, wenn er das braucht. Aber ihr könnt reden. Und vergiss nicht: es geht dir eben NICHT ums Erwischen sondern um eine respektvolle Möglichkeit, dich zu bedanken. Es ist sein gutes Recht, keine Hilfe zu wollen."
Wir essen und reden und reden und essen. Yoongi erklärt uns, wie sein Schuhkarton-Beamer funktioniert. Irgendwann stellt sich bei mir zum ersten Mal seit gestern Abend sowas wie ein Normalgefühl ein.

Irgendwie hatte ich mir meinen entspannten Sonntag anders vorgestellt. Aber immerhin sind wir alle einigermaßen runtergekommen. So einen Alptraum möchte ich bitte nie wieder erleben. Ich glaube, ich brauche jetzt ganz dringend meine Ruhe.
"Leute, seid mir nicht böse, aber ich will nach Hause. Allein sein. Duschen. Früh schlafen gehen."
Taehyung steht auf, kommt zu mir rüber und nimmt mich in die Arme.
"Alleinsein okay. Aber erst ... muss ich mich ganz riesig bei dir bedanken. Wenn du heute Nacht nicht gewesen wärst, wäre ich jetzt in der Psychiatrie. Oder im Gefängnis. Oder in beidem. Allein, dass du für mich da warst, hat mich davon abgehalten, vollkommen durchzudrehen vor Angst."
Seine Familie bricht nun auch auf. Tae bringt sie noch zum Tor.
Mein Auto steht sowieso noch von heute Nacht vor der Tür. Namjoon kommt mit mir raus.
"Danke, du wunderbare Freundin-Frau-Mutti-Retterin-Zuhörerin-Trösterin-Streiterin-Siegerin. Danke, dass wir dir so wichtig sind. Dass es für dich heute Nacht so selbstverständlich war, mich auf dem Laufenden zu halten. Dass dein Herz schlägt für die Benachteiligten und Gedemütigten. ... Und für mich."

Zu Hause gönne ich mir erstmal eine ausgiebige Dusche und schlüpfe in frische Klamotten. Dann telefoniere ich zwei Stunden mit So-Ra und werde den ganzen furchtbaren Dreck dieser Nacht nochmal in meiner Version los. Endlich kann ich selbst darüber heulen, wie elend es Tae ging, wie knapp das für ihn war und wie scheiße ich unser Justizsystem finde.
"Da sollte sich mal jemand engagieren. So richtig netzwerken und die Presse auf den Plan rufen und ungemütlich werden. Aber wer hängt sich für sowas schon aus dem Fenster?"
"Du?"
"Hä?"
"Stehst du wirklich so auf dem Schlauch? Genau das - mit Ausnahme der Pressearbeit - machst du schon seit Monaten. Beharrlich, geduldig, zielgerichtet, kreativ UND erfolgreich. Du machst das schon! Du musst das nur noch in Form gießen und auf offizielle Füße stellen. Da hast du deinen Zweck. Eine Stiftung und ein Netzwerk der Chancen, der Versöhnung, der Akzeptanz, der Aufmerksamkeit, der gesellschaftlichen Gerechtigkeit, der Heilung. Du kannst mit wirklich jedem zusammenarbeiten, der dir auf diesem Weg nützt - Juristen, Pädagogen, Psychologen. Jugendeinrichtungen, Pflegedienste, Streetworker. Du kannst dich um ALLE Zielgruppen kümmern, weil es die angeschlossenen Organisationen tun werden."

In meinem Kopf purzeln die Gedanken durcheinander wie die Steine eines umstürzenden Bauklotzturms.
"Langsam, So-Ra. Langsam! Ich komm nicht mit. Du meinst ... ich wohltätige nicht für eine bestimmte Zielgruppe, sondern ... ich ... wohltätige, indem ich sozusagen den Dachverband für Wohltätigkeit gründe."
"Ganz genau, Schnecke. Denk drüber nach, besprich dich mit den Jungs, lerne ganz viel über Stiftungen und Vereine und so. Das ist dein Weg!"
"Uff. Du bist ja ganz schön überzeugt von deiner Idee. Ich klemm mich dahinter, vielleicht hast du recht."
"Schnucki, es war DEINE Idee. Ich zitiere: 'Da sollte sich mal jemand engagieren. So richtig netzwerken und die Presse auf den Plan rufen und ungemütlich werden.' Hör dir endlich selbst zu und dann hör auf dich."
"Eigentlich ... und warum hab ich dafür jetzt so lange gebraucht? Oh Mann!"

"Willst du die Antwort hören? Weil du schon immer langsamer und vorsichtiger mit deinen Entscheidungen warst, erst alles durchdringen wolltest, dann aber genauso immer beharrlich drangeblieben und mit Herz und Verstand dein Ziel angesteuert hast. Es geht nicht darum, schnell zu entscheiden. Hör auf, dich zu schämen, dass du so bist, wie du bist! Genau dafür lieben wir dich alle so.
Es geht darum, eine Entscheidung reifen zu lassen, die dann Hand und Fuß hat und Früchte trägt. Mit dem, was wir hier eben gedanklich zusammengebastelt haben, kannst du unglaublich viel bewegen, wenn unsere Pläne aufgehen. Und dafür gibt es Fachleute. Mach! Ich bin dabei."

Tja ... es tut gut, ab und zu mal so den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Und dann auch noch mit so einer freundlichen Sichtweise!
"Ich komme."
"So gefällst du mir viel besser."
Wollte ich nicht eigentlich ausruhen? Aber so komme ich wenigstens nicht mehr zum Grübeln über letzte Nacht.

Als ich bei So-Ra eintreffe, hat sie schon den Schirm auf ihrem Balkon aufgespannt, kalte Getränke und Eis bereitgestellt und ihren Computer nach draußen verlegt. Sie hat Informationen über Stiftungen und Vereine gegoogelt, ein paar Mustersatzungen ausgedruckt, eine Liste von namhaften Juristen zusammengestellt. Recherchieren konnte sie schon immer besser und schneller als ich.
Wir stürzen uns in die Arbeit und auf das Eis. Ich fühle mich so zufrieden wie schon lange nicht mehr. Alles in mir sagt: gut! Die Ideen sprudeln nur so. Daneben entsteht eine endlose Liste unsortierter Fragen, die wir versuchen, in sinnvolle Rubriken zu packen. Ich bestelle mir mehrere Bücher zu den verschiedenen Aspekten einer Stiftung.

Vor So-Ra habe ich keine Geheimnisse, also schieben wir ein bisschen Zahlen. Meine persönliche Bank hat ja schon im Frühjahr mein gesamtes Vermögen analysiert und mir grob eingeteilt, wieviel mir privat bleiben sollte, wieviel die Sanierung der Villa kosten darf, mit welchem Aufwand ich für den damals noch unbekannten wohltätigen Zweck ich rechnen muss.
Mit unserer frischen Idee schauen wir uns diese Zahlen an. Was davon geht in das Anwesen? Wieviel lasse ich mir als persönliche Rücklage für alle Unwägbarkeiten des Lebens? Wie hoch muss ein solider Sockel für eine Stiftung sein, damit sie sich selbst trägt? Welche vorbereitenden Kosten können nach Gründung der Stiftung steuerlich geltend gemacht werden? Wie funktioniert Sponsoring? Gibt es eventuell sogar staatliche Fördergelder, die Stiftungen fördern? Wie gut, dass wir beide Finanzfachfrauen sind.
So vieles, was mir in den letzten Monaten noch schwammig und nicht greifbar war, klärt sich jetzt in unseren Gesprächen. Es ist, als wäre der Korken von der Sektflasche geflogen. Die Möglichkeiten und Phantasien sprudeln nur so. Es flutscht wie immer phantastisch, wenn So-Ra und ich uns so gut gegenseitig zuarbeiten und weitertreiben wie ein frisch geöltes Uhrwerk.

Es ist trotz Sommer schon dunkel, als ich mich auf den Heimweg mache. So richtig viel Schlaf kriege ich heute Nacht also wieder nicht. Aber wenigstens nehme ich jetzt nicht furchtbare Erinnerungen sondern wegweisende Pläne mit in den Traum.
So ganz hab ich meine Idee-Life-Schlaf-Balance immer noch nicht im Griff. Aber es ist einfach zu spannend. Und es macht Spaß. Und es fühlt sich richtig an.

Kurz vor dem Einschlafen schwimmt mir noch ein letzter Gedanke durchs Halbbewusstsein:
Und der Ex-Betrüger-Knacki Kim Namjoon wird mein Geschäftsführer. Das kann er nämlich tatsächlich. Das gibt ihm Würde. Das werd ich mir von niemandem ausreden lassen! So kommt er auch schneller von seinen Schulden runter. Wenn das Sponsoren abschreckt, soll das so sein. Dann haben die den Zweck der Übung nicht kapiert und bleiben lieber draußen. Mein Polster ist dick genug.

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12.2.2023    -    23.3.2024

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