75 - zärtliche Nähe

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Da stehe ich nun vor meiner eigenen, offenen Wohnungstür und fühle mich wie eine Fremde, die eindringt.
Seltsam. Ja, in dieser Woche ist wieder viel passiert. Aber es ist doch grade mal drei Tage her, dass ich den Gedanken zugelassen habe, mich von dieser Wohnung zu verabschieden und mit Namjoon zusammen zu ziehen. Für Yoongi und Namjoon war sie in dieser Woche die Trutzburg, das Versteck, das sie all die Jahre für mich war. Hier bin ich doch keine Fremde!
Dennoch zögert etwas in mir, die zwei Schritte durch die vertraute Tür zu gehen.

Nu geh schon! Da drinnen wartet Namjoon! Und die ausgesprochenen Pläne und die damit verbundene Festigung unserer Beziehung und ... naja, alles andere auch. Hab ich jetzt etwa Angst vor meiner eigenen Courage? Aber das kommt überhaupt nicht in Frage! Ich darf nicht nur dann mutig sein, wenn 9000 Kilometer zwischen uns liegen. Das hier, der hier drinnen, der ist mein Weg und mein Ziel. Also los!

Energisch richte ich meine Schritte in meinen kleinen Flur. Kaum habe ich die Wohnungstür mit dem Fuß zugeschoben, die Reisetasche abgestellt und meine Jacke an die Garderobe gehängt, öffnet sich leise die Wohnzimmertür, und ein glücklich lächelnder Namjoon lehnt am Türrahmen.
Sein Grübchenalarm raubt mir mal wieder den Atem, während er flüstert und mir damit eine Gänsehaut den Rücken runter jagt.
"Willkommen zu Hause, meine geliebte Weltreisende! Lass dich umarmen."
Mein Schatz breitet seine Arme aus, und alle seltsamen Gedanken sind weg. Einfach weggescheucht von der Wärme in seiner Stimme, seiner ruhigen, entspannten Ausstrahlung und seinen strahlenden Augen.

Ich lasse alles fallen, was ich noch in den Händen habe, und versinke glücklich in der Geborgenheit seiner zärtlichen Umarmung.
"Ich liebe dich! Wie schön ist es, nach Hause zu kommen und so empfangen zu werden! Das möchte ich jeden Tag erleben - geben und erhalten."
Joon unterbricht mich mit einem hauchzarten Kuss.
"Eins nach dem anderen, Liebes. Jetzt bist du erstmal hier. Komm in Ruhe an, dann sehen wir weiter."
Er wartet noch ab, bis ich aus meinen Stiefeln gestiegen bin, und legt mir dann seinen Arm um die Schulter.
"Der Rest des Tages gehört dir. Ich bin auf so ziemlich alles vorbereitet."

Im ordentlichen Wohnzimmer erwarten mich warmes Licht, leise, klassische Musik, duftender Tee und Kekse und ein einladendes Sofa, auf dem wir uns zusammenkuscheln. Eine Weile ist es ganz still zwischen uns. Tastende Hände, wunderbare Küsse, vertrauter Geruch.
Ich versuch mal was.
Joon hält den Atem an und schließt die Augen, als ich mit meiner Hand unter sein T-Shirt wandere. Still ruhen meine Finger auf seiner warmen Haut. Ich bestehe nur noch aus meinen Sinnen - sehen, hören, riechen, schmecken, tasten. Seine Gänsehaut verblüfft mich. Es ist, als ob Namjoon dahinschmilzt, so entspannt wirkt er. Unser Vertrauen ist grenzenlos. Pures Glück.

Federleichte Küsse in den Nacken rauben mir fast den Verstand. Ein Kuss aufs Ohr und geflüsterte Worte.
"Dein Tempo, Liebes. Für mich ist ALLES schön, was du mir schenkst."
Mein Kopf möchte sich einmischen.
In Hollywood ist das jetzt der Moment, wo sich die Szene ins Bett verlagert. Aber ... hei, wir sind nicht in Hollywood. Wir schweben durch unseren ganz eigenen Traum. Und die einzigen Grenzen setzen wir selbst!
Ich schalte meinen Kopf aus und konzentriere mich wieder auf meine Sinne. Das ist unendlich viel schöner.

Nun findet auch seine Hand ihren Weg unter meinen Pullover - tastend, schwebend, unerträglich langsam. In dem Moment, als seine Fingerspitzen meine Haut berühren, überläuft ein Kribbeln und Schaudern meinen ganzen Körper. Ich zittere vor Anspannung, alle Härchen auf meinen Armen stellen sich auf. Ganz leise kichert Joon, bevor wir im nächsten Kuss ertrinken. Ich fühle mich schwerelos und federleicht. Die Zeit steht still, die Welt um uns existiert nicht mehr für eine kleine, halbe Ewigkeit.

Bevor die unerträglich schöne Spannung mich zerreißt, löse ich den Bann und nehme Namjoon sehr fest in die Arme. Er erwidert meine Geste, steckt seine Nase in meine verwuschelten Haare und atmet tief ein. 
"Du bist das größte Wunder meines Lebens, Nelli. Bitte bleib immer bei mir. Du machst mich zu einer besseren Version meiner selbst."
Ich schüttele den Kopf und hauche ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.
"Bei dir piept's wohl, Joonie? Ich kann nichts aus dir rauslocken, was nicht sowieso schon in dir drinsteckt. Es sind deine Kraft und Entschlossenheit, dein Mut und dein Herz, die das alles möglich und dich wieder lebendig machen. Und mich zur glücklichsten Frau im ganzen Land."
Grübchenalarm!

"Du lässt nicht locker. ..."
Plötzlich senkt er die Augen und wird ganz leise.
"Und das ist auch gut so. Noch nie in meinem Leben hat sich jemand SO hartnäckig um mich bemüht. Mir so viel Wert beigemessen. Mir so viel Verantwortung übergeben. Mir so bedingungslos vertraut."

Eine Weile sind wir ganz still, nur Haut, nur spüren, wie präsent der andere ist. Dabei fällt mir etwas auf.
Die Zärtlichkeiten eben - das war wunderschön! Es ... es hat mich neugierig gemacht. Lust auf mehr ... Aber warum haben wir aufgehört?
Ich muss nicht lange überlegen.
ICH habe aufgehört. Bzw. Joon daran gehindert, weiter zu gehen. Aber warum bloß?!? Warum unterbinde ich, was mir eigentlich doch gut gefällt? Das ist doch absurd!
Und - wie geht es jetzt weiter? Wie lässt sich diese Situation auflösen, ohne ihm weh zu tun?

"Nelli? Liebes, wo bist du grade?"
Hier. Oder so.
Ich setze mich grade hin, nehme Namjoons Hände zwischen meine - und weiß nicht, wie ich anfangen soll. Der Zauber von eben ist vollkommen verflogen, und das tut jetzt schon weh.
Wo ist mein Mut, den Stier bei den Hörnern zu packen, wenn ich ihn grade dringend brauche?
"Joonie ..., ich ... weiß nicht, wie das geht, über ... Körper und ... über S.Sex zu reden. Ich habe bisher erst so wenig erlebt. Deshalb kann ich überhaupt nicht einschätzen, ... ob sowas wie meine Umarmung eben für dich nicht vielleicht ... Folter ist."

Es ist, als wäre ein Damm gebrochen. Wahrscheinlich rede ich mich grade um Kopf und Kragen. Aber all diese Fragezeichen müssen aus mir raus. Jetzt.
"Trau ich mich? Traust du dich? Hast du Angst, mich zu überfordern? Hab ich Angst, dir nicht zu genügen? Tut es weh? Macht es Spaß? Darf man Stop sagen? Gibt es 'falsch' und 'richtig'? Hilft es, wenn wir reden? Oder verkrampft es im Gegenteil die ganze Situation? Ich bin so hilflos!"

Erst jetzt registrierte ich, dass Joon relativ entspannt vor mir sitzt, mit den Daumen über meine Handrücken streicht und mich anlächelt.
"Shhhhh, Liebes. Alles ist gut. Ich kann mich jedenfalls nicht an eine Folter erinnern.
Und: alles ist richtig. Nur nicht für jeden. Und das ist glaube ich schon das wichtigste überhaupt: jeder Mensch ist einzigartig - in seiner Seele, in seinem Geist, in seinem Körper, in seinem Fürchten, Träumen, Sehnen, Hoffen. Dich, so wie du hier grade zitternd vor mir sitzt, gibt es nur ein einziges Mal. Mich, der ich mich grade frage, wie ich dir die Angst und Unsicherheit nehmen kann, gibt es so nur ein einziges Mal. Und jedes Paar, das sich findet, gibt es in ihrer Zweisamkeit nur ein einziges Mal. Deshalb kann es keine Vorbilder, keine Schemata, keine Generalproben - und keine Fehler geben.
Ich durchschaue noch nicht, was deine Angst so befeuert. Aber ich bin sicher, ja, ich weiß, dass wir beide unseren Weg finden werden."

Ich bin immer noch total durcheinander. Aber gleichzeitig spüre ich, dass Joon sich seiner Sache sicher ist und das alles genau so meint.
"Was ... macht dich dabei so sicher und gelassen?"
Namjoon lächelt und gibt mir einen Kuss. Ich kann ein wenig entspannen.
"Was mich so sicher macht? Du weißt das Finsterste von mir, ich weiß das Schmerzlichste von dir. Ich bin bereit, nahezu alles zu tun, was uns beiden gut tut, du hast - immer wieder - den Mut, Dinge anzusprechen, die in einer Beziehung nicht unter den Teppich gekehrt, stumpf ausgehalten oder schön geredet werden sollten. 
Es ist ungewohnt, über Körper, Liebe, Sex, Vorlieben und Abneigungen zu reden. Aber es tut gut. Und man gewöhnt sich daran. WIR werden uns daran gewöhnen und es für uns zur Normalität machen."

Das alles ist so sehr außerhalb meiner Vorstellungskraft, dass ich nicht wirklich verstehe, was er meint. Aber es klingt, als ob man das lernen kann. Also werde ich das lernen. Falsch. Wir werden das lernen.
"Ich weiß nicht, wie das gehen kann. Bitte nimm mich an der Hand und führe mich."
"Nichts lieber als das. Da ist es schon wieder, dieses vorbehaltlose Vertrauen in mich. Danke!"
Sanft zieht Joon meine Hände zu sich und küsst meine Finger. Er flüstert.
"Mach die Augen zu. Wenn du kannst, dann entspann dich."

Es fällt mir nicht schwer, mich ihm anzuvertrauen. Ich lege meinen Kopf in seinen Schoß und kuschele mich in die Sofakissen. Meine Augen suchen Kontakt zu seinen. Wieder dieses weiche Lächeln. Ich fühle mich wohl und lasse mich fallen. Obwohl ich winterlich-gemütlich angezogen und in eine Decke gehüllt bin, habe ich das Gefühl, dass ein sanfter Wind über meine Haut streift. Ich schaudere, seufze leise und wohlig. Meine ganze Wahrnehmung ist so intensiv, als stünde ich in einem Sturm auf einem Berg. Aber ich werde gehalten.

Wie ein Spaziergänger in einem verwunschenen Park erkundet Joon mit seinen weichen Lippen meine Haut. Meine Hände. Die Handgelenke. Den Hals. 
Seine Hände stellen die Frage, ob sie mir den Pullover ausziehen dürfen. Sein Mund haucht:"Lass mich wissen, was sich für dich schön anfühlt, und bremse mich bei allem, was nicht okay ist."
Ich bin so entspannt, mir ist so warm und wohl, dass meine Hände gerne mithelfen, bis ich nur noch ein dünnes T-Shirt an habe. 

Weiter geht seine Wanderung. Über die Schultern. Zu den Schlüsselbeinen. Ich spüre seinen Atem an meinem Kinn, die Wärme, die er abstrahlt. Ich will ihn küssen, aber er lässt mich nicht. Seine Lippen wandern durch mein Gesicht, streifen meine geschlossenen Augenlider, finden meine Ohrläppchen. Das federleichte, schwerelose Gefühl von vorhin stellt sich wieder ein, nur noch intensiver, noch wärmer und näher. Noch kribbeliger. Noch unerträglich viel schöner.
Doch diesmal bremse ich nicht mit einer Umarmung. Ich greife in seine Haare und ziehe vorsichtig seinen Kopf vor mein Gesicht. Kurz öffne ich die Lider und sehe das Funkeln im dunklen Braun seiner Augen. Gleich darauf bestehe ich nur noch aus Glück und Lust und unvergleichlich intensiven Küssen. Ich verliere jedes Gefühl für Raum und Zeit. Ich schwebe.

Ich schwebe auf einer Welle von Mut. Meine Hände zuppeln an seinem T-Shirt, suchen den Eingang von vorhin. Ich möchte noch einmal diese warme, samtig weiche Haut spüren. Da unterdrückt Joon plötzlich ein Stöhnen und hält schnell meine Hände fest. Diese abrupte Bremse verursacht ein fast schmerzhaftes Ziehen in meinem Bauch. Meine Sinne verlangen nach mehr. Was nicht kommt.
Aha. Hä? Wobei ... Ob meine Umarmung vorhin eine ähnliche Wirkung auf ihn hatte? Dieser innere Sog, jetzt nicht aufhören zu wollen? Doch plötzlich bremst die andere? Dann geschieht es mir recht, dass jetzt ich so ausgebremst werde.

Mit glühenden Augen sieht Joonie mich an. Ich springe über meinen Schatten und traue mich zu fragen.
"Hab ... hab ich dir weh getan?"
"Neinnein, Liebes. Mach dir keine Gedanken. Alles an diesem Moment mit dir ist wunderschön. Unerträglich wunderschön. Ich will nur einen klaren Kopf behalten, damit ich mich ganz in dich einfühlen kann. Und dafür brauche ich einen Moment Pause."
Ich muss wohl ziemlich irritiert aussehen, denn er fängt an zu kichern.
Klarer Kopf. Moment Pause. Davon war im Biologie-Unterricht damals aber nicht die Rede. Und wenn ichs mir so überlege - in Hollywood auch nicht.

"Mach dir keine Gedanken. Oder soll ichs dir erklären?"
"Ja, bitte."
Wir kuscheln uns nebeneinander, und Joonie gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
"Was fühlst du? Wie fühlt sich dein Körper an?"
Ich mustere intensiv den Kragen seines T-Shirts, während ich antworte.
"Kribbelig. Schwebend. Nicht von dieser Welt."
Ein glückliches Strahlen huscht über sein Gesicht.
"Das klingt wunderschön. Weißt du - Frauen können mehrere Dinge gleichzeitig tun. Nicht nur telefonieren und mitschreiben. Ihr könnt auch mit allen Sinnen gleichzeitig wahrnehmen UND dazu noch küssen und streicheln und ..., naja. Das können wir Männer nicht so gut. Entweder denken oder ..."

Er sieht fast ein bisschen verlegen aus.
Was jetzt wohl kommt?
"Oder in Lust ertrinken. Das Blöde ist nämlich, dass mir dann das Blut aus dem Kopf ein paar Etagen tiefer rauscht. Das ist wirklich wie ein Rausch, ein Höhenflug, der uns beide mitreißen kann. Ich möchte jetzt aber nicht die Kontrolle verlieren und über dich 'herfallen'. Sag, was du möchtest. Ich möchte lieber weiter so langsam und genussvoll und zärtlich entdecken, wer du bist, und wer wir füreinander sind."
Der Kragen von Namjoons T-Shirt ist wirklich ganz außergewöhnlich ... normal.

So ist es also, über Sex zu reden. Aber Joon klingt dabei so ... gelassen und selbstverständlich. Ich glaube, das kriege ich auch hin.
Pustekuchen. Ich will antworten, aber erstmal kommt kein Ton raus. Ich räuspere mich und komme mir dabei ziemlich naiv und bescheuert vor. Jetzt werde ich auch noch rot.
Hilfe, kann das bitte aufhören?
"Ich ... glaube, ich habe verstanden. Ich bin glücklich, dass du so gut auf uns aufpasst. Ich möchte auch lieber langsam machen. Und ich glaube, ich rede grade ziemlichen Unsinn."
Endlich müssen wir beide einfach lachen.

Joon beugt sich vor, und sein Atem kitzelt mich im Ohr.
"Gar nicht Unsinn! Wir kriegen das hin. Schäm dich bitte nicht für deine Unerfahrenheit. Die probierwütigen Teenies erleben ihren ersten Sex mit Sicherheit nicht so bewusst und intensiv wie wir beide grade unsere Erkundungstour. Ich könnte dahinschmelzen unter deinen Händen. Ich liebe dich mit jedem Moment mehr."
Die Unsicherheit in mir legt sich. Ich kuschele mich an meinen wunderbaren Freund und fühle mich geborgen.

"Nelli?"
"Hm?"
"Kannst du ein Wohlfühlwort für uns nennen?"
Spannende Frage. Was wäre das, wenn ich unsere Beziehung, wenn ich diesen Nachmittag in EIN Wort fassen wollte? Als erstes schießt mir das Wort 'Geborgenheit' durch den Kopf. Aber auch 'Vertrauen'. Und heute Nachmittag dazu noch 'Funkenregen'. Und 'Glück' gehört auf jeden Fall auch dazu.
Ich seufze.
Und wie soll ich mich jetzt entscheiden? Mist!
"Geht nicht."
"Wiieee? 'Geht nicht' gibts nicht! Dir wird doch wohl irgendwas einfallen."
"Na klar. Aber du willst ja unbedingt EIN Wort hören. Und ich hab halt vier. Jetzt kann ich mich nicht entscheiden."

Zu meiner grenzenlosen Empörung fängt Namjoon schallend an zu lachen.
"Pfff!"
"Du bist echt niedlich, wenn du dich so ärgerst. Was sind denn die vier Worte?"
"Nö. Jetzt nicht mehr. Jetzt sind es fünf."
"O-ooo. Ich ahne Furchtbares. Erlöse mich von meiner Unwissenheit, bitte."
"Geborgenheit. Vertrauen. ... Funkenregen. Und ganz viel Glück."
"Und das fünfte?"
"Blödmann."
"Aua!"

Namjoon verzieht weinerlich das Gesicht. Diesmal lache ich ihn aus. Das hätte ich aber besser nicht getan, denn zur Strafe werde ich von diesem großen, kräftigen Mann jetzt durchgekitzelt, bis ich laut quietsche und um Gnade bettele. Urplötzlich hört Joon auf und nimmt mich in die Arme. Eine Gänsehaut rieselt mir den Rücken runter, als er sich zu meinem Ohr beugt und flüstert.
"Ich freue mich auf den Moment, in dem du vor Lust so quietschst."

Höchststrafe! Wie kann man sich gleichzeitig so glücklich, geliebt, angeregt, neugierig, zuversichtlich, vertrauensvoll UND so bescheuert, unerfahren, albern, feige, unfähig fühlen?!? Ich kapiers nicht! Meine inneren Stimmen brüllen alles durcheinander. 'Sag ja!' landet in EINEM Topf mit 'Stooooop!', 'Wer weiß?', 'Mach einfach', 'übermorgen', 'Drückeberger', 'Pass auf!' und gefühlt dreißig anderen Stimmen, die ich gar nicht trennen kann.
Namjoons Stimme hat darum etwas Mühe, sich durchzusetzen.
"Entschuldige Nelli. Ich glaube, grade habe ich dich überfordert. Mach dir keine Sorgen - wir haben alle Zeit der Welt."

Kann der Mann Gedanken lesen?
"Kannst du Gedanken lesen? Und was hast du dabei grade entdeckt?"
Joon kichert. Schmetterlingsflügelleichte Küsse verwöhnen mich und hüllen mich in seine Liebe.
"Wir spielen seit Stunden ein wunderbares, leichtes, knisterndes Spiel miteinander. Ich merke, dass du dich dabei fast immer sehr wohl fühlst. Aber wenn ich so wie mit dieser Andeutung eben etwas vorpresche, dann hältst du die Luft an, kneifst die Augen zu und erstarrst. Und nein - das ist weder albern noch kindisch noch, wie auch immer du dich grade fühlst. Das. Ist. Okay!"
Mir fehlen die Worte.

Ich bin allmählich satt gefühlt. Nur - darf ich das sagen?
Namjoon sitzt ruhig neben mir, lächelt lieb und beobachtet mich dabei genau.
"Ich genieße unsere Kuschelzeit heute. Sehr. Ich ..."
Überfordert senke ich den Blick.
"Ich ... habe dabei nur sooooo viel durcheinander gefühlt, dass ..., dass ich ... glaube ich ... jetzt 'satt' bin. Oder so. Ich ..."
Joon schüttelt ganz leicht den Kopf.
"... lerne, dass es wichtig ist, meine Gefühle zu benennen. Ich tue damit nichts Verbotenes sondern im Gegenteil genau das Richtige für uns beide. Und ich weiß, dass es mir von Mal zu Mal leichter fallen wird, den Kopf auszuschalten, weil mein wunderbarer Freund mich stärkt und ermutigt und auf Händen trägt. - Wolltest du das sagen?"

Ich nicke erschöpft.
"Najaaa - nicht direkt. Auch, wenn das gut klingt. Das wäre mir so aber gar nicht eingefallen."
Gespielt skeptisch zieht Namjoon eine Augenbraue nach oben. Sofort lenke ich ein.
"Ja. So ungefähr."

Das üben wir aber noch ...
Mein wundervoll geduldiger Freund lächelt mich an.
"Dann lass uns deine Tasche auspacken, zu Abend essen und schlafen gehen. Was meinst du?"
"Danke, mein Schatz. Ja, das klingt gut."

Ich will gar nicht aufstehen vom Sofa, will plötzlich doch nicht, dass das hier aufhört.
Oh Mann! Entscheid dich.
Aber Namjoon zieht mich hoch, in den Flur, drückt mir meine Tasche in die Hand, schiebt mich ins Bad zum Wäschekorb und lässt mich allein.
Wenn ich schon mal da bin, räume ich nicht nur die Schmutzwäsche weg sondern dusche mir gleich auch noch den Dreck und Schweiß der Reise von der Haut, steige in meinen Schlafanzug und kuschele mit in meinen Bademantel.

So gerüstet für ein gemütliches Abendessen und mit feucht geringelten Haaren lunze ich in die Küche, aus der es schon verführerisch duftet, weil Namjoon hoch konzentriert irgendwas brutzelt. Dabei lächelt er zufrieden oder pfeift ein Lied aus dem Radio mit. Ich bleibe einfach stehen und genieße diesen wundervoll entspannten Anblick.
"Komm rein, Liebes. Du darfst mich ruhig von Nahem bewundern. Ich beiße nicht."
"Woher ... Kann ich denn gar nichts vor dir geheim halten?"
"Die Dusche rauscht seit zehn Minuten nicht mehr. Es war ziemlich wahrscheinlich, dass du inzwischen hier angekommen bist."

Grübchenalarm!
Plötzlich hält er in seiner Rührbewegung inne und wendet sich ganz mir zu.
"Was passiert bei mir, wenn du diesen Gesichtsausdruck bekommst? Bitte lass mich nicht dumm sterben. Ich konnte das noch nicht rausfinden."
Was ... au Mann! Ich dachte, die ganz peinliche Szene ist vorbei!
Namjoon schaltet den Herd aus, legt den Kochlöffel in die Spüle, stellt die Pfanne auf den Tisch - ich stehe doof da und suche mein Mauseloch. Er hängt die Schürze an den Haken und dreht sich wieder zu mir.
"Es muss jedenfalls ein sehr schöner Anblick sein, denn dein Gesicht spricht Bände."
"Du ... Das ... Die ... Grübchen. Da. In deinem Gesicht. Ich ..."
"So hässlich?"
"Nein! So ... schön und witzig und anziehend und überwältigend. Blödmann. Weißt du eigentlich, WIE schön du bist?"

Ha! Endlich hab ich ihn mundtot. Wurde auch Zeit.
...
"Ich? Schön???"
"Ja, schön. Wunderschön und lebendig und echt und überhaupt. Du bist toll!"
"D.Danke. ... Komm her, lass uns essen."
Hihi. Irgendwie steht es ihm, wenn er verlegen ist. Und warum soll es immer nur mich erwischen? ... Eigentlich ... Wir sind beide mal verlegen, wir wollen beide gerne stark und souverän und unfehlbar sein. Sind wir leider nicht. Aber zusammen sind wir stark und auf einem guten Weg und niemals allein. Was soll also die ganze Peinlichmeierei, Cornelia?!

"Gute Idee! Und dann bin ich glaube ich auch reif für die Waagerechte."
"Klingt nach einem Plan."
Schön. Locker, entspannt, normal. Wir haben die Kurve gekriegt. So kann der Abend gut ausklingen.

........................
21.7.2023    -    27.3.2024

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