87 - Die zweite Besichtigung

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Joonie fand meinen Besuch beim Makler genau so aufschlussreich wie ich. Wir sind nun beide sehr neugierig auf den zweiten Besuch der Häuser zusammen mit Taehyungs Experten. Deshalb kann ich mich auch nicht zurückhalten, als ich So-Ra an der U-Bahn treffe. Wir fahren gemeinsam die Rolltreppen hinauf. Draußen ist es noch winterlich dunkel. Aber heute ist mir alles egal. Aufgeregt sprudele ich mein gestriges Erlebnis hervor. Im Aufzug hoch zum Büro spekulieren wir gemeinsam, was wohl heute Nachmittag passieren wird. Danach fällt es mir echt schwer, mich auf Versicherungsabschlüsse und Schadensregulierungsvorgänge zu konzentrieren.

Aber irgendwann ist der Vormittag rum. So-Ra begleitet mich zum Fahrstuhl. Dort nehme ich sie herzlich in die Arme. Und habe - vollkommen zusammenhanglos - eine Idee.
"Ich glaube tatsächlich, dass du Hoseok eine Kleinigkeit schenken könntest. Vielleicht gibt es irgendwas, was er zum Tanzen braucht. Du sagtest, er lernt jetzt auch Latein- und Standardtänze?"
So-Ra scheint verblüfft, dass ich dieses Thema plötzlich noch einmal anspreche.
"Wie kommst du denn jetzt da drauf? Ja, im Moment überholt er sich echt selbst. ... Ich würde ihn zu gerne mal tanzen sehen."
Aha. Ahhhhh!
"Es sieht fantastisch aus. Als er mir seine Geschichte erzählt hat, da hat er mir ja was vorgetanzt. Mit seiner Ausstrahlung hat er mich damals fest in seinen Bann gezogen."
"Du Glückliche."
"Keine Sorge. Du wirst sicher bald auch die Gelegenheit dazu haben. Ganz bestimmt! Freu dich einfach schon mal vor."

Mein Aufzug kommt und bringt mich nach unten. Von dort aus laufe ich zu dem mit Namjoon verabredeten Punkt, hüpfe schnell auf den Beifahrersitz und lasse mich auf den Berg kutschieren.
"Ich bin gespannt, was gleich passieren wird."
"Nicht nur du. Ich hab noch mal mit Tae geredet. Und siehe da - er wird auch dabei sein."
"Ne, echt? Cool! Dann kann ja gar nichts mehr schief gehen."

Wir stellen mein Auto wieder auf den Parkplatz am Dorfrand und schlendern diesmal direkt zum Objekt unserer Träume. Eine erstaunlich große Ansammlung von Menschen steht vor dem mittleren Tor und blickt uns entgegen. Ich erkenne sofort Taehyung und einem weiteren Mann, der dann wohl unser Experte ist. Ihnen gegenüber steht der Makler, zusammen mit dem freundlichen Neffen und dem älteren Herrn von gestern, dem 'Onkel'.

Kaum haben wir alle Anwesenden begrüßt und uns einigen vorgestellt, verschwendet der Gutachter keine Zeit. Er zieht Taehyung an seine Seite. Aufmerksam wandern seine Augen über die Tore und Wände der Grundstücksmauer. Er sieht zufrieden aus. Wir betreten das Grundstück durch das mittlere Tor. Sofort inspiziert er mit Blicken die Fassade des Doppelhauses und wirft einen Blick in den Schacht zur Befeuerung der Fußbodenheizung. Dabei erklärt er Tae jeden seiner Handgriffe, was er grade kontrolliert, woran er was feststellt. Das große Gebäude gefällt ihm gut, ist denkmalschutzgerecht und stilvoll saniert worden, und er spart nicht mit Lob. Aber wir alle wissen, dass es eigentlich um das ältere Gebäude geht. Also halten wir uns nicht länger auf und gehen über die Einfahrt nach nebenan.

Der Experte runzelt die Stirn und fängt eifrig an, in seinem Notizbuch zu schreiben. Ab und zu klopft er an einen Balken, schaut aus einem Fenster, versucht, eine völlig in sich verzogene Tür zu schließen oder hebt eine wackelige Bodenplatte an. Er redet nur mit Taehyung und wandert herum. Wir anderen dackeln hinterher.
Schließlich wendet der Mann sich an den 'Onkel' mit ein paar Fragen.
"Soviel ich weiß, waren das alles ursprünglich kleine Höfe mit ein bisschen Landwirtschaft zur Selbstversorgung und Kleinviehhaltung. Für den typischen Aufbau fehlen aber hinten am Ende des Gartens die kleinen Ställe. Und hier sieht es aus, als wäre das eigentlich eine Scheune oder ein Stall gewesen, und kein Wohnhaus. Können Sie mir etwas mehr über die Nutzung der - sagen wir mal - letzten dreißig Jahre erzählen?"

Der 'Onkel' überlegt kurz.
"Als mein Vater das große Haus erbte, hat er die Landwirtschaft aufgegeben, denn die Diktatur war inzwischen überwunden, und er arbeitete in der Stadt. Die beiden Ställe machte er zu einem netten Gartenhäuschen. Seine alleinstehende Schwester bekam dieses kleinere Haus und Gelände. Der kleine Stall am Ende hatte aber inzwischen ein undichtes Dach. Und weil sie alleine war, kam sie mit den nötigen Reparaturen nicht klar. Die beiden waren sich auch nicht grün. Deshalb gab sie den Stall auf, holte ihre fünf Hühner ins Haus und kämpfte sich so durch. Nach und nach ging immer mehr kaputt. Hühner und Stroh haben das Haus auch nicht grade komfortabler gemacht. Mein Vater hat sie schmoren lassen."
Der Sachverständige nickt. Namjoon und ich spitzen die Ohren.
"So sieht es hier aus, ja. Es wurde einfach lange nichts repariert. Und das erklärt auch, warum auf dieser Seite die trennende Mauer weitgehend erhalten geblieben ist."

Sein Blick wandert durch ein papierloses Fenstergitter in den überwucherten kleinen Innenhof. Er wendet sich an mich.
"Dieses Hanok ist durch die Feuchtigkeit in seinem Fundament angegriffen, aber es lohnt sich. Eine Entfernung von Räumen für den großen Hof oder eine Aufstockung, wie es nebenan geschehen ist, wäre heute nicht mehr erlaubt. Aber das gesamte Gelände würde durch eine Sanierung doch sehr gewinnen. Die Trennmauer würde ich nur wenig offener gestalten und in eine entsprechende Gartengestaltung integrieren. Und wie der kleine Hanok später genutzt wird, ist bei der Sanierung im Grunde irrelevant."

Seine Aufmerksamkeit schwenkt zu dem älteren Herrn von der Eigentümergemeinschaft.
"Wie lange steht dieses Gebäude denn schon leer?"
"Als meine Tante verschwand, war ich kurz vor dem Schulabschluss. Sie hinterlies nichts außer einer Notiz, dass sie das alles einem weiteren Bruder überschreibt, der aber nie hier leben wollte. Das wurde vom Rest der Familie akzeptiert."
"Das bedeutet, dass das Haus seit vierzig Jahren leer steht?"
"Zweiundvierzig. Ja."
"Dann wundert mich nichts mehr."

Nach einem Moment Stille sieht unser Gutachter nun den Jüngeren der beiden an.
"Gab es einen besonderen Grund, warum Ihr Großvater sich so überhaupt nicht um das Gebäude gekümmert hat, obwohl es dann doch ihm gehörte?"
"Mein Großvater sprach nie über seine Schwester. Er sah nicht einmal in die Richtung des Hauses. Nur ganz selten, wenn er sich unbeobachtet fühlte, dann hat er am Fenster gestanden und ein Loch in die Mauer gestarrt. Mehr weiß ich nicht.

"Gut, noch ist der Hanok in Teilen zu retten. Was auch immer ihn dazu bewogen hat.
Frau Cho, ich halte fest: Die Fußbodenheizung ist verstopft, zum Teil eingefallen, was dazu geführt hat, dass das gesamte Gebäude im Laufe der Jahre durch Kälte und Feuchtigkeit gelitten hat. Die Fenster und Türen sind darum stark verzogen, die tragenden Balken sind zum Teil am Boden vermodert, das Dach hat von innen viel Feuchtigkeit angezogen und ist zum Teil undicht. Die Bodenplatten sind durch den Hühnerkot unansehnlich geworden, einige sind auch gerissen. Die Kochstelle ist antik.
Kurz - die schlechte Nachricht ist: hier muss von Grund auf saniert werden, vorzugsweise im Sommer. Die gute Nachricht ist: das Wohnhaus nebenan ist so großzügig gestaltet und so gut in Schuss, dass es sofort bezugsfertig ist. Ich würde dort nur die Haustechnik und die sanitären Anlagen modernisieren. Danach könnte dieses kleinere Gebäude ohne Eile neu aufgebaut und mit Leben gefüllt werden. Tragende Teile und Dach zum Teil austauschen, Fußboden sanieren, Technik und Sanitär müssten neu eingebaut werden."

Wir beide schauen uns an. Ich sehe in Joons Gesicht, was auch ich fühle.
Jetzt kommt es nur noch auf den Preis an.
Namjoon tastet sich vor.
"Danke sehr! Sie raten also nicht generell vom Kauf ab?"
"Durchaus nicht. Darf ich fragen, welcher Preis für das gesamte Ensemble angesetzt wurde?"
Der Makler raschelt mit Papieren.
"Die Eigentümer haben als Startforderung 2,85 Millarden Won ( 2 Mio. €) beschlossen."
Der Architekt zuckt nicht mal mit der Wimper. Stattdessen macht er sich schnell Notizen. Tae schaut ihm neugierig über die Schulter.

"Wenn ich aufliste, was hier alles gemacht werden muss, wieviel Zeit die einzelnen Arbeitsschritte brauchen werden und wie die Materialkosten schätzungsweise zu veranschlagen sind, dann käme ich auf ungefähr 300 Millionen Won. Nicht eingerechnet böse Überraschungen, die ich jetzt noch nicht erkennen kann. Das sollte über einen entsprechenden Nachlass auf den Kaufpreis geregelt werden."
Der 'Onkel' schluckt, der Makler zuckt zusammen, Taehyung fallen beim bloßen Anhören dieser Summen fast die Augen aus dem Kopf. Und wir beide fassen uns hinter unseren Rücken ganz fest an der Hand, wild entschlossen, uns da jetzt nicht einzumischen.
Nach einem Moment dröhnender Stille räuspert sich der Vertreter der Eigentümergemeinschaft.
"Ich ... werde Mühe haben, diese Entscheidung der Familie schmackhaft zu machen, aber ich denke ... Wenn dieses Drama endlich ein Ende haben soll, dann sollten wir auf einen entsprechenden Rabatt eingehen."
Ui, da fühlt sich aber jemand gar nicht wohl in seiner Haut!

Der Makler sieht vorsichtig optimistisch aus, als er sich an den Gutachter wendet.
"Könnten Sie uns einen detaillierten Kostenvoranschlag zukommen lassen? Dann kann ich mit der Eigentümergemeinschaft verhandeln und vielleicht schon einen Notar mit der Ausarbeitung des Kaufvertrages beauftragen. Gleichzeitig sollte eine Vorstellung in der Dorfgemeinschaft stattfinden. Wenn alle einverstanden sind, werde ich entsprechendes veranlassen."
Mehr oder weniger zögernd nickt die gesamte Runde. Wir verlassen gemeinsam das Gelände und wenden uns zurück zum Dorfplatz.

Nach einem Haufen Höflichkeitsfloskeln bleiben wir mit Taehyung und unserem geistesgegenwärtigen Experten still auf dem Platz stehen. Erst, als Tae sich entspannt, lächelt und flüstert:"Sie sind weg," fallen Namjoon und ich uns in die Arme. Auch der Architekt lächelt nun.
"Ich habe mir erlaubt, bei der genannten Summe die noch unbekannten Probleme, mit denen ich aber eigentlich nicht rechne, mit einzukalkulieren. Selbst wenn die Eigentümer den Preis in der Mitte ansetzen, können Sie zufrieden sein."
Ich fühle mich gradezu euphorisch.
"Großen Dank! Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen aus dem Stall wieder ein Schmuckstück zu machen. Bitte schicken Sie uns dann eine ehrliche Rechnung für die Erstellung des Gutachtens."

Er schüttelt den Kopf.
"Ich habe das nicht gemacht, um den Auftrag zu bekommen. Nehmen Sie es als etwas verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Ich habe auch nicht übertrieben. Wenn man es geschickt anstellt, kann man der Denkmalschutzbehörde klar machen, dass nur noch ein kompletter Abriss hilft. Die Teile - Balken, Steine, Türen, die noch verwendbar sind - werden dann in den Hanok integriert, der hier neu entstehen wird. Alles andere ist Blödsinn."
Der Mann schaut uns direkt an.
"Eine Sanierung jedes einzelnen maroden Balkens und der Fußböden würde Unsummen verschlingen."
"Das ist ehrlich. Dann danken wir Ihnen sehr für Ihre Hilfe."
"Gerne. Ich wünsche Ihnen frohe Feiertage. Ich melde mich."

Kurz darauf stehen wir allein mitten auf dem Dorfplatz im Schnee und strahlen um die Wette.
"Joonie?"
"Ja?"
"Ich freue mich auf unser gemeinsames Zuhause."
"Kein Blick zurück auf all die Jahre in deiner gemütlichen Wohnung?"
"Ich schaue lieber nach vorn, auf ein schönes Leben mit dir."
Namjoon reißt die Augen auf.
Einen Moment später ich auch.

Er flüstert.
"Das warst du jetzt aber selbst."
"Hmm."
"Komm her, du einzigartiges Geschenk!"
Namjoon zieht mich an sich und blickt mich voller Wärme an. Seine kastanienbraunen Augen leuchten auf. Ich lege meine Arme um ihn und erwidere fest seinen intensiven Blick. Die Luft knistert, mein Magen schlägt Purzelbäume und unser Kuss ist groß und schön und innig.
"Ich liebe dich, Joonie. Du bist wundervoll."

Wir schlendern Hand in Hand zum Dorfausgang.
"Lass uns nach Hause fahren. Die Arbeit läuft mir nicht weg."
"Also - Herr Kim! Was ist DAS denn für eine Arbeitsmoral?"
"Eine Gesunde. Manchmal ist das Leben eben wichtiger als die Arbeit."
Wir lachen noch, als wir ins Auto steigen.

"Nelli?"
"Ja, Joonie?"
"Mir ist nach etwas besonderem zu Mute. Wollen wir essen gehen?"
Ich schmelze dahin! Der Mann wird immer toller.
"Mit Aufbrezeln oder ohne?"
"Mit, natürlich."
Ich überlege, was ich an Wintertauglichem Schick im Schrank habe. Nicht viel ...
"Falsche Antwort. Dann muss ich bis zur Gala noch zweimal in irgendeine Reinigung."
Namjoon prustet los und bricht fast vor Lachen hinterm Steuer zusammen.

"Okay, ich schlage einen Kompromiss vor. Wir kaufen eine gute Flasche Champagner und Pommes mit Mayo, ziehen uns seeeeeehr warm an und gehen in unseren Park."
"Aber mit den Gläsern 'für gut'."
"Alles, was du willst, mein Herz. Wir können auch die Teller mit Goldrand und das gute Silber mitnehmen. Hauptsache, uns gehts gut."
Mir wird warm.
"Dann brauche ich den ganzen Schnickschnack nicht. Nur dich - dann geht es mir schon gut."
Namjoon verstummt und konzentriert sich auf die Einfahrt in unsere Tiefgarage. Aber sein Gesicht leuchtet im Dämmerlicht vor Glück. Und meines wahrscheinlich auch.

Letzten Endes gestaltet sich der Abend dann doch deutlich weniger aufwändig. Der vorhandene, durchaus gute Champagner wandert für eine halbe Stunde zum Abkühlen auf den Balkon. Die schicken Klamotten bleiben sauber für die Gala. Sie werden durch Wellness Pants, Oversized Shirts und dicke Socken ersetzt. Der Tiefkühlschrank sorgt fürs leibliche Wohl. Für die Stimmung dimme ich das Licht und zünde ein paar Kerzen an. Der Rest dieses verheißungsvollen Tages gehört uns.

Am nächsten Morgen verfallen wir wieder in Routine. Namjoon geht zuerst ins Bad. Ich schnappe mir grade für die Arbeit einen Apfel aus der Schale, als mein Handy brummend über den Wohnzimmertisch wandert. Neugierig checke ich die Nachricht und sitze augenblicklich kerzengrade auf dem Sofa. Hoseoks Nachricht ist überschrieben mit 'Bitte um Info So-Ra'.
Spinn ich, oder ist das Zufall?!?
Schnell lese ich die ungewöhnliche Nachricht.

"Hallo, Nelli! Ich weiß nicht, ob Du mir weiterhelfen kannst. So-Ra war als 'Kampfhund' von Anfang an dabei - zumindest in meiner Wahrnehmung. Ich würde ihr gerne eine klitzekleine Kleinigkeit zu Weihnachten schenken. Ganz unverbindlich. Sie gehört irgendwie zu unserer Clique dazu.
Hast Du eine Idee, was das sein könnte? Was ihr eine Freude machen würde? Hobi"

Klitzekleine Kleinigkeit. Ganz unverbindlich. Nicht sie alle sondern er. ... Behalt deine Phantasie im Griff, Nelli!
Ich denke an gestern Mittag zurück.
So-Ra hat Hobi noch nie tanzen gesehen. Andererseits - dann verfällt sie seinem Charme und seiner Ausstrahlung völlig. Aber dabei würde sie einen Blick auf sein Innerstes, seine Leidenschaft werfen können. ... Er könnte ... sie zu irgendeiner Tanzveranstaltung einladen. Das wäre atmosphärisch dann nochmal was ganz anderes als der Auftritt bei der Gala.
Ich überlege einen Moment lang, wie ich das formuliere ohne jeglichen Hintergedanken.

"Hallo, Hobi! Da muss ich nicht lange suchen. Lade sie ein in Deine Welt, zu irgendeiner Szeneveranstaltung, bei der Du auftrittst. Das ist unverbindlich. Und sie ist zu ziemlich jeder Schandtat bereit - deshalb denke ich, dass sie so einen Abend sehr genießen würde. Nelli"
"Bist Du verrückt? Ich ... Ich mein ... ist das nicht aufdringlich?"
"Ganz und gar nicht. So-Ra ist eine freche junge Frau, lebhaft, eine Partynudel. Sie mag das Neue und Unbekannte. Das passt bestimmt! Aber natürlich musst Du Dich damit wohlfühlen. Ich dachte eben nur spontan, dass ein Spaziergang oder ein Kinobesuch zu normal und au..."

Wie schreibe ich das denn jetzt?

"... so normal ist. Dann besser ein kleines Abenteuer mitten im Trubel. Ich denk aber noch weiter drüber nach. Liebe Grüße!"
"... Wenn Du meinst ... Ich fänd es schon cool, wenn sie mal mitkriegt, was ich mache, wenn ich nicht in der Villa rumspringe. ... Okay, danke! Hobi"

"Willst du heute ungestylt zur Arbeit? Oder willst du das Frühstück ausfallen lassen? Wenn du so weiter machst, wirst du dich entscheiden müssen."
Erschrocken blicke ich von meinem Handy auf. Neugierig steht Namjoon vor mir, fertig mit Anzug und Kravatte.
"Ich? Nene, schon gut. Ich beeile mich."
Namjoons Kichern ist zu hören, bis ich die Badezimmertür hinter mir schließe. Im Schnellwaschgang bringe ich mich in einen bürotauglichen Zustand und eile zum Frühstück.
"Was war denn vorhin sooo wichtig?"
Uuups. Was antworte ich denn da jetzt?
"Das ist ein Geheimnis."
"Ach, komm schon!"
"Und es ist nicht mein Geheimnis."
"Ach so. Na, dann hab ich wohl verloren."

Wir brechen wie immer gemeinsam auf. Manchmal frage ich mich, was wohl passieren würde, wenn wir nicht mitbekämen, dass wir im Erdgeschoss sind und ich aussteigen muss.
Unser morgendlicher Abschiedskuss ist bestimmt ein Ticket in der ersten Reihe wert.
"Bis heute Abend, Liebes."
Die U-Bahn-Fahrt verträume ich.

Als am Ziel So-Ra zu mir aufschließt und neben mir auf die Rolltreppe springt, muss ich mir das Grinsen verkneifen. Aber meine Besti ist grade in ihrem eigenen Universum und sprudelt sofort los.
"Guten Morgen, Sweetie. Ich hab über deinen Vorschlag nachgedacht und ein bisschen gegoogelt. Wenn Hoseok jetzt Standard und Latein lernt, um das auch unterrichten zu können, braucht er die richtigen Schuhe. Ich dachte, ... Du glaubst nicht, WIE teuer solche Schuhe sind! Die wird er brauchen, sich aber noch lange nicht leisten können. Das blöde ist nur ... Damit sind die auch keine 'nette, kleine Aufmerksamkeit' mehr. So ein teures Geschenk, und nur für ihn, nicht für alle Jungs - das würde echt heftig auffallen."
So-Ra ist richtig atemlos vom schnellen Erzählen.

"Guten Morgen, meine Liebe! Da weiß ich so schnell auch keine Lösung. Obwohl das tatsächlich ein tolles Geschenk wäre."
Der Fahrstuhl spuckt uns auf unserer Büroetage aus.
"Obwohl. Du könntest ihm einen Zuschuss schenken. Oder einen Schuh, und den anderen schenkt jemand anderes."
Ich öffne unsere Bürotür. Die beiden Männer sind noch nicht da.
"Autsch! Zwick mich nicht. Ich weiß, dass ich grade nicht sehr hilfreich bin. Komm her, Süße. Lass dich umarmen, uns fällt schon noch was ein."
Endlich kann So-Ra ein bisschen durchatmen. Gemeinsam machen wir uns an die Arbeit.

Aber es geht munter den ganzen Tag so weiter. Hobi schickt mir zwei Worte und einen Link zu einer Veranstaltung Mitte Januar.

"Passt das?"
"Klar! Klingt cool. Das wird ihr Spaß machen."

Namjoon ruft mich an, um mich zu fragen, ob ich beim Wichteln im Pförtnerhaus mitmachen möchte. Das hätten die Jungs gestern Abend beschlossen. Ich sage natürlich zu, auch wenn ich keinen blassen Schimmer habe, wann ich das auch noch erledigen soll.
Dann macht es auf einmal Klick.
"Frag du doch bitte im Gegenzug, ob So-Ra auch mitwichteln darf."
Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass meiner Freundin die Kinnlade runterfällt. Ihr Gesicht ist ein einziges Fragezeichen. Sie überwindet jedoch schnell ihren Schock und nickt heftig. Aus der Leitung bekomme ich auch ein Okay.
Sehr schön. Das eröffnet völlig neue Perspektiven.

Noch in der U-Bahn erhalte ich per Mail die ausgeloste Liste, wer wen bewichteln wird.

Nelli - Yoongi
Namjoon - Jeongguk
So-Ra - Hoseok

Die Liste ist natürlich unvollständig, damit ich nicht rausfinden kann, wer mich bewichtelt. Aber während ich meine Wohnungstür aufschließe, bekomme ich mehrere Nachrichten. Jin wünscht sich Hilfe, Jimin zu bewichteln. Taehyung braucht einen Tipp für Namjoon. Und Hobi macht virtuell ein paar Emoji-gespickte Freudenhüpfer, weil er So-Ra bewichteln darf. Ich muss lachen.
Na, das passt ja.
Ich hänge meinen Mantel weg, schlüpfe aus meinen Schuhen und hocke mich an den Schreibtisch, um die Liste zu vervollständigen.
Also - was habe ich?

Nelli - Yoongi
Jin - Jimin
Taehyung - Namjoon
Namjoon - Jeongguk

Hoseok - So-Ra
So-Ra - Hoseok

Zu cool, dass Hobi und So-Ra sich gegenseitig bewichteln dürfen. Ob er grade in der Villa ist und beim Losen etwas nachgeholfen hat? Aber er hätte NIENIENIEMALS So-Ra als seinen eigenen Wichtel bestimmt.
Fehlen noch drei Kombinationen. Yoongi - ?, Jimin - ? , Jeongguk - ? Alle drei haben keinen Hilferuf geschickt. Und wer ist noch frei? Jin, Taehyung und ich.
Wenn ich mir die Lücken in der Liste ansehe ... Wie wahrscheinlich ist es, dass Joon die Namen in der richtigen Reihenfolge untereinander geschrieben und die für mich unwichtigen Verbindungen einfach rausgelöscht hat? Dann würde die Liste vollständig so aussehen:

Nelli - Yoongi
Yoongi - Jin
Jin - Jimin
Jimin - Taehyung
Taehyung - Namjoon
Namjoon - Jeongguk
Jeongguk - Nelli

Hoseok - So-Ra
So-Ra - Hoseok

Na, da bin ich ja mal gespannt! Und ich weiß schon, was Yoongi bekommt.
Ich verstecke meine Notizen in einer Schublade. Dabei fällt mein Blick auf Harrys Bildermappe.
Eigentlich ... Mal sehen, mit was für einer Stimmung Namjoon nach Hause kommt. Vielleicht haben wir heute Abend ja Lust, mal wieder in die Mappe zu schauen.

........................
22.10.2023    -    28.3.2024

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