(32) Pfeilhagel

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Astrid

Die beiden Äxte waren noch nichtmal auf dem Boden aufgekommen, da schossen schon die ersten Pfeile kreuz und quer durch die Luft.
Doch sie trafen ihr Ziel nicht.
Wie denn auch, wenn dort nichts war, auf das man zielen konnte?
Dem Drachenjägerchef schien ein ganz ähnlicher Gedanke gekommen zu sein.
Per Handzeichen gab er seinen Leuten zu verstehen, das Feuer einzustellen.
Dann sah er suchend gen Himmel.
Hicks und ich taten es ihm gleich.

„Wo steckst du nur?"
Hätte der Typ nicht direkt hinter mir gestanden, um mich festzuhalten, hätte ich diese paar Worte nicht gehört.
Da wiederholte der endlich nicht mehr grinsende Drachenjäger die Worte seines Kameraden aber auch schon laut.
„Na, wo versteckst du dich? Erst ganz mutig aus der Distanz seine Axt werfen und sich dann verstecken, das sieht dir ähnlich."
Obwohl seine Stimme einen provozierend-belustigten Klang hatte, verriet sein Gesicht, wie angespannt er war.
Und da wusste ich plötzlich, wessen Axt das war.
Immerhin steckte sie vor einer Woche noch im Boden einer mit Schneegeistern gefüllten Höhle.

Mit den Augen verfolgte ich die Flugbahn der Axt zurück.

Der Drachenjäger hatte dort gestanden, also musste die Axt von ungefähr... da gekommen sein.

Prüfend starrte ich in die meiner Meinung nach richtige Richtung.
Doch ich konnte dort nichts sehen.
Warte-
Doch!

Es war nur ein klitzekleines Flimmern, ungefähr so, wie die Luft manchmal im Winter über dem Kaminfeuer flackert.
Eigentlich noch weniger.
Aber es war da. Eindeutig.

„Ich habe unter ›verstecken‹ bisher eigentlich nicht verstanden, einem direkt vor der Nase herumzutanzen, aber okay."
Spätestens jetzt wusste ich ganz sicher, wer das war.

Die Luft flackerte stärker, dann tauchte erst Nachtblitz Kopf, dann ihr restlicher Körper und mit ihm schließlich auch die Person, die ihre Axt geworden hatte, auf.

Augenblicklich richteten sich alle Armbrüste auf das schwarze Duo.
„So gern ich mich auch mit dir messen würde, ich schätze, dafür müssen wir uns einen anderen Tag aussuchen."
Das Grinsen erschien wieder im Gesicht des Chefdrachenjägers.
„Na los Alpha, schick die weg, bevor ich es mir doch noch anders überlege." Er stupste Ohnezahn mit dem Fuß an, als wäre er kein Drache, sondern ein Klumpen Erde, und Hicks neben mir hätte sich um ein Haar losgerissen. Nur die auf Ohnezahn gerichtete Armbrust hielt ihn davon ab.

Der Nachtschatten knurrte etwas in Nachtblitz' Richtung.
Das war's dann wohl. Nicht einmal Nachtblitz würde sich dem Befehl eines Alphas widersetzen.
Doch die schwarze Drachin zuckte nichtmal mit einem Ohr.
Ohnezahn wiederholte sein Knurren, diesmal eindringlicher.
Noch immer keine Reaktion.
Mein Verlobter zog die Luft ein und auch ich hörte kurzzeitig auf zu atmen.
Der Nachtschatten versuchte es erneut.
Nichts.
Das Grinsen des Drachenjägers erlosch.
„Alpha!"
Diesmal stupste er Ohnezahn nicht mit dem Fuß an, sondern trat ihn schon fast.
Der schwarze Drache grummelte erst etwas in Richtung des Drachenjägers, bevor er Nachtblitz regelrecht anbrüllte.
Diesmal brüllte die Drachin zurück.
Beide Drachen schienen ganz und gar nicht einverstanden mit dem jeweils
Anderen zu sein.

Es war fast wie damals in der Eishöhle, als die Schneegeister uns nicht in die Höhle lassen wollten.
Oder noch früher, als Ohnezahn Dragos großen Überwilden herausgefordert hatte, um Hicks zu schützen.
Der einzige Unterschied bestand darin, dass die beiden Drachen diesmal nicht dazu bereit waren, gegeneinander zu kämpfen.
Die Spannung in der Luft war trotzdem fast greifbar und mir wurde zum allerersten Mal wirklich bewusst, dass Moira zwar unsere Verbündete und vielleicht sogar schon Freundin, jedoch kein Teammitglied war.
Hicks konnte ihr nichts befehlen, sondern nur vorschlagen.
Ich wäre allerdings nie auf die Idee gekommen, dass das nicht nur für Hicks galt, sondern auch für alle anderen.
Die Beiden würden sich von nichts und niemandem etwas befehlen lassen, wurde mir klar.
Außer vielleicht vom Alpha.

Der Nachtschatten unternahm einen weiteren Versuch.
Und tatsächlich drehte Nachtblitz sich nach einem letzten Grummeln zu Ohnezahn um und flog davon.
„Ich hatte dich gewarnt, dass du eines Tages verlieren würdest, Schwarze Kriegerin! Niemand widersetzt sich dem Alpha!", rief ihr der Drachenjägeranführer triumphierend hinterher.
„Erst recht keine kleinen Mäd-"
Mitten im Satz brach er ab.
Moira war zwar weggeflogen, hatte dann jedoch mit einem großen Bogen gewendet und kam nun wieder direkt auf uns zu.

Ich hatte mindestens einen genauso ungläubigen Gesichtsausdruck wie die Drachenjäger.
Sie hatte uns zwar von Anfang an klar gemacht, dass sie Befehle gern ignorierte, aber das übertraf wirklich all meine Vorstellungen.
Ich hätte nie im Leben gedacht, von sowas mal zu hören, geschweige denn dabei zu sein.
Sie hatten sich tatsächlich dem Befehl des Alphas widersetzt.

Die Drachenjäger verloren jegliche Farbe im Gesicht.
„Wie...?"
„Unmöglich...!"
„Das kann nicht... das geht nicht..."
Ohnezahn dagegen wirkte kaum überrascht, eher ein wenig verwundert.
Wie gern hätte ich verstanden, was Nachtblitz vorhin erwidert hatte.
Aber das hatte allerhöchstens Moira.
Apropos, unsere Verbündete hatte die Schiffe fast erreicht.
„Feuer!"
Ich war noch so geschockt von dem, was gerade passiert war, dass es einen Augenblick dauerte, bis ich die Bedeutung dieses Wortes begriff.
Wenig später traf sie mich dafür mit voller Wucht.
Wie in Zeitlupe sah ich die mit Drachenwurz versehenen Pfeile auf unsere Verbündete zufliegen.
Niemals würden sie ihnen rechtzeitig ausweichen können, dafür waren sie viel zu nah an den Schiffen dran.

Ok, rein theoretisch gab es noch eine andere Möglichkeit, den Geschossen zu entkommen.
Eigentlich war sie offensichtlich, doch für mich sowie für den Rest unserer Truppe wäre sie sowieso nie in Frage gekommen, daher ging ich davon aus, dass es für Moira genauso war.
Ich meine, wer würde freiwillig blauen Oleander wählen? Selbst wenn es sich bei der Alternative um mit Drachenwurz versehene Pfeile handelte?
Keine der beiden Varianten war schön, aber die zweite würde ein Drache mit Sicherheit eher überleben als die erste.
Mit Ausnahme von Glutkesseln.  Denen schaden die blauen Blüten ja nicht.

Moira wehrte mit dem Blatt ihrer Axt die ersten Pfeile ab. Erstaunlicher Weise schaffte sie es, alle Geschosse umzulenken.
Doch weitere folgten.
Es handelte sich nur um eine Frage der Zeit, bis ihr ein Fehler in ihrer Abwehr unterlaufen würde. Und dann... Nun ja. Entweder hatte sie Glück und stürzte ins Meer, oder sie landete auf dem mit Blumen übersäten Schiff.
„Dem Alpha hast du dich vielleicht widersetzt, aber diesmal wird dir deine Eigensinnigkeit zum Verhängnis werden!"
Das Problem war, dass der Drachenjäger recht hatte.
Moira ließ ihre Axt herumwirbeln, sodass die Pfeile mit einem Klirren das Axtblatt anstelle von Nachtblitz' Schulter trafen.
Das war verdammt knapp gewesen.
Ich konnte zwar ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, da sie ihre Maske trug, aber entspannt sah sie ganz bestimmt nicht aus.

Weitere Pfeile schossen durch die Luft, wurden im letzten Moment abgewehrt und fielen mit einem leisen Platschen ins Meer oder kamen klappernd auf einem Schiffsdeck auf, und weder Hicks noch ich konnten etwas dagegen tun.
Ich hatte mich noch nie so unbrauchbar und überflüssig gefühlt wie in diesem Augenblick.
Unsere Freundin wurde angegriffen und ich stand einfach nur herum und sah zu.
Es juckte mir in den Fingern, ihr zu helfen, den Drachenjäger ins Meer zu schubsen oder einfach nur irgendwas zu tun, aber jeder Befreiungsversuch verlief erfolglos.
Hicks' wütendes Schnauben neben mir verriet, dass es ihm ähnlich erging. Alles Andere wäre auch verwunderlich gewesen, wenn man bedachte, dass zusätzlich auch noch sein Drache wenige Meter entfernt gefesselt auf dem Boden lag. So nah und doch so fern.
Einen Moment lang stellte ich mir vor, wie es mir an Hicks' Stelle gehen würde. Was wäre, wenn an Ohnezahns Stelle Sturmpfeil liegen würde?
Fast sofort verkrampfte sich alles in mir. Allein schon die Vorstellung war schrecklich.
Meine Augen wanderten zu Hicks.
Wie bei mir waren seine Arme auf den Rücken gedreht worden und seine Handgelenke wurden von einem groben Seil zusammengehalten. Durch seine Bemühungen, sich zu befreien, war die Haut rund um das Seil rot und fast schon wund gescheuert.
Vermutlich sahen meine Handgelenke nicht viel besser aus. Auch er hatte keine Waffe in greifbarer Nähe, sein Feuerschwert musste runtergefallen sein.
Doch keine Waffe der Welt wäre auch nur halb so furchteinflößend gewesen wie sein Blick.

Das Geräusch einer kleinen Explosion ließ meinen Blick wieder zu Moira schnellen.
Ich konnte gerade noch erkennen, wie die brennenden Überreste eines Wurfnetzes im Meer verschwanden.
Nachtblitz musste es aus der Luft geschossen haben, bevor es die beiden erreichen konnte.
Warum hatten sie eigentlich noch nicht die Flucht ergriffen?
Sie wollten uns helfen, soviel glaubte ich zu wissen. Aber auf-der-Stelle-fliegend konnten sie nicht viel bewirken. Näher an uns heran konnten sie nicht, denn dann würde Nachtblitz mit den blödesten Blumen des gesamten Archipels in Berührung kommen. Irgendwie schon komisch, in was für eine aussichtslose Lage uns Blumen bringen konnten.
Jedenfalls; weshalb zogen sie sich nicht zurück?
Was hielt sie davon ab?

Da klapperte es vor meinen Füßen. Einer der Pfeile hatte sein Ziel nicht einmal ansatzweise getroffen und war direkt vor mir aufgekommen. Trotz unserer Situation verdrehte ich innerlich die Augen. Wie schlecht konnte man bitte zielen?
Anscheinend befanden sich in der Mannschaft dieser Flotte mehrere grauenvolle Bogenschützen, denn als ich mir das Geschehen in der Luft genauer ansah, erkannte ich viele Pfeile, die in hohem Bogen über die Schwarze Kriegerin hinweg flogen.
Obwohl es offensichtlich war, dass sie damit nichts bewirkten, schossen einige Drachenjäger fleißig weiter Pfeile durch die Luft und niemand versuchte, sie daran zu hindern.
Wieso-
Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Moira konnte nicht zurück, ohne von irgendeinem Pfeil getroffen zu werden.
Die Drachenjäger hatten ihr die Chance gegeben, sich zurückzuziehen, doch sie hatte diese nicht genutzt. Nun würden sie sie nicht mehr entkommen lassen.

Die Zeit schien einfach nicht vergehen zu wollen.
Jedes Mal, wenn Moira fast einen Pfeil übersehen hätte, schoss mir Adrenalin durch die Adern. Es war schrecklich, ihr nicht irgendwie helfen zu können. Ich hätte genauso gut eine Statue sein können. Oder ein Stein. Nur ein teilnahmsloser Zuschauer.
Doch Zuschauer sahen manchmal Dinge, die den handelnden Personen nicht oder erst zu spät auffielen. Wie zum Beispiel den Pfeil, der sich still und leise aus einer der Armbrüste erhob und sich dann unaufhaltsam Nachtblitz' Hinterbein näherte, während Moira die Geschosse abwehrte, die auf die Stelle unterhalb des linken Flügels der schwarzen Drachendame zielten.

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So.
Cliffhanger.
Mal wieder.

Okay, okay, nehmt die Äxte runter.
Elementara zuliebe gibt es jetzt doch noch ein paar Sätze...

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Wie in dreifacher Zeitlupe drehte Moira ihren Kopf in Richtung des Pfeils.
Unter ihrer Maske weiteten sich ihre Augen bestimmt.
In meinen eigenen Ohren rauschte das Blut, sodass alle Geräusche an Bedeutung verloren. Ich konnte nur sehen, wie Hicks seine Lippen bewegte, als auch er das Geschoss wahrnahm.
Ich sah, wie Moira ihre Axt losließ. Sah, wie die Axt durch die Luft wirbelte.
Und sah schließlich, wie es aufblitzte, als sich die Schneide der Axt im allerletzten Moment zwischen die Pfeilspitze und die schwarzen Schuppen drängte.
Und dann sah ich noch, wie Axt und Pfeil auf den blauen Blumen landeten.

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(Bild aus dem Internet, aber ich habe es bearbeitet.)

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