∞ 10 Das orange Autodach

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"Lass die Finger von ihr, Kapiert?"
Sein Schatten bedeckte Alex, der halb erschrocken halb wütend noch immer auf dem Sand lag und sich langsam aufrappelte, während die weissen Körner von ihm herab rieselten.
Geschockt sah ich von Aiden zu Jake.
Dieser hatte sich merklich angespannt, aber etwas in seinem Blick sagte mir, dass es sein Interesse geweckt hatte, was mir eigentlich so ziemlich egal war, weil er gefälligst etwas unternehmen sollte.
Ansonsten durfte mich Aiden nicht einmal ansehen ohne dass er auf ihn los ging, aber jetzt stand er bloss neben dem Fussball und Lucas da, während er uns genau beobachtete, ohne etwas zu unternehmen? Was stimmte denn bitte nicht mit ihm.
Da von ihm anscheinend keine Hilfe zu erwarten war, musste ich das wohl selbst in die Hand nehmen.
Bloss war ich genauso verwirrt ab Aidens Reaktion wie Leonie, die sich schweigend und mit grossen Augen aufgerichtet hatte. Als könnte sie ihren Augen nicht trauen.
"Aiden, was soll diese Scheisse?"
Fuhr ich ihn an und eilte auf ihn zu.
„Er hat doch gar nichts...! Warum tust du das?"
Wütend blitzte ihn an.
Wenn er mir schon immer so gerne zeigte wie überaus gerne er es gehabt hätte, dass ich nicht existierte, dann sollte er jetzt auch nicht ohne Grund auf einen Jungen los gehen. Der ihn zudem nichts anging.
"Ich will...du sollst dich nicht mit Typen vergnügen, während meine Schwester bei dir ist, kapiert?"
Er sah mich nicht an und fixierte noch immer Alex, der sich mittlerweile das Blut von der Lippe wischte.
Mein Mund klappte auf.
Was das gerade sein Verdammter Ernst?
Das war ja wohl die schlechteste Ausrede die er hätte bringen können, doch er schien gar nicht in der Stimmung dazu zu sein,noch weiter zu reden, worin wir ausnahmsweise genau einer Meinung waren.
Mit einem letzten Blick auf Alex stapfte er weg und ich bombardierte seinen Rücken mit meinen tödlichsten Blicken, bevor ich Alex hoch half.
Leonie hatte sich grinsend eine Hand vor den Mund gelegt. Keine Ahnung wieso. War aber jetzt auch egal.
"Es tut mir so, so leid. Er ist so ein Idiot, ich weiss nicht was er sich gedacht hat..."
Versuchte ich es, doch er wischte sich bloss über sein Hemd, während er mich schief angrinste, seine Augen blitzten jedoch verunsichert.
"Dein Freund mag wohl keine Konkurrenz."
Meinte er und liess sich von mir aufhelfen.
Er klopfte sich den Sand von der Hose und ich wurde rot.
"Nein, nein er ist nicht mein Freund."
Stiess ich schnell hervor.
„Was ist er dann?"
Alex legte den Kopf schief und blickte mich neugierig an.
„Niemand...also...es ist kompliziert."
Ich schüttelte den Kopf ab meiner Unfähigkeit und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Nicht die beste Wortwahl. Aber er schien nicht einmal richtig zuzuhören, denn sein Blick folgte Aiden, der noch immer unbeirrt durch den Sand zu seinen Freunden zurück lief.
"Nun dann ist ja gut. Das heisst ich habe noch Chancen!"
Ich öffnete den Mund um was zu sagen, aber er kam mir zuvor.
„Man sieht sich."
Meinte er bloss und mit einem kühlen Zwinkern lief er in die entgegen gesetzte Richtung, die Aiden vorher eingeschlagen hatte.
Den Blick den er ihm zuwarf blieb mir aber im Gedächtnis hängen. Solche Blicke kannte ich von mir selbst. Das war nicht vergessen.
„Den hat Aiden wohl im Stolz verletzt, was?"
Grinste Leonie unbekümmert und ich nickte nur.
„Männer."
„Es gab aber keinen Grund für ihn, das zu tun."
Meinte ich und sie seufzte.
„Doch den gab es."
Auf meinen Fragenden Blick hin erwiderte sie jedoch nichts mehr.
Ich setzte mich wieder hin und massierte etwas überfordert meine Schläfen.
Was zum Teufel war das gerade eben denn gewesen?
Dieser Alex schien ziemlich angepisst gewesen zu sein. Er war mir gar nicht geheuer, aber vielleicht würde ich ihn in den nächsten Beiden Tagen gar nicht mehr sehen. Und dann hätte sich das ohnehin erledigt.
Ich seufzte und bedeckte die Augen mit meinem Arm.
Ich konnte nicht einmal einen, nur einen Vormittag meine Ruhe haben. War das zu viel verlangt?
Anscheinend schon.
Ich beschloss, wenigstens den Rest meiner heutigen Abends noch zu geniessen und das tat ich dann auch.

Leonie und ich schlürften Smoothies, spielten etwas Wasserball im Meer und sammelten einige Muscheln.
Das Abendessen nahmen wir in unserer Hütte ein, woraus nach kurzer Zeit allerdings eine gewaltige Kissenschlacht entstand und wir mit den Haufen, in denen sie vorhanden waren, uns gegenseitig ab den Betten schmissen.
Bis wir dann wieder alles aufgeräumt, und die kleinen weissen Federchen weg geputzt hatten, war es bereits tiefe Nacht und wir beschlossen, doch noch schlafen zu gehen.
Mit einem Blick auf das weite Meer und dem Rauschen der Wellen in meinen Ohren, schlief ich ungewohnt schnell ein, schneller als in der Regel.

"Also, ihr habt die Aufgabe, euch auf ein Meeres Lebewesen zu spezialisieren und möglichst viel darüber heraus zu finden.
Am ende dieser beiden Tage erwarte ich dann einen Bericht mit allem was sie am Verhalten und Aussehen des Tieres herausfinden konnten.
Noch fragen?"
Erwartungsvoll sah Mr.Jones in die unmotivierte Runde, und als keiner die Hand hob, drehte er sich zufrieden um und latschte weg. Das war ja schnell gegangen. Er hielt sich kürzer als sonst. Wahrscheinlich wollte er einfach nur seine zweitätigen Ferien geniessen.
Heute Morgen war ich voller Motivation aufgewacht, als ich die salzige Meeresluft gerochen hatte. Die war aber ganz schnell wieder verloren gegangen.
Ich hatte kein bisschen Lust auf Aiden, oder einen seiner Sprüche, aber da Mr. jones uns pünktlich an der Strand Promenade erwartet hatte, blieb mir nicht wirklich eine Wahl.
Klar hätte ich einfach nicht hin gehen können, das hatte ich schon öfters gemacht, aber ein kleines bisschen zog es mich schon zu der Versammlung.
Natürlich bloss, um Aiden zu zeigen das ich mich von ihm nicht unterkriegen lassen würde.
Und da ich diesen äusserst dummen Entscheid gefällt hatte, stand ich nun da, während sich alle Gruppen langsam verstreuten.
"Also..."
ich drehte mich zu Aiden um, der gelangweilt auf einem Stein sass und Fabio und Knut mit einem Handschlag verabschiedete.
Ich sah ihn halb erwartungsvoll halb ernst an, doch er reagierte nicht wirklich.
"Welches Tier?"
Präzisierte ich mich schliesslich lauter und leicht wütend,  auf seinen fragenden Blick.
"Keine Ahnung. Haie?"
"Ja na klar, ich bin auch total scharf darauf, aufgefressen zu werden."
Ironisch sah ich ihn an und er zuckte bloss die Schultern.
"Mensch ist mir doch egal was für ein Blödes Tier wir nehmen! Bringen wir es einfach hinter uns."
Es stach nicht in meinem kleinen bescheuerten Herz, dementsprechend musste ich mich auch nicht zusammennehmen um etwas kühler als sonst zu wirken.
"Ich würde eine kleinere Fischart nehmen.
Wie wärs mit dem Clown Fisch?"
Plötzlich war es ihm doch nicht mehr so egal und er verzog das Gesicht.
"Ach komm schon, der ist ja sowas von langweilig, nehmen wir doch einfach ne Schildkröte."
Wenn sein Ego etwas kleiner werden würde, blieb vielleicht mehr Platz für seine Intelligenz.
Natürlich war er extrem schlau was den Umgang mit Menschen anging.
Oder Waffen.
Oder Frauen.
Aber wenn es um Allgemeinwissen ging war er nicht gerade all zu informiert.
"Weisst du wie selten die hier in der Gegend Sind?
Da können wir lange warten."
Protestierte ich und er stand genervt auf.
In den Moment krabbelte auf dem Stein, an den er gerade noch gelehnt hatte, ein kleines Wesen herum.
Der rote Panzer schimmerte nass in der Sonnen und ich konnte sehen wie sich die kleinen Scheren öffneten und schlossen, während die Beinchen eilig über den Stein klapperten.
Mein Gesicht hellte sich auf.
"Krebse! Wir schreiben einfach eine Arbeit über Krebse."
Aiden zuckte nur die Schultern, doch ich zog ihn eilig zum Wasser.
Ich wusste auch nicht genau was in mich gefahren war, aber auf jeden Fall freute ich mich einfach.
Dabei versuchte ich das Kribbeln an meiner Hand so gut wie möglich zu ignorieren. Er wirkte überrascht und sein Blick wanderte zu meiner Hand, die sich in seinem Arm festgekrallt hatte.
"Weiter draussen bei diesen Felsen, die aus dem Wasser ragen, sind bestimmt mehrere."
Meinte ich fasziniert von den kleinen Dingern.
Ich stand bereits bis zu den Knöcheln im Wasser.
"Willst du etwa mit Kleidern da raus schwimmen?"
Aiden sah mich argwöhnisch an.
Ach so, stimmte ja. Ich trug keinen Badeanzug sondern ein lockeres Shirt und kurze Hosen.
Ich spürte Aidens Blick auf mir. Wartete er darauf, dass ich einen Rückzug machte? Denn das konnte er vergessen.
Also zuckte ich nur die Schultern und watete in das kühle Wasser.
Meine Kleider wurden nass und schwer, zogen mich hinunter, doch es war irgendwie angenehm.
Nach den ersten Zügen hörte ich ein unmotiviertes Grummeln über Frauen und was sie sich in den Kopf setzten. Ich musste verhalten Grinsen.
Dann schien Aiden mir zu folgen, denn ich hörte Wasser plätschern, bevor er mich mit einigen Zügen eingeholt hatte, und mich schief von der Seite ansah.
Kurz war ich echt überrascht dass er das mitmachte und mich nicht für verrückt hielt. Naja vielleicht tat er letzteres ja doch.
"Was ist?"
Fragte ich, während ich weiterhin die feinen Wellen an meinem Hals spürte und ich durchs Wasser glitt.
Aiden behielt den Blick auf mich gerichtet, er schien nachdenklich geworden zu sein. Unter seinen intensiven Blicken begann mein Bauch zu ziehen. Dann zuckte ein kurzes Grinsen über seine Lippen, bevor er abtauchte und ich ihn aus den Augen verlor.
„Na ganz toll", murmelte ich und hielt mich an einem der glitschigen Felsen fest, an denen die weisse Gicht herauf spritzte und sah unter mich.
Unter Wasser hatte der Stein sich mit den anderen Spitzen zu einem grossen Ganzen vereint, und es war gespickt mit den roten Tierchen.
Irgendwie war es doch nicht mehr so süss, zu wissen dass unter mir ein Schwarm dieser Viecher lebte.
Zur Sicherheit versuchte ich, etwas weiter weg zu schwimmen und wurde plötzlich nach unten gezogen.
Mein erstickter Schrei verstummte, als das Wasser über meinem Kopf zusammenschlug und ich nach unten sank. In meiner Fantasie malte ich mir bereits die leeren Augen eines Haies aus, während er mich verschlang und seine hunderte scharfe Zähne in mein Fleisch bohrte.
Aber es war bloss Aiden, der mich mit unter Wasser wehenden Haaren angrinste, selbst hier unten, wo die Sonnenstrahlen sich brachen, sah er noch unverschämt gut aus.
Ich wollte ihn eigentlich böse ansehen und mit meinen Blicken strafen, musste dann aber auch zögernd grinsen, was er anscheinend als Zeichen verstand weiter zu machen, und tauchte in die Dunkelheit des Riffes unter.
Ich strampelte mich hoch und nahm tief Luft, bevor ich erneut nach unten gezogen wurde, dieses Mal legten sich seine Hände sanft um meine Hüfte, während er mich unter Wasser umher drehte, sodass ich lautlos lachen musste.
Schliesslich hob er mich hoch, und folgte mir an die Oberfläche, wo er sich grinsend die Haare aus dem gebräunten Gesicht strich und mich aus diesen grellen grünen Augen anfunkelte.
Ich lachte und auf einmal war diese dauerhafte Wut auf den Kerl vor mir verschwunden.
Er wirkte so ungefährlich, jetzt wo das Meer über uns beiden stand.
Ganz ein anderer Junge schwamm vor mir.
Ein anziehender Junge. Ein sanfter.
Sein Blick wurde ernster, als er zu meinen Lippen schweifte und auch ich strampelte nur noch leise an derselben Stelle. Es war ein magischer Moment. Wir wurden beide irgendwie in den Bann des anderen gezogen.
Ich hörte nur die regelmässigen Wellen an den Steinen und meinen Atem, während Aiden langsam eine nasse Strähne hinter mein Ohr schob und sein Blick dabei von meinen Augen zu meinen Lippen wanderte. Ich genoss die Berührung auf meiner kalten Haut und ein Schauer durchfuhr mich, was eigentlich nicht hätte sein dürfen.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir uns einem weiter entfernten Felsen genähert hatten.
Doch Aiden drängte mich sanft aber bestimmt dagegen, während er mich noch immer mit diesen intensiven, grünen Augen ansah.
Ich war nicht in der Lage zu denken, jetzt wo mir sein Körper so nahe war. Irgendetwas an ihm fesselte mich, an ihm war keine Spur des vorherigen Aidens mehr zu erkennen, den er so gerne raushängen liess.
Ich spürte den Felsen an meinem Rücken, aber achtete nicht darauf, fast von allein fand meine Hand den weg zu seiner Brust, während er mir bereitwillig folgte, sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt.
Ich spürte seinen Atem auf meinen Lippen und senkte den Blick, während seine Hände langsam meine Hüfte entlang fuhren. In mir machte sich ein Verlangen breit, dass ich in meinem Leben noch nie so stark gefühlt hatte. Es schmerzte beinahe.
Eine Gänsehaut machte sich auf meinen Beinen und Armen breit, während seine Nase sanft meine Wange berührte, bevor er langsam, beinahe zögerlich, seine Lippen auf meine legte.
Sofort waren jegliche Gedanken in meinem Kopf wie  weggefegt. Ich versank in seinem Kuss, so zart und doch so bestimmt.
Es hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem wilden Kuss bei der Verfolgung. Er war zärtlicher und ruhiger.
Ich war wachs in seinen Händen, während er sich näher an mich drückte und ich ihn näher zu mir zog.
Ein leises Stöhnen entwich mir, worauf er leise brummte und seine Hände um mein Gesicht legte, um den Kuss zu intensivieren.
Gefühlsregen schwappten über meinem Kopf zusammen und ich war gefangen in seinen Armen, gefesselt von seinen heissen Lippen.
Schliesslich spürte ich ein leises Krabbeln auf meiner Schulter und löste mich atemlos von ihm.
Er grinste und fischte mit einen Krebs von der Haut, der es sich dort bequem gemacht hatte.
Dann sah er wieder zu mir, keiner bewegte sich und seine Nähe brchte mich beinahe um den Verstand, bis ich begriff, was wir gerade getan hatten.
Nicht als Ablenkung, sondern bei vollen Beswusstsein. Weil wir es gewollt hatten. Beide.
Ich schluckte und sah ihn an, während leichte Verwirrung auch bei ihm zu entdecken war.
"Ich...ich denke wir sollten.."
Stammelte ich und wurde rot, während er sich am Nacken kratzte und sich etwas von mir entfernte.
"Wir sollten die Krebse beobachten."
Stimmte er hinzu, konnte sich dann aber eine kleine Bemerkung nicht verkneifen: „Anscheinend haben sie das Gefühl, dass sie zu kurz kommen."
Er grinste schief und drehte sich weg, um wieder zum Nest der roten Krabbentiere zu schwimmen.
Ich sah ihm hinterher und hielt mir eine Hand an die Brust, worin mein Herz kräftig pochte, ein Lächeln im Gesicht.
"Ach du scheisse Jessy, was macht er nur mit dir."
Murmelte ich anschliessend und schüttelte den Kopf, bevor ich ihm folgte.
Die nächste Stunde verbrachten Aiden und ich damit, die Tiere zu beobachten, keiner von uns sprach sonderlich viel.
Erst recht nicht über das, was passiert war, auch er schien von sich selbst überrascht zu sein, auch wenn er es besser überspielte als ich.
Es war nicht einfach, die lockere Stimmung von vorher bei zu behalten, vor allem weil mir seine Küsse noch immer durch die Gedanken rauschten, so weich und vorsichtig. So zärtlich wie ich es diesem harten Typen nie zugetraut hätte.
Doch er schaffte es, mich mit lustigen Kommentaren, kleinen Witzen und Neckereien etwas ab zu lenken.
Er war wie ausgewechselt, nichts war mehr von seiner Maske zu sehen, jedenfalls nicht für den restlichen Vormittag, den wir im Wasser verbrachten.
Aiden war dann aber, gleich nachdem wir aus dem Wasser gekommen waren, wortlos und mit einem undefinierbaren Ausdruck im Gesicht verschwunden.
Was ihn geritten hatte, einfach abzuhauen wusste ich auch nicht, aber da ich aussah wie eine verschrumpelte Oma hatte ich mich dann wohl oder übel auch auf den Weg gemacht.
Vielleicht hatte mein Aussehen nach diesem Bad ihn auch verjagt. Oder aber ihm war klar geworden, wen er gerade geküsst hatte.
Den Rest des Nachmittags war ich im Zimmer gesessen und hatte gewartet, bis meine Haut sich erholte, während Leonie verzweifelt versuchte, etwas über das Projekt von Aiden und mir heraus zu bekommen, doch ich hielt dicht und konnte nur hoffen, dass er es auch tat.
Es wäre für keinen von uns gut, wenn jemand davon erfuhr.
Wir gehörten zwei feindlichen Gruppen an und zudem konnten er und mein Bruder sich auf den Tod nicht ab.
Besser ich sah diesen fantastischen Kuss als einen Fehler an.
Das ersparte mir bestimmt eine Menge Tumult in meiner Gefühlswelt.

Und nun sassen wir beim Abendessen, auf grossen Bänken in der Nähe des Strandes, wo die Tische unter Sonnenschirmen aufgestellt waren, die helle Lichterketten trugen. Die feinen Lichtquellen erhellten die dunkle Nacht.
Das Meer lag ebenfalls dunkel und ruhig da, die Sterne waren deutlich zu sehen und die Lichter erhellten die Tische.
Und es war viel zu laut.
"Hey, rück mal den Ketchup raus Leonie! Ich weiss das du ihn hast!"
"Du kriegst gleich Ketchup!"
"Find ich gut!"
"Hey Sam, hast du das Mädel am Strand gesehen? Ziemlich scharf!"
So etwa liefen die Gespräche weiter ab, während ich schweigend in mein Essen biss, und mich ab und zu halbherzig an dem Blödsinn an unserem Tisch beteiligte.
Es war irgendwie entspannend, so herum zu blödeln, ohne dass man sich vor Konsequenzen fürchten musste.
Ich könnte noch heute schwören dass mich damals Ketchup getroffen hatte, aber Leonie hatte das beständig abgestritten.
Manchmal schweifte mein Blick jedoch unauffällig zu Aiden, der mit seinen Freunden an einem anderen Tisch sass. Ein Wunder dass er zuliess, dass Leonie bei mir am Tisch essen durfte.
Vor allem da sie in Jakes Nähe sass...eigentlich ein No-go für Aiden.
Dieser reagierte aber nicht wirklich.
Ab und zu sah er zu mir, doch in seinem Blick konnte ich nichts erkennen, er sah bloss nachdenklich aus, bevor er sich immer wieder umdrehte und mit den Gesprächen weiter fuhr. Dann starrte ich einfach seinen breiten Rücken an, der in einem lockeren weissen Hemd steckte, dass ihm hervorragend stand. Seine Haare waren von dem Salzwasser fast etwas gelockt und standen ihm hervorragend.
Ich wusste zwar nicht sicher, ob er das im Meer für sich bereits abgestempelt hatte, aber da er nichts erwähnte oder sich auch bloss ein bisschen anders verhielt, nahm ich an, dass er es vergessen hatte.
Oder absichtlich verdrängt, je nach meinen Leistungen dort.
Ein wenig schmerzte es, denn ich hatte es auf keinen Fall vergessen, auch wenn ich es noch so sehr gewollt hätte.
Aber ich verdrängte einfach den Gedanken daran und ass auf.
Plötzlich flüsterte Jake Kenan etwas ins Ohr, was er zuvor von einem anderen Jungen zu gemurmelt bekommen hatte  und der gab es weiter.
Kurz darauf kam es bei mir an, und Leonie flüsterte es mir ins Ohr: "Heute Abend bei den "Mietwagen" aber pass auf dass dich Jones nicht erwischt."
Ich nickte grinsend und murmelte dem Mädchen neben mir dasselbe ins Ohr.
Ich hatte mich noch immer nicht ganz damit angefunden wie es hier ablief. Dass man Autos stahl und sich niemand aus der ganzen Gruppen Sorgen deswegen machte, aber ich gehörte da jetzt dazu, also musste ich mir mal den Stecken aus dem Arsch ziehen.
Schliesslich waren es nur Autos, die sowieso niemand vermissen würde und die wir ja nur ausliehen. Vermutete ich jedenfalls.
Sofort kam mir wieder das Bild des Bullen, den ich verletzt hatte in den Sinn. Ich vergass den Anblick nicht. Das würde ich wahrscheinlich auch nie können. Aber die Tatsache, dass er womöglich einer der Männer sein konnte, die mein Leben zerstört hatten, machte es mir leicht. Die schwere Reue und die Schuldgefühle, die ich empfunden hatte verschwanden langsam. Er hätte mich ohne zu zögern abgeknallt, wenn es nötig gewesen wäre. Das hatten auch die anderen gewusst. Also war es nur Notwehr gewesen. Ich hatte schneller reagiert als er. So war das Leben.
So war das Leben der Strasse. Und ich hatte nun erste Einblicke bekommen.
Nun ging es mir etwas zu schnell, aber ich war drum und dran, auch ein Teil dieser neuen Welt zu werden, wobei ich noch nicht einmal wusste, wie weit diese eigentlich reichte. Ich würde es wohl herausfinden müssen.

"Sieht das gut genug aus?"
Erkundigte ich mich bei Leonie, die ein grünes Strandkleid mit Rüschen trug.
"Aber sehr, mir gefällt das Blau und
Natürlich der Schnitt, es ist einfach toll"
Erleichtert schlüpfte ich in meine Schuhe.
All zu viel Zeit hatten wir zwar nicht mit dem Styling verbraucht, aber dennoch war ich mir unsicher, da es mir irgendwie eng vorkam, auch wenn es genau an den richtigen Stellen Haut zeigte.
Ich war nunmal nicht so die Mode Queen.
Aber Leonie half mir da mehr als aus. Sie hatte mir auch die goldene Kette bereit gelegt, die mir bis tief ins Dekollete hinunter hing. Normalerweise zeigte ich mich nicht so freizügig, aber sie tat das auch und es waren Ferien. Alle anderen Frauen liefen bestimmt auch so rum.
Also nickte ich mir selbst im Spiegel zu. „Das wird schon." ermutigte ich mich selbst.
"Wir kommen zu Spät zum Treffpunkt wenn wir noch weiter vor dem Spiegel stehen."
Leonie packte mich kurzerhand am Arm und wir traten in die Dunkelheit heraus.
Es roch nach Meer und Salz.
Tief holte ich Luft, um so viel des Geruchs in meine Lungen aufnehmen zu können wie es ging.
Ich lief den dunkeln Strand entlang und genoss es, wie der Wind an meinen Haaren und dem Kleid zerrte.
Der Sand war noch warm aber die Wellen kühlten sich bereits merklich ab.
Ab und zu schüttelte ich meine Schuhe aus, diese Dinger auf dem Strand spazieren zu führen war der Horror, während ich de schwarze Wassermasse beobachtete.
Sie war gewaltig, eine grössere Macht gab es auf dieser Welt nicht, und dennoch konnte sie genauso wunderschön und faszinierend wie gefährlich und unberechenbar sein.
Manchmal, vor allem früher, hatte ich es immer mit mir verglichen, wenn ich mit Dad unterwegs gewesen war.
Ich hatte mich dann immer unschlagbar gefühlt, und seit er gestorben war, fühlte ich mich immer am nächsten bei ihm, wenn Wasser in der Nähe war.
Als ich den Blick dann endlich zu dem fahlen Licht wandte, welches vom Parkplatz her schien, musste ich leicht lächeln.
Schon von weitem konnte ich einige Autos mit der Klasse vornedran entdecken. Ich wollte gar nicht wissen, wie sie diese Fahrzeuge hier um diese Zeit noch aufgetrieben hatten.
Die Laternen erhellten den glänzenden Lack der Autos und die Stimmengewirre wurden lauter, je näher wir ihnen kamen.
Ich lief auf die Menge zu und Jake winkte mir zu bevor er sich wieder an einem Motor zu schaffen machte, der irgendwie zu streiken schien.
Er hatte schon immer ein Händchen für Autos gehabt, und Dad hatte ihn dabei gefordert, sodass er nun alles wusste, wenn es um Dinge mit Motoröl ging. Zudem glänzten seine Arme im fahlen Licht der Laternen verdammt sexy, weshalb auch Leonie dort stehen blieb.
„Willst du eine Umarmung, Jess?"
Fragte mich mein Bruder grinsend und ich wich etwas zurück. „Ein andermal." Seine Hände waren voller Motoröl und streckte sie drohend nach mir aus.
„Wehe dir!"
Kreischte ich grinsend und versteckte mich hinter Leon, der nur grinsend meinen Schild spielte. Es war ein schönes Gefühl, hier zu sein. Mit allen die ich mochte. Und denen die ich weniger mochte. Es war so unbeschwert.
Leonie hatte sich nach ihrem kurzen Starr-Anfall, der meinen Bruder galt, schnell unter die Schüler gemischt, von denen ich einige noch gar nicht wirklich kannte.
Jake reckte den Kopf und lehnte sich etwas vom Auto zurück, um sie mit seinen Blicken zu verfolgen.
„Er..." ich deutete auf meinen Bruder und Kenan schüttelte nur den Kopf.
„Es ist hoffnungslos."
Ich musste lächeln. Dann nicht mehr. Denn mir wurde auf einmal ganz heiss. Und ich wusste auch, wieso.
Ich spürte Aidens Blicke auf mir und versuchte, so wenig und unauffällig wie es ging, zu ihm zu sehen.
Es war mir unangenehm, nachdem er einfach abgehauen war. Ich versuchte, ihn zu ignorieren. So wie er es auch mit mir tat.
Da es aber nicht klappte und mir unter dem dünnen blauen Stoff unter diesen stechenden, durchdringenden Augen heiss wurde, sah ich mich nach jemandem um den ich kannte und der weiter weg war, sodass ich aus Aidens Blickwinkel verschwinden konnte.
Da entdeckte ich Lucas der auf dem Dach des Orangen kleinen Autos sass und grinste, während er auf einige Jungs und Mädchen hinab blickte, die mit ihm ein hitziges Gespräch führten. Dabei spielte er mit den abgetragenen Enden seiner Jeansjacke. Schwarze Strähnen fielen ihm ins Gesicht, die Beine hatte er in einem lockeren Schneidersitz verschränkt.
Ich winkte ihm zu und sein Gesichtsausdruck hellte sich auf.
Wenigstens er reagierte positiv auf mich, was mich nur noch mehr freute. Lucas war mir von Anfang an am sympathischsten von allen Jungs gewesen. Auch wenn ich sie langsam alle lieb gewann.
Durch die Menge schaffte ich es, zu ihm zu gelangen und legte den Kopf in den Nacken, während er fröhlich grinste und seine Ozeanblauen Augen im Laternenlicht funkelten.
"Guten Abend Schönheit."
Scherzte er und ich wurde etwas verlegen.
"Zu viel?"
Fragte ich mit einer Geste zu meinem Outfit und er schüttelte mit strahlenden, ehrlichen blauen Augen den Kopf.
Der Junge war einfach zu ehrlich für diese Welt.
"Warte ich komm hoch."
Ich stützte mich mit meinen Schuhen links und Rechts auf dem winzigen Trittbrett ab und Lucas reichte mir seine Hand.
Sie war warm und er schloss sie fest um meine, während sich seine Muskeln anspannten um mich hoch zu ziehen.
Zusätzlich stiess ich mich noch kraftvoll vom Brett ab und hatte dabei etwas zu viel Schwung,
Ich kam zwar hoch, mein Schwung aber noch immer ungebremst, sodass ich nicht anhalten konnte.
Ich prallte gegen Lucas und er fiel nach hinten, sodass ich mich genau über ihm befand.
Ich stützte mich auf Seiner Brust ab und spürte seine Nähe.
Er sah gut aus. Er roch auch gut.
Seine Augen strahlten blau in der Dunkeln Nacht und mein Kopf war bloss Zentimeter von seinem Entfernt.
Ich spürte das Klopfen seines Herzens unter meiner Hand und meine Haarsträhne strich leicht über seine Stirn.
Ich mochte Lucas...sehr sogar. Ich könnte mir gut vorstellen dass irgendwann mal mehr zwischen uns sein konnte. Aber jetzt?
Ich schluckte und dachte an Aiden.
Wieso spukte er genau jetzt in meinen Gedanken herum?
Jetzt wurde mir die Nähe zu Lucas unangenehm. Ich konnte nicht mit ihm kuscheln, wenn ich in meinem Kopf an einen anderen dachte. Das war nicht okay.
Mein Atem stockte und ich rollte mich schnell von ihm hinunter und legte mich schweigend und mit glühenden Wangen neben ihn.
Er brauchte gar keine Erklärung und blieb ebenfalls liegen, den Blick in den Himmel gerichtet, wofür ich ihm unendlich dankbar war. Er machte die Situation so nicht noch unangenehmer. Er wusste einfach immer, was er tun oder nicht tun sollte.
Wie gesagt, diese Welt hatte ihn nicht verdient.
Ich vielleicht auch nicht.
„Denkst du ab und zu an wen, wenn du in den Himmel siehst?"
Fragte er dann und ich war überrascht, wie tiefgründig er war. Bisher hatten wir nie über sowas gesprochen. Erst recht hatten wir noch nie gemeinsam Zeit alleine verbracht. Es war irgendwie schön.
„Ja. An meine Eltern. Und du?"
Er wich meiner Frage aus.
„Was mit deinem Dad passiert ist...das weiss ich. Aber.."
Er brach ab und überliess es mir, ob ich weiterreden wollte oder nicht. Ich konnte darüber reden, weil ich mich nicht erinnerte. Zumindest nicht mehr richtig.
„Sie wurde erschossen. In einem Laden. Ich war dabei, aber weiss es nicht mehr."
Ich spürte, wie seine Hand kurz meine drückte. Ich liess es zu.
„Und hat man den Täter fassen können?"
Ich schüttelte den Kopf, auch wenn er das wahrscheinlich nicht sah, da es wirklich dunkel geworden war.
„Er war Minderjährig. Kam irgendwie ohne Strafe davon, mehr weiss ich nicht."
Ich lächelte bitter.
„Das tut mir leid."
„Schon okay. Und was ist mit dir? An wen denkst du?"
Er drehte den Kopf zu mir und seine hellen, blauen Augen wirkten auf einmal so trüb.
„An meinen Bruder."
„Deinen toten Bruder?"
Er schüttelte den Kopf.
„Er ist nicht tot. Das glaube ich nicht. Ich weiss, dass er noch lebt."
Ich sagte nichts. Sein Bruder war relativ jung einer gefährlichen Gang beigetreten; wenige Jahre später war er nicht wieder gesehen worden.
Aber Lucas bestand darauf, dass er nicht tot war.
„Ich suche nach ihm. Immer wieder und überall. Ich werde ihn finden."
Ich fühlte mich mies, weil ich ihn nicht darin bestärkte. Ich würde es auch wollen.
„Ja, das wirst du."
Ich lächelte und sein Blick hellte sich wieder etwas auf.
Dann schwiegen wir und lagen  einfach auf dem Autodach, umgeben von Schülern und möglichst darauf bedacht den anderen nicht zu berühren, während mein Atem in den Abendhimmel stieg. Wir schwiegen noch eine Weile und ich dachte angestrengt nach, während ich die hellen Punkte am Himmel betrachtete.
Erst als Jake an das Dach klopfte und ankündigte, dass wir los fuhren, schaffte ich es mit etwas Hilfe von Lucas, der mich unten auffing, von dem Orangen Auto runter zu kommen und stattdessen Innen Platz zu nehmen.
Kaum bogen die Autos aus dem Parkplatz auf die Strassen ein, hatte ich das Gefühl, dass jeder Zeit Polizisten auftauchen könnten.
Ich fühlte mich verfolgt. Überall glaubte ich, Sirenen zu hören.
Doch die Fahrt verlief endlich einmal Vorfallslos und ich konnte in aller Ruhe das Nachtleben der Stadt beobachten.
Die meisten Strassen waren hell beleuchtet während die Bürgerstege fast im Dunkeln lagen. Überall lagen vor den Hauswänden leere Kaffebecher, Zeitungen und noch alles Mögliche.
Die Hohen Häuser schienen an der Spitze mit der Dunkelheit der Nacht zu verschmelzen und ich hörte nur gedämpft wie einige Strassen weiter gefeiert wurde, nur die laute Musik drang zu uns durch.
Ich freute mich auf etwas Entspannung und die laute Musik die meinen Körper immer in ihren Bann zog.
Während Kenan, der die Schlange anführte, und als Einziger bereits einmal hier gewesen war, uns durch die Strassen führte, drehten sich einige Leute um, vor allem Jugendliche standen noch herum, einige Frauen am Strassenrad.
So ging es eine Weile, während ich wieder in meinen Gedanken versank, und mich darauf freute, den tollen Club zu sehen, den uns Kenan versprochen hatte.
Dieser fuhr nach einer Weile deutlich langsamer, ich nahm an dass wir gleich da waren und setzte mich erwartungsvoll in meinem Sitz auf.

Meine lieben Sternchen, ich hoffe das Kapitel gefällt euch und ich fände es interessant zu wissen, was euch einfällt, wenn ihr an Lucas denkt.
Immer reinhauen in die Tasten und danke euch für die vielen lieben Kommentare!
Love you
Angora77

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