∞ 14 Suppenkuscheln

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Ich sass auf dem Stuhl vor dem Krankenzimmer und horchte.
Meine Schuhe klopften unregelmässig auf den Boden und auch meinem Gesicht an konnte man sehen dass ich nicht so begeistert war, genau wie in der Schule, vor die Tür gesetzt worden zu sein.
Und das passierte dort leider des öfteren.
Auf Aidens Bitte hin hatte ich Jake angerufen, und er hatte ohne gross nach zu fragen und vor allem ohne mir etwas zu erklären, sofort zugesagt.
Heute war wohl der verwirrt Jessica mit eurem Verhalten-Tag. Mit einem unguten Gefühl hatte ich es Aiden vermittelt, der unterdessen ernst geworden war und sich auf dem hellen Bett zurück gelehnt hatte.
Seine Kleider hatte er wieder an, und seine Haare waren zerzauster als sonst.
Ich beobachtete es fasziniert, während wir schweigend gewartet warteten.
Kurz nachdem ich dachte dass ich vor Faszination nach den weichen Haaren greifen würde, war doch eine ganze Horde an Jungs angetrampelt gekommen, als sie von Aiden gehört hatten.
Das gesamte Zimmer füllte sich mit Personen aus unseren Klassen, so dass ich praktisch raus geschwemmt wurde.
Kein Platz für Mädchen...
Nach einem kurzen Besuch waren die meisten wieder abgehauen um bei Mr.Jones keinen Verdacht zu wecken, bloss die engsten Bekannten von Jake und Aiden waren noch geblieben.
Ich hatte mir ein Lächeln auf die Lippen gezwungen als die Horde an mir vorbei getrampelt war, um wieder den Rest des Abends in der Stadt zu verbringen. Mit Einverständnis von Mr.Jones natürlich.
Dann war es wieder für eine Weile ruhig geworden, aber von innen klangen nun immer Heftigere Laute durch die Wand, an die ich mich anlehnte.
Ich hört Stimmen und Proteste, anscheinend ging es da drin hitzig zu und her, doch dann wurde es plötzlich ruhig.
Ich setzte mich gerade auf, und schob die Müdigkeit in meinen Gliedern zur Seite.
Sorgen und Krankenhäuser waren eine schlechte Kombination, ich verzweifelte immer mehr, desto mehr Ärzte und Schwestern an mir vorbei liefen.
Mit eiligen Schritten und maskierten Gesichtern.
Die weisse Tür wurde geöffnet und ein ernster Jake zog mich hinein.
Ein Wunder dass dieses heimliche Getue noch niemandem aufgefallen war.
Es schien ein ernstes Thema zu sein, und auch waren sich nicht alle einig, was man an Lukas und Fabio erkannte, die sich feindlich musterten, bereit sofort aufeinander los zu gehen.
Erstaunen tat mich das nicht. Das war viel eher das normale Verhalten dass ich gewöhnt war.
"Du wurdest mit Aiden gesehen."
Ich riss die Augen auf. Was? Hatte uns etwa jemand beim Knutschen gesehen?
„Was?"
Piepste ich und Jake machte eine wegwischende Handbewegung. „Damals, als ihr von diesen Typen verfolgt wurdet. Die kennen nun dein Gesicht. Die sind gefährlich."
Ich nickte etwas verwirrt.
„Und...was hat das jetzt mit ihnen zu tun?"
Ich wies auf Aidens Gruppe an Jungs, die mehr oder weniger mürrisch dasassen und ins Leere starrten.
„Aiden und ich, wir haben im gleichen Viertel gedealt, wie du auch schon mitbekommen hast. Wir haben uns oft um Kunden gestritten, aber wir haben beschlossen, dass es intelligenter wäre, sich zu verbünden."
Mir klappte der Kiefer runter. Waren das wirklich noch Jake und Aiden, die da vor mir standen und sassen?
„Aha."
„Ja, so sind wir stärker wenn wir uns gegen diese Typen verteidigen müssen. Die waren nämlich nicht das erste Mal hinter uns her. Wie gesagt, sie mögen es nicht, wenn man ihnen ins Geschäft pfuscht."
Klärte mich Aiden auf. Gerne hätte ich gewusst, von welcher Art Geschäfte sie genau redeten, sparte mir die Frage aber. Ich würde ohnehin keine Antwort darauf bekommen.
„Ich will, dass du in Sicherheit bist, Jess. Das Problem ist nun, seit du mit Aiden gesehen wurdest, bist du nun eine Schwachstelle von Aiden und mir geworden."
Es fiel meinem Bruder sichtlich schwer, die Worte auszusprechen. Aidens Gesichtsausdruck war leer, als mein Blick zu ihm schweifte. Was er dabei fühlte, als mein Bruder über uns zwei sprach, konnte ich also nicht rausfinden.
„Deshalb brauchst du extra Schutz, und den können dir die anderen auch bieten, vor allem in Zusammenarbeit mit uns. Dann bist du sicherer.
So werden wir auch stärker, gemeinsam gegen den grossen Feind. Das ist intelligenter, als...in altem Hass zu verweilen."
Er sah kurz zu Aiden, da war irgendetwas zwischen ihnen vorgefallen.
Irgendwann.
Und sie würden es mir nie erzählen da war ich mir sicher.
Aber irgendwann wollte ich es wissen, denn einen so grossen Teil ihres Lebens durften sie mir nicht verschweigen.
Zumindest Jake nicht.
„Also ein Bündnis. Ihr wollt also allen Ernstes aus zwei Gangs eine machen?"
Die Jungs nickten. Das konnte ja heiter werden. Was mir allerdings noch viel weniger gefiel war, als Schwachstelle zu gelten. Ich war weder eine für Jake noch Aiden. Oder etwa doch? Waren sie etwa wegen mir in Gefahr? Obwohl ich dieser illegalen Szene nicht einmal angehörte?
"Ja. Und als Zeichen unseres Bündnisses, braucht es einen Vertrauensbeweis."
Lucas knurrte und schlug mit dem Fuss gegen die Wand. Was auch immer dieser Vertrauensbeweis war, er gefiel ihm nicht. Fragend sah ich in die Runde.
„Okay?"
Das O zog ich lang, weil ich gerade nicht wirklich durchblickte.
„Wir haben uns überlegt, dass du abwechslungsweise bei mir und bei Leonie und Aiden schlafen wirst."
Mir blieb die Spucke weg.
„Was."
„Ja, es gefällt mir auch nicht, aber als bewegliches Ziel bist du nunmal sicherer, als wenn du immer am selben Ort bleibst. Zudem ist es eine Art Vertrauensbeweis, damit beide Seite wissen, dass sie nicht verraten werden."
Ich verschränkte die Arme.
„Aha, und was wenn mir was passiert?"
„Dann wird das als Kriegsakt gesehen."
Ich schnaubte und schüttelte den Kopf.
„Das meint ihr doch nicht ernst? Das ist völlig bescheuert."
Rief ich aus und Lucas nickte vielsagend vor sich hin.
Jake hob beruhigend die Arme.
„Jess, sieh mich an. Überleg es dir einfach, niemand zwingt dich dazu. Wenn du nicht willst, musst du es nicht machen."
Er sah mich offen an, während ich das brüderliche, liebevolle Lächeln ausmachen konnte.
Es schien keinem hier leicht gefallen zu sein, so ein Bündnis einzugehen, erst recht nicht wenn ich an die Erfahrungen zurück dachte, die ich bis jetzt gesammelt hatte.
Die beiden Gruppen konnten sich nämlich wirklich nicht ausstehen. Hatte Jake einem Bündnis vielleicht erst jetzt zugestimmt, weil er sah wie ich mich gegenüber Aiden verhalten hatte? Oder war wirklich diese Verfolgungsjagd mit den tätowierten Typen der Grund für diesen plötzlichen Stimmungswechsel zwischen den Jungs?
Ich wusste es nicht.
Wenn die beiden sich wirklich zusammen taten, konnte vielleicht auch ihre Feindschaft begraben werden.
Und ich wäre nicht gezwungen aus lauter Loyalität keine Leute an mich ran zu lassen, die ich eigentlich mochte aber der anderen Gang angehörten.
Ich sah etwas überfordert in die Runde.
Dann zog ich die Schultern etwas hoch. Das würde ich garantiert bereuen.
„Okay."
"Sollte man dir aber auch nur einen Kratzer zufügen, ist unser Friednsangebot aufgehoben."
Damit sah Jake warnend zu Aiden.
Anscheinend würde es doch eine Weile dauern, sich vollständig zu vertrauen, was aber auch nicht von Heute auf Morgen kommen konnte.
Ich war skeptisch, denn eigentlich mochte ich es nicht, das Beil zu sein das man vergrub.
Dieser nickte bloss und ich fing an zu sprechen.
"Also ich wohne..."
"Teils bei uns und Teils bei Jake."
Leonie sah mich fröhlich an. Ihr schien das alles ziemlich gut zu gefallen.
Damit schien sie aber auch die Einzige zu sein. Aber ich wusste genau, dass auch sie sich dem Ernst der Lage genaustens bewusst war.
So schnell hatte ich mich eigentlich nicht in das Ganze rein ziehen lassen wollen. Ich hatte mich aus dem Gangleben raushalten wollen.
Es ging zu schnell, es war gefährlich, die Entscheidung dieses Leben zu wählen.
Doch sie viel mir nicht all zu schwer, angesichts dessen, was es alles für mich bedeutete.
Und auch für viele Andere. Vielleicht konnte ich so auch Jake schützen. Mehr Männer die einander unterstützten hörte sich objektiv gesehen nach einem guten Plan an.
"Ich tu es", ich nickte nachdenklich.
Es waren wenige Worte, aber bereits jetzt wusste ich, dass sich damit eine Tür in eine andere Welt öffnen würde.
Eine schnellere, gefährlichere Welt in der ich nicht mehr die Jessica sein konnte, die ich hatte sein wollen, als ich hier angereist war.
Aber auch eine Welt mit Familie, Freunden und Liebe.
Ich hätte abwägen sollen. Ich hätte nachdenken sollen bevor ich dieses eine Wort sagte, das mein Leben so verändern würde wie ich es nie gedacht hätte.
Später wünschte ich mich zurück zu dieser Entscheidung. Und nicht wenig hätte ich dann verneint. „Wirklich?"
Hakte Lucas nach. Er schien mit meiner Entscheidung nicht übereinzustimmen. Ich nickte.
"Ja. Einverstanden."
Nach dieser Ansage entspannte sich die Stimmung merklich. Erstmals redete man normal miteinander, wenn auch noch etwas misstrauisch.
Als beschnupperte sich ein Rudel Wölfe, um eine neue Rangordnung aus zu machen.
Ich hatte wieder meinen Platz neben Aidens Bett eingenommen, Jake hatte nichts dazu gesagt, was ich ihm hoch anrechnete. Wenn es um mich ging, liess er seine persönlichen Probleme mit Aiden anscheinend aussen vor. Das war wahre Liebe.
Nach einer Weile waren Jake und die Übrigen in die Mensa verschwunden. Auch Leonie war mit ihnen gegangen. Sie alle waren Hungrig, nach einem so anstrengenden und nervenaufreibendem Tag.
Ich eigentlich auch, aber ich wollte lieber hier bleiben und hatte ruhig beobachtet, wie sich die Tür geschlossen hatte.
"Also, hab ich das richtig verstanden?"
Ich glättete konzentriert die Bettdecke von Aidens Bett.
Meine Hände mussten irgendwas tun, also war die Decke eben dran.
Kein Falt würde meine Attacke überleben.
"Ihr verbündet euch gegen diese tätowierten Typen und ich bin der Anker und weiss trotzdem nicht wer die sind?"
Ich sah hoch zu Aiden, der gerade seine Suppe anstarrte und ziemlich genervt aussah, denn bei jeder Bewegung und jedem Versuch seinen Arm zu heben, zuckte er zusammen. Trotzdem nickte er mir zustimmend zu.
Er fragte jedoch nicht ob ich ihm helfen konnte.
Wieso Jungs immer so überaus tapfer sein mussten, verstand ich nicht. Und wieso sie zu viel Stolz besassen, um einfach um Hilfe zu bitten erst recht nicht.
Zuerst hatte ich ihn machen lassen, um ihn nicht in seiner Ehre, oder was auch immer Jungs damit betitelten, zu verletzten.
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und schnappte mir in Begleitung seines aufmerksamen Blickes den Löffel. Er sagte nichts.
Ich führte ihn zu seinen vollen Lippen, und er öffnete sie leicht.
Ein kribbeln rauschte durch mich hindurch, doch ich tauchte den Löffel wieder in die Suppe.
Nach einer Weile des stillen Fütterns und Essens, stellte ich es auf die Seite und wollte aufstehen, doch Aiden zog mich zu sich zurück und ich legte mich zu ihm aufs Bett. Zögerlich.
„Was wenn die anderen zurück kommen?
Murmelte ich unruhig und Aiden zuckte so gut es ging die Schultern.
„Werden sie nicht."
Überredet.
Ich zog meine Schuhe aus und schlüpfte unter die dünne Bettdecke.
Komisches Gefühl, ihm in aller Öffentlichkeit so nahe zu sein. Aber wortlos hatten wir beide unser Einverständnis dazu gegeben.
Er legte einen Arm um meine Hüfte und zog mich näher zu sich hin.
Normalerweise hätte ich jetzt zurück zucken sollen, aber es war viel zu angenehm.
Ich versuchte mich nicht unnötig zu bewegen und legte vorsichtig meinen Kopf auf seine Brust.
Er spannte sich kurz an, dann aber spürte ich das ruhige Atmen.
Er fuhr mir durch die Haare und ich schmunzelte, in der Hoffnung dass er es nicht sah.
"Danke."
Ich antwortete nicht, sondern rieb meine Wange an seinem, nach ihm riechenden, Shirt.
Ich mochte ihn. Egal was ich mir einredete, ich wurde das Gefühl nicht mehr los.
"Ich..."
Nein, das aus zu sprechen macht mich verletzlich.
Und selbst jetzt war ich noch nicht bereit mich so sehr auf ihn ein zu lassen. Denn eigentlich war er nie mehr als zwei von Hundert Momenten wirklich nett zu mir gewesen.
Und das wollte ich nicht. Mich auf Jemanden einlassen der mich zerstören konnte.
Noch nicht
Wenn mich sowieso alle schon als Schwachstelle sahen, musste ich ihnen eben das Gegenteil beweisen.
Ich seufzte und schwieg, starrte an die weisse Decke und hörte plötzlich Aiden leise lachen.
"Kätzchen?"
Da war er wieder, diese Spitzname den ich einerseits nicht ausstehen konnte und der mich zur Weissglut trieb. Und der mich andererseits immer mehr zum Lächeln brachte. Auch mein Körper reagierte mit angenehmer Wärme.
"Hm?"
Fragte ich.
Als er zu sprechen begann, erkannte ich an seiner Stimme bereits was kommen würde.
"Weisst du, eigentlich konnte ich meinen Arm schon bewegen. Ich wollte nur dass du mich Fütterst."
Er hätte wahrscheinlich damit gerechnet dass ich ihn jetzt schlug oder ausrastete. Ihm vorwarf wie er mich nervte.
Aber ich lächelte nur.
„Wenn ich aber bei dir wohne, wirst du es hoffentlich schaffen, selbstständig zu essen."
Er gluckste.
„Vielleicht. Mir gefällt der Gedanke."
„Alleine zu Essen?"
„Dich bei mir zu haben."

Den gesamten Nachmittag hatte ich damit verbracht, bei Aiden zu liegen und seine Nähe, die Ruhe und den Frieden zu geniessen.
Aber immer wieder schlichen sich auch Bedenken in meinen Kopf, denn ausser dem Jungen neben mir lenkte mich noch einiges mehr ab.
Ich hatte versucht, meine Gefühle gegenüber des verletzten Polizisten heraus zu finden, hatte aber festgestellt dass ich kein bisschen Reue spürte.
Nichts, kein schlechtes Gewissen.
Eigentlich hätte mich das Gefühl verfolgen müssen, etwas in das Fleisch eines Lebewesens gestochen zu haben, aber es berührte mich nicht.
Es drang nicht zu mir durch und ich hatte das Gefühl dass etwas mit mir nicht stimmte.
Aber besser so als voller Schuldgefühle mich selbst kaputt zu machen.
Ich hatte auch darüber nachgedacht, wieso Alex Aiden niedergestochen hatte.
Er war betrunken gewesen und er musste sich gedemütigt gefühlt haben. Wegen Aidens Verhalten. Vielleicht war er auch einfach ein Psychopath gewesen, von denen gab es ja genug auf der Welt.
Unterdessen wusste ich nicht mal sicher ob ich nicht auch zu dieser Rubrik gehörte.
Aber am meisten beschäftigte es mich, dass wir zurück mussten.
Einerseits weil je länger wir uns hier aufhielten, desto grösser wurde das Risiko, dass man hinter Aidens falschen Namen kam, und wir in Schwierigkeiten gerieten.
Und zudem konnten wir nicht am hellen Tag raus spazieren, um am Abend wieder mit der Klasse zurück fahren zu können. Und das mussten wir, denn heute Abend war das Ende des zweiten Tages hier und somit mussten wir in der Lage sein, Mr. Jones zuverlässige Schüler zu präsentieren, die pünktlich zur Abfahrt antraten.
Denn am frühen Nachmittag ging es dann bereits zurück in die Bronx.
Jake war später wieder ins Zimmer gekommen, er hatte mich also doch nicht mit Aiden allein lassen wollen. Zum Glück hatte ich dann wieder auf einem Stuhl gesessen.
Man musste ja nicht unnötige Verdächte schüren.
Mein Bruder hatte mir zugestimmt, als ich ihm erzählte, dass wir schleunigst hier raus mussten und ich hatte ihn kurz darauf auf dem Gang telefonieren hören.
Er war schon immer der Typ gewesen der alles organisieren konnte. Nichts war unmöglich für ihn.

Aiden hatte bis in die Nacht hinein geschlafen, Jake hatte sich über die Wachposten des Krankenhauses informiert, während Leonie und ich die Stellung hielten. Keinem war bisher aufgefallen, dass der Junge in diesem Zimmer nicht wirklich so hiess wie eingetragen und dass er vorhatte, ohne für seinen Aufenthalt zu bezahlen heute Abend zu verschwinden.
Nun war es bereits nach Mitternacht. Mit drohten schon fast, die Augenlieder zuzufallen. Aber ich musste wach bleiben und startbereit, denn laut Jake gab es jetzt fünf Minuten lang den Wachwechsel.
So lange wahrscheinlich auch nur, weil Niemand hier damit rechnete, Kriminelle zu beherbergen.
Ich lief voraus, und gab acht, dass uns niemand sah.
Die Möglichkeit dass ein Patient sein Zimmer verliess war nämlich gross, und jede Sichtung könnte unsere "Flucht", gefährden.
Die weissen Gänge standen leer und von dem täglichen Treiben war nichts mehr zu sehen.
Ich hörte bloss das Surren der Klimaanlage und die leisen Schritte auf dem Plastik Boden.
Ab und zu klapperte Metall an den Wänden und es verlieh dem Ganzen einen unangenehmen Nebengeschmack von Desinfektionsmittel.
Ich lief leise, um jedes erdenkliche Geräusch von möglichen Problemen frühzeitig zu erkennen.
Hinter mir wurde Aiden, der die Zähne zusammenbiss, von Jake und Fabio gestützt.
Er konnte Problemlos laufen, aber man sah seinem verbissenen Gesicht an, dass es seiner Schulter nicht all zu gut ging.
Verständlich wenn er erst heute Dort eine kleine Operation gehabt hatte.
Ehrlich gesagt machte ich mir Sorgen darüber, ob es wieder aufreissen würde oder diese Flucht alles schlimmer machte.
Leonie stand hinter ihrem grossen Bruder und Jake behielt den Gang hinter uns im Blick. An der Nachtschwester waren wir bereits vorbei, das war schonmal eine Herausforderung weniger.
Eigentlich würden normale Leute vor Aufregung zittern, aber ich war ruhig.
Alles in mir konzentrierte sich schlicht und einfach auf meine Aufgabe, andere Gedanken liess ich in diesem Moment nicht zu.
Es war einfach, meine Aufgabe. Ich wusste, was ich tun musste, also tat ich es.
Zu viel darüber Nachdenken hätte nur unnötige Panik hervor gebracht.
Ich erreichte die Treppe, die in Schlingen nach unten führte.
Das schwarze, abgerundete Geländer bildete eine Spirale und mein Blick fuhr automatisch daran entlang.
Ich linste bis nach unten, und fluchte leise.
Dort stand ein Wachmann.
Wir hatten den Einsatz verpasst, der Wechsel war bereits vorüber.
Waren wir so lahm gewesen oder hatte Jake schlichtweg etwas falsch einkalkuliert?
Ich sah auf den etwas festeren Mann mit schwarzen Haar hinunter, der die Hand entspannt am Griff seines Gürtels hielt, und leicht nach Links und Rechts wankte.
Er hörte wohl Musik.
Aber sicher nicht laut genug dass wir uns wie in den Filmen an ihm vorbei schleichen konnten.
So ein grosses Risiko ging ich sicherlich nicht ein.
Ich drehte mich um und schüttelt den Kopf.
Jake fluchte leise und gab den Jungs ein Zeichen an zu halten, worauf Aiden schwankend inne hielt und den Kopf schüttelte. Als musste er sich Mühe geben aufmerksam und bei der Sache zu bleiben. Er hatte sich selbst ja auch nicht viel Erholung gegönnt.
Die Wunde platzte hoffentlich nicht wieder auf.
Die Ärzte hatten zwar gesagt, dass die Wunde, neben dem hohen Blutverlust, nicht all zu gefährlich war aber ich wollt dennoch nichts riskieren.
Zu oft war das schon schief gegangen.
Jake lief auf mich zu und zog eine Pistole aus seinem Gürtel.
Sie war nicht gross, doch glänzte metallisch und sah aus, als ob sie schon einige male benutzt worden wäre. Und ich zweifelte nicht daran dass meine Vermutung auch stimmte.
Ich sah meinen grossen Bruder schockiert an und er flüsterte leicht genervt:
"Keine Angst, ich bring ihn doch nicht um. Ich schlage ihn bloss ohnmächtig."
"Na, dass ist ja viel besser."
Zischte ich ihm leise und ironisch zu.
Trotz unseres Gesprächs über Aiden war unser Verhältnis gerade irgendwie angespannt, das spürte ich mit jeder Faser meines Körpers. Ich war ihm sicher dass ihm meine Zuneigung für seinen ehemaligen Feind ganz und gar nicht gefiel. Und das hielt er mir anscheinend vor.
Das gefiel mir gar nicht, denn ich liebte meinen Bruder viel zu sehr um von ihm entfernt sein zu wollen. Selbst wenn es nur eine emotionale Entfernung war.
Er schnaubte und tappte die Treppe hinunter.
Ich beobachtete jeden Schritt mit klopfendem Herzen.
Jetzt wo ich meinen Bruder da unten sah, wo er womöglich in Gefahr geraten konnte, machte sich ein kleines Bisschen Sorge in mir breit.
Als er auf die Letzte Stufe trat, drehte sich der bullige Wachmann um und zückte seinen Knüppel.
"Sir, sie dürfen hier nicht sein, die Besucher hätten bereits das Gebäude verlassen müssen..."
Weiter kam er nicht, denn Jake hielt ihm den Lauf der Pistole an den Kopf.
Ich hätte mehr von einem Mann erwartet, der verletzte Menschen bewachen sollte, doch zu seiner Verteidigung, Jake musste ihn wirklich überrascht haben.
Von wegen ohnmächtig schlagen, mein Bruder improvisierte natürlich wieder.
Aber nicht jeder traute einem Jungen in seinem Alter zu, eine Waffe zu besitzen.
Der Wachmann liess die Waffe fallen und hob gemächlich die Hände, während er Jake starr fixierte, der ihn erbarmungslos von der Treppe weg drängte, sodass er uns aus dem Blickwinkel verlor.
"Kommt."
Ich gab den Anderen hinter mir das Zeichen und tappte die Treppe hinunter.
So leise wie nur möglich balancierten wir uns die Stufen abwärts.
Jedes Mal wenn der Mann sich umdrehen wollte um einen Blick auf uns zu erhaschen, zwang ihn Jake wieder, an die weisse Wand zu starren.
Wir bewegten uns Richtung Eingang und Aiden war bereits daran, über den Parkplatz zu schlurfen.
Ich sah mich zu meinem Bruder um und wollte dass er uns nachkam, der Wachmann würde Aiden in der Dunkelheit nicht mehr ausmachen können.
Doch als Jake uns folgen wollte, nachdem er dem Mann drohend etwas zugeflüstert hatte, schlug ihm der dunkelhaarige Muskelprotz die Waffe aus der Hand und presste ihn, den Knüppel an seinen Hals gelegt, an die weisse Wand. Blitzschnell. Da war sogar Jake zu überrascht um zu reagieren.
Der Wachmann war ausgebildet dafür, die Nerven in bedrohlichen Situationen zu behalten und auf eine falsche Bewegung zu warten. Und Jake war zu unachtsam gewesne.
"Bewegen sie sich nicht." Hörte ich ihn knurren.
Fieberhaft überlegte ich, was ich tun konnte, um meinem Bruder zu helfen.
Er war in der Falle, und jetzt noch die Bullen an den Hals gehetzt zu bekommen konnten wir nicht gebrauchen.
Er hatte Jake gesehen. Aber auch nur Jake. Aber ich befürchtete nicht, dass er viel gegen uns aussagen konnte, schliesslich hatten die Jungs dafür gesorgt dass niemand unserer Spur folgen könnte. Ausserdem waren wir morgen sowieso schon wieder weit weg. Und unsere Namen kannte er ebenfalls nicht.
Wieder spürte ich das kalte Gefühl in mir aufsteigen. Dasselbe wie in dem Moment, als ich diesen Polizisten verletzt hatte. Es kam immer dann zum Vorschein, wenn es um Leben und Tod ging.
Ohne zu zögern schnappte ich mir Aiden' s Pistole aus seiner Jacke, die das Personal zum Glück nicht entdeckt hatte. Ich wusste, dass er eine dabei hatte.
„Jessy was zum Teufel soll das!"
Zischte mir Lucas hinterher. Er winkte mich zurück, doch ich achtete nicht auf ihn und schlich mich von hinten an den Wachmann an.
In Jakes Augen funkelte es siegessicher, als ich den Lauf der Waffe hob und ihn auf den Kopf des stämmigen Mannes in blauer Uniform richtete.
Ich nahm es allerdings nicht wirklich wahr, ich war zu beschäftigt damit das Gefühl ein zu ordnen, welches mich für kurze Zeit so unberechenbar machte.
Es zeigt eine neue Seite an mir, von der ich nicht sicher war, dass sie mir gefiel.
Ich hielt dem Mann den Lauf direkt an den Hinterkopf. Sodass er das kalte Metall spüren konnte.
"Loslassen."
Ich war selbst erstaunt, wie kalt und erbarmungslos ich war. Dabei hätte ich eigentlich am ganzen Körper vor Schiss zittern sollen.
Doch der Mann fing an zu lachen und erwiderte spöttisch.
"Das tun sie nicht." Er musste mir angehört haben, dass ich eine Frau war. Und deswegen unterschätzte er mich wohl. Sowas war meist ein grosser Fehler. Frauen konnten extrem gefährlich sein.
Vor allem dann, wenn sie jemanden beschützten.
"Du hast keine Ahnung was ich tun werde."
Ich entsicherte mit einem metallischen „Klick" die Waffe und legte den Finger an den Abzug.
In dieser Situation würde ich alles, aber auch echt alles tun, dass ich nicht schon wieder von Jake getrennt wurde, geschweige denn, dass er verhaftet wurde. Auch wenn mir vielleicht nicht genau klar war, dass es vielleicht bedeutete, tatsächlich abzudrücken.
Daran dachte ich auch nicht wirklich, aber ich war mir sicher, dass ich weiter gehen würde wenn nötig, als es mir lieb war.
Es war wie ein Käfig, in dem ich sass und der mir verbot, mein warmes Ich wieder zu erlangen, damit ich mich nicht selbst verletzte. Ein Käfig der mich von mir selbst trennte.
Nun hob der Mann langsam die Arme und Jake packte sie, um sie ihm auf den Rücken zu beugen und sperrte ihn in einer Abstellkammer ein. Zuvor schlug er ihn noch bewusstlos. Mit einem gezielten Schlag. Dann hob er seine Waffe vom Boden auf und strich sich über den Hals.
„Wow, kleine Schwester. Das war..."
Was wir nicht bedacht hatten, war dass es wie in jedem öffentlichen Gebäude eine Alarmanlage gab, die der Mann wohl irgendwie aktiviert hatte.
Die Halle wurde just von rotem Licht geflutet und ein ohrenbetäubender Lärm brach aus.
Gehetzt sah ich nach links und rechts, doch die Eingangshalle war leer, und alle Stühle unbesetzt. Gar nicht gut. Das war also aus unserem unauffälligen Manöver geworden.
"Kommt, verschwinden wir!"
Jake zog mich hinter sich her, sodass ich mich schnell in Bewegung setzte und ihm stolpernd folgt.
Die Drehtür drehte sich zu langsam, und ich konnte so meinen verschnellerten Herzschlag sehr genau hören, während ich bloss kleine Schritte machen konnte, was mich beinahe um den Verstand brachte.
Dann bremste ein ziemlich verbeultes und alt aussehendes Cabrio scharf vor der Truppe, die noch unsicher an Ort und Stelle stand. Hastig half Ich Aiden auf den Rücksitz zu steigen.
Dann setzte ich mich zu ihm und bettete seinen Kopf in meinen Schoss, damit er seine Schulte entlasten konnte, was er mit einem schelmischen Grinsen kommentierte.
"Wehe dir."
Sagte ich knapp und er schloss Erschöpft von dem Kraftaufwand die Augen und brummte leise, als ich ihm durch die Haare fuhr.
Immer und immer wieder. Es beruhigte mich, die Finger durch das volle Haar gleiten zu lassen, während wir vom Parkplatz rasten.
Also tat ich das eigentlich mehr für mich als für ihn. Wenn er das wüsste.
Jill, der am Steuer sass drückte das Gaspedal durch und wir brausten davon. Erstaunlich risikowillig für einen Hacker, der sich sonst lieber hinter seinem Computer versteckte. Jake musste das wohl geplant haben.
Mein Bruder hielt die Waffe fest umklammert, wieso wusste ich nicht.
Doch nach einer kurzen Weile, in der ich versuchte Aiden ruhig zu halten, während wir über die unebene Strasse holperten, folgte ich seinem besorgten und gleichzeitig wütenden Blick.
Nun sah auch ich den Grund.
Zwei Streifenwagen verfolgten uns.
Es gab in meinem Leben aber auch nie einen einzigen verfluchten normalen Moment, oder?
Normalerweise hätten wir jetzt in die Bronx abhauen können, wo die Gesetze nicht galten wie im Rest von New York. Wir hätten es den Bullen schwer gemacht, an uns ran zu kommen.
Aber jetzt waren wir auf Long Island, nicht in den Bronx.
Hier lief es etwas anders.
Wir schlängelten uns durch den Nachtverkehr, und überall wo wir durchfuhren folgte ein Hupkonzert und eine Menge Flüche.
Nicht grade unauffällig, so ein rasendes schnelles Auto voller Jugendlicher.
Die Cops verfolgten uns eine Weile.
Die Autos wichen nach einiger Zeit beinahe von alleine aus, sodass wir über die Strasse rasten. Zum zweiten Mal in dieser Woche. Mein Herzschlag passte sich dem Heulen des Motors an.
Doch da Jill ein kleines Wunderkind war, schafften die Beamten es nicht, uns einzuholen.
Doch abhängen liessen sie sich auch nicht.
Schliesslich kurbelte das vordere Fahrzeug die Fenster hinunter.
Es vergingen wenige Sekunden, bevor Jake sich aufrichtete und sich dann nach unten warf.
"Ducken!"
Alarmiert senkte ich meinen Kopf und beugte mich so über Aiden, der das ganze eher locker zu sehen schien.
"Du kannst dich ruhig weiter zu mir runter beugen, Kätzchen. Die Aussicht ist das Geballere auf jeden Fall wert."
Doch mir war nicht nach Spassen zumute, der Sitz über mir gab einen reissenden Laut von sich.
Gerade noch rechtzeitig hatte ich mich unten gehalten, denn eine Kugel flog haarscharf an mir vorbei. Scheisse.
Ich konnte sogar die Luft um mich herum spüren, die vibrierte.
Die Polizisten hatten uns also gefährlich genug eingestuft, um auf uns zu schiessen. Und das obwohl wir nicht als Erste das Feuer eröffnet hatten. Durften sie das dann überhaupt? Aber das war auch egal.
Wir würden uns nicht schnappen lassen, dafür hatten wir bereits zu viel in unserem Leben durchgemacht.
Das hiess für uns nur eins.
Der Kampf war eröffnet.

Wenn ihr verfolgt werden würdet, und ihr etwas angestellt habt, würdet ihr euch ergeben für eine "gerechte" Strafe oder Kämpfen/fliehen um frei zu sein?
Meinungen ab in die Kommis meine treuen Sternchen.
Bis zum nächsten Kapitel
Love you
Angora77

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