Zirkus am Rande der Welt

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Wenn Herzen höher schlagen,
wenn Träume wahr werden,
wenn die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fantasie verschwimmen,
dann wird das Unmögliche möglich:
Im Zirkus am Rande der Welt.

Es ist immer dunkel im Zirkus, ob Tag oder Nacht, Mittag oder Mitternacht.
Schnell noch eine Popcorn-Tüte in die Hand gedrückt, schon überquert man die Schwelle ins Zelt. Weicher Boden unter den Füßen, vielleicht Stroh? Egal, einfach weitergehen. Tapp-tapp-tapp. Man sitzt auf unbequemen Holzkisten; die Spannung steigt, die Laune sinkt. Betrug! Schwindel! Verrat! Manche werfen Popcorn, andere essen es. Hmm, schönes warmes leckeres buttriges Popcorn...

Sekunden dehnen sich aus zu Minuten dehnen sich aus zu Stunden.

Während andere noch im kulinarischen siebten Himmel schwelgen, passiert endlich etwas auf der Bühne. Es wird hell. Aber nur ein bisschen, vereinzelt. Quallen schweben durch die Luft, aber Quallen gehören doch ins Wasser? Aber nein, doch nicht diese Quallen! Sie leuchten, hypnotisieren. Schau, wir sind wirklich. Silbern wie die Sterne. Sie steigen empor, Wunderquallen. Mit offenem Mund folgt man ihren Bewegungen. Hoch, hoch, immer höher und höher! Doch jetzt... Der schwarze Stoff des Zeltes wurde mit Sternen bestückt, silbrig, glänzend und schön. Aber die Quallen...? Schon gut, wispern die Sterne. Alles ist so, wie es sein soll.

Doch mittlerweile ist unten etwas passiert. Ein Käfig steht dort, groß und traumhaft und schrecklich zugleich. Denn wer will schon eingesperrt sein? Unsichtbar für die Augen der Zuschauer liegt mitten im Käfig ein Körnchen. Nein, ein Samen. Es tropft von der Decke, doch niemand weiß warum. Vielleicht weinen die Quallen, ihrer Freiheit beraubt? Das Wasser benetzt die Haare, die Gesichter der Menschen die wie gebannt zum Käfig starren. Was wird passieren? Eine Bewegung, leicht und klein nur, doch sie ist da. Es ist, als würde eine sehr kleine Hand nach oben greifen, um Hilfe betteln auf der Flucht vor etwas Unbekanntem. Aber es ist ein Zweig, eine Pflanze, die beginnt zu wachsen. Hoch hinaus, ein einziger Ast nach oben gestreckt, sich windend wie eine Schlange. Nein, es ist eine Schlange! Die Schuppen, eben noch Rinde gewesen, schimmern in einem matten Braun. Die Schlange windet sich um die Stangen des Käfigs, in nicht nachvollziehbaren Bewegungen. Warum entflieht sie nicht in die Freiheit? Nein, sie fesselt sich selbst, wird ihr eigener Gefangener!

Doch schaut; sie legt ihre Haut ab, behutsam, bis sie den Boden des Käfigs schmückt. Und jetzt, was bewegt sich denn da? Es ist doch nur ein Stück Haut? Eine kleine Schlange bahnt sich ihren Weg hinaus aus der Haut. Und immer mehr folgen, bis der ganze Boden von winzigen Schlangen bedeckt ist.

Die Mutterschlange jedoch löst sich von den Stäben und lässt sich fallen; in dem Moment, in dem sie auf die Menge trifft, verschwindet sie und die kleinen Schlangen mit ihr. Stattdessen sitzt dort eine Frau mit geschlossenen Augen im Schneidersitz. Und nein, was ein Irrtum! Die Haare der Frau sind die kleinen Schlangen und als sie ihren Blick hebt, glühen die Augen in derselben Farbe wie die der Mutterschlange. Sie ist die Mutterschlange...

Denn sie bewegt sich wie sie, verrenkt dich, verbiegt sich, verknotet sich. Schnellschnellschnell. Die einzelnen Kunststücke verschwimmen vor den Augen der Zuschauer, bis sie auf einmal wieder dort sitzt, mit gesenktem Blick, als wäre nichts geschehen, aber das ist es doch? Mit einem feinen Lächeln verwandelt sich die Frau wieder in die Mutterschlange und führt ihre Kinder hinaus, hinaus aus dem Käfig und ab in die Freiheit. Der Stoff des Zeltes senkt sich erst wieder, als die letzte Babyschlange verschwindet.

Das nächste Raunen ertönt, denn wer zur Mitte blickt, sieht die nächste Veränderung: Der Käfig ist noch da, das ja, aber er ist dunkel. Man sieht die einzelnen Stäbe nicht mehr, kann nicht mehr hindurchsehen. Doch dann fliegt der Blick höher und landet auf dem Vogel, der obendrauf sitzt. Er ist flammend rot und die Flügelspitzen brennen. Ein Phönix.

Aber das gibt's doch gar nicht! Doch, hier gibt es alles. Einen Wimpernschlag später landet der Phönix auf dem Boden und beginnt, zu singen. Betörend, verheißungsvoll, in einer Sprache, die niemand versteht. Sie klingt wie Musik. Alte Musik, die alte Geschichten erzählt. Und wie von Zauberhand springt der Käfig, der nun kein Käfig mehr ist, auf und enthüllt zwei wundervoll-bezaubernde Bücherregale, von oben bis unten bestückt mit den kostbarsten Büchern. Er streicht sanft über die Buchrücken, die unter seinen Flügeln Feuer fangen. Aber die Flammen fressen die Bücher nicht auf. Sie respektieren sich gegenseitig, geschriebenes und zerstörendes.

Und der Phönix schnappt sich ein Buch aus dem Regal, es öffnet sich, während der Vogel in der Luft seine Kreise zieht. Blätter fallen heraus und auf die Schöße der Zuschauer; jeder hält am Ende eines in der Hand und auf wundersame Weise scheint es direkt für diese Person verfasst worden sein.

Und so geht es weiter, die Aufführungen gehen fließend ineinander über und eine ist wunderbarer als die andere.

Doch alles findet irgendwann zu einem Ende. Die plötzliche Stille bedrückt das Zelt, dehnt sich aus - Sekunden werden zu Minuten werden zu Stunden, bis der letzte realisiert, dass es vorbei ist. Sanft, aber bestimmt wird man hinausgeleitet; man taumelt vor Staunen und Unglauben.

Denn heute erlebten sie Magie.

•••

Zu dieser Geschichte inspirierten mich zwei Bücher: »Dunkelsprung« von Leonie Swann und »Der Nachtzirkus« von Erin Morgenstern erweckten den Wunsch in mir, einen eigenen zauberhaften Zirkus zu kreieren. Ich hoffe, es ist mir gelungen:)

Zitatvorgabe:
»

Hin und wieder gibt es das. Da tut sich etwas auf, etwas im Universum veranlasst, dass in diesen Stunden, sei es Tags oder Nachts, das Unmögliche möglich wird...«
~ Michael Ende

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