14 - Prost!

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Eigentlich bin ich Kälte und Frost aus der Eishalle gewohnt, doch die Temperaturen, die gerade zwischen Mile und mir herrschen, befinden sich im dreistelligen Minusbereich.

Natürlich ist mir bewusst, dass er auf eine Entschuldigung oder zumindest Rechtfertigung von mir wartet, aber beides kann ich ihm nicht geben. Vielleicht bin ich dumm und feige, doch ich habe keinen blassen Schimmer, was ich sagen soll.

Ich könnte es zwar mit der Wahrheit versuchen, allerdings habe ich zu große Angst davor, Mile mein Herz zu offenbaren. Lieber soll er mich mit Ignoranz strafen, statt sich über mich lustig zu machen.

Seit wir die Notizen-App vor schätzungsweise 20 Minuten verlassen haben, haben wir kein einziges Wort mehr miteinander gewechselt. Mile hat sich sofort im Schneidersitz auf den Boden gesetzt; ungefähr dorthin, wo sich das Gesicht meines sechsjährigen Mini-Ichs befindet; und zweimal laut gepupst.

Wahrscheinlich sollte das eine Anspielung darauf sein, dass er mich scheiße findet.

Aber hey, immerhin beruht das auf Gegenseitigkeit!

Ich seufze und laufe dann vor der schwarzen Leiste mit den vielen Symbolen auf und ab. Nach wie vor zeigt die Uhr 4:15 PM an. Der Akkustand sinkt weiterhin im Minutentakt und hat aktuell nur noch einen Wert von 31%.

Verdammt! Wir können es uns nicht erlauben, untätig herumzusitzen. Andernfalls sind wir für immer in diesem blöden Samsung-Handy gefangen und das möchte ich auf jeden Fall verhindern!

Gerade als der Akkustand auf 30% umspringt, löse ich mich aus meiner Trance und eile mit schnellen Schritten über den unscharfen Untergrund. Den Großteil der Apps haben wir bereits besucht, aber es gibt immer noch genügend Spiele und Anwendungen, die auf uns warten.

In der Hoffnung, dass mir die folgende App dabei helfen wird, die Wogen zwischen Mile und mir zu glätten, bleibe ich vor einer senfgelben Kachel stehen, in der ein Glas und ein Untersetzer zu sehen sind. Wasted steht in schnörkeligen Buchstaben unter dem Logo geschrieben.

Auch wenn Mile und ich weder regelmäßig trinken noch die geborenen Partygänger sind, könnte etwas Alkohol gerade nicht schaden. Trinkspiele sind doch eigentlich immer eine gute Möglichkeit, um die Stimmung aufzulockern, oder?

Ich mache mir gar nicht erst die Mühe, Mile nach seiner Zustimmung zu fragen, und berühre selbstbewusst die gelbe Kachel. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich mich in die fesselnde Dunkelheit fallen lassen kann und schwerelos durch die schwarze Farbe gleite.

Am liebsten würde ich einmal auf Pause drücken, um diesen Zustand einzufrieren, aber leider ist das nicht möglich.

Noch bevor ich das Gedankenkarussell in meinem Kopf stoppen kann, lande ich in einem kleinen Raum ohne Fenster und Türen. Anders als sonst stehe ich auf keinem festen Boden, sondern sitze auf einem bequemen Lederstuhl.

Vor mir befindet sich ein Tisch, auf dem ein Handy liegt. Außerdem stehen dort zwei Gläser, die mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt sind.

Interessant ...

Mein Blick wandert weiter und bleibt an Mile haften. Er hockt gegenüber von mir und beobachtet seine Finger, die mit dem Saum seines Kapuzenpullovers spielen.

Ich wünschte, er würde irgendetwas sagen – selbst eine Beleidigung würde ich dankend annehmen – doch er straft mich lediglich mit Ignoranz. Da ich bezweifele, dass er das unangenehme Schweigen brechen möchte, seufze ich und greife nach dem Smartphone, auf dem ebenfalls die App Wasted geöffnet ist.

Direkt springt mir eine Sicherheitswarnung entgegen: Der Missbrauch von Alkohol ist gesundheitsschädigend. Wenn Ihr fortfahrt, bestätigt Ihr, dass Ihr für eventuelle Konsequenzen, die der Gebrauch von Wasted verursachen kann, selbst verantwortlich seid.

Ich drücke auf Bestätigen und werde zum Startbildschirm weitergeleitet. Dort kann ich die Aufgabenanzahl, den Anlass und die Atmosphäre einstellen. Zudem kann ich bis zu 16 Spieler hinzufügen.

„Oha, guck mal, Mile!", versuche ich, meinen Gegenüber aus der Reserve zu locken, indem ich ihm das Handy unter die Nase halte und auf das Wort Atmosphäre deute. Darunter sind drei verschiedene Kacheln mit drei unterschiedlichen Stimmungen aufgelistet.

Lustig. Intim. Entspannt.

Innerlich rechne ich damit, dass Mile nun einen perversen Spruch von sich gibt, doch leider passiert nichts dergleichen. Nicht mal ein Schmunzeln zupft an seinen Mundwinkeln und ich erkenne auch kein freches Funkeln in seinen blauen Ozeanaugen.

Scheiße! Mile Harrison ist defekt. Meinetwegen.

Wie ich ihn wieder funktionstüchtig bekomme? Keine Ahnung!

Da Mile gerade nicht den Anschein erweckt, als würde er irgendwelche Entscheidungen treffen wollen, nehme ich das Zepter in die Hand und stelle uns das Trinkspiel passend ein.

Aufgabenanzahl: 10.

Anlass: Vorglühen.

Atmosphäre: Lustig.

Bei den Spielern füge ich unsere Spitznamen Honiglocke und Eiskönigin hinzu.

Ganz zum Schluss drücke ich auf den pinken Kreis, der sich am unteren Bildschirmrand befindet, und werde zu der ersten Aufgabe weitergeleitet.

Oh oh, jetzt geht's los!

„Eiskönigin und Honiglocke spielen Katz und Maus. Die Maus trinkt 2 Schlucke, wenn sie gefangen wird", lese ich vor.

Ich möchte Mile fragen, ob er vielleicht weiß, was mit dem Katz-und-Maus-Spiel gemeint ist, allerdings greift er bereits nach seinem Glas und nimmt zwei große Schlucke. Sobald die durchsichtige Flüssigkeit seinen Rachen hinabrinnt, verzieht er sein Gesicht zu einer angeekelten Grimasse.

Eindeutig ein Indiz dafür, dass er Wodka oder Korn getrunken hat. Soweit ich weiß, sind das nämlich die einzigen beiden Alkoholsorten, die er überhaupt nicht mag.

Statt Mile nun eine Predigt darüber zu halten, dass er das Spiel nicht verstanden hat, drücke ich auf den Pfeil unten rechts, der die nächste Aufgabe aufploppen lässt.

„Was war die peinlichste Sache, die Eiskönigin jemals betrunken gemacht hat? Honiglocke muss erraten. Falls falsch, trinkt Honiglocke 2 Schlucke."

Kaum habe ich das letzte Wort laut ausgesprochen, zuckt Mile völlig desinteressiert mit den Schultern. Nur einen Atemzug später setzt er das Glas an seinen Lippen an und trinkt die nächsten Schlucke.

Oh man, so habe ich mir dieses Spiel aber nicht vorgestellt ...

Leider steigen die Temperaturen zwischen uns nicht an, sondern bleiben im dreistelligen Minusbereich. Der einzige Unterschied ist, dass jetzt eine Note Alkohol in der Luft schwebt.

Aus Angst, eine vierte Ziffer heraufzubeschwören, springe ich weiter zu der nächsten Aufgabe. Mit krächzender Stimme lese ich vor: „Möge der Bessere gewinnen! Macht ein lustiges Wetttrinken: Wer kann schneller ein Glas Bier leer trinken? Der Verlierer muss 4 Schlucke trinken."

Ich habe keine Ahnung, wie das möglich ist, aber plötzlich erscheinen zwei gefüllte Bierkrüge auf dem Tisch. Während Mile sofort nach seinem Glas greift, zögere ich kurz.

Ob es wirklich eine gute Idee ist, uns zu betrinken? Wahrscheinlich nicht, aber blöderweise habe ich keinen besseren Plan.

Da hilft nur Eins: Nicht lang schnacken, Kopf in den Nacken!

Als auch ich mein Bierglas in den Händen halte, suche ich vergeblich Miles Blick, bis ich nach einigen Sekunden aufgebe und leise „Los!" murmele.

Synchron führen wir die Gläser zu unseren Mündern und versuchen, so schnell wie möglich das Bier leer zu trinken. Die Flüssigkeit ist kalt, schmeckt bitter und hinterlässt ein pelziges Gefühl auf meiner Zunge.

Warum können wir keinen Wein exen? Der würde zumindest besser schmecken.

Ich habe gerade mal die Hälfte meines Glases geleert, da donnert Mile seinen Krug auf die Tischplatte. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er sich einmal mit dem Handrücken den weißen Schaum von den Lippen wischt und dann rülpst.

„Du Schwein!", entfährt es mir, doch auch dieses Mal ignoriert mich Mile. Als würde ich gar nicht existieren.

Seufzend schiebe ich mein Bierglas zur Seite und greife stattdessen nach dem anderen Glas mit der durchsichtigen Flüssigkeit. Weil ich das Wetttrinken verloren habe, nehme ich vier große Schlucke von dem Korn, der leicht süß, aber gleichzeitig auch scharf und herb schmeckt.

Genauso wie Mile wische ich mir über den Mund, ehe ich zu der nächsten Aufgabe wechsele.

„Eiskönigin, was ist das Peinlichste, was dir auf einer Geburtstagsfeier passiert ist? Honiglocke muss 4 Schlucke trinken, wenn die Antwort unterhaltsam ist."

Puh, das ist eine verdammt gute Frage. Mir sind bestimmt schon mehrere peinliche Sachen passiert, aber so spontan möchte mir nichts einfallen.

Scheinbar interessiert Mile meine Antwort sowieso nicht, denn er greift einfach nach seinem Glas und trinkt vier Schlucke.

Wenn er so weitermacht, ist er der Erste von uns beiden, der betrunken unter dem Tisch liegt.

Ich unterdrücke das Bedürfnis, Mile zu fragen, ob alles in Ordnung ist, und klicke stattdessen auf den Pfeil in der rechten, unteren Ecke, der mich zur nächsten Aufgabe weiterleitet. „Eiskönigin tauscht mit Honiglocke das Getränk und trinkt einen Schluck daraus. Prost!"

Igitt! Ich soll also freiwillig Idioten-Keime zu mir nehmen? Danke, aber nein danke!

Im Gegensatz zu mir hat Mile kein Problem mit der Aufgabe, denn er schnappt sich mein Glas und trinkt einen großen Schluck daraus.

Damit er mich nicht als Spielverderberin bezeichnen kann, tue ich es ihm notgedrungen gleich. Natürlich achte ich beim Trinken darauf, das Glas bloß nicht an derselben Stelle anzusetzen, an der bereits Miles Speichel klebt.

Nachdem ich einen Schluck genommen habe und sich der Korn brennend in meinem Rachen ausbreitet, wechsele ich zu der nächsten Aufgabe. „Eiskönigin imitiert ein Tier und die andere Person muss erraten, welches es ist. Falsche Antwort bedeutet 3 Schlucke!"

Okay, das sollte ein Kinderspiel werden.

Obwohl Mile mich noch immer nicht anschaut, forme ich meine Hände zu Ohren und lege sie an meinem Hinterkopf an. Dann mauze ich möglichst katzenähnlich: „Miau! Miau!"

„Ziege!", sagt Mile voller Selbstbewusstsein.

Ernsthaft? Ich werfe ihm einen bösen Blick zu und trinke drei Schlucke aus meinem Glas. Danach wiederhole ich mich: „Miau! Miau!"

„Schlange?"

„Nein!", gifte ich ihn verärgert an. Ich nehme drei weitere Schlucke von meinem Korn, ehe ich Mile vorwerfe: „Das machst du doch extra! Jeder normale Mensch weiß ganz genau, welches Tier Miau! Miau! macht."

Ohne sein Gesicht zu verziehen, hakt Mile emotionslos nach: „Eine Ratte?"

Ziege ... Schlange ... Ratte ...

Jetzt reicht es mir! Diese unterschwelligen Andeutungen kann er sich sparen!

Ich donnere wütend meine Faust auf den Tisch, sodass der Korn über den Glasrand schwappt und auf die Tischplatte spritzt. Mein Herz überschlägt sich und meine Atmung geht viel zu schnell, als ich Mile frage: „Was zum Teufel ist dein Problem, hm? Ich gebe mir echt große Mühe, dass es nicht komisch zwischen uns ist, aber du machst alles kaputt!"

Es ist das erste Mal seit einer gefühlten Stunde, dass mich Mile anschaut.

Blitze der Verachtung zucken durch seine Iriden und ein stürmisches Gewitter tobt in seinen Pupillen. Da kämpfen gerade so viele verschiedene Emotionen um die Oberhand, dass mir schwindelig wird.

Wut. Enttäuschung. Hoffnung. Sehnsucht. Angst. Geborgenheit.

„Du machst es schon wieder, Elsie", raunt Mile gefährlich leise.

„Hä?", gebe ich einen unintelligenten Laut von mir. „Was meinst du?"

Er schüttelt frustriert den Kopf. „Du stellst mich als Täter dar und dich selbst als Opfer."

Seine Worte treffen mich wie eine Pfeilspitze mitten im Herzen und lassen es in zwei Teile zerbrechen.

Scheiße! Hat Mile vielleicht Recht? Ich habe mich noch immer nicht für unsere Auseinandersetzung in der Notizen-App entschuldigt. Er hat also jeden Grund, sauer auf mich zu sein.

„Ich ... Das stimmt nicht!", lüge ich in meiner Not.

Sofort verdreht Mile seine Augen und schnaubt abfällig.

Mist! Wenn ich möchte, dass er mir verzeiht, muss ich mich nackt machen. Und damit meine ich nicht, meine Klamotten auszuziehen, sondern ihm mein Herz zu offenbaren.

Es kostet mich meinen ganzen Mut und meine ganze Kraft, die folgenden Wörter laut auszusprechen. „Es tut mir leid, Mile", sage ich so aufrichtig, wie es nur möglich ist. „Ich bin eine egoistische Idiotin, die andere Menschen als Teufel darstellt und sich selbst als Engel."

Ein riesiger Kloß bildet sich in meinem Hals und Übelkeit breitet sich in meinem Magen aus.

Ich könnte jetzt ewig lang um den heißen Brei herumreden, aber eigentlich gibt es nur eine einzige Sache, die Mile wissen muss. Und genau diese eine Sache werde ich ihm jetzt sagen. Wohlwissend, dass sie wie eine Bombe einschlagen wird.

„Weißt du, Mile, ich habe dich auch nie richtig gehasst", beginne ich zögerlich, „aber ich habe es versucht."

„Und warum, Elsie?"

Eine Träne, die mit Schwäche und Panik gefüllt ist, kullert über meine Wange.

„Weil ich Angst davor habe, dich noch mehr zu mögen, als ich es ohnehin schon tue!"

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