Kapitel 14 - Neuer Job, alte Gesichter

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Medina

Montag. Es war soweit. Mein erster Arbeitstag als Teamleiterin in der Bank meines Vaters, der 'Deutschen Bank', stand bevor und ich war mehr als aufgeregt, als ich den 185 Meter hohen Sky-Tower betrat. Zwar hatte ich in diesem unverwechselbaren Gebäude schon meine Ausbildung absolviert und kannte das riesige, moderne Innere, als auch einige der Mitarbeiter bereits, doch ich war ein Jahr weg gewesen und sollte nun eine Führungsposition übernehmen, und das spannte mich ziemlich an.

Ich fragte mich, ob die älteren Mitarbeiter meines neuen Teams mich respektieren würden, ohne mein Alter, oder die Tatsache, dass mein Vater der CEO des Unternehmens war, zu verurteilen. Doch auch bei den jüngeren oder gleichaltrigen Teammitgliedern fragte ich mich, ob sie mich respektieren und mir vertrauensvoll gegenüber treten würden.

,,Dieses Vertrauen musst du dir verdienen, Medina'', klang die Stimme meines Vaters in meinen Ohren wieder, und ich wusste, dass er recht hatte. Also zupfte ich auf dem Weg zum Aufzug den schwarzen Blazer meines Damen-Anzugs zurecht und fuhr kurze Zeit später in die vierzigste Etage hinauf. Das Klackern meiner schwarzen High Heels ging in den vielen geschäftlichen Gesprächen, sich immer wieder öffnenden Türen und dem Geklapper von Kaffeetassen unter, als ich das Großraumbüro ansteuerte, in dem mein zukünftiges Team bereits auf mich wartete. Sicherlich hätte ich vor dem Eingang des Büros nochmal gestoppt, um mich zu sammeln und noch ein letztes Mal tief ein- und aus zu atmen, doch die Tür, als auch die Wände waren aus Glas, sodass die vielen anwesenden Personen im Innern der Räumlichkeit mich neugierig musterten, als ich meine vor Nervosität zitternde Hand, auf die kalte Türklinke legte.

Ohne weiter nachzudenken betrat ich den Raum und lächelte charmant, während meine linke Hand fest die Schlaufen meiner Aktentasche umklammerte.

,,Einen schönen guten Morgen'', hallte meine Stimme durch das gigantische Büro, in dem circa zehn Personen saßen, von denen mir manche Gesichter bekannt und andere fremd waren. ,,Mein Name ist Medina Shehu und ich bin eure neue Teamleiterin. Einige von euch kennen mich bereits, da ich hier vor eineinhalb Jahren meine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen habe. Anschließend bin ich für ein Jahr als Au Pair nach England gegangen, nach Manchester, um genau zu sein. Wie ihr sicher wisst, gibt es in Großbritannien keine Höflichkeitsform im Sinne eines 'Sie oder du', weshalb ich gerne ganz einfach mit 'Medina' angesprochen werden möchte und es würde mir sehr entgegenkommen, wenn wir das innerhalb des ganzen Teams so handhaben. Sollte dies für irgendjemanden ein Problem darstellen, könnt ihr später gerne zu mir kommen.''

Einige Angestellten begannen zu nicken, während andere überraschte, als auch interessierte Gesichter machten.

,,Ich habe erstmal nicht vor, etwas an eurem gewohnten Arbeitsalltag zu ändern. Zunächst werde ich mir ein Bild über sämtliche Strukturen machen, als auch über eure Arbeitsweise und das Gruppenklima, weshalb ich möchte, dass ihr jetzt euren gewohnten Tätigkeiten nachkommt, ohne euch von mir stören zu lassen.''

Einige Sekunden verstrichen, in denen die Mitarbeiter nicht ganz sicher waren, ob sie sich nun wirklich an ihre Bildschirme setzen, oder ihre anderen Materialien zusammen suchen sollten, bis ich ihnen auffordernd zunickte und mich kurz darauf an meinem Bürotisch niederließ.

Zwar kannte ich einige Personen meines Teams flüchtig, weil ich ihnen schon in meiner Ausbildungszeit über den Weg gelaufen war, doch zu niemandem hatte ich näheren Kontakt gehabt, was mich sehr erleichterte. Es fühlte sich gut an, jeden einzelnen neu kennenlernen zu können.

Nachdem ich mich in der ersten Stunde durch sämtliche Anträge sowie Finanz- und Urlaubspläne gelesen hatte, erhob ich mich von meinem Bürostuhl und begann damit, jedem meiner Mitarbeiter über die Schulter zu spähen. Ich sagte nichts, sondern beobachtete nur und stellte schnell fest, dass das gesamte Team gut harmonierte und dadurch erfolgreich kommunizierte, die Arbeitsabläufe aber zu langwierig waren. Problembewerkstelligungen wurden beispielsweise unnötig in die Länge gezogen, da sie von zu vielen Teammitgliedern bearbeitet wurden, was zeigte, dass das Team zu viel interagierte. Des weiteren fiel mir auf, dass mit einer veralteten Software gearbeitet wurde, was dafür sprach, dass die interne IT-Abteilung einiges versäumt hatte.

Die Zeit verging wie im Flug, sodass rasch die Mittagspause anbrach. Um meine Mitarbeiter näher kennenzulernen und mich gut integrieren zu können, setzte ich mich in der Cafeteria zu drei von Ihnen an den Tisch. Überrascht sah Annemarie, eine Frau in den Vierzigern, zu mir auf. Ich hatte sie früher schon öfters gesehen. Sie hatte schöne blonde Locken, trug ein ihrem Alter schmeichelndes Make-Up und war ebenfalls in einen Damen-Anzug gekleidet, allerdings in einen Olivgrünen. Ihr gegenüber saß eine junge Frau mit brünetten Haar. Ihren Namen hatte ich mir noch nicht gemerkt. Ich schätzte sie auf Ende zwanzig. Und dann war doch noch ein junger Mann - sein Name war Felix. Er hatte dunkles Haar, blaue Augen und wirkte unglaublich schüchtern, als ich selbstbewusst in die Runde blickte.

,,Das Essen sieht lecker aus. Schmeckt es noch genauso wie vor eineinhalb Jahren, oder gibt es einen neuen Koch?'', fragte ich unbeschwert, biss mir aber einen Moment später beinahe auf die Zunge, als ich von meinem Ratatouille kostete und unweigerlich an Levi denken musste.

,,Es schmeckt noch genauso wie früher'', sagte Annemarie mit einem freundlichen Lächeln. ,,Es ist praktisch, nicht immer in ein Restaurant gehen zu müssen'', witzelte sie und begann ebenfalls von ihrem Teller zu essen.

,,Besonders weil wir Azubis ja noch nicht so viel Geld verdienen ...'', meinte Felix auf sein Essen starrend.

,,Ach komm, ihr verdient alles andere als schlecht'', sagte die junge Frau, deren Namen ich nicht kannte.

,,Noch nicht genug'', meinte Felix, was mich zum Lachen brachte. Es dauerte nicht lange, da erfuhr ich auch den Namen der Brünetten, sie hieß 'Lena' und war eine sehr aufgeweckte junge Frau. Gerade fühlte ich mich richtig wohl in dieser kleinen Runde, da tauchte plötzlich eine große Gestalt in meinem Augenwinkel auf. Völlig unvoreingenommen blickte ich zu der neuen Gesellschaft und verlor für einen kurzen Augenblick die Fassung.

,,Steve'', murmelte ich überrascht, stand langsam von meinem Stuhl auf und sah meinem Ex völlig konfus in seine eisblauen Augen. Überfordert huschte mein Blick über seinen maßgeschneiderten Anzug und das blaue Hemd, das auf seine Iriden abgestimmt zu sein schien.

,,Was ... tust du hier?'', fragte ich mit stockender Stimme. Es ärgerte mich, dass ich es den ganzen bisherigen Tag geschafft hatte, eine charmante und zugleich taffe Managerin abzugeben, bis dieser Narr an meiner Seite auftauchte und dieses sorgsam aufgebaute Bild plötzlich zunichte machte.

,,Wusstest du es nicht? Ich arbeite hier seit einem halben Jahr als Teamleiter des Customer Service, so wie du. Mein Großraumbüro ist direkt neben deinem.'' Ich hatte große Mühe, nicht wütend meine Fäuste zu ballen. Hätte ich das gewusst, hätte ich diesen Posten niemals angenommen, denn das letzte, was ich wollte, war, nun täglich meinem Ex-Freund über den Weg zu laufen. Nicht, dass es mir Gefühlstechnisch etwas ausmachte, schließlich hatten Steve und ich uns einvernehmlich voneinander getrennt. Doch ihn regelmäßig zu Gesicht zu bekommen und womöglich von ihm genervt zu werden, wollte ich nicht. Dafür war mir seine versnobte Art mittlerweile einfach zuwider.

,,Dein Vater war so nett mir unter die Arme zu greifen, sonst hätte ich die Stelle wahrscheinlich niemals bekommen. Aber wem erzähle ich das'', fuhr er fort und unterstrich seine letzten Worte mit einem arroganten Lächeln.

Zornig biss ich die Zähne zusammen. Was sollte das? Wollte er mich etwa vor meinen Mitarbeitern bloßstellen?

Da beugte er sich plötzlich zu meinem Ohr. ,,Du hast doch kein Problem damit, oder?'', hakte er im Flüsterton nach, was mein Blut immer mehr in Wallung brachte.

Mit Mühe rang ich mir ein selbstbewusstes Lächeln ab.

,,Selbstverständlich nicht.''

Gerade wollte ich mich wieder setzen und meinem unwillkommenen Ex zu verstehen geben, dass unser Gespräch nun sein Ende gefunden hatte, da hörte ich jemanden laut meinen Namen rufen.

,,Medina!'', trällerte Fiona, eine alte Kollegin, mit der ich die Ausbildung absolviert hatte. ,,Ich habe mich so gefreut, als ich hörte, dass du zurückkommst'', meinte sie mit ehrlicher Freude in ihrer Stimme. ,,Wie geht es dir?'', redete sie weiter und fiel mir stürmisch in die Arme, bevor sie sich nach einigen Sekunden wieder löste und neben Steve stehen blieb.

,,Gut'', tischte ich ihr eine glatte Lüge auf, als ich daran zurück dachte, wie sehr mich mein heißer One-Night-Stand mit dem verwegenen Koch mitgenommen hatte.

,,Du siehst auch klasse aus! Dein Jahr im Ausland scheint dir wirklich gut getan zu haben'', schmeichelte mir Fiona, wobei ich glaubte, Steves Augen eigenartig aufblitzen zu sehen.

,,Dankeschön'', entgegnete ich höflich und warf unauffällig einen Blick auf die große Cafeteria-Uhr. Die Mittagspause war fast vorbei.

,,Weißt du, ich finde wir sollten deine Rückkehr und deinen neuen Posten als Teamleiterin feiern! Wie wäre es, wenn wir am Freitag alle zusammen ins 'Prestige' gehen und darauf mit einer Flasche Champagner anstoßen?''

,,Ich weiß nicht, ob ich ...'', fing ich an, mir eine Ausrede einfallen zu lassen, doch Steve funkte mir mal wieder dazwischen.

,,Das klingt nach einem fabelhaften Plan! Wir sind doch früher regelmäßig ins 'Prestige' gegangen und hatten immer großen Spaß.''

,,Ich weiß nicht, ob ich am Freitag Zeit habe'', wiederholte ich mich in einem etwas schärferen Ton. ,,Ich lass es euch wissen.''

,,Na gut'', meinte Fiona ein wenig enttäuscht, ''Wir würden uns auf jeden Fall sehr freuen.''

,,Denk nochmal darüber nach'', säuselte Steve und zwinkerte mir zu.

Doch das einzige, woran ich denken konnte, war, meinen Vater zur Rede zu stellen. Warum hatte er mir nicht erzählt, dass er meinem Ex dazu verholfen hatte, denselben Posten wie ich anzutreten?

Ich war stinksauer!

- - -

Gegen Ende meines Arbeitstages, es war siebzehn Uhr, fuhr ich mit dem Aufzug in die vierundvierzigste Etage zum Büro meines Vaters hinauf, da er meistens Überstunden machte und deshalb oft erst spät nach Hause kam. Trotz meiner enormen Wut, klopfte ich an und wartete, bis er mich hinein bat, schließlich konnte er jederzeit in einem wichtigen Gespräch sein.

,,Spätzien! Wie war dein erster Tag als Teamleiterin des Customer Service?'', fragte er interessiert und klappte auf der Stelle sein Macbook zu.

,,Du meinst wohl, als 'eine' Teamleiterin des Customer Service ...''

Gereizt beobachtete ich, wie er seine Stirn runzelte.

,,Seid wann so kleinlich, Liebes?''

,,Seitdem du mir einfach verschweigst, dass du meinen Ex-Freund denselben Posten verschafft hast!''

Nun zog mein Vater seine grau-schwarzen Augenbrauen zusammen.

,,Darum geht es also ... Ich glaubte, du bist über ihn hinweg, weshalb ich mir nichts dabei gedacht habe. Außerdem wusste ich ja nicht, ob du überhaupt zurückkommst, mein Schatz.''

,,Ja, aber spätestens, als du es wusstest, hättest du mir davon erzählen können!''

,,Aber ich wollte nicht, dass du wegen eurer Vergangenheit, diese Chance platzen lässt.''

Aufgebracht verschränkte ich meine Arme vor der Brust.

,,Ich versteh einfach nicht, warum du ihn überhaupt ins Unternehmen geholt hast!''

Mein Vater stand auf, kam auf mich zu, legte mir liebevoll seine Hände auf die Schultern und lächelte mich entschuldigend an.

,,Es tut mir leid, Liebes. Die Stelle musste dringend besetzt werden und er hatte sich beworben und mich auch persönlich aufgesucht.''

,,Als ob es nicht genug andere Bewerber gegeben hätte!'', zischte ich und sah meinen Vater böse an.

,,Doch, aber um ehrlich zu sein, hatte Steve die besten Qualifikationen ... Er besitzt ein ausgezeichnetes Wirtschaftsabi, verfügt über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung als Bürokaufmann und spricht drei Sprachen fließend.''

Ich verdrehte die Augen, konnte es aber meinen Vater nicht länger übel nehmen, schließlich wusste ich, dass er bei allem, was er tat, ans Geschäft dachte. So war er nun mal gestrickt ...

,,Magst du mir nun vielleicht von deinem Tag erzählen, Kleines?''

Ich seufzte, nickte dann aber. Immerhin waren die letzten Stunden, abgesehen von dieser unerwünschten Überraschung, wirklich erfolgreich gewesen.

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