Kapitel 34 - Das Versprechen

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Levi

Leise öffnete ich die Tür zu Amelies Zimmer, Medinas Hand fest in meiner. Ich war so aufgeregt! Bis zu diesem Zeitpunkt hatte mein Püppchen Charlie nur auf Bildern gesehen, doch nun, wo ich es schwarz auf weiß hatte, dass dieser kleine Knirps mein Sohn war, wollte ich alles in meiner Macht stehende dafür tun, dass Medina ihn genauso lieben lernen würde, wie ich. Natürlich musste ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt des Tages Emilia da sein ... Sie saß auf einem Stuhl neben Amelies Bett, während die Neunzehnjährige unseren schlafenden Sohn in ihren Armen hielt. Zuerst fielen die Blicke der jungen Frauen auf mich, da meine Prinzessin noch nicht zu sehen war, doch als Medina aus dem Schatten des Eingangs hervortrat, veränderten sich augenblicklich die entspannten Gesichter der Schwestern. Entsetzen und Unglaube, gefolgt von purem Zorn, sprühten uns entgegen. Ich räusperte mich.

,,Hey'', sagte ich versöhnlich.

,,Was soll das?!'', zischte Amelie sofort. ,,Du weißt genau, dass ich sie nicht hier haben will, Levi!''

Ich schnaubte. Warum war Amelie nur so unreif?

,,Der Vaterschaftstest war positiv", sagte ich und streichelte Medinas Handrücken. ,,Weshalb es an der Zeit wird, dass Medina und Charlie sich kennenlernen.''

,,Natürlich war er positiv!'', mischte sich Emilia ein. ,,Meine Schwester ist schließlich keine Lügnerin!''

,,Und ganz sicher, wird deine Freundin unser Baby nicht kennenlernen! Schließlich wissen wir beide, dass sie nur ein Zeitvertreib ist ... Ich möchte nicht, dass Charlie sich an jemanden gewöhnt, der in wenigen Monaten sowieso wieder verschwunden ist!''

Da lachte Medina verbittert auf.

,,Was ist bitte so witzig?'', fragte Emilia streitlustig.

Ich bekam eine dicke Gänsehaut, als ich in die veilchenblauen Augen meines Püppchens blickte, denn sie sahen irgendwie anders aus als sonst ... Aber was war das? Kälte?

,,Was daran so lustig ist?'', wiederholte Medina, ''Das der echte Zeitvertreib solche Aussagen macht!''

Amelies Gesicht verzerrte sich bei diesen Worten zu einer roten, finsteren Fratze.

,,Ich bin ganz sicher kein Zeitvertreib, sondern die Mutter des Kindes deines 'Partners'! Also sag mir, du arrogante Schlampe, wer hat hier das schlechtere Los gezogen, hm?!''

,,Das reicht!'', rief ich ein wenig zu laut, sodass der Kleine in Amelies Armen zusammen zuckte, jedoch weiter schlief.

,,Das finde ich auch!'', zischte Emilia und sprang von ihrem Stuhl auf. ,,Ich hol jetzt eine Krankenschwester!'' Mit einem gehässigen Grinsen auf dem Gesicht wollte die Blondine an uns vorbeischreiten, doch ich packte sie grob am Arm.

,,Das ist nicht nötig! Wir wollen nur kurz den Kleinen sehen, dann gehen wir wieder!''

,,Lass mich sofort los, Levi, oder du wirst dein Verhalten noch bitter bereuen!'', fauchte Amelies große Schwester.

,,Levi'', flüsterte Medina und zog kaum merklich an meinen Arm. ,,Lass es gut sein.''

Widerwillig ließ ich von Emilia ab, die schnurstracks den Raum verließ. Wütend sah ich zu Amelie hinüber, die Medina und mich bösartig anfunkelte.

,,Verdammt, was soll die Scheiße, Amelie? Ich war die ganze Zeit für dich und Charlie da, mehr als ich in unserer Situation hätte tun müssen! Warum kannst du mir nicht mal entgegenkommen?!''

,,Das tue ich!'', fauchte die Schuhverkäuferin. ,,Du kannst Charlie sehen wann du willst, solange du sie ...'' Abfällig deutete sie mit dem Kopf zu Medina, ''Nicht mitbringst!''

,,Aber das ist doch totaler Bullshit! Es wird noch Monate dauern, bis Charlie ohne dich bei mir sein kann, soll Medina den Kleinen etwa nur auf Bildern und Videos sehen? Wie stellst du dir das vor? Sie ist verdammt nochmal meine Freundin!''

Ich war zu laut gewesen ... Plötzlich regte sich der Kleine, verzog sein Gesichtchen und begann zu weinen. Die Tür hinter uns schlug auf.

,,Was ist hier los?'', rief plötzlich eine Krankenschwester höheren Alters und verschränkte aufgebracht ihre dicklichen Arme vor der Brust. ,,Mir wurde mitgeteilt, dass ihr Besuch hier nicht erwünscht ist!''

,,Nicht erwünscht? Ich bin der Vater dieses Kindes!'', rief ich wütend.

,,Du kannst auch bleiben, Levi, aber sie nicht!'', schluchzte Amelie auf einmal, um ihre Opferrolle noch ein wenig mehr zu unterstreichen.

Die unfreundliche Krankenschwester sah Medina missbilligend an.

,,Ich bitte Sie zu gehen, Frau Hufschmied und ihr Kind müssen keinen Besuch dulden, der nicht gewünscht ist.''

Mit schmerzenden Herzen ruhte mein niedergeschlagener Blick auf Medinas bebender Unterlippe.

,,Ich'', sie schluckte, denn sie kämpfte tapfer mit den Tränen, ''Möchte hier sowieso nicht länger bleiben!'' Dann stürzte meine schwarzhaarige Schönheit los, weg von all den Menschen, die so furchtbar grausam zu ihr waren, obwohl sie ihnen nie etwas getan hatte. Ohne weiter auf die übrigen Frauen im Raum zu achten, rannte ich Medina hinterher. Sie flüchtete in Richtung Fahrstühle, drückte bei einem angekommen, hektisch auf dem runden Knopf herum, und wartete mit tränenden Augen darauf, dass er ankam und sich die Tür öffnen würde.

,,Medina'', flüsterte ich und griff nach ihrer Hand, doch sie zog sie weg. ,,Bitte sieh mich an!''

,,Nein'', wisperte sie und rieb sich unbeholfen die vielen kullernden Salztropfen von den Wangen.

,,Bitte!''

,,Nein'', wiederholte sie und schüttelte verzweifelt ihren Kopf. Da fiel ihr Blick auf die Treppe, ohne auf den Aufzug zu warten, hechtete sie zu den Stufen und sauste sie hinunter - panisch rannte ich ihr hinterher. Ein Dutzend Augenpaare folgten uns, doch das war mir egal. Ich musste Medina unbedingt dazu bringen, mich anzusehen und mit mir zu reden.

In Nullkommanichts hatte sie den Eingangsbereich der Klinik durchquert und trat an die kühle Winterluft hinaus. Wie unsere Stimmung, waren die Wolken dunkel und der Wind rau und unbarmherzig.

,,Medina warte!'', rief ich, beschleunigte und versuchte, mich ihr in den Weg zu stellen, doch sie wich mir aus. ,,Bitte rede mit mir!''

Da blieb sie plötzlich stehen.

,,Über was?'', fragte sie verzweifelt. ,,Darüber, dass du nun Vater bist und Teil einer Familie sein wirst, zu der ich nie dazu gehören werde?''

,,Das stimmt nicht! Du wirst dazu gehören! Du tust es jetzt schon! Kinder werden so schnell groß - es wird nicht lange dauern, da werde ich Amelie kaum noch sehen müssen, um Zeit mit Charlie zu verbringen. Er wird bei uns sein und uns lieben, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher!'', versuchte ich meine Prinzessin zu beruhigen, doch wieder schüttelte sie ihren Kopf.

,,Zeit kann aber auch ganz langsam vergehen und ich schaffe es nicht, monatelang daheim zu sitzen, während du deinen Sohn besuchst und seine egoistische Mutter jedes Mal aufs neue probiert, dich um den Finger zu wickeln ...'' Ich wollte sagen, dass Amelie das niemals schaffen würde, doch Medina schniefte weiter. ,,Die letzten Monate waren die schönsten, die ich je erleben durfte, Levi, aber gleichzeitig waren sie auch die schrecklichsten. Jedes Mal, wenn du bei Amelie warst, ist für mich die Welt untergegangen, jedes Mal, wenn du mit ihr geschrieben oder telefoniert hast, hat die Eifersucht mich von Innen zerfressen ... Und das kann ich einfach nicht mehr ...''

Mein Herz verkrampfte sich in meiner Brust.

,,Ich weiß, mein Schatz und ich verspreche dir weiterhin alles dafür zu tun, dass Amelie dich irgendwann in Charlies Nähe akzeptieren wird.''

So viele Tränen schmückten Medinas Gesicht - ihre Augen waren blutunterlaufen, ihr Make Up verschmiert, ihre gerötete Nase lief, und dennoch war sie für mich das schönste Geschöpf auf Erden. Zitternd stand sie vor mir und sah mich hilflos an.

,,Wir wissen beide, dass Amelie mich niemals an euer Kind heranlassen wird ...''

Meine Atmung ging schneller, denn mir gefiel gar nicht, welche Richtung dieses Gespräch einschlug. Ängstlich griff ich nach Medinas Händen, aus Angst, sie könnte mir jeden Moment entgleiten.

,,Dann werde ich nicht zu ihnen gehen!''

Ungläubig riss meine Prinzessin ihre mandelförmigen Augen auf.

,,Was?'', hauchte sie.

,,Solange Amelie deine Anwesenheit nicht akzeptiert, werde ich nicht zu ihnen gehen! Ich werde warten bis Charlie aus dem Säuglingsalter raus ist und er zu uns kann!''

Sprachlos sah mein Püppchen mich an.

,,Aber ... Das willst du doch nicht ... Du willst doch für dein Kind da sein ...''

,,Ich will dich'', flüsterte ich und hielt ihre kalten Hände fest umschlossen.

,,Nein ... Das kann ich nicht zulassen'', wimmerte sie. ,,Ich weiß, dass du dieses Kind liebst, jetzt schon. Ich habe es die letzten Tage in deinen Augen gesehen - sie haben gefunkelt, wie sie es noch nie zuvor getan haben.''

,,Aber dich liebe ich mehr'', flüsterte ich und verlor eine Träne.

Medina weinte. Sie weinte bitterlich, als sie mein Gesicht in ihre zarten Hände nahm.

,,Und ich liebe dich ... So so sehr!'', ihre Stimme brach. ,,Aber manchmal reicht das nicht ...'' Nun war ich es, der verzweifelt den Kopf schüttelte. ,,Erinnerst du dich noch an unsere Zweisamkeit am See? Als wir auf dem Steg saßen? Da hast du mir ein Versprechen gegeben ...'' Ich verlor eine weitere Träne, denn ich wusste genau, welches Versprechen sie meinte ... Das Versprechen, dass ich sie gehen lassen würde, sollte sie mit meinen Umständen nicht zurechtkommen ... ,,Und dieses Versprechen, fordere ich nun ein.''

,,Nein!'', rief ich und packte ihre Hände so fest, dass es ihr sicherlich weh tat. ,,Tu das nicht! Wir sind doch glücklich! Ich liebe dich, Medina! Nur dich!''

,,Bitte lass mich los'', flüsterte mein Püppchen, ''Ich kann das alles nicht mehr, Levi ... Das mit uns hatte ein Ablaufdatum, das wussten wir beide ...''

,,Ich kann dich nicht gehen lassen!'', brüllte ich - es war eine Mischung aus purer Frustration und unbändiger Wut.

,,Du musst'', wimmerte meine Prinzessin. ,,Bitte halte dein Versprechen! Ich ... ich kann und will nicht mehr mit dir zusammen sein.''

Erst jetzt spürte ich, wie kalt es war ...

Sie wollte nicht mehr mit mir zusammen sein?

Als hätte Medina mir einen heftigen Stromschlag versetzt, ließ ich sie plötzlich los.

,,Es tut mir leid'', wimmerte sie. ,,Es tut mir so leid ...'' Schluchzend drehte sie sich um, und rannte so schnell, wie sie ihre hohen Stiefel tragen konnten, davon.

Und ich ließ sie gehen, während ich wie angewurzelt stehen blieb. Erst als eine feuchte, weiche Schneeflocke auf mein Gesicht hinab fiel, löste ich mich aus meiner Starre, und mir wurde klar, dass ich gerade meine große Liebe verloren hatte.

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