Tattoos, blaue Haare, Ken und die Angst

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng


,,Tim! Kommst du jetzt langsam mal, oder was machst du da oben noch?'', rief meine Mutter von der Treppe aus und ich schmiss schnell irgendeinen Block, der hoffentlich noch nicht vollgeschriebenen oder bekritzelt war, in meinen Rucksack und sprintete daraufhin die Treppen hinunter. 

Im Flur standen nämlich schon all meine Geschwister, welche alle fertig angezogen waren und schon ganz heiß darauf brannten, endlich in die Schule oder in Kindergarten zugehen, um dort ihre ganzen Freunde zusehen und etwas zu lernen. 
So eine Motivation hätte ich auch gerne mal, denn schon seit Jahren lag meine Motivation für die Schule bei minus unendlich. 

,,Chill, Mama. Ist doch noch nicht so spät.'', beruhigte ich meine Mutter lächelnd und sie deutete nur auf die Uhr, die im Flur hing. 
,,Es ist fünf nach sieben - natürlich ist das schon spät!'', tadelte sie mich an und ich verdrehte nur grinsend die Augen. 
,,Für mich aber nicht.'', erwiderte ich nur und sie gab mir einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. 
,,Du bist so ein Idiot manchmal.'' Meine Mutter verdrehte die Augen und ich lachte. 

,,Aber wenn du schon so frech am frühen Morgen bist, dann weiß ich auch schon, was für eine tolle Aufgabe ich dir gebe, sobald du achtzehn bist und deinen Führerschein hast.'' Meine Mutter deutete mit ihren Blicken grinsend zu meinen Geschwistern und nun war ich derjenige, der die Augen wieder verdrehte. 

,,Nein, oder? Als ob ich mit der Truppe jeden Morgen durch halbe Stadt gurken würde.'' Ich zeigte meiner Mutter den Vogel, doch konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. 

Auch wenn ich jeden einzelnen meiner Geschwister über alles liebte und ich auch gerne Zeit mit ihnen verbrachte, waren sie am Morgen für mich unerträglich und ich wünschte mir zu diesem Zeitpunkt nichts sehnlicher, als dass ich doch lieber nur ein Einzelkind geworden wäre. 

Zwar waren sie am Tag noch viel hyperaktiver und redeten dort noch viel mehr ohne Punkt und Komma, weshalb ich mich oft fragte, woher sie die ganze Luft bekamen oder wann sie endlich blau anlaufen würden, weil sie so gesehen eigentlich schon seit länger Zeit nicht mehr atmen sollten.
Aber zu diesem Zeitpunkt war ich wenigstens soweit wach, sodass ich es ertragen konnte und nicht jeden Moment das Bedürfnis dazu hatte, ihre Münder mit Panzertape zu zukleben, nur damit sie wenigstens für eine Millisekunde die Klappte hielten. 

Und dann sollte ich das jeden Morgen mit mir ergehen lassen?   

Ich hielt es ja schon nicht aus, wenn ich mal mit meinem Stiefvater mitfuhr und obwohl ich der Erste war, der ausstieg, war ich dort schon mit Nerven völlig am Ende und wollte für die nächsten Stunden nur noch meine Ruhe haben. 

Und da wollte meine Mutter ausgerechnet mir die Aufgabe geben, dass ich diesen Quatsch Comedy Club jeden Morgen, fünfmal die Woche, zur Schule und zum Kindergarten fuhr?
Ne, da würde ich ja noch viel lieber meine Gang und Ronnys Rumgemeckere ertragen, anstatt diese Truppe, und das musste schon was heißen.  

,,Timi, zieh' dich an!'', riss mich meine Mutter plötzlich aus meinen Gedanken und ich schaute verwirrt zu ihr. 

Sie hielt mir meine Jacke unter die Nase und sah mich bittend an. 
Ich nahm diese immer noch völlig perplex an mich, zog mir diese daraufhin schnell an, gab meiner Mama noch einen zügigen Kuss auf die Wange und ging dann aus dem Haus, wo ich schon sehnsüchtig im Auto von allen erwartet wurde. 
Wie lange war ich denn schon wieder in Gedanken gewesen? 

,,Hast du es auch mal zu uns geschafft.'', sagte mein Stiefvater lachend, als ich eingestiegen war und mich anschnallte. 

,,Sorry, aber Mama hat mir nur gedroht, dass ich, wenn ich achtzehn bin, diese Chaotentruppe jeden Morgen fahren soll.'' Ich deutete vielsagend nach hinten und sah, wie meine Geschwister alle fröhlich meiner Mutter zuwinkten, welche im Türrahmen stand und breit grinsend zurück winkte. 

Meine Mundwinkel zuckten bei diesem Anblick ebenfalls nach oben und ich ließ es mir nicht nehmen, meiner Mama auch noch einmal kurz zu zuwinken. 

,,Gibt schlimmeres. Stell' dir mal vor, du müsstest ganz alte spießige Säcke fahren. Die würden doch gar nicht erst ins Auto steigen, sobald die dein Tattoo sehen.'' Mein Stiefvater zeigte auf mein kleines Tattoo, welches meine rechte Hand zierte. 
,,Als ob.'', lachte ich. 
,,Das ist bei manchen wirklich so, glaub mir.'' 

,,Ist das heutzutage nicht schon längst normal? Heute hat doch eh fast jeder zweite 'n Tattoo oder 'n Piercing.'', fragte ich unglaubwürdig nach und er startete den Wagen.

Zwar war mir bewusst, dass es immer noch solche verklemmten Menschen bei diesem Thema gab, aber dass diese wegen einem kleinen Tattoo nicht irgendwo mitfahren würden, wäre schon ziemlich krass und vor allen Dingen auch ziemlich lächerlich. 

,,Ach, wenn du nur wüsstest. Weißt du, solche Menschen würden sich selbst in 'ner vollen Bahn lieber neben einen betrunkenen Assi setzen, anstatt neben jemanden der vollkommen nüchtern und normal ist, dafür aber volltätowiert und gepierct ist.'', nannte er mir ein Beispiel und richtete seine Augen verständnislos zum dem Straßenverkehr. 

,,Dass das im 21. Jahrhundert überhaupt noch möglich ist, ist schon verdammt lächerlich. Ich mein, auch wenn die meisten aus einer ganz anderen Zeit kommen, wo das vielleicht noch nicht so weit verbreitet war, ist es doch heutzutage was vollkommen normales.'', sagte ich nachdenklich und starrte auf mein Tattoo, welches mir meine Mutter zu meinem sechszehnten Geburtstag geschenkt hatte. 

,,Ach Timi, manche Menschen leben gedanklich halt eben immer noch im Mittelalter. Da kann man leider auch gar nichts dran ändern, so gerne man das auch hätte.'', seufzte mein Stiefvater und ich nickte zustimmend.
,,Aber so sind wir ja ein Glück nicht.'', fügte er noch grinsend hinzu. 

,,Heißt das also, ich darf Randi die Haare blau färben und es macht euch...aua.'' Ich wurde unterbrochen, weil mir jemand gegen den Rücken boxte und ich drehte mich um, um in das wütende Gesicht meiner kleinen Schwester zustarren. 

,,Warum schlägst du mich?'', fragte ich verwirrt und war sichtlich erstaunt davon, wie heftig sie schon für ihre fünf Jahre zuhauen konnte.
Die Jungs im Kindergarten mussten doch Angst vor ihr haben, sobald sie nur ausholte, bei so einem Schlag. 

,,Du willst mir die Haare blau färben!'', erklärte Randi und hielt sich schützend ihren Zopf fest, damit ich ja nicht auf die Idee kam, mir ihre Haare genau jetzt zuschnappen und diese daraufhin zufärben. 
,,Gar nicht!'', verteidigte ich mich. 
,,Natürlich hast du das gesagt! Papa hat es auch gehört, stimmst?'', fragte sie nach und stemmte ihre Hände in die Hüfte, während sie mich wütend anfunkelte. 

Und auch wenn sie gerade total bedrohlich und gefährlich rüberkommen wollte, fand ich sie in diesem Moment zuckersüß und wollte ihr am liebsten in ihren knuffigen Backen kneifen. 

,,Ja, das hat er. Aber Randi Schatz, das meinte Timi natürlich nicht Ernst.'', besänftigte mein Stiefvater meine Schwester, doch sie sah mich weiterhin skeptisch an. 

,,Ich mache wirklich nichts, ich schwöre.'' 
,,Das hast du bei meinen Barbies auch gesagt und dann waren all ihre Haare verbrannt.'', unterstellte mir Randi, zog die Augenbrauen nach oben und ich verdrehte die Augen. Das musste sie mir auch ewig vorhalten, die kleine Maus. 

,,Ich habe dir doch von meinem ganzen Taschengeld neue gekauft und sogar auch den süßen Ken.'', lachte ich und kassierte dafür noch einen weiteren Boxer, aber dieses Mal auf den Arm.
,,Halt den Sabbel.'' 
,,Oh Randi, du bist süß.'' Ich lächelte sie an und ihre Mundwinkel zuckten ebenfalls kurz nach oben, doch sie richtete sie schnell wieder nach unten, weil sie schließlich weiterhin total bedrohlich wirken wollte. 

,,Papa, morgen soll Tim aber nicht mitfahren, der nervt mich.'', beschwerte sich Randi plötzlich und mein Stiefvater zog lachend die Augenbrauen zusammen. 
,,Ach, der nervt dich nicht, der liebt dich nur.'', sagte er grinsend und hielt  an meiner Schule. 

,,Jungs sind doch doof.'', erwiderte sie nur und verschränkte die Arme vor der Brust. 
,,Außer Ken natürlich.'' Ich verkniff mir ein Lachen und bevor ich noch einen weiteren Boxer kassierte, und eventuell noch einen blauen Fleck bekam, stieg ich aus und meine Schwester sah mich vom Fenster aus erbost an. 
Ich schloss lachend die Autotür und tatsächlich betrat ich nach all den Jahren endlich mal wieder mit guter Laune und mit einem Lächeln auf den Lippen, das Schulgelände. 

So schlimm war es ja doch nicht gewesen, mit diesen Chaoten morgens Auto zufahren. Vor allem nicht, wenn ich dabei noch einen kleinen Beef mit meinen Geschwistern anfangen konnte, der eher belustigend als schrecklich war. 

,,Wolbers!'', vernahm ich plötzlich eine Stimme hinter mir und ich drehte mich um, um in das wütende Gesicht von Ronny zublicken. 
Ich schluckte schwer und meine Knie begangen augenblicklich zuzittern, weshalb ich Angst hatte, dass sie jeden Moment einfach so den Geist aufgeben und ich umkippen würde. 
Es gab jetzt sicherlich Ärger, weil ich gestern nicht aufgetaucht war und mich noch nicht einmal bei ihm abgemeldet hatte. 

Was sollte ich ihm denn auch als Ausrede erzählen? Ich konnte doch schlecht sagen, dass ich ausgerechnet mit dem Jungen rum gehängt hatte, den wir alle eigentlich so sehr hassten und verabscheuten. Wenn ich das einfach so sagen würde, dann würde ich doch sofort geköpft werden, darauf konnte ich Gift nehmen. 

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro