Kapitel 21

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Die Worte sind heraus, bevor ich sie zurückhalten kann. Dieses eine Mal will ich nicht klein beigeben. Was auch immer mich geritten hat, ich kann die Wörter nicht wieder zurück in meinen Mund stopfen, auch wenn ich das gerne tun würde.

„Das will ich ja aber gar nicht." Renée sagt es in einem Tonfall, in dem sie einem kleinen Kind erklären würde, dass es ein Spiel nicht beenden kann, indem es das Spielbrett umwirft. „Es ist nicht perfekt, aber Tom ist meiner und er behandelt niemanden so, wie er mich behandelt. Ich bin besonders für ihn und er ist besonders für mich. Du solltest dich da lieber heraushalten, ich glaube nicht, dass es etwas ist, das du verstehen würdest."

Die ganze Zeit, während sie das sagt, hat sich ihr Tonfall nicht verändert, er ist auf einer Lage geblieben, von oben herab und belehrend. Und vielleicht ist das, nur die Frage ihres Tonfalls, der Grund, warum ich nicht still bleibe.

„Warum glaubst du das nicht?"

Kurz herrscht am anderen Ende der Leitung Stille und ich frage mich, ob Renée einfach nur abgelenkt ist oder ob ihr klar geworden ist, was sie gerade gesagt hat. Ich hoffe so sehr, dass es Letzteres ist, dass sie sich gleich entschuldigen wird, weil sie nicht darüber nachgedacht hat, was sie von sich gibt.

„Naja ...", sagt sie aber gedehnt und mir wird sofort klar, dass hier keine Entschuldigung folgen wird. „Nele, hör zu, ich möchte nicht, dass du das jetzt falsch verstehst, aber dein Leben ist nun einmal einfach."

Es ist, als hätte ich einen Schlag in den Magen bekommen, so sehr bleibt mir die Luft weg.

Meph sitzt immer noch auf dem Bett neben mir und er versucht gar nicht so zu tun, als würde er nicht zuhören. Und wenn ich sage, dass dem Teufel höchstpersönlich gerade die Gesichtszüge entgleisten, dann wäre das keine Übertreibung.

Aber ich werde jetzt keinen Rückzug machen. Es scheint der Tag der unangenehmen Konfrontationen zu sein, aber wenn es dieser Tag sein soll, dann ist es nun mal dieser Tag.

„Einfach", echoe ich.

„Du hast keine feste Beziehung, du weißt nicht, wie kompliziert das sein kann", redet Renée weiter. „Deine Noten in der Uni sind immer toll und deine Eltern lieben dich. Du hast einen festen Job. Sonstige Familie, die dir Sorgen bereiten könnte, hast du nicht. Worüber möchtest du dich also beschweren?"

Meph macht eine seltsam wedelnde Geste mit zwei Händen und es dauert einen Augenblick, bis mir klar wird, dass er andeutet, sich ein eigenes Grab zu schaufeln.

„Ich habe eine kleine Schwester", ist das Erste, was ich Renée antworte. „Und ich muss dir auch noch etwas erzählen, was die letzten Tage bei mir –"

„Oh sorry", unterbricht meine beste Freundin mich. „Ich habe versprochen, noch mit dem Hund von unserer Nachbarin auszugehen, weißt du –"

„Der mit der rosa Schleife in den Haaren", sage ich genauso bitter wie automatisch. „Sie nennt ihn Rosie, aber du hast irgendwann mal gehört, dass der Hund eigentlich Rosalie heißt."

„Genau", erwidert Renée, offensichtlich verblüfft. „Jedenfalls –"

„Sag mal Renée." Dieses Mal unterbreche ich sie und ich fühle mich noch nicht einmal sonderlich schlecht dabei. „Bin ich eigentlich deine beste Freundin?"

Schweigen schlägt mir von der anderen Seite der Leitung entgegen und noch nie in meinem Leben ist mir die Stille lauter vorgekommen. Meine Finger verkrampfen sich in Murres Fell und sie steht erbost auf und bringt etwas Abstand zwischen meine gefährlichen Greifer und sich.

Mit einem nervösen Lachen nimmt Renée den Faden wieder auf. „Beste Freundin ist ein bisschen ein Begriff aus der Grundschule, meinst du nicht? Ich bin nicht so der Fan davon, auf alles ein Label kleben zu müssen."

„Kannst du mir verzeihen, wenn ich das anders sehe?" Ein Loch hat sich in mir aufgetan, aber ich bin gerade nur allzu bereit, es mit Bitterkeit zu füllen.

„Was meinst du?"

„Deine Beziehung ist toxisch. Tom behandelt dich wie eine Königin, nur um dich zu ignorieren, bis du zurück zu ihm gehechelt kommst, und er genießt genau dieses Machtspielchen. Aber du bist nicht besser. Du bist manipulativ. Du kannst einen privaten Streit nicht einfach dort lassen, wo er hingehört, und zwar ins Private. Ich weiß nicht, was genau passiert ist, aber du hast ihn höchstwahrscheinlich bei einem wichtigen Termin bloßgestellt. Er scheint das heiß zu finden, aber ich frage mich, wieso er mit so jemandem zusammen bleiben will."

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Meph sieht aus, als hätte er ein winziges kleines bisschen Angst vor mir.

Aber mich durchflutet ein Gefühl der Macht, des Stolzes, des Selbstbewusstsein. Ich werde mir vielleicht wünschen, dass ich das eine oder andere anders gesagt hätte, aber gerade, in diesem Moment, bin ich mir sicher, dass ich mir niemals wünschen werde, ich hätte nichts gesagt, wie ich die ganze Zeit nichts gesagt habe.

„Ich habe eine kleine Schwester", wiederhole ich. „Die es schafft, den Abstand von unseren Eltern einzunehmen, den ich nicht halten kann, weil meine Mutter Multiple Sklerose hat. Wenn ich mein Studium nicht schaffe, werde ich hier nie wegkommen, weil das hier meine einzige Chance ist. Ich darf sie nicht versemmeln. Und deswegen habe ich mir über ein paar Umwege den Teufel als Mitbewohner angelacht und ich wurde von meinem Job gefeuert, weil ich besagtem Teufel ein Glas Eistee ins Gesicht geschüttet habe."
„Du drehst ja völlig durch." Renée scheint ihre Stimme wiedergefunden zu haben. „Was zur Hölle ist denn los mit dir?"

„Irgendwas aus der Hölle muss mich in die Finger bekommen haben", gebe ich zurück und jedes noch so geringe Fitzelchen Unsicherheit ist aus meiner Stimme verschwunden. „Aber soll ich dir sagen, was das Schlimmste an diesen ganzen Verstrickungen ist?"

Ich erhalte keine Antwort, aber das ist mir egal.

„Nichts davon hat sich so schlimm angefühlt wie die Tatsache, von dir jedes einzelne Mal zurückgewiesen zu werden, weil du meintest, mir vermitteln zu müssen, dass ich weniger wert bin als du. Ich kenne den verdammten Namen des Hundes deiner Nachbarin. Du wusstest nicht einmal, dass ich eine Schwester habe. Vielleicht denkst du mal darüber nach."

Ich lege auf.

Meph applaudiert langsam, aber es wirkt tatsächlich nicht sarkastisch, sondern so, als wäre er ernsthaft beeindruckt. „Das war mal ein bühnenreifer Monolog, wenn ich jemals einen gesehen habe", kommentiert er. „Nicht nett, aber wohl so, dass er mal gesagt werden musste."

Aber ich bin noch nicht fertig. Es gibt wenigeNummern, die ich auswendig kenne, aber die von meinen Eltern gehört dazu. MeinVater hebt ab - natürlich, bis meine Mutter sich aus irgendeinem Sessel hochgestemmt hat, ist längst der Anrufbeantworter angesprungen.

„Ja?", meldet er sich und ich kann an seiner Stimme hören, dass er sofort sein kleines blondes Mädchen vor sich sieht, das er großgezogen hat.

„Hi", sage ich etwas atemlos und es fällt mir nicht mehr ganz so leicht, das zu sagen, was gesagt werden muss, aber am Ende bringe ich es über die Lippen. „Ich kann nicht zu euch ziehen. Und ich kann auch nicht immer meinen ganzen Tagesplan an euren anpassen."

Wo waren diese Worte heute Morgen, als ich sie dringend gebraucht hätte? Als ich sie ihnen noch persönlich hätte sagen können anstatt übers Telefon?

„Ihr seid meine Eltern und ich liebe euch", fahre ich sanfter fort. „Aber ich habe auch ein eigenes Leben, das ich voranbringen möchte und muss. Ich werde euch unterstützen, so gut ich kann, aber ... ich werde mich nicht dafür aufgeben."

Ich höre meinen Vater einige tiefe Atemzüge nehmen, bevor er mir antwortet. „Mein kleines Mädchen ist also erwachsen geworden. Ich denke, es war an der Zeit, Nele. Es ist sehr gut, dass du uns das so sagen kannst."

Er ist verletzt, ich höre es an jedem einzelnen seiner Worte, aber er ... wendet sich deswegen nicht ab von mir. Er akzeptiert meine Entscheidung, als wäre sie tatsächlich von einer Erwachsenen getroffen worden.

„Hab einen tollen Abend", sagt er dann. „Mach dir um uns keine Sorgen, wir kommen zurecht. Und wir werden uns bei dir melden."

„Danke, Papa", murmele ich. „Ich hab dich lieb."

„Ich hab dich auch lieb, Nele."

Wieder lege ich auf, aber dieses Mal ist es ein anderes Gefühl. Ich bin überfordert, aber fühle mich gleichzeitig sicher. Wie jemand, der allein auf offener See treibt, aber dann feststellt, dass er ein sicherer Schwimmer ist.

„Das war ... gut", sage ich und mir ist gleichzeitig klar, dass das die Untertreibung des Jahrhunderts ist. Glücklicherweise habe ich mein persönliches Teufelchen auf der Schulter, das bessere Worte findet.

„Das war fan-fucking-tastisch!"

Ein breites Grinsen erobert mein Gesicht. „Lass uns tanzen gehen."


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