Kapitel 20

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Als mein Wecker sein nervtötendes Lied piepst, geht es mir eine ganze Ecke besser. Die Kopfschmerzen sind zurückgewichen und das Gewicht des Steins auf meinen Schultern ist einen Hauch leichter geworden.

Ich bin eindeutig wieder fit genug, um in die Uni zu gehen. Allerdings ist es in meinem Bett gerade wirklich sehr warm, sehr gemütlich und Murre hat sich auf die Art ausgestreckt, die ihre vollständige Kraulbereitschaft signalisiert und die nur alle Jubeljahre vorkommt.

„Heeey." Nach einem kurzen Anklopfen steckt Meph den Kopf durch die Tür. „Wie geht es dir?"

„Viel besser", sage ich, während ich mich ähnlich wie Murre so lang wie möglich mache. „Gib mir zehn Minuten und ich bin ab auf dem Weg in die Uni."

Er nickt und ist schon halb zur Tür heraus, als er noch einmal einen Blick zu mir hineinwirft. „Möchtest du vorher darüber reden, wie es dir wirklich geht? Mit der ganzen Geschichte mit ... Helene und deinen Eltern und ... allem?"

Ja, das möchte ich. Ich weiß gar nicht, wann das letzte Mal war, dass überhaupt jemand so genau danach gefragt hat, wie es mir geht. Ehrlicherweise bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich noch die Möglichkeit habe, meine diesbezüglichen Gefühle in Worte zu fassen.

Aber wenn schon einmal jemand da ist, der wirklich ein ehrliches Interesse an mir zu haben scheint, oder das zumindest überzeugend vorgibt, dann kann ich das ja eigentlich auch ausprobieren.

Ich gehe nicht zur Uni.

Meph kocht uns warmen Kakao in riesigen bauchigen Tassen, von denen ich schon halb vergessen hatte, dass ich sie habe, wir kauern uns auf mein Bett und ich erzähle ihm alles. Vielleicht wird er es irgendwann als Munition gegen mich einsetzen, aber in diesem Moment ist es mir tatsächlich egal.

Es hört mir jemand zu.

Klar, es ist nicht, als hätten wir nicht schon einmal über Dinge geredet, und er wusste auch schon von der Sache mit meiner Mutter, aber das hier ist etwas anderes. Seine Augen verlassen nie mein Gesicht, aber es liegt nichts von dem Hunger darin, den ich zu anderen Gelegenheit zu erahnen geglaubt habe.

Das erste Mal seit Ewigkeiten habe ich das Gefühl, dass da jemand ist, der sich einfach nur für mich interessiert, weil ich ... ich bin. Und dass ich für dieses Interesse nichts weiter sein muss. Es ist ein seltsames Gefühl, das ich so schnell nicht wieder loslassen will. Nur sagen darf ich das Meph natürlich nicht.

„Ich fühle mich so schlecht, dass ich nicht gegangen bin!", teile ich der Decke mit, muss aber kichern, weil es zwar die Wahrheit ist, aber irgendwie auch nicht. Es entspricht überhaupt nicht meiner Natur, ich sollte wirklich in der Uni sein und lernen, aber das hier fühlt sich nach Freiheit an, und zwar von der guten Art.

Mein Handy vibriert und ich werfe einen beiläufigen Blick darauf. Es ist eine Nachricht von Helene: Hi Nele. Tut mir leid, dass ich heute Morgen einfach abgedampft bin. Ich weiß nicht, was genau da bei unseren Eltern wieder los war, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es dich mehr als nur ein bisschen in Anspruch genommen hat. Wie wäre es, wir treffen uns heute Abend im CityCat und gehen tanzen?

„Mitten in der Woche tanzen?", echoe ich und starre auf die Nachricht, als wäre das die eigentliche zentrale Frage aus dem Ganzen.

„Dir ist bewusst, das morgen Feiertag ist, oder?", fragt Meph unschuldig. „Du weißt doch, wie das ist, mit dem Frühjahr und seinen ganzen freien Donnerstagen ..."

Ich weiß theoretisch, wie das ist, aber in den letzten Tagen ist so viel passiert, dass ich es völlig aus dem Blick verloren habe. Eigentlich müsste ich den Tag morgen zum Lernen nutzen – aber andererseits kann ich das auch, wenn ich nur ein klein wenig später anfange.

„Sag mal." Meph hat mir bis dahin semiinteressiert beim Denken zugesehen. „Ist dir eigentlich klar, was gerade passiert? Deine Schwester hat sich entschuldigt und macht jetzt einen Schritt auf dich zu! Du denkst doch nicht ernsthaft darüber nach, nicht mit ihr tanzen zu gehen, oder?"

Ich muss lachen, als der Inhalt seiner Worte endlich zu mir durchdringt. Das ist richtig. Das, was ich mir gestern nur ganz distanziert vorgestellt habe, versucht Helene gerade zur Realität zu machen: dass wir einen Schritt aufeinander zugehen.

„Okay." Ich grinse. „Gehen wir mitten in der Woche tanzen."

Meph richtet sich ruckartig auf. „Hast du gerade ‚wir' gesagt?"

„Hm, ich weiß nicht." Wie in Gegenreaktion zu seiner Bewegung lasse ich mich wieder zurück in meine Kissen fallen. „Wenn du es nicht mehr weißt, bist du wohl doch nicht so gut im Zuhören, wie ich gedacht habe."

In diesem Moment vibriert mein Handy allerdings ein zweites Mal. Ohne zu genau hinzuschauen, hebe ich ab. Wahrscheinlich konnte Helene meine Antwort einfach nicht abwarten.

„Ich komme mit!", plärre ich ins Telefon.

„Was?" Die Stimme am anderen Ende der Leitung ist zutiefst verwirrt. „Wohin mit?"

„Oh", mache ich und prompt schießt mir die Hitze ins Gesicht. „Renée, entschuldige bitte, ich habe nicht richtig auf das Display geschaut."

„Das habe ich gemerkt", ist die kühle Antwort und die Wärme, die sich gerade in mir ausgebreitet hatte, bekommt eine düstere Glocke übergestülpt.

„Wie lief dein Date mit Tom?", frage ich, um die Wogen wieder zu glätten. Außerdem interessiert sich ein sehr großer Teil von mir tatsächlich dafür, wie die Aktion meiner besten Freundin ausgegangen ist, ihren Freund bei einem Geschäftsessen abzulenken.

„Ich finde es sehr schmeichelhaft, dass du es ein Date nennst." Ich kann das Grinsen in Renées Stimme hören. „So hat er es nämlich definitiv nicht wahrgenommen. Aber Nele, lass mich dir sagen, seine Aufmerksamkeit habe ich dieses Mal auf jeden Fall bekommen. Ob das seinem Geschäftsessen zuträglich war, weiß ich nicht."

Sie kichert und eigentlich will ich mitkichern, aber aus irgendeinem Grund bleibt der Laut mir in der Kehle stecken.

„Und konntet ihr danach darüber sprechen?", frage ich stattdessen, um kein unangenehmes Schweigen entstehen zu lassen.

„Nein meine Liebe, danach waren wir mit anderen Dingen beschäftigt." Renée klingt überaus zufrieden mit sich selbst. „Und ich weiß, ich habe mich in letzter Zeit öfter darüber beschwert, dass er mir nicht die Aufmerksamkeit gibt, wie es als mein Freund seine Aufgabe wäre, aber seit gestern ist er ein ab-so-luter Engel."

„Das freut mich für dich." Aber ich weiß jetzt schon, dass diese Zeit auch wieder vorbeigehen wird. Irgendwann wird Tom wie immer feststellen, dass er für den Moment wieder genug von ihr hat, was sie dazu bringen wird, sich für ihn aufzuopfern, bis sie, wie dieses Mal, etwas findet, das ihn daran erinnert, was er an ihr hat.

„Im Moment ist das Leben gut", sagt sie da auch schon und es schimmert mehr als nur ein bisschen durch, wie bewusst sie ihr ist, dass dieser Zustand in der Beziehung, die sie führt, temporär ist, dazu verdammt, ihr durch die Finger zu gleiten.

„Renée, denkst du manchmal darüber nach, was wäre,wenn du dich nach jemand anderem umsehen würdest?"



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