Kapitel 4

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Nach dem Aufstehen lief ich als Erstes ins Bad und nahm eine kühle Dusche, um etwas wacher zu werden. Dass ich gestern Nacht noch einige Zeit wach gelegen hatte, machte sich nun deutlich bemerkbar, denn ich war echt müde. Mittlerweile überwogen jedoch die Aufregung und die Vorfreude auf meinen ersten Schultag, auch wenn das mulmige Gefühl in meinem Magen immer noch nicht komplett verschwunden waren. Ich hoffte einfach, dass ich schnell Anschluss finden würde und Dylan mir den Schulalltag nicht zur Hölle machen würde.


Als ich aus der Dusche stieg und in den Spiegel blickte, sah ich, dass sich der Schlafmangel deutlich in meinem Gesicht abzeichnete. Unter meinen Augen prangten dunkle Ringe, die ich mit Concealer abzudecken versuchte, was mir auch halbwegs gelang. Mehr schminkte ich mich gar nicht. Ich hatte das Glück, besonders lange und dunkle Wimpern zu besitzen, die meine blauen Augen noch größer wirken ließen, weshalb ich eigentlich keine Wimperntusche brauchte und auch meine Haut war weitestgehend von Unreinheiten verschont. Dementsprechend kam ich gut ohne Make-Up klar.


Ich föhnte und bürstete noch schnell meine langen, blonden Haare, da ich keine Zeit mehr hatte, um sie lufttrocknen zu lassen. Als ich fertig war, fielen sie mir in sanften Wellen über die Schultern und ich fuhr mit meinen Fingern vorsichtig durch sie hindurch. Auf meine Haare war ich echt stolz. Seitdem ich ein Kind war, hatte ich mir immer nur die Spitzen schneiden lassen und meine Haare sonst lang wachsen lassen.


Nachdem ich damit fertig war, zog ich mich noch an und lief dann auch schon die Treppe nach unten. Auf der vorletzten Stufe stockte ich jedoch. Aus der Küche ertönte eine hitzige Diskussion und ich konnte die aufgebrachten Stimmen von Dylan und Kate vernehmen. Auch wenn ich wusste, dass ich eigentlich nicht lauschen sollte, blieb ich stehen und hörte zu. Meine Gewissensbisse ignorierte ich einfach.


»Du nimmst Valerie mit zur Schule! Schluss, Aus, Ende!«, kam es wütend von Kate.


Ich hatte sie bisher noch nie schlecht gelaunt erlebt, aber in diesem Moment klang sie echt sauer. Offensichtlich krachte es zwischen Dylan und ihr gerade gewaltig und ich war anscheinend schon wieder der Grund dafür.


»Nein!«, entgegnete Dylan ebenso wütend und ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie seine Augen gerade zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen waren und förmlich Blitze verschossen.


»Dann hat dein Auto dir für die längste Zeit gehört.«


Kate klang ziemlich entschlossen und mir schwante Böses. Sein Auto schien Dylan ganz schön viel zu bedeuten und er würde es sich bestimmt nicht so einfach wegnehmen lassen.


»Das kannst du nicht machen!«, schrie Dylan jetzt schon fast. Er klang immer aufgebrachter.


»Und ob ich das kann«, fauchte Kate zurück und daraufhin blieb es einen Augenblick ruhig.


»Was hast du eigentlich gegen Valerie?«, brach ihre Stimme dann jedoch wieder die Stille.


»Dieses Mädchen treibt mich einfach in den Wahnsinn. Sie ist dumm, kindisch und respektlos, ich will nicht ihr verdammter Babysitter sein!«, knurrte Dylan gedämpft und trotzdem verstand ich jedes Wort. Dabei hätte ich diese Worte lieber nicht gehört, denn sie versetzten mir einen schmerzhaften Stich und ich musste mir hart auf die Lippe beißen, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Fand Dylan mich wirklich so schlimm?


»Ich will keinen Ersatz für sie, niemand kann sie ersetzen! Ich verstehe auch nicht wie Valerie sie für euch ersetzen kann!«, schrie er dann wütend.


Ich stutzte und war für einen kurzen Moment von Dylans verletzenden Worten von eben abgelenkt. Was meinte er damit? Wer war sie und wie kam er darauf, dass ich irgendjemanden ersetzen sollte? Verwirrt runzelte ich die Stirn. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass dieses Familienproblem eindeutig größer war, als es auf den ersten Blick schien.


Kate schnappte daraufhin hörbar nach Luft und wenige Sekunden später stürmte Dylan aus der Küche. Er war unglaublich aufgebracht und sein ganzer Körper bebte nur so vor Wut. Schnell tat ich so, als hätte ich nichts gehört und würde gerade erst die Treppe runterkommen, auch wenn das nur ein verzweifelter Versuch war, die Situation irgendwie noch zu retten. Als ich Dylan auf der Treppe begegnete, rempelte er mich unsanft an und warf mir einen tödlichen Blick zu.


»Dir auch einen schönen guten Morgen«, meinte ich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, dabei kreisten meine Gedanken immer noch um den Konflikt der beiden, der mich ebenfalls aufgewühlt hatte. Das, was ich eben gerade belauscht hatte, war keine kleine Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn gewesen, sondern ein richtig heftiger Streit.


Als ich in die Küche kam, saß Kate dort zusammen-gesunken auf einem Stuhl und machte ein betroffenes Gesicht. Sobald sie mich erblickte, zwang sie sich jedoch wieder zu einem Lächeln.


»Guten Morgen, Süße. Du fährst heute mit Dylan zusammen zur Schule«, sagte sie betont fröhlich, aber trotzdem klang ihre Stimme erschöpft und gequält.


»Guten Morgen«, begrüßte ich sie ebenfalls. »Ich kann auch gerne mit dem Bus fahren, vielleicht lerne ich da ja schon Leute kennen«, schlug ich dann vor.


Es würde meine Überlebenschancen für den heutigen Tag wahrscheinlich deutlich steigern, wenn ich nicht bei Dylan im Auto mitfahren musste. So sehr wie er mich scheinbar hasste, traute ich es ihm auch zu, mich einfach irgendwo im Nirgendwo auszusetzen. Außerdem hallten seine Worte von eben immer noch in meinem Kopf wider und ich war mir nicht sicher, ob ich in Dylans Gegenwart bei der nächsten fiesen Bemerkung einfach in Tränen ausbrechen würde. Und diese Blöße wollte ich mir auf keinen Fall geben.


»Nein, du fährst mit Dylan«, erwiderte Kate bestimmt und ich nickte nur. Nachdem sie sich eben schon mit Dylan gestritten hatte, wollte ich ihr nicht auch noch Probleme machen. So schlimm würde es schon nicht werden, schließlich waren es nur zehn Minuten, die ich zusammen mit Dylan in seinem Auto verbringen müsste - das hoffte ich zumindest inständig.


So kam es auch, dass Dylan und ich uns gemeinsam auf den Weg machten, nachdem ich etwas gegessen hatte. Wir liefen zu seinem Wagen und stiegen ein, dann startete Dylan auch schon den Motor und brauste mit quietschenden Reifen vom Hof. Die ganze Zeit über herrschte eiskaltes Schweigen zwischen uns und ich fühlte mich ziemlich unwohl. Nervös rutschte ich auf meinem Sitz hin und her und blickte aus dem Fenster, um den Jungen neben mir ja nicht ansehen zu müssen.


»Du hast uns erst gehört, oder?«, fragte Dylan plötzlich in die Stille hinein.


Vor Überraschung hätte ich mich beinahe an meiner eigenen Spucke verschluckt, ich hätte echt nicht erwartet, dass er freiwillig ein Gespräch mit mir begann. Höchstens, dass er mich beleidigte, aber nicht, dass er eine ganz normale Frage stellte.


Man musste meine Verwirrung wohl sehr in meinem Gesicht erkennen, denn Dylan musste tatsächlich kurz lächeln. Ich stellte dabei fest, dass er echt ziemlich süß aussah, wenn er nicht immer so grimmig guckte. Er hatte sogar Grübchen.


»Was soll ich gehört haben?«, stellte ich mich auf dumm und wendete meinen Blick wieder von Dylan ab, bevor er noch bemerkte, wie ich ihn anstarrte.


»Das weißt du genau«, erwiderte er ernst. »Also, hast du?«


Ich nickte schwach und machte mich schon darauf gefasst, dass Dylan mich wieder anschreien würde oder wütend werden würde, doch zu meiner erneuten Überraschung geschah nichts dergleichen.


»Du musst dich nicht rechtfertigen«, antwortete Dylan ruhig. Offenbar hatte ihn der Streit eben schon all seine Kraft gekostet, böse zu sein.


Glücklicherweise hielten wir in genau diesem Moment auf dem Parkplatz meiner neuen Schule und ich verließ so schnell wie möglich das Auto, bevor Dylan doch noch zu einem fiesen Schlag ausholen konnte.


Anhand der Hinweisschilder suchte ich nach dem Sekretariat und meldete mich dort an. Ich erhielt meine Stundenpläne und Bücher und ging daraufhin zu dem Raum, in dem mein erstes Fach stattfinden sollte. Erdkunde - eines meiner Lieblingsfächer. Der Unterricht hatte schon vor ein paar Minuten begonnen, als ich den Raum betrat und die gesamte Klasse starrte mir aus neugierigen Augen entgegen.


»Ah, du musst Valerie sein. Herzlich Willkommen«, begrüßte mich mein Erdkundelehrer freundlich. »Stell dich doch bitte kurz vor.«


Ich nickte und versuchte mir meine Aufregung nicht allzu sehr anmerken zu lassen, denn ich mochte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen.


»Hi, mein Name ist Valerie. Ich bin sechzehn Jahre alt und komme aus dem Norden von Deutschland, genauer gesagt aus Hamburg und ich werde das nächste Jahr bei euch verbringen«, erzählte ich, ohne mir sicher zu sein, was in einer Vorstellungsrunde überhaupt von mir erwartet wurde.


Dem Lehrer schien es jedoch zu reichen, denn er nickte und wies mir einen Platz neben einem zierlichen Mädchen mit dunkelbraunen Locken zu.


»Hey«, begrüßte ich sie, während ich meine Sachen vor mir auf dem Tisch auspackte.


»Hi, ich bin Lucy«, stellte sie sich vor und lächelte mir schüchtern entgegen. »Ich finde es voll cool, dass du dich traust, ein Auslandsjahr zu machen. Wie gefällt es dir denn bisher in den USA?«


»Ich hatte die letzten Wochen vor dem Abflug auch ziemlich Angst, aber bisher bereue ich es nicht. Die Staaten gefallen mir echt gut, aber noch habe ich ja gar nicht so viel gesehen«, antwortete ich ihr und erwiderte ihr Lächeln. Das was keine Lüge, auch wenn Dylan mir meinen Start bislang ziemlich erschwerte, gefiel mir das Land an sich ausgesprochen gut.


»Und bei wem wohnst du?«, erkundigte sich Lucy neugierig.


»Bei den Campbells«, erzählte ich ihr.


»Echt?« Lucy schien sehr überrascht zu sein, weshalb ich verwundert die Stirn runzelte.


Was war daran denn so überraschend?


»Ja, wieso?«, wunderte ich mich, doch Lucy antwortete mir nicht auf meine Frage. Stattdessen fragte sie: »Und wie kommst du mit Dylan so klar?«


Ich stieß ein leises Zischen aus - das war für mich ein kritisches Thema.


»Naja, bisher nicht gut«, sagte ich dann und berichtete ihr im Schnelldurchlauf von den Vorfällen. Obwohl ich sie kaum kannte, vertraute ich ihr und hatte das Gefühl, dass wir echt gute Freunde werden könnten.


Lucy guckte mich während meines Berichts nur geschockt und mitleidig an und versuchte mir danach ganz lieb Mut zuzusprechen.


»Das wird schon, bestimmt reißt sich Dylan bald zusammen.«


Ich zuckte nur die Schultern, irgendwie glaubte ich nicht so recht daran.


»Jetzt erzähl mir mal etwas von dir«, forderte ich Lucy stattdessen auf, um das Thema zu wechseln.


Ich erfuhr, dass sie auch sechzehn Jahre alt war, einen großen Bruder hatte, Tiere über alles liebte und sehr gerne Bücher las. Wir hatten echt viele Gemeinsamkeiten und ich mochte sie jetzt schon richtig gerne. Die ganze Stunde unterhielten wir uns noch weiterhin im Flüsterton und verabredeten uns zum gemeinsamen Essen in der Mittagspause, in der wir dann auch Nummern austauschten.


Auch die Kurse ohne Lucy überstand ich gut und unterhielt mich nett mit meinen neuen Mitschülern, sodass ich bei Schulschluss richtig begeistert das Gebäude verließ. Mein erster Schultag war ein voller Erfolg gewesen!


Nun lief ich zurück zum Parkplatz, wo Dylan schon auf mich wartete. Er war jedoch nicht alleine, sondern bei ihm standen Ace und noch zwei weitere Jungen.


»Hi«, begrüßte ich sie und winkte einmal kurz in die Runde, wodurch ich die Aufmerksamkeit aller auf mich zog.


Die beiden mir unbekannten Jungs musterten mich interessiert, während Ace auf mich zukam und mich in eine kurze Umarmung schloss. Vor Überraschung versteifte ich mich kurz unter der Berührung, doch dann erwiderte ich sie und ein warmes Gefühl der Freude breitete sich in mir aus.


»Wir fahren jetzt«, unterbrach uns Dylan schroff, woraufhin Ace mich wieder losließ.


Ich konnte mir nur mühsam ein Augenverdrehen verkneifen, offensichtlich war Dylans fast friedlicher Zustand im Auto auf der Hinfahrt nur eine Ausnahme gewesen und jetzt war alles wieder beim Alten.


Um Dylan nicht noch mehr als nötig zu verärgern, rief ich seinen Freunden noch schnell ein »Tschüss« zu, dann stieg ich ins Auto und kurz darauf brauste Dylan schon los.


Sobald wir den Parkplatz verlassen hatten, blickte er mich grimmig an.


»Hör auf, dich bei meinen Freunden einzuschleimen und such dir gefälligst eigene Freunde«, knurrte Dylan drohend, während er mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit die Hauptstraße entlang raste.


Empört schnappte ich nach Luft. Ich hatte mich kein bisschen bei Dylans Freunden eingeschleimt, sondern war einfach nur höflich gewesen und Ace' Umarmung hatte mich mindestens genauso sehr überrascht wie Dylan. Demnach war dieser Vorwurf einfach nur unfair, aber etwas anderes war ich von Dylan schließlich nicht gewohnt.


»Glaub mir, ich habe es ganz sicher nicht nötig, mich an dich zu kleben, um nicht alleine zu sein. Da hänge ich ja noch lieber mit den Lehrern ab«, erwiderte ich und versuchte dabei, nicht allzu gekränkt zu klingen.


Dylan stieß daraufhin ein abfälliges Lachen aus. »War ja klar, dass du sogar mit den Lehrern abhängen würdest. Aber eines kann ich dir sagen. Niemand mag Streber.«


Wie um mich vor seinem erneuten Angriff zu schützen, verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Ich versuchte, Dylans Worte einfach an mir abprallen zu lassen, aber das war schwerer als gedacht. Er hatte mir heute bereits so viele fiese Dinge an den Kopf geworfen, dass mir mittlerweile einfach die Kraft fehlte, um ihn jedes Mal mit der gleichen Energie zu kontern. Ich würde nichts lieber tun, als einfach einmal eine normale Konversation mit meinem Gastbruder zu führen, doch offensichtlich musste er es jedes Mal darauf anlegen, mich zu beleidigen und mit mir zu streiten.


»Und ich kann dir sagen, dass niemand asoziale Idioten mag, also scheinen wir wohl beide unbeliebt zu sein«, erwiderte ich trotzdem und tat so, als hätte ich das ganz leichthin gesagt, obwohl ich am liebsten einfach nur noch aus diesem Streit entflohen wäre.


Ich nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie Dylan den Mund öffnete, um zum Gegenschlag anzusetzen, weshalb ich mir schnell meine Kopfhörer aus der Tasche meiner Jeansjacke fischte, um ihn nicht mehr hören zu müssen. Dylan sah mich daraufhin einen Moment unentschlossen an - als hätte er mir gerne noch mehr Gemeinheiten entgegen geschleudert, doch dann klappte er den Mund wieder zu und wir verbrachten den Rest der Fahrt in eiskaltem Schweigen.


Als wir endlich auf der Auffahrt hielten, sprang ich so schnell aus dem Auto, dass ich beinahe über meine eigenen Füße gestolpert wäre. Ich wollte einfach nur noch weg von Dylan und mich für den restlichen Tag in meinem Zimmer zu verkriechen, um mit meiner Familie und meinen Freunden in Deutschland zu skypen, die ich in Momenten wie diesem so schrecklich vermisste.



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