Experiment.

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          Eine halbe Stunde später kam Nahem und holte Ana für das Ritual ab. Sie hatte nie laut ihre Entscheidung geäußert und irgendwie wussten die Seelenweberinnen es trotzdem. Wussten sie auch von der Nuss?  Hatten sie es ihr angesehen, in der Sekunde, da sie in ihrem Wohnzimmer aufgetaucht war? 

Ana hatte Schwierigkeiten, keine Schnappatmung zu bekommen, während Nahem sie in schnellen Schritten durch die Gänge und hinaus in den Garten leitete. Magisch. Nicht wahnsinnig. Die Vorstellung war so unbegreiflich, dass sie fast wieder an Wahnsinn grenzte.
Sie würde niemandem davon in ihrer eigenen Welt erzählen können. Das ernüchterte sie wieder ein wenig. 

Aber sie hatte eine Nuss verschwinden lassen. Sie hatte endlich eine mögliche Erklärung. Und die Vorstellung machte ihre Knie so weich, dass sie fast Nahem nicht folgen konnte. Sollte sie Adriel davon erzählen? Erstaunt stellte sie fest, dass sie Adriel davon erzählen wollte. Er musste es erahnt haben. Zweifelsohne wusste er von dem Traumwandeln mancher Träger. Und das Feuer-... er hatte nie angenommen, dass sie verrückt war. 

'Du machst nur mich verrückt.' 
Etwas kleines in Anas Innerem zerbrach bei der Erinnerung. 

Nahem musste sie mit einem Räuspern in die Gegenwart zurückholen. Er sah so ernst drein, als hätte Ana ihren inneren Monolog laut vorgetragen und er hätte sie erst jetzt nach harter Mühe endlich zum Schweigen bekommen. 

Betreten sah Ana auf ihre Füße. Frost bedeckte das morgendliche Gras und tränkte ihre Socken. Der Hinterhof war eingegrenzt durch karge Birken, deren Wispern die Luft erfüllte und die Flocken im Steinzirkel verloren. Sie waren aus einem ähnlichen Grau wie das Haupthaus und warfen weiche Schatten auf den Rasen. Die gesamte Szenerie sah im Morgenlicht unwirklich und verschwommen aus, als hätte jemand mit einem Schwamm die Farben ausgewaschen.

Die kühle Luft fuhr unter das dünne Kleid, das man Ana geliehen hatte und ließ sie frösteln. Sie würde zu Weinachten daheim sein. Sie würde endlich ihre Familie wiedersehen.

Nahem stoppte vor dem Kreis und bedeutete Ana, alleine weiterzugehen. Es war schwierig seine Meinung aus seinem Gesicht zu lesen. Er sah Salem so ähnlich, wie ein Bild von Salem es getan hätte: Bewegungslos. Leer.

Vor ihr war der kleine Steinkreis genauso leer und verlassen. Nicht einmal ein Käfer oder ein Schmetterling verirrte sich hier rein.
„Wo sind die Schwestern?" Die Frage war von Anas Lippen, bevor sie sich einmal um sich selbst gedreht hatte.

„Sie wirken ihre Magie durch die Zeit. Dazu müssen sie nicht präsent sein." Sogar sein Tonfall erinnerte Ana an Salem, wenn er etwas erklärte. Er sah sie lange an, bevor er kehrt machte und sie zwischen den Steinen alleine ließ.

Wusste er, was sie vorhatte? Er hatte gewusst, wann sie bereit für das Ritual war. Aber wusste er auch von Mika'ils Plan? Mit einem Seufzen drehte sie sich noch einmal um ihre eigene Achse, machte einen Schritt nach vorne und krachte in den Rasen. Ungebremst und bewusstlos.

Sie wachte davon auf, dass ihr Kleid einseitig durchgeweicht war und ihr Gesicht sich in den frostigen Boden drückte. Sie hatte Dreck im Ohr und überall an der linken Seite, was nicht ihr Lieblingszustand war.

Was zur Hölle war passiert?

Vorsichtig blinzelte sie, den Kopf immer noch auf Grasnarbenhöhe und sah eine ältere Frau zwischen den Steinen stehen, wo vorhin noch keine gestanden hatte.

Bewegungslos und ähnlich grau wie die Steine um sie herum.

Ana schoss sofort Farbe ins Gesicht. Etwas ungeschickt rappelte sie sich auf und klopfte sich den Dreck aus der Kleidung. Wie lange hatte sie dort gelegen? Hatte man sie beim Schlafen beobachtet? Sie war schon öfter beim Schlafen beobachtet worden. Es war jedes Mal unangenehm gewesen und hatte Dr. Neill keine neuen Einsichten gegeben.
„Ist es... ähm...rum?"

Sie bekam keine Antwort. Die Frau sah sie nicht einmal wirklich an, den Blick auf irgendetwas weiter hinten am Haus gerichtet.

Ana zupfte sich Grashalme aus den Haaren. Sie fühlte sich zumindest nicht anders. Nicht, dass sie wusste, wie sie sich fühlen sollte. 

Auf wackeligen Beinen kam sie zu der Seelenweberin hinüber, die weiterhin unbewegt durch sie hindurch starrte. War sie in Trance? Ana trat noch einen Schritt näher, als vermutlich okay wäre und sah ihr direkt ins Gesicht.

Keine Regung- oder hatte sie vielleicht einen Schlaganfall? Ana biss sich auf die Lippe. Was waren Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Schlaganfall? Notarzt rufen!

...

Den gab es hier aber nicht.

Etwas ungemütlich drehte sie sich, um nachzusehen, ob noch andere Schwestern dem Kreis beiwohnten. Doch es war niemand da außer-... sie selbst? Ana machte einen Satz von der am Boden liegenden Figur weg. Das war sie! In ihrem Kleid!

Den Mund verzogen machte sie einen skeptischen Schritt auf ihren Körper zu und kickte ihn vorsichtig mit der Schuhspitze in die Seite.

Keine Reaktion.

Ohhhkay.

Ihre Arme waren nicht durchsichtig, das hätte sie bemerkt. Aber sie hatte auch keine Fußspuren im Frost hinterlassen. Tatsächlich fiel ihr erst jetzt auf, dass ihr nicht mehr kalt war. Für jemanden, der dort zwischen vereistem Gras gelegen hatte, spürte sie erstaunlich wenig. 

Okay. Sie hatte eine Nuss verschwinden lassen. Das hier war nicht das Merkwürdigste, das ihr heute passiert war. Sie würde einfach... weiter machen. So tun, als wäre das vollkommen normal. Das konnte sie schließlich am allerbesten. 

Anas Blick wanderte von ihrem eigenen Körper zurück zu dem Haus. Konnte sie den Steinhaufen verlassen? Es war definitiv einen Versuch wert. 

Mika'il stand wieder zwischen Kamin und den zwölf verbliebenen Seelenweberinnen, die Arme verschränkt und der Blick grimmig.
„Wie viel war Zufall?"

Die Seelenweberinnen starrten unbewegt zurück. Ihre Roben raschelten und füllten die Stille zwischen ihnen und dem Weltenwandler, der selbst im dunklen Kaminzimmer seinen eigenen Flecken Finsternis erschuf.

„Das ich ausgerechnet sie ausgewählt habe, die schon einmal gereist ist. Und sie zurück in eine Welt bringe, die nicht nur mich kennt, sondern anscheinend auch sie?", fuhr er fort, die Stimme angespannt und knapp.

„Wir hatten eine Vereinbarung", erwiderte die junge Frau ihm direkt gegenüber, die Hände in ihrem Schoß gefaltet, „Du hast sie zu uns zurückgebracht."

„Mit einem der Dämonensteine?" Mika'ils Finger trommelten auf seinem Oberarm, doch alles andere an ihm war vollkommen ruhig, umrissen von dem orangenen Licht des Feuers.

„Korrekt", sagte eine andere Seelenweberin. Obwohl sie jung war, trug sie dasselbe weiße Haar wie Ana unter einem durchsichtigen schwarzen Tuch, „Einer der Steine wurde uns von der Jägergilde gestohlen, einer brachte dich in Anas Welt und einen veränderten wir zu einer Art Schlüssel, damit du ihn in der anderen Welt noch nutzen konntest."

Mika'il blinzelte nicht. Den dritten Stein hatten sie inzwischen zurückgestohlen und er zweifelte keine Sekunde an der Richtigkeit ihrer Worte. Aber er hörte noch etwas anderes heraus. Etwas, was vollkommen neue Information war. 
"Ich hatte bereits keinen Schlüssel mehr, als ich diese Welt verlassen wollte?"

„Er wurde zerstört, als du den Usurpator aufgesucht hast."

Sein Blick wurde tödlich. Das Trommeln seiner Finger ebbte ab und stattdessen packte er seinen eigenen Oberarm. Er konnte sich nicht daran erinnern. Warum konnte er sich nicht daran erinnern?
„Was ist damals passiert?"

Eisiges Schweigen antwortete ihm. Er konnte nicht einschätzen, ob sie es ihm nicht sagen konnten oder wollten. Ob es gegen ihren eigenen Plan ging, wenn er zu viel über die Geschehnisse seines letzten Lebens wusste. 

„Ich war noch nie politisch motiviert, noch habe ich einen Helferkomplex. Was kann damals also bitte passiert sein, dass ich einen Usurpator umgebracht, meinen Schlüssel zerstört habe und einen Deal mit euch eingegangen bin?" Er sprach heftiger als er gewollt hatte und seine Worte hallten noch für viele Herzschläge in der Stille wider, die ihnen folgte.

Schließlich, zögerlich, sprach die Seelenweberin in der Mitte.
„Du wolltest den Usurpator nie umbringen."

Mika'il brach seinen Blickkontakt nicht. Etwas hallte in ihm wieder. Wie eine weggesperrte Erinnerung, die bei diesen Worten den Kopf hob. Er starrte die Frauen an, als könne er die Worte aus ihnen herauslesen. Seine Zähne malten unter der Anstrengung nicht lauter zu werden. Er hatte den Usurpator nicht umgebracht. 
"Warum habe ich ihn dann aufgesucht?"

Die Frauen starrten zurück, von ihren Stühlen herab, eine jede von ihnen Richterin und Henker. Er spürte, als ihr Urteil fiel, wie eine Schranke. Dieses Mal war es eine Frau ganz rechts. 
"Du wolltest ihn warnen. Vor dem zweiköpfigen Drachen, der ein weiteres Auge geöffnet hat." 

Eine weitere erhob sich von ihrem Stuhl, jetzt deutlich sicherer, als hätten sie einen Pfad gewählt, den sie nur noch bis zum Ende gehen konnten. 
"Es ist ein uralter finsterer Orakelspruch, von einem Siegel, das langsam gebrochen wird. Kaïa war bei seiner Erschaffung dabei. Sie war es, die dir davon erzählte, als die Broschen ihre Augen öffneten und ihr wolltet es aufhalten." 

Mika'il blinzelte. Kaïa hatte ihn vorher schon gekannt? Er hatte versucht jemanden zu warnen? Jede Information in seinem Kopf wurde wie Treibsand von einer düsteren Vorahnung verschlungen. In ihn hinein gesogen. 

Die Seelenweberinnen sprachen so sanft weiter, als wäre er nur ein kleines Kind vor ihnen. 
"Niemand weiß, was damals im Palast geschah. Wir kennen nur das Ende. Ein Mann ist tot und ihr beide seit auf der Flucht. Verzweifelt, aus diesem Land zu verschwinden."

Weil sie versagt haben mussten. Die Erkenntnis schmeckte so bitter, als Mika'il sie mühsam herunterschlucken musste. Er wollte nicht fragen. Wollte nicht, dass sich die Dunkelheit in ihm weiter ausbreitete. Aber er musste es wissen. 
"Was genau besagt diese Prophezeiung?" 

"Das weiß niemand mehr." Die Frau in der Mitte faltete ihre Hände und gab das Wort an ihre Nebensitzerin weiter. "Wir sehen nur seinen Schatten auf dem Schicksal unseres Landes. Und auf deinem."

Der Nachsatz hatte so beiläufig geklungen, dass er fast an Mika'il vorbei geschlüpft wäre. Doch sein Hall traf ihn wie einen Blitzschlag. Jeder Muskel verspannte sich, lähmte seine Gedanken und stoppte seine Atmung. 

"Deine eigene Prophezeiung folgte kurz darauf", nacheinander stand jede einzelne Seelenweberin auf, um im Chor zu sprechen, "Das Ende des Weltenwandlers wird eingeläutet durch den Dank eines Feindes, den Handschlag einer Kreuzung und den-..."

"Stopp."
Mika'il hatte nicht laut gesprochen. Beide Hände gegen seine Schläfen gepresst, versuchte er seine eigenen Gedanken zu stoppen. Das Ende. Er hasste Orakel. Er hasste, dass er keinen Schlaf finden würde. Der Dank eines Feindes. Der Handschlag einer Kreuzung. Welcher Feind? Er hatte einige. Und keiner von ihnen hatte sich jemals bei ihm bedankt. 

Die Seelenweberin in der Mitte erriet seine Gedanken.
„Du kannst es nicht aufhalten."

„Es muss auch nicht wahr werden", presste Mika'il hervor, „Orakel sind Hochstapler. Prophezeiungen genauso sicher wie Telemarketing." Aber die Worte waren selbstbewusster als er sich fühlte. Nur dieses winzige nagende Sandkorn an Zweifel in seinem Kopf. Er musste damals daran geglaubt haben, wenn er Adriels Vater vor dem zweiköpfigen Drachen hatte warnen wollen. 

„Du solltest sie ernst nehmen", pflichtete die mittlere Weberin seinen Gedanken bei „Ana war unser Versuch, die Konsequenzen des Drachen abzuwenden. Jemand, dem das Schicksal des Landes ins Blut gewebt wurde."

„Ihr klingt, als wäre sie ein gescheitertes Experiment." Mika'il packte so viel Abneigung in seine Worte, dass er sich nicht gewundert hätte, wenn sie wie Säure Löcher in die Frauen gebrannt hätten.

„Eines von vielen", widersprach die Frau ihm gegenüber flach, „Gestohlen von ihrem Vater und nun beinahe unbrauchbar."

Unbrauchbar. Das Wort echote in Mika'il zu lange wieder, stieß gegen alte Erinnerungen, die ihn von innen heraus schnitten. Unbrauchbar. Nutzlos. Monster.
Er bemerkte nie, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. Der Ort weckte zu viele Erinnerungen, ließ sie gegen einen sorgfältig gebauten Damm drücken, der nicht brechen durfte. ‚Das Ende...'

Sie beobachteten ihn, beobachteten, was in seinem Kopf vorging. Aber da war kein Mitleid. Alle Seelenweberinnen erhoben sich gleichzeitig.
„Sie ist nicht verloren, wie du. Sie könnte immer noch Erfolg haben."

Mika'ils Nackenhaare stellten sich auf. ‚Du bist verloren, Mika'il.' Die Stimme seiner Mutter war so klar in seinen Ohren, dass er sich beinahe umgedreht hätte.
Seine Arme schmerzten, als er sie sinken ließ. ‚All deine Eskapaden werden dich nicht nach Hause bringen.' Seine Hand presste sich flach auf seine Brust, wo er glaubte, zerrissen zu werden. Keuchend presste er heraus.: „Sie schuldet weder euch noch eurem dämlichen Orakel irgendetwas. Ihr hattet kein Recht, sie aus ihrer Welt hierher zu zerren."

„Sie ist die Einzige ihrer Art. Sie hat eine Aufgabe. Verpflichtungen."

‚Du hast Verpflichtungen, Mika'il!" Die donnernde Stimme seines Vaters ließ ihn beinahe in die Knie gehen. ‚Du bist eine Enttäuschung.' Ein dumpfer Schmerzlaut kämpfte sich aus Mika'il heraus, während dieser starr zur Wand über den Köpfen der Seelenweberinnen blickte. ‚Das Ende...'

Er wusste, dass sie es waren. Dass sie ihre Worte mit Absicht wählten. Aber die Erinnerungen rissen Löcher in seinen Damm und es kostete ihn mehr und mehr Kraft, sich über Wasser zu halten.

Seine Zähne knirschten bei dem Versuch, nur einige Worte herauszulassen, die ihm durch den Kopf gingen.
„Sie hatte Glück, dass sie nicht bei euch aufgewachsen ist", er spuckte ihnen die Worte vor die Füße, gerade noch rechtzeitig, bevor sich mehr Bilder vor ihm materialisierten. Bilder seiner Mutter, das Kleid auf dem steinernen Boden ausgebreitet wie eine Pfütze, genau dort wo sie kniete. Ihre ausgestreckte Hand, ehe das Bild schmolz.

Die hastigen Schritte seines Vaters. Stiefel auf Marmor. Doch er kam nie ins Bild. Kam nie rechtzeitig.
Mika'ils Kiefer malte. Er wollte etwas werfen. Wollte etwas zerreißen, wie es ihn zerriss. ‚Das Ende...' Die Worte echoten in ihm wieder.
„Gebt mir meinen Lohn und ich verschwinde." Noch bevor er den Satz ausgesprochen hatte, spürte er einen Puls in seiner geballten Faust.

Warm und vertraut. Es verscheuchte die Bilder. Vertrieb die Stimmen der Erinnerungen, bis nichts mehr zurückblieb als das muffige Kaminzimmer.

Als er seine Finger öffnete lag darin ein kleiner silbriger Stein, dessen Licht sein Gesicht erhellte. Ein Dämonenstein. Er wollte ihn nach ihnen werfen. Das Haus um sie herum niederreißen. Er wollte brüllen, bis das Feuer in seinen Adern endlich nicht mehr glomm. Aber all das tat er nicht. Mit bebender Kontrolle verzog er den Mund und sah wieder zu den Frauen auf.

„Zerbrich ihn nicht. Seine Scherben würden dich nur menschlich machen. Kaïa kann dir helfen. Such sie im Norden des Landes. Du wirst sie schnell finden."

Mika'il schloss seine Hand wieder zur Faust und machte ohne ein weiteres Wort kehrt. Bevor er seine Meinung änderte. Bevor er mit Blut an den Händen ging, das keinen Dämonenstein benötigte.

Das Vibrieren der zugeworfenen Tür ging durch Ana hindurch wie ein Donnergrollen. Erstarrt stand sie im Zimmer der Seelenweberinnen, die Tränenverschleierten Augen blind ins Nichts gerichtet.
Ein Experiment. Nicht mehr und nicht weniger. Ein gescheitertes Experiment.

Die Tränen rannen über ihre Wangen. Sie hatte sich in ihrem Leben damit abgefunden, dass ihre Eltern sie anscheinend nicht gewollt hatten. Judy und Marcus hatten diesen Platz eingenommen und geheilt. Doch das hier war schlimmer. Ein Experiment, kreiert, um den Willen jemand anderen zu erfüllen. Einen Mord.

Ruckartig fuhr sie zu der Tür herum. Er durfte nicht gehen! Nicht ohne sie! Er hatte es ihr versprochen. Ihre Hand riss die Tür auf, Mika'ils Namen auf den Lippen, doch statt den Gang dahinter zu sehen, sah sie Grashalme.

Sie war zurück in ihrem Körper, für mehrere Herzschläge unfähig sich zu bewegen. Etwas hatte sich in ihrer Brust aufgetan und lähmte sie, bis Nahems Schuhspitzen in ihr Sichtfeld traten. Mika'il durfte nicht ohne sie gehen. Er durfte sie nicht in dieser Welt zurücklassen.

Nahem streckte seine Hand zu ihr herunter, doch da war Ana bereits auf den Beinen. „Mika'il...", sein Name war mehr ein Keuchen als ein gesprochenes Wort. Schwindel packte sie und Nahem musste sie festhalten, damit sie nicht in die Knie ging.
„Das Band..." Adriel. Alles war unzusammenhängend.

„Du musst dich ausruhen", sagte Nahem, seine Finger auf ihrem Ellenbogen, „Du teilst vielleicht nicht mehr dieselben Verletzungen wie Prinz Adriel und er kann dich nicht mehr orten. Aber deine Seele wurde von seiner getrennt. Das ist für viele ein Trauma-..."

„Ich habe keine Zeit. Ich muss-..." Anas Atem reichte nicht für das Ende des Satzes. Sie musste Mika'il finden. Panik riss ihren Puls mit sich fort. Sie durfte nicht wieder hier festsitzen. Nicht, nachdem die Seelenweberinnen ihren Teil der Vereinbarung eingehalten hatten. Sie konnte Adriel nicht umbringen. Sie schluckte trocken.
„Wo ist Mika'il?"

Nahem runzelte die Stirn.
„Der Weltenwandler ist abgereist." Er wollte sie bereits zum Haupthaus führen, doch Ana zog ihm ihren Arm weg.

Nein, das durfte nicht sein. Er hatte es ihr versprochen. Er hatte sie retten wollen.
„Ich muss ihm hinterher." 

"Das würde ich nicht gleich machen. Usurpator Kellen hat ein Kopfgeld auf seinen eigenen Bruder ausgesetzt für deine Freilassung und rebellische Handlungen. Da draußen herrscht Chao-..."

"Ich muss zu Mika'il." Flehend sah sie zu Nahem auf. Sie gab ihm keine weitere Erklärung und zu ihrer Überraschung forderte Nahem auch keine ein.

Stattdessen starrte er sie für mehrere schmerzhafte Sekunden einfach nur an. Er trug eine nüchterne Maske als studiere er ein Insekt. Doch sein linkes Augenlid zuckte. Einmal. Dann noch einmal. Schließlich wandte er den Blick ab. Sah sich um, ehe er sich zu ihr herunter beugte, seine Hand um ihren Oberarm gelegt.
„Versprichst du mir, meinen Bruder von seiner Suche abzubringen?" Er sprach hastig, als fürchte er, dass seine Worte belauscht werden könnten.

Ana sah sich nicht um. Stattdessen hielt sie seinen Blick, ihr Puls in ihrer Kehle.
„Soll ich ihm eine letzte Nachricht von seinem Bruder ausrichten?"

Nahem schluckte. Sein Griff wurde schwächer und er brauchte mehrere Sekunden, ehe er etwas aus seiner Hosentasche zog. Es war silbrig und viel kleiner, als sie es sich vorgestellt hätte.
Auffordernd hielt er ihr einen Dolch hin.
„Halte dich von dem Prinzen fern, wenn du nicht seinen Platz am Galgen teilen willst", er drückte Ana den Dolch förmlich in die Hände. Dann packte er ihre andere Hand und zog sie hinter sich her weg vom Haupthaus.

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"Nichts, was ich zu ihm sagen könnte, würde irgendwas in Ordnung bringen." - Nahem. 

"Du könntest trotzdem netter sein." - Ana. 

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