Chapter 25

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Als ich zum ersten Mal wieder etwas von der Welt wahrnahm, war es hell und der Regen hatte aufgehört gegen die Scheiben zu prasseln. Alec und ich waren nach unseren nächtlichen Aktivitäten im Wohnzimmer in sein Schlafzimmer umgezogen und mussten dort eingepennt sein. Ein Blick auf sein Handy, das auf dem Nachttisch lag, zeigte mir, dass wir bereits zehn Uhr morgens hatten. Es verwunderte mich, dass Alec, der sonst immer in einer Herrgottsfrühe auf den Beinen war, so lange schlief. Allerdings hatten auch ihn die letzten Wochen mitgenommen, das war mir letzte Nacht nicht entgangen.

Ich musste dringend nach Hause fahren, wenn ich meine Mutter unterstützen wollte. Auch wenn das bedeutete, dass ich den wunderbarsten Mann der Welt erneut verlassen musste.

„Hey, Baby", unterbrach eine träge Stimme meine Gedankengänge. Ich drehte mich im Bett, sodass ich ihm gegenüber lag. Auf seinem Gesicht ruhte ein entspanntes Lächeln.

„Guten Morgen", murmelte ich und strich mit meinem Zeigefinger über seinen Unterarm. Gänsehaut breitete sich an den Stellen, an denen ich ihn berührte, aus. Ich räusperte mich.

„Ich sollte gehen. Meine Mutter und Liza brauchen mich." Ich schaute ihn nicht an.

„Ich weiß", murmelte Alec. Verwundert sah ich auf.

„Deine Familie hat Vorrang, das verstehe ich." Das Lächeln auf seinem Gesicht schien an Strahlkraft verloren zu haben.

„Möchtest du ... möchtest du vielleicht mitkommen? Deine Mutter besuchen?", fragte ich, in dem verzweifelten Versuch, unseren erneuten Abschied so lange wie möglich hinauszuzögern. Traurig lächelnd schaute er mich an.

„Du weißt, ich kann nicht. Solange du nicht mit mir zusammen sein kannst, kann ich dich nicht so unterstützen, wie wir beide es eigentlich brauchen."

Ich schluckte. Trotz dass mir seine Antwort eigentlich schon längst klar war, taten die Worte laut ausgesprochen erstaunlich weh.

„Es tut mir leid", wisperte ich. Alec erwiderte nichts und starrte an mir vorbei, was noch viel mehr wehtat, als die vorherigen Worte. Diesmal würde er mir nicht verzeihen.

Fünf Tag später fand die Beerdigung meines Vaters statt. Es war das erste Mal nach seinem Tod, dass Mom einen Schritt vor die Tür wagte. Davor war ich ihr nur begegnet, wenn sie einen Abstecher ins Bad machte. Das Essen hatte ich ihr ins Zimmer gebracht, trotz ihrer Verweigerung, auch nur einen Bissen zu sich zu nehmen. Ich selbst war ebenfalls nicht sonderlich hungrig. Aber ich riss mich zusammen, um als gutes Beispiel für Liza voranzugehen. Die letzten Tage war sie von der Elementary School, die sie besuchte, befreit worden. Jetzt stand sie in einem schwarzen Kleid und Lackschuhen in derselben Farbe vor mir; die Haare hatte ich ihr in größter Mühe und Not zu einem Zopf zusammengebunden. Sie in etwas anderem als pinken Tutus und glitzernden Strumpfhosen zu sehen, war erschreckend und verursachte einen Stich in meiner Brust.

„Hast du alles, Mom?", wandte ich mich an meine Mutter. Schon seit mehreren Minuten stand sie regungslos im Flur, den Blick auf die Lederschuhe meines Vaters gerichtet, die auf dem obersten Brett des Schuhschranks standen. Ich hätte niemals erwartet, sie – die unterkühlteste, zugeknöpfteste Person, die ich kannte – je so zu sehen. Seit Dad uns verlassen hatte, erkannte ich sie nicht wieder. Sie war eine gebrochene Frau.

„Wie bitte? Ja. Ja, ich habe alles." Mit einem letzten verwirrten Blick auf den Schrank, wandte sie sich mir und Elizabeth, die meine Hand fest umklammert hielt, zu. „Wir können los", sagte sie und lief vor uns zur Tür hinaus, auf das Auto zu.

Wir brauchten nicht lange zu fahren, da erreichten wir die Kirche, die mir aus meiner Kindheit so vertraut war. Es waren viele Menschen, die sich von Dad verabschieden wollten, aber längst nicht so viele, wie ich vermutet hatte. Ich machte unsere Nachbarn aus, ein paar Geschäftsleute, die ich von Wohltätigkeitsveranstaltungen kannte, den Pfarrer und – Alecs Mutter. Unwillkürlich blieb mein Blick an ihr haften und als hätte sie ihn gespürt, drehte sie sich zu mir um. Unsere Augen trafen sich für einen Moment, der sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlte, obwohl er wahrscheinlich nur wenige Sekunden dauerte. Die verschiedensten Emotionen spiegelten sich auf ihrem Gesicht wieder. Mitgefühl, Bedauern, Trauer und Wut. Letzteres war es, das mich am meisten traf. Aber was hatte ich anderes erwartet? Ich hatte ihrem Sohn das Herz gebrochen, natürlich war sie da sauer auf mich. Schnell richtete ich meine Aufmerksamkeit auf eine Frau, die ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen hatte, schüttelte ihre Hand und nahm freundlich ihre vor Anteilnahme triefende Mitleidsbekundung an. Wahrscheinlich die Ehefrau irgendeines namenlosen Geschäftspatners.

Und so ging es die nächsten zwanzig Minuten weiter, bis unerwartet eine kleine, rundliche Frau mit rötlichen Haaren vor mir auftauchte.

„Tante Amy!", rief ich überrascht aus.

„Hallo, Honey, schön dich zu sehen. Wenn auch unter solchen Umständen", begrüßte sie mich und zog mich im nächsten Moment in eine mütterliche Umarmung. Das war wohl die erste ernst gemeinte Umarmung an diesem Tag.

„Was machst du hier?", fragte ich und meine Stimme klang durch den Stoff ihres Kleides gedämpft.

„Ja, was denkst du denn? Ich bin hier, um Abschied von meinem Bruder zu nehmen!", empörte sie sich.

„Tut mir Leid. Das war unsensibel. Ich meinte nur ... ihr habt euch das letzte Mal vor über zwanzig Jahren gesehen." Ich liebte meine Tante, tatsächlich war sie mir neben Liza die liebste Person in meiner Familie, doch hatte ich sie bisher immer nur getrennt durch den Bildschirm meines Laptops gesehen. Schon in ihren Kindheitstagen hatten sie und mein Vater nicht gut verstanden; zu verschieden waren sie. Mit der Zeit hatten sie sich auseinander gelebt, so meine Vermutung. Nichtsdestotrotz erkundigte sie sich in unregelmäßigen Abständen immer wieder nach meiner Schwester und mir und sorgte dafür, dass wir uns nie ganz aus den Augen verloren.

„Das stimmt. Trotzdem hat es mich hart getroffen, als ich erfahren habe, dass er gestorben ist. Wir sind zwar noch nie miteinander klar gekommen, doch er ist immer noch mein großer Bruder. War mein großer Bruder." Sie lächelte bedauernd, den Blick auf etwas in der Ferne liegendes gerichtet, als würde sie verlorenen Erinnerungen hinterhertrauern.

Gemeinsam liefen wir ein Stück weit, um Abstand zwischen uns und die Trauergäste zu bringen. In der hintersten Reihe der Kirchenbänke machten wir Halt und setzten uns.

„Wie lange bleibst du denn? Und hast du schon einen Schlafplatz? Es würde Mom bestimmt nichts ausmachen, wenn du für ein paar Nächte bei uns unterkommst."

In Wahrheit war ich mir ziemlich sicher, dass meiner Mutter dies sehr wohl etwas ausmachen würde.

„Tatsächlich habe ich überlegt, über einen längeren Zeitraum zu bleiben. Ich habe mir eine Wohnung nur wenige Blocks von eurem Haus entfernt gemietet. Ginevere kann etwas Unterstützung sicherlich gut gebrauchen. Ich hab sogar schon mit ihr geredet und wir haben vereinbart, dass Elizabeth für eine Weile bei mir unterkommen wird. Deine Mutter ist es nicht gewohnt, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie muss sich nun einen Job suchen, sich um Rechnungen und weiteres kümmern. In ihrer Trauer wird das schon kaum zu stemmen sein und es ist in unser beider Interesse, dass Liza da nicht vernachlässigt wird."

Mit offenem Mund starrte ich meine Tante an.

„Du hast ... Mom nimmt freiwillig Hilfe von dir an? Wie hast du das geschafft?", fragte ich ungläubig.

„Oh, ich habe sie außerdem dazu überredet, einen Therapeuten zu besuchen. In etwas mehr als einer Woche hat sie ihren ersten Termin." Amy grinste mich verschmitzt an. Ich schaffte es nicht, meine Kinnlade wieder hochzuklappen. „Mund zu, Honey, du siehst aus wie ein Goldfisch."

Mit einem Klacken schloss ich meinen Mund, bevor ich ihn im nächsten Moment wieder öffnete.

„Ich schätze, du willst wissen, warum ich sie zur Therapie schicken möchte?", vermutete meine Tante. Ich nickte stumm, noch immer unfähig, Worte zu formen.

„Nun, ich habe letztens mit deiner Schwester geskypet und sie hat mir Erstaunliches erzählt. Ich bin sogar ein klein wenig verletzt, dass ich es nicht von dir persönlich erfahren habe." Sie schoss mir einen vorwurfsvollen und zugleich neckenden Blick zu.

„Was", ich räusperte mich, „was meinst du?"

„Liza hat mir erzählt, du hättest dich mit Alec gestritten und würdest ihn nicht mehr sehen. Das konnte ich mir nicht vorstellen, schließlich seid ihre beide schon immer ein Herz und eine Seele gewesen. Deshalb habe ich ein paar Nachforschungen auf Instagram betrieben und die Bilder, die ich da gefunden habe, waren ziemlich eindeutig. Wie ihr euch anschaut ... Als würdet ihr euch mit den Augen ausziehen."

Ich wurde knallrot. Sahen Alec und ich uns wirklich so an? Und vor allem – was hatte meine Tante auf Instargram zu suchen? Zu wissen, dass sie mir hinterherspionierte, ließ mich unangenehm berührt mit den Füßen scharren. 

„Jetzt schau mich doch nicht so schockiert an! Oder dachtest du etwa, ich wüsste nicht, wo ihr jungen Leute eure ganzen Informationen herbekommt?", sagte sie. Dann wurde sie wieder ernst.

„Und so habe ich eins und eins zusammen gezählt. Menschen, die einander mit so viel Leidenschaft im Blick anschauen, trennen sich nicht von heute auf morgen. Es musste also an etwas anderem liegen." Intensiv musterte sie mich. Ich wand mich und schaute zur Seite.

„Joshua, sei jetzt bitte ganz ehrlich zu mir – haben dich deine Eltern dazu gezwungen, dich von dem Jungen zu trennen? Ich weiß, dass die beiden manchmal sehr ... kompliziert sein können, aber -"

„Nein", unterbrach ich sie. „Sie haben mich nicht gezwungen, mich von Alec zu trennen. Das war meine eigene Entscheidung. Zu dem Zeitpunkt ist ziemlich viel in meinem Leben passiert und außerdem wusste ich ... ich wusste, dass ich Liz verlieren würde, sollte ich mich für Alec entscheiden. Und das konnte ich nicht. Aber wieder hierher zu kommen war ganz allein meine Entscheidung. Sie trifft keine Schuld." Ich schluckte.

„Joshua." Die fassungslose Stimme meiner Tante ließ mich aufhorchen. „Hör mir jetzt gut zu, Honey. Deine Eltern mögen dich nicht direkt gezwungen haben, Alec zu verlassen, nicht mit Worten, doch das bedeutet längst nicht, dass das, was sie gemacht haben, in Ordnung ist. Sie haben dich vor eine Wahl gestellt, vor die man sein Kind niemals stellen sollte. Sie haben dir die Unterstützung, die du gebraucht hättest, verweigert. Das ist nicht okay, und ich möchte, dass du weißt, dass dich keine Schuld trifft. Hast du mich verstanden?"

Ich nickte und mir traten Tränen in die Augen. Amy hatte das ausgesprochen, das mir im Unterbewusstsein eigentlich auch klar war, von dem ich aber nicht wusste, ob es in meiner Familie irgendjemanden gab, der das genauso sah. Meine Eltern hatten mich im Stich gelassen.

„Und jetzt komm her, mein Kind." Sie zog mich zum zweiten Mal an diesem Tag in eine wohltuende Umarmung. Obwohl meine Augen brannten, ließ ich meinen Tränen keinen freien Lauf. Ich hatte in den letzten Tagen genug geweint und wollte außerdem nicht vor Menschen heulen, von denen ich mehr als die Hälfte nicht einmal kannte. Trotzdem tat die feste Umarmung meiner Tante gut, und ich löste mich erst von ihr, als von vorne die Stimme des Pfarrers ertönte.

„Warte", hielt sie mich auf, als ich aufstehen wollte. „Wir werden eine Lösung finden, das versichere ich dir. Solange deine Schwester bei mir ist, kannst du sie so oft besuchen, wie du möchtest. Und vielleicht bewirkt die Therapie bei deiner Mutter ja sogar etwas und bringt ein wenig Klarheit in ihren kranken Kopf."

„Danke", flüsterte ich. Dann machten wir uns wieder auf den Weg, um meinen Vater zu verabschieden. Dabei fühlte ich mich erstaunlicherweise schon ein bisschen leichter. Das Wissen, dass ich Tante Amy an meiner Seite hatte, nahm mir eine riesige Last von den Schultern.

Mom hatte darauf bestanden, eine Rede zu halten. Wann sie diese geschrieben hatte, wusste ich nicht – schließlich hatte ich sie tagelang nicht gesehen. Aber als sie nach dem Pfarrer an das kleine Pult im vorderen Teil der Kirche trat, wirkte sie so gefasst wie ich sie eigentlich kannte. Nichts wies mehr auf die zerstörte Frau von vor wenigen Stunden hin. Ihr Make-up saß perfekt, ebenso wie ihr schwarzes, hochgeschlossenes Kleid und sie räusperte sich leise, sowie sie die Papiere in ihren Händen ordnete. Ihr Blick glitt über mich, über Liza, über Tante Amy, über alle, die auf den Kirchenbänken Platz genommen hatten.

„Heute haben wir uns aus einem einzigen Grund hier versammelt: Um Edward Collins zu verabschieden. Edward Collins. Er war ein großartiger Mensch. Er hat in seinem Leben viel erreicht. Er war ein Ehemann. Er war ein Vater. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Dass Gott ihn nach so kurzer Zeit zu sich holt, ist bedauernd. Zu gerne wäre ich mit ihm alt geworden. Aber es war Gottes Wille und das müssen wir akzeptieren. Außerdem hat Edward alles geschafft, was er sich für sein Leben vorgenommen hat. Ich als seine Ehefrau habe ihn immer bewundert und respektiert. Er hat gut für unsere Familie gesorgt und ich fühle mich geehrt, dass ich ihn lieben durfte. Ruhe in Frieden, Edward."

Bei den letzten Worten ihrer knapp gehaltenen Ansprache zitterte ihre Stimme ganz leicht, aber ich glaubte nicht, dass irgendjemand außer mir dies mitbekommen hatte. Und plötzlich wurde es mir klar: Meine Mutter hatte Dad tatsächlich geliebt. Jedoch war es eine unerwiderte Liebe gewesen. Mit einem Mal ergaben die nach Anerkennung herrschenden Blicke, die sie meinem Vater oft geschenkt hatte, viel mehr Sinn. Sie hatte immer getan, was er wollte; ihr einziges Ziel war gewesen, ihn zufriedenzustellen. Aber was hatte sie nun davon? Richtig, nichts. In ihrem Leben hatte sie nichts erreicht, hatte nie gearbeitet, konnte noch nicht einmal richtig Auto fahren. Sie war in dieser Ehe gefangen gewesen, auch wenn es ihr nicht klar war.

Ich wollte nicht so enden wie sie. 

Josh erlebt endlich die Erleuchtung, auf die wir alle so gespannt warten! Er realisiert, dass die Ehe seiner Eltern einach nur Käse war und er nicht dasselbe unerfüllte Leben wie seine Mutter führen möchte. Außerdem macht ihm seine Tante klar, dass Edward und Ginevere diejenigen sind, die ihn nicht korrekt behandelt haben.

Ich denke, wir befinden uns damit auf einem guten Weg ...

Übrigens möchte ich mal anmerken, dass sich über die letzten 25 Kaps bereits drei Shipping names angesammelt haben! 🤩

Joshec, Joshulec und Jolec.
Euer Favorit? ➡️

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