Unerwartete Komplikationen

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"Was machst du hier wirklich, Mairi Taylor?", fragte Chester, betonte ihren neuen Nachnamen bewusst. Mairi entging das nicht. Spielte er nur darauf an oder wusste er mehr, als ihr lieb war? Wie sollte sie ihm das erklären. Als sie mit Miller die Geschichte abgestimmt hatte, war niemals vorgesehen gewesen, was sie sagen sollte, wenn sie jemanden treffen würde, den sie von früher kannte. Sie beschloss, erst einmal auf Abwehr zu gehen. Vielleicht würde ihr das Zeit bringen, um herauszufinden ob und was er wusste.

"Was geht dich das an, Ches Lawson?", erwiderte sie ihm dann und betonte seinen falschen Namen ebenso, um zu zeigen, das sich nicht nur bei ihr etwas verändert hatte - und wenn sie ehrlich war, starb sie fast vor Neugierde, warum er einen falschen Namen benutzte...wenn er denn falsch war.

"Ich bin sowas, wie dein Vizeboss", erinnerte er sie an die Tatsache, dass er wohl von ihnen beiden mehr Befugnis besaß, Fragen zu stellen.

"In dem Fall würde ich unser Gespräch dann auch gerne auf der beruflichen Ebene belassen. Ich bin nicht verpflichtet, meinen Vorgesetzten Privates von mir zu erzählen, wie du ja wissen müsstest, wenn du denn wirklich in London studiert haben solltest", sprach sie dann aus, was eine ihrer vielen Vermutungen war. Jetzt war es Chester, der sie eine Sekunde abschätzend musterte.

"Trotzdem nutzen Arbeitgeber jede Nische, um dennoch etwas herauszufinden. So habe ich von Finlay erfahren, dass du auf der Flucht vor einem gewalttatigen Ex bist", stellte er dann trocken fest, den Blick stur auf die Straße gerichtet, während Mairi schlecht wurde bei dem Gedanken daran, dass er sich über sie zu informieren versuchte. Sie wusste nicht, ob sie geschmeichelt sein oder Angst kriegen sollte.

"Und?", gab sie dennoch nur gelangweilt zurück und war einen Moment stolz darauf, wie cool sie war.

"Wie heißt er?", bohrte Ches dennoch weiter.

"Geht dich nichts an!"

"Ich tippe auf Taylor, oder? Irgendwoher musst du den Namen ja haben. Auch wenn es mir nicht gefällt, dass du offensichtlich wieder an so einen Bad-Boy wie Dennis geraten bist. Was versuchst du damit zu kompensieren, dass du immer auf dieselben Typen reinfällst?", mutmaßte er dann und wagte es, ihr den selben Vorwurf an den Kopf zu werfen, den sie ihm in Bezug auf sein Auto gemacht hatte.

"Könntest du jetzt bitte mal mit den alten Kamellen aufhören?!", keifte sie ihn wütend an, bevor sie beschloss, ihn wieder mit den eigenen Waffen zu schlagen. Wenn er dachte, dass ihr neuer Nachname daher kam, dass sie in der Zwischenzeit geheiratet hatte, um so besser."Was ist es bei dir gewesen? Mr. Lawson?"

"Namensänderung", erwiderte er ihr nur tonlos.

"Warum? War dir Cole nicht mehr gut genug?", stichelte sie weiter und sah, wie sich seine Augen gefährlich verengten. Offenbar wollte er darüber überhaupt nicht reden.

"Es hatte einen guten Grund."

"Welchen? Hast du jemanden ermordet und musstest untertauchen?", riet sie ins Blaue und Chester lachte leise.

"Nicht ganz so krasse Gründe."

"Was dann? Hast du geheiratet und den Namen deiner Frau angenommen?", war ihre nächste Vermutung und sie musste sich selbst eingestehen, dass ihr der Gedanke gar nicht gefiel.

"Denk dir, was du willst! Ich wäre dir nur sehr dankbar, wenn du meinen alten Namen im Club nicht rumposaunst. Ich will sie nicht unbedingt auf die Fährte meiner Eltern setzen, falls ich mir mal was zuschulden kommen lasse. Hier bin ich einfach nur Ches Lawson", sagte er dann tonlos, wohl wissend, dass sie weiter stochern würde, wenn er ihr nicht wenigstens etwas geben würde und wirklich horchte Mairi auf.

"Hast du vor, den Boss zu hintergehen?", fragte sie ihn überrascht, wunderte sich, hoffte beinahe, dass er aus irgendeinem Grund auf ihrer Seite sein könnte. Doch Chester lachte nur und sie stellte fest, dass es noch genau so in ihrem Bauch flatterte wie damals, wenn er das tat.

"Ganz sicher nicht. Aber hier ist sich jeder selbst der Nächste und so manch einer unserer Freunde würde mich lieber tot als so eng mit dem Boss sehen, wie ich es bin", erklärte er ihr dann weniger amüsiert, als er sich zuvor noch gegeben hatte und ihre Hoffnungen schwanden wieder dahin.

"Was bist du denn genau?", hakte sie dennoch nach, um herauszufinden, was er nun eigentlich für eine Aufgabe in diesen Kreisen hatte.

"Ich bin sowas wie ein zusätzlicher Bodyguard für Byrne und seine rechte Hand, weil ich ziemlich gut über unser Rechtssystem Bescheid weiß. Vor allem sein Neffe ist gar nicht begeistert davon, dass ich seinem Onkel näher stehe, als er", antwortete er ihr zu ihrer Überraschung offen.

"Rechtsberater des Bösen, hm? Also hast du wirklich was aus deinem Studium gemacht", merkte sie sarkastisch an und schaute wieder nach vorne auf die Straße."Nur leider nicht auf der Seite, auf der du eigentlich sein wolltest", fügte sie dann noch hinzu. Sie hatte es einfach nicht zurückhalten können, zu enttäuscht war sie darüber, dass sie mit ihrer Vermutung, dass Chester wirklich abgerutscht sein könnte, Recht zu haben schien.

"Ausgerechnet du spielst hier den Moralapostel?", erwiderte er ihr jedoch skeptisch und ihre Blicke trafen sich einen Moment."Wissen deine Eltern, dass du hier bist?", fragte er sie dann, wusste er doch, dass ihre Eltern ganz sicher nicht glücklich damit wären, sie hier in diesen Kreisen zu wissen.

"Glaub es oder nicht, aber ich bin mittlerweile 30 und treffe meine eigenen Entscheidungen", entgegnete sie ihm schnippig, als Chester langsamer wurde und das Auto ausrollen ließ. Sie waren an ihrem Zielort angekommen. Eine alte Eisenbahnstrecke, die schon lange stillgelegt war und am Rande in den Industrie-Slums von Newtown lag. Tagsüber zog diese Gegend hier Touristen auf der Suche nach sogenannten Lost Places an. Nachts trieben sich nur Obdachlose in den Gebäuden herum und davor Gangs, die sich für dubiose Geschäft trafen. So standen auch drei Kerle an einen Pfeiler eines alten Entladekrans gelehnt da und schauten ihnen beinahe gelangweilt entgegen."Sind das die Kerle?", fragte Mairi, als sie die Typen musterte, die im Dunkeln dort herumlungerten mit viel zu weiten Jeans und Shirts, die Baseballkappen verkehrtherum auf dem Kopf.

"Jep." Ihr drehte es den Magen um, bei dem Gedanken, dass sie diesen Kerlen, die höchstens Mitte 20 waren, gleich Drogen verkaufen würde, was sie anhand des Gewichtes der Tasche geschätzt hatte. Würde sie in den nächsten Tagen dafür verantwortlich sein, wenn einer von ihnen oder einer deren Käufer dank einer Überdosis tod irgendwo aufgefunden werden würde? Sie beschloss, auf so viel wie möglich bei diesem Treffen zu achten, um Miller morgen auf die Jungs anzusetzen. Eine Wahl hatte sie ja doch nicht, wenn sie Byrnes Vertrauen erringen wollte. Also öffnete sie die Tür und wollte grade aussteigen, als Chester sie noch einmal am Arm packte. Sie hielt inne und schaute fragend zu ihm zurück."Mach vorsichtig, Red", bat er sie eindringlich und schien sich wirklich Sorgen um sie zu machen. Sie sah in seinen Augen, dass es ihm gar nicht gefiel, sie gehen lassen zu müssen. Aber es machte sie nur noch wütender. Jetzt auf einmal begann er sich Sorgen um sie zu machen? 14 Jahre hatte sein Interesse weder für eine Nachricht noch einen Anruf gereicht und jetzt kam er ihr so?

"Du kannst mich mal", erwiderte sie ihm daher nur, riss sich los und stieg aus, um die Tür laut hinter ihr zuzuknallen, bevor sie die hintere Tür öffnete, um die Tasche vom Rücksitz zu holen.

So selbstsicher wie möglich richtete sie sich auf und ging auf die Typen zu, sich sehr wohl bewusst, dass sie im Gegensatz zu den Typen unbewaffnet war. Die waren doch immer bewaffnet und wenn es nur mit Messern war. Aber sie war sich genauso bewusst, dass Chester sie beobachtete. Seine Blicke brannten sich regelrecht in ihren Rücken und wer wusste schon, wohin der ihr noch starrte, nachdem er ihr vorhin das Angebot gemacht hatte, ihre alten Zeiten wieder aufleben zu lassen. Aber nachdem sie so lange um ihn getrauert hatte, würde sie sich sicher nicht darauf einlassen, zumal sie gesehen hatte, wie er diese Vivi behandelte. Sie würde niemals das Spielzeug eines Mannes werden, soviel stand mal fest.

"Was haben wir denn hier? Da hat uns Byrne heute aber einen ganz besonderen Bonus mitgeschickt", wandte sich einer der Typen jetzt an sie und stieß sich mit dem Fuß von dem Pfeiler ab, an dem er gerade noch gelehnt hatte.

Unter allgemeinem Gelächter seiner Kumpels kam er auf sie zu und Mairi hielt jäh inne, angewidert von den Blicken der Kerle, die alle jünger als sie waren, aber dennoch keine Skrupel davor hatten, sie mit den Augen auszuziehen. Sie wusste, diese Kerle würden sich nehmen, was sie wollten und nicht, wie Chester eben, fragen, ob sie Lust drauf hätte. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass einer der Kerle eine ähnliche Tasche trug, wie sie und nahm an, dass darin das Geld war.

"Klappe halten und Geld her. Ich habs ein bisschen eilig", erwiderte Mairi dem Kerl nur gelassen und verstärkte ihren Griff um die Tasche nur noch mehr aus Wut, als der offensichtliche Anführer an ihrem Kopf vorbei griff und ihren Pferdeschwanz ergriff, um sich ihre Haare um die Finger zu wickeln. Mairi nahm es gelassen hin. Sollte er ihr am Zopf ziehen wollen, um sie einzuschüchtern, würde er in eben genau dem Moment ihr Knie schmerzhaft in seiner Leistengegend wiederfinden. Sie war auf alles vorbereitet.

"Warum so kratzbürstig, Süße? Gib mir lieber einen Kuss", wandte der Kerl grinsend ein, der ihr so nahe stand, aber statt an ihrem Zopf zu ziehen, wie sie es erwartet hatte, legte er seine Hand in ihren Nacken und versuchte tatsächlich, sie für einen Kuss an sich zu ziehen.

Das war zu viel!

Mairi trat ihm so plötzlich und heftig zwischen die Beine, dass er aufheulte, als er von ihr abließ, um sich zu krümmen. Doch der andere sprang schon vor, während der mit der Tasche sich zwar auch bereit zu machen schien, aber nicht Angriff - zumindest noch nicht.

Mairi erwartete den anderen schon und rammte ihm ihre Faust, in der sie die Tasche hielt, direkt auf die Nase, hob das linke Bein und trat dem, der sie hatte küssen wollen und sich offenbar für den Tritt revangieren wollte, vor die Brust, dass der zurück taumelte. Der zweite ignorierte seine blutende Nase und kam wieder auf sie zu. Sie duckte sich unter seinem Schlag weg und schlug ihm mit der Rechten genau in die Nieren. Keuchend sank der auf die Knie, als der Erste sie von hinten packte und triumphierend grinste, als er ihre Arme wehrlos an ihren Körper presste. Er hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass Mairi mit dem Kopf zurückschlagen würde und genau das tat sie, hörte im nächsten Moment seine Nase mit einem ekelhaften Geräusch brechen, bevor der Typ aufschrie, sie los ließ und sie dir Gelegenheit nutzte, um ihm die Füße wegzutreten.

Der Dritte zückte nun doch ein Messer, unsicher, ob er seinen beiden Kumpel helfen sollte oder nicht. Mairi registrierte sofort, dass sein Blick an ihr vorbei ging und sie schaute sich um, nur um Chester in der offenen Fahrertür stehen zu sehen und sie abwartend zu beobachten.

Wirklich? Sie hatte gerade zwei seiner Kumpels vermöbelt und es war Chesters Anwesenheit, die ihm Angst machte?!

Das kränkte ihren Stolz ziemlich.

"Was ist jetzt? Wollt ihr das Geschäft noch machen, oder nicht?", wandte sie sich gelassen an den Letzten, der noch auf den Beinen stand und der schaute unsicher zu seinem Anführer, der ihm ein Zeichen gab, es zu tun, während er scheinbar immer noch versuchte, mit den Schmerzen klar zu kommen. Er warf die Tasche Mairi zu Füßen und sie war damit fürs Erste zufrieden, dass er ihr offenbar nicht zu nahe kommen wollte. Schnell überprüfte sie, ob wirklich Geld in der Tasche war und es schien echt zu sein. Immerhin!

Dann warf sie dem Anführer die Tasche zu, der sie keuchend auffing, als er sich gerade aufgerappelt hatte.

Sie wollte gerade nach der Tasche mit dem Geld greifen, als irgendwo Sirenen zu hören waren. Sie waren beängstigend nah und kamen hörbar schnell näher.

"Scheiße, die Bullen!", rief der Anführer und forderte seine beiden Kumpels auf wegzurennen. Sie nahmen alle drei die Beine in die Hand und verschwanden zwischen zwei Lagerhallen, als in etwa 500 Metern vor ihr drei Zivilfahrzeuge mit Blaulicht in der Frontscheibe um die Ecke geschossen kamen - genau auf sie zu.

"Mairi, komm schon!", hörte sie Chester nach ihr rufen und der ergriff im nächsten Moment ihre Hand, um sie zu seinem Auto zu ziehen - genau in dem Moment, als Mairi die Tasche hatte aufheben wollen und verfehlte sie dank Chester knapp. Sofort riss sie sich von ihm wieder los und rannte die drei Meter zurück. Sie nahm wahr, dass die Autos dank der schlechten Bodenverhältnisse zumindest mal nicht mehr mit Vollgas auf sie zukamen, aber sie waren immer noch zu schnell.

"Byrne wird sauer, wenn wir das Geld nicht mitbringen", rief sie Chester zu, der stehen geblieben war und geschockt auf sie wartete, als sie die Tasche ergriff und zu ihm zurück rannte. Sie durfte diesen Job nicht versauen. Das andere Paket war weg und wenn sie ohne Geld zurückkommen würden, würde das ihre Chancen beträchtlich schmälern in Zukunft näher an Byrne heranzukommen. Sie hatte nur diese eine Chance.

"Er wird noch viel aufgebrachter sein, wenn du dich bei diesem Job erwischen lässt und auspackst", schimpfte er wütend über ihren Dickkopf. Sie duckten sich instinktiv, als Schüsse ertönten, zogen die Köpfe ein, aber ließen sich nicht davon abhalten, weiter auf Chesters Auto zuzurennen."Shit!", keuchte Chester dann auf, als sie es fast erreicht hatten und Mairi schaute neben sich, wo er gerade noch gewesen war, aber er war nicht mehr neben ihr und sie hielt sofort inne und wandte sich ihm zu. Er richtete sich gerade wieder vom Boden auf und presste eine Hand auf seinen Oberschenkel. Blut sickerte daraus hervor. Chester war getroffen worden. Schnell rannte sie zu ihm zurück.

"Hau ab!", knurrte er sie an, doch sie ignorierte seine Worte, legte einen seiner Arme um ihre Schulter und ihren rechten um seine Taille, um ihn zu stützen, nachdem sie die Tasche in ihre Linke verlagert hatte.

"Vergiss es! Ich lass dich nicht hier", erwiderte sie ihm ernst und half ihm die letzten Meter zu seinem Auto zurück."Du könntest auspacken und den Boss verärgern", stellte sie fest und Chester konnte nicht anders und musste schmunzeln. Sie öffnete ihm die Beifahrertür und er ließ sich schwer in den Sitz fallen, während Mairi auf dem Fahrersitz Platz nahm und den Motor startete. Die zivilen Polizeiautos kamen ihnen immer näher und Mairi wusste, dass sie mit den knappen 100 Metern, die sie noch trennten, keine Chance haben würde, um das Auto zu wenden.

Kurzentschlossen legte sie den Rückwärtsgang ein und gab Vollgas, während sie sich im Sitz umdrehte, um nach hinten aus dem Fenster zu schauen. Vorne knallten die Kugeln der Polizisten geräuschvoll auf Motorhaube und Kühlergrill, doch sie ließ sich nicht davon beirren, im Gegensatz zu Chester, der leise stöhnte, als eine Kugel in seiner Windschutzscheibe stecken blieb und diese riss.

Sicher lenkte Mairi das Auto rückwärts und mit Vollgas rückwärts die Industriestraße entlang und doch war kein Auto im Rückwärtsgang schneller, als eines, das vorwärts fuhr. So hatte die Polizei sie schnell eingeholt. Aber bevor sie sich links und rechts neben Chesters Camaro setzen konnten, zog Mairi ruckartig das Lenkrad herum, bremste, um das Auto in der schmalen Seitengasse zu stabilisieren, in die sie abgebogen war und gab wieder Gas, während sie die Bremsen der Polizeiautos quietschen hörten, die auf dieses Manöver nicht vorbereitet gewesen und grade aus gefahren waren.

"Verdammt, Red. Wo hast du so fahren gelernt?", keuchte Chester auf, nachdem er sich vom ersten Schreck über ihr Manöver wieder gesammelt hatte.

"Von meiner Mum", erwiderte Mairi ihm knapp, lenkte den Wagen aus der Seitengasse heraus und bremste jäh ab. Sie legte den 1. Gang ein und fuhr an. Der V8 Motor heulte auf, sie übersprang einen Gang nach dem anderen und hatte das Auto in knapp 4 Sekunden auf 100kmh. Mit fast 200 Sachen jagte sie das Auto beinahe 2 Minuten durch die Stadt, ehe sie nach einem ihrer zahllosen Blicke in den Rückspiegel feststellte, dass sie die Typen abgehängt hatten und die Geschwindigkeit wieder verringerte.

"Irgendwer muss uns verraten haben. Die Bullen sollten eigentlich gar nicht in der Gegend sein. Oliver hat versichert, dass die mit einer Terrorwarnung bei der Operngala ausgelastet seien", murrte Chester vor sich hin.

"Das war keine normale Polizei", stellte Mairi nur fest, als sie in die Seitengasse neben dem Club fuhr, in der Chester sein Auto vorhin geparkt hatte. Sie warf Chester einen kurzen Blick zu, als der nicht antwortete und entdeckte, dass er sie fragend ansah."Ich habe einen von ihnen gesehen, als er sich aus dem Fenster gelehnt hat, um auf uns zu schießen. Er war vollkommen in Schwarz gekleidet. Das ist nicht üblich für Polizisten und Zivilfahnder. Entweder hatten wir es mit dem MI5* oder der NCA* zu tun", erklärte sie ihm also, als Chester ihr bedeutete weiter in einen Hinterhof zu fahren, der ihr zuvor schon aufgefallen war, da der zwar durch einen Zaun abgesperrt war, aber direkt neben der Tür lag, durch die sie jeden Arbeit ihre Arbeitsstätte betrat und wieder verließ.

"Warum kennst du dich da so gut aus?", wandte Chester ein, als sie das Auto in einer von außen blickdichten Ecke abstellte und den Motor ausmachte. Sie zuckte sichtlich zusammen bei seiner Frage."Ich...ich hatte mal eine Begegnung mit denen, dank meinem Ex", stammelte sie verlegen, hoffte, dass er ihre Erklärung akzeptieren würde und auch wenn Chester nicht glücklich über ihre Antwort zu sein schien, wollte er ihr offenbar glauben.

"Macht der in Drogen?"

"Meth. Im ganz großen Stil", antwortete sie ihm knapp mit dem Erstbesten, dass ihr einfiel, als sie ihm aus dem Auto heraus half und ihn wieder mit seiner Hand auf ihrer Schulter und ihrem um seine Taille geschlungen stützte. Sie griff nach der Tasche und es dauerte gefühlt ewig, bis sie an der anderen Treppe angekommen und diese hinaufgegangen waren.

Sie würde es niemals zugeben, aber die Tatsache, wie stark seine Wunde blutete, machte ihr Sorgen. Sie war sich ziemlich sicher, dass er einen Arzt oder wenigstens einen Sanitäter aufsuchen sollte und hoffte, dass Byrne einen von beiden auch in seinem Personalstamm hatte - immerhin hielt er sich mit Ches ja auch einen Anwalt.

Sie öffnete die Tür und lotste Chester hindurch, bevor sie ihm den Gang hinunter half, während er sich noch zusätzlich an der Wand abstützte, um sein Bein nicht zu belasten. Mittlerweile schienen mehr der Zimmer links und rechts von ihnen besetzt zu sein und Mairi errötete, bei dem Gedanken, was dahinter passierte.

Das entging Chester nicht. Sie war nicht ganz so taff, wie sie tat und das beruhigte ihn irgendwie ungemein. Seine alte Mairi war also nicht gänzlich verschwunden.

Als sie durch die nächste Tür traten und auf der Empore mit lauten Beats begrüßt wurden, war das erste, was Mairi ins Auge fiel, wie Vivi sich auf einer Couch mit einem Gast vergnügte. Sie lenkte Chester in Richtung der Tür zu Byrnes Büro, weil etwas in ihr danach schrie, ihn vor dem Anblick zu schützen, aber es war bereits zu spät gewesen. Sie sah es in dem Moment, als sie prüfend in sein Gesicht aufsah, doch er zeigte mit keiner Regung, dass es ihn in irgendeiner Weise störte oder verletzte.

Chris und Bruno wurden nun auf sie aufmerksam und kamen zu ihnen. Chris löste Mairi sofort ab und nahm ihr Chester ab, worüber sie mehr als erleichtert war. Sie sah wie Bruno sie kurz ernst von oben bis unten ansah, ehe er sie zur Tür begleitete, in der Chester und Chris nun verschwanden. Auch wenn der Gorilla ziemlich wortkarg war, war sie sich doch sicher, dass er das Herz am rechten Fleck hatte und überprüft hatte, ob sie ebenfalls verletzt war.

Byrne schaute auf und musterte beide emotionslos beim Hereinkommen, entdeckte die Tasche in Mairis Hand und folgte Chester mit den Augen, der von Chris in eine der hinteren Sitzecken gebracht wurde.

"Was ist euch denn passiert?", fragte er Mairi dann, als sie vor ihm stehen blieb und er wieder zu ihr aufschaute.

"Die Bullen kamen, aber das Geschäft ist über die Bühne gegangen, dank Mairi!", antwortete Chester ihm, bevor Mairi auch nur Luft geholt hatte. Dennoch reagierte sie sofort, indem sie Byrne die Tasche auf den Tisch vor ihm stellte. Der öffnete sie und holte ein Bündel Geldscheine heraus, fuhr mit dem Finger hindurch und legte es wieder hinein, bevor er wieder zu Mairi aufsah.

"Sehr gut", lobte er sie und warf Chester einen Blick zu, der gerade dabei war mit einem Taschenmesser sein Hosenbein aufzuschneiden, um besseren Zugang zu der Wunde zu haben, für die Chris ihm eine medizinische Tasche auf den Tisch stellte, die aussah, als käme sie direkt aus einem Rettungswagen."Mairi? Kannst du Wunden versorgen?", fragte er sie dann und sie versteifte sich, warf Chester einen vorsichtigen Blick zu, der gerade zischend durch die Zähne Luft holte, als er eine Kompresse auf die Wunde drückte, um erst einmal die Blutung zu stillen.

"Ein wenig", gab sie zu. Sie wusste dank ihrem Bruder mehr, als jeder andere unausgebildete Mensch über medizinische Versorgung, aber vermutlich immer noch nicht genug, um Chesters Schusswunde fachgerecht zu versorgen.

"Dann kümmere dich um Ches!", befahl er ihr und sie warf Chester einen Blick zu, der ihr mit einem zufriedenen und einladenden Grinsen antwortete. Sie verdrehte die Augen und gab nach.

"Ich hatte so auf eine Blutvergiftung mit großen Schmerzen gehofft", stellte sie auf ihrem Weg zu ihm fest und Chester verzog schmunzelnd das Gesicht.

"Immer wieder erfrischend, wie freundlich du sein kannst, Red!", erwiderte er ihr neckend, aber Mairi ging nicht darauf ein, als sie sich vor ihn kniete, die Tasche vom Tisch zog und neben sich auf den Boden stellte, um alles herauszusuchen, was sie brauchen würde. Vorsichtig griff sie nach der Kompresse, die Chester auf die Wunde drückte und die mittlerweile blutgetränkt war. Zufrieden stellte sie fest, dass es sich nur um einen Streifschuss handelte, wenn sie auch immer noch überzeugt war, dass das genäht werden sollte."Autsch! Hast du gesehen, dass in dem Koffer auch schmerzloses Desinfektionsmittel ist?", zischte Chester keuchend, nachdem sie begonnen hatte, die Wunde mit Desinfektionsmittel regelrecht zu tränken.

"Das hebe ich auf für jemanden, der es verdient", murmelte sie nur, immer noch vollkommen konzentriert, auf das, was sie hier tat. Byrne schaute den beiden schmunzelnd zu, wohl wissend, dass die störrische Frau mehr für Ches übrig hatte, als sie zugab und sicher auch sich selbst eingestand."Du kennst dich ziemlich gut mit dem Inhalt des Koffers aus. Hast du Erfahrung?", fragte sie nach einiger Zeit, in der sie die Wunde so gut es ihr eben möglich war, gereinigt und die Blutung zwar nicht hatte stillen, aber immerhin weitestgehend zum Erliegen bringen können.

"Ein paar. Willst du die Narben sehen?", wandte er grinsend ein und sie schaute skeptisch zu ihm auf. War er da etwa stolz drauf?

"Nur ein Idiot ist stolz auf seine Narben. Aber von dir habe ich nichts anderes erwartet", erwiderte sie ihm patzig, nachdem sie mit seinem Messer das Hosenbein oberhalb der Wunde ruckartig abschnitt und nun begann, ihm einen Verband anzulegen.

Chester schaute zu Byrne auf. Dessen Grinsen verriet ihm, dass er die beiden beobachtete, doch jetzt wandte er sich einem Stapel Papiere vor ihm zu und Chester beschloss, die Gunst des Moments zu nutzen.

"Richtig. Es gibt da eine, auf die ich überhaupt nicht stolz bin, aber für die ich auch nichts kann. Sie ist genau hier", antwortete er ihr leise, nachdem er sich vorgebeugt hatte und tippte sich mit zwei Fingern aufs Herz.

Mairi schaute zu ihm auf und fand sich Auge in Augen mit ihm wieder. Sein Gesicht war ihr so nah, dass es sie erstarren ließ. Wenn sie ihm in die Augen sah, entdeckte sie noch immer den alten Chester in ihm. Seine Augen waren immer noch so sanft. Äußerlich war er ohne Zweifel derselbe, wenn er sich auch verändert hatte - aber sicher nicht zum Schlechteren. Seine Schultern waren breiter, sein Drei-Tage Bart gab ihm ein verwegenes, beinahe gefährliches Aussehen und sie fragte sich unwillkürlich, wie es sich anfühlen würde, mit ihrer Wange seine zu berühren oder ihn zu küssen. Schnell schüttelte sie diese Gedanken ab, als sie ihre Arbeit beendet hatte, knüllte die benutzten Kompressen und sonstigen Müll zusammen und stand auf.

"Bilde dir nichts darauf ein! Ich habe diese Narbe auch und ich lebe gut damit, trotz dem Schmerz, den sie immer noch verursacht. Aber wie heißt es so schön? Jede Narbe prägt uns und lehrt uns, was es in Zukunft zu vermeiden gilt", stellte sie ernst fest, bevor sie sich umwandte und den Raum beinahe fluchtartig verließ.

Sie ahnte nicht einmal, dass sie Chester gegenüber zum ersten Mal wirklich eine Schwäche gezeigt hatte, die er auszunutzen gedachte.

Fortsetzung folgt...

*(MI5 = Security Service - britischer Inlandsgeheimdienst. NCA = National Crime Agency -nationale Kripo des Vereinigten Königreichs.
Ich gebrauche nur die Namen. Alles bisher in dieser Geschichte Geschriebene und das, was vielleicht noch kommen wird, steht in keiner Verbindung zu den realen Agencys oder deren Arbeitsweise, sondern ist einfach nur, wie ich es mir denke - also fiktion!)

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