Asklepios

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Der Gott der Heilung lächelt uns allen unbestimmt zu. „Ariadne, Phädra, ich grüße euch. Glaukos, wer ist das, hinter dem du dich versteckst?"

Verlegen grienend kommt Laus hinter Tess hervor. „Das ist Theseus von Athen."

Asklepios nickt Tess freundlich zu und spricht weiter zu Laus: „Ich sehe, du hast die Zeit gut genutzt, die ich dir verschaffte. Und es besteht kein Grund für dich, hinter deinem Freund zu verschwinden. Ich habe nicht die Absicht, meine Arbeit von damals wieder zunichte zu machen – oder dir das Blatt abzunehmen."

„Äh ... das Blatt ...", Laus stottert hilflos herum. Asklepios nickt Ikaros zu. „Er hat dich erweckt, nicht wahr? Ich weiß zwar nicht, wie du zu diesen Flügeln gekommen bist, aber die Anzeichen eines zweiten Lebens sind bei dir unverkennbar."

Ikar nickt ergeben. „Mein Vater Daidalos machte mir Flügel zum Fliegen, aber sie taugten nichts. Als ich stürzte und Laus mich erweckte, blieben sie mir."

„Dann bist du Ikaros", Asklepios sieht ihn nachdenklich an. „Und nun kannst du fliegen?"

„Ja."

„Interessant. Und hat dein zweites Leben bereits andere Leben geändert?"

„Ja. Ich konnte Asterios helfen, Phaeton in Sicherheit zu bringen."

„Asterios?"

Ikar weist auf mich.

Asklepios' Blick wird nun sehr aufmerksam. „Ein weiterer Bruder. Aber dich sah ich damals nicht, als ich Glaukos vom Tod zurückholte."

„Ich bin der Minotaurus", erkläre ich und bilde zur Verdeutlichung meinen Stierkopf aus. Und zucke zusammen, als das Gewicht meiner Hörner wieder auf meinen Muskeln lastet.

Sofort winkt Asklepios ab. „Das glaube ich dir auch so. Belaste deinen Nacken nicht mehr als unbedingt nötig, das führt nur zu Verspannungen."

Ich folge ihm nur zu gerne. Auch wenn ich an das Gewicht gewöhnt bin und meine Muskulatur in den letzten Jahren schon sehr an Übung gewonnen hat, ist es eine Erleichterung, die schweren Hörner loszuwerden. Dafür nehme ich gerne den etwas schmerzhaften Ruck in Kauf, als sich meine Gesichtsknochen verschieben. Flüchtig frage ich mich, ob sich die Verwandlung für die Götter auch so unangenehm anfühlt.

Asklepios blickt nun Medea an. Die stellt sich selbst vor: „Ich bin Medea, Tochter von Aietes und zur Zeit Königin von Athen. Und eine unfähige Ärztin. Ich konnte meinem Cousin nicht helfen."

Asklepios runzelt die Stirn, als er Androgeos näher ansieht. „Aber du hast ihn am Leben erhalten, meinte Dionysos. Auch als Titanenabkömmling hätte er bereits tot sein müssen. Oder zumindest in schlechterem Zustand." Er besieht sich nun die Bilder, die Dionysos in der Luft hat stehen lassen. „Das sieht nicht gut aus. Kalí méra, Androgeos. Ich werde versuchen, dir zu helfen, aber versprechen kann ich leider nichts."

JA.

Asklepios sieht mich verwundert an.

„Einmal zwinkern ja, zweimal nein, mehrmals schnell Frage, mehrmals langsam heißt, er hat etwas dazu zu sagen", erkläre ich ihm.

JA!

Asklepios zieht beeindruckt die Mundwinkel herab. „Das ist eine gute Idee." Er wendet sich an Andé. „Bist du einverstanden, wenn ich dich untersuche?"

JA!

Behutsam nimmt Asklepios nun Andés Arm hoch, bewegt ihn einige Male in Ellbogen- und Handgelenk. Dann hält er die freie Hand unter den Arm und lässt ihn plötzlich los. Schlaff und ohne Gegenwehr fällt Andés Arm in Asklepios' Hand. Auch das wiederholt der Gott einige Male. Sodann vollführt er ähnliches mit den anderen Körpergliedern, selbst mit Fingern und Zehen. Und immer wieder drückt er in Andés kaum noch vorhandenes Fleisch, prüft den Widerstand und beobachtet, wie schnell die durch den Druck entstandenen Male wieder verschwinden. Und die ganze Zeit spricht er mit meinem Bruder, erzählt ihm, welchen Körperteil er als nächstes berühren wird, was er macht und erkundigt sich, was Andé dabei spürt.

Schließlich umfaßt er Andés Nacken mit beiden Händen, hebt ihn sacht an und sieht zu mir. „Würdest du bitte seinen Kopf drehen und heben und senken?"

Ich gehorche und bewege Andés Schädel sehr sacht in jede Position, die mir Asklepios diktiert. Mein großer Bruder muss alles mit sich geschehen lassen. Unwillkürlich streiche ich mit den Daumen tröstend über eine eingefallene Wange.

Andé sieht blicklos zu mir auf und zwinkert leicht mit dem rechten Auge. Erst verstehe ich nicht, dann frage ich: „Ist gut?"

JA.

„Es tut mir weh, dich so zu sehen."

JA.

„Du weißt?"

JA!

Endlich ist Asklepios fertig und befragt nun Medea und Tess, sowie die beiden Ärzte, die nun hinzugekommen sind. Dionysos beugt sich inzwischen über Andé und fragt: „Ich habe vergessen, die Bilder vor deinem Sehen fortzunehmen. Soll ich dir stattdessen mal zeigen, wie deine Geschwister inzwischen aussehen?"

JA!

„Halt!", ruft Asklepios dazwischen. „Deine Ansichten der Köpfe dieser beiden jungen Männer brauchen wir noch!"

„Ja, gut!" Mit einer Handbewegung schiebt der Gott des Wahns die Bilder zum Tisch herüber, an dem der Heilergott mit den Ärzten, Medea, Tess und Aria sitzt. Die Gabe wird dankend angenommen. Asklepios steht sofort auf, deutet auf eine Stelle und erläutert den anderen etwas. Tess wendet sich schaudernd ab.

Bums! Der Schlag tut mir schon beim Zusehen weh. Im Bemühen, alles genau zu sehen, sind Aria und Medea mit den Köpfen aneinander gestoßen und reiben sich nun die schmerzenden Stirnen. Einer der Ärzte rennt ins Haus und kommt mit feuchten, kühlenden Tüchern wieder, die er den den beiden reicht.

Dionysos verbeißt sich nur mühsam das Lachen und bildet die Szene direkt über Andé nach. Dessen Augen ziehen sich in einem herzhaften, aber stummen Lachen zusammen. Offenbar kann er sehen, was der junge Gott in der Luft produziert – aber sonst nichts. Ich frage mich, wie das möglich ist.

„Ich auch. Asklepios fand das ebenfalls sehr interessant." Dionysos scheint Gedanken lesen zu können.

Der junge Gott lacht ob meiner skeptischen Miene. „Nein, ich kann nicht hören, was du denkst. Aber es hat sich sehr deutlich in deinem Gesicht abgezeichnet."

Oh. Mit meinem Stierkopf habe ich mich verzweifelt bemüht, die Mimik der Menschen nachzuahmen. Nun, mit meinem menschlichen Gesicht übertreibe ich das vermutlich. Da werde ich noch einige Zeit zum Anpassen benötigen.

Um mich abzulenken, sehe ich auf die Bilder, die der Gott des Wahns produziert. Er zeigt uns vier Geschwister nebeneinander und mir fällt wieder auf, dass ich wie ein Riese zwischen ihnen stehe. Selbst in meiner menschlichen Fom unterscheide ich mich stark von ihnen. Allein meine Schultern sind gut doppelt so breit wie die von Laus und meine Körpermasse würde ausreichen, um alle drei daraus zu formen.

Offenbar spürt Dionysos, worauf sich Andé gerade konzentriert. „Ja, er scheint nur aus Muskeln zu bestehen. Ich frage mich, ob er Atlas ablösen könnte."

Ich muss lachen und sehe, dass auch Andés Augen lächeln. „Ich bin doch nicht Herakles!"

„Nein. Der ist ein gutes Stück kleiner." Dionysos scheint ihn zu kennen. Ich für meinen Teil lege keinen Wert auf die Bekanntschaft mit dem Helden.

Dionysos schiebt nun das Abbild von mir in den Vordergrund, bis mein Gesicht alles überdeckt. Obwohl Andés Miene völlig ausdruckslos ist, strahlt er förmlich Konzentration aus. Sein seelenloser Blick wandert zu mir und dann wieder zu dem Bild, als könne er es sehen. Ich vermute aber, dass der Gott es ihm direkt ins Gehirn setzt.

„Er ähnelt dir sehr, nicht?"

JA.

„Gefällt dir das?"

JA!

Jetzt werde ich zurückgeschoben und Laus nähert sich. Auch ihn betrachtet Andé aufmerksam.

„Er wird zum Mann", bemerkt Dionysos.

JA.

„Und zum Krieger."

NEIN.

„Oh. Ich glaube, du hast recht."

Jetzt wird Fee deutlich gezeigt. Andés Blick wird weich.

„Sie ist überaus begabt. Ihr Bildnis von Aphrodite ist sehr detailliert und lebensecht gearbeitet."

JA.

Woher weiß Dionysos das denn nun schon wieder? Ist er uns auf Delos etwa gefolgt?

Meinen misstrauischen Blick deutet der junge Gott richtig. „Ich bekomme im Allgemeinen mit, was an meinem Tempeln gesprochen wird. Und als ich Ariadnes Stimme vernahm, kam ich dazu."

Oh. Ob ich Aria verraten soll, dass ihre laut geäußerten Betrachtungen zu den riesigen Phalli an Dionysos' Tempel an seine Ohren gelangt sind?

Inzwischen rückt Aria in den Vordergrund. Ihr Bild ist etwas unscharf. Bei genauerem Hinsehen stelle ich fest, dass ihr Körper durch die Kleidung durchschimmert und werfe Dionysos einen empörten Blick zu. Der wird rot und bedeckt Aria schleunigst komplett. Andés Augen ziehen sich ärgerlich zusammen und rollen in Richtung des Gottes.

„Er – äh – hat sich schon gebessert", sage ich in Richtung Andé.

??? !!! – Das nennst du gebessert?

Ich kenne Andé noch immer gut. Ich brauche keine Übersetzung. Dionysos auch nicht.

„Ich werde nichts gegen ihren Willen tun", versichert er meinem großen Bruder.

JA! !!!!!

Oha. Dionysos sollte sich vorsehen. Ich kann mir vorstellen, dass Andés Wut, sollte der Gott unserer Schwester zu nahe treten, die Fesseln seines gelähmten Körpers sprengen würde. Was einerseits nicht schlecht wäre, andererseits aber vermutlich zu einem totalen Zusammenbruch führen würde, nachdem Andé Dionysos zurechtgestutzt hat.

Jetzt tritt Asklepios mit Aria und Medea zu uns.

„Dion", wendet sich meine Schwester sofort an ihren göttlichen Verehrer. „Kannst du bitte deine Bilder wieder herholen von da", sie winkt unbestimmt zu dem Tisch hinüber, über dem unsere Abbilder immer noch schweben, „und noch etwas tiefer gehen? Klepi muss sich da noch einiges genauer ansehen."

Asklepios' Miene ist sehenswert. Offenbar hat ihn keiner vor Arias Angewohnheit gewarnt, alle Leute abzukürzen, die sie mag. Aber der Gott der Heilung fängt sich rasch und beginnt mit Dionysos, der uns wieder die Hände auf die Köpfe gelegt hat, das Innere unserer Schädel durchzugehen.

„Das Gute ist", beginnt Asklepios nach einer Weile. „Androgeos ist vollkommen gesund."

Zur Abwechslung ist es mal jemand anders, auf den die fragenden, skeptischen und hoffenden Blicke gerichtet sind. Nett, dass das auch anderen mal passiert.

„Du meinst, du hast ihn geheilt? So?" Fee vollführt eine Geste, die sie wohl für magisch hält.

„Nein, das nicht. Ich meine damit, bis auf die Lähmung ist alles mit seinem Körper in Ordnung. Alle Gliedmaßen sind intakt, die Gelenke lassen sich frei bewegen und vor allem im Nacken war keine Steifigkeit zu bemerken."

„Steifigkeit?" Ich kann mal wieder den Mund nicht halten. „Also eine Versteifung?"

„Eine Versteifung ist dauerhaft", erklärt Laus, unser lebendes Lexikon. „Steifigkeit ist der Widerstand gegen ein Verbiegen."

„Stimmt", nickt Ikar. „Das gilt auch in der Mechanik."

Asklepios wirkt verwirrt; unser Zwischengeplapper hat ihn aus dem Konzept gebracht. Vermutlich ist er es nicht gewöhnt, während des Dozierens unterbrochen zu werden.

Dionysos grinst ihn an. „Daran muss man sich gewöhnen. Das scheinen alle von Helios' Enkeln an sich zu haben, man kann nie ausreden, wenn sie dabei sind."

„Ah, verstehe". Asklepios fängt sich wieder. „Nun, eine Nackensteifigkeit hätte auf innere Entzündungen hingewiesen; das ist ganz offensichtlich hier nicht der Fall. Oder auf eine Blutung zwischen den Hirnhäuten – das Gehirn besitzt nämlich mehrere Häute ..."

„Wie eine Zwiebel?" Erschrocken schlägt sich Fee auf den Mund.

Diesmal lässt sich der Gott jedoch nicht irritieren. „Ja, so könnte man es ausdrücken. Dass Androgeos' die Bilder wahrnehmen konnte, die ihm Dionysos direkt ins Gehirn gelegt hat, beweist, dass sein Gehirn noch Bilder annehmen kann. Und wie mir die Ärzte berichteten, sind auch die natürlichen Körperfunktionen bei ihm ganz normal."

Andés Gesicht färbt sich dunkler. Mir wird bewusst, wie unangenehm es sein muss, vollkommen wach miterleben zu müssen, wenn man wie ein Kleinkind gesäubert und gewickelt wird.

Asklepios fährt fort: „Soweit es sich aus den Bildern von Dionysos und den Symptomen von Androgeos schließen lässt, sind Gehirn und Hirnhäute intakt. Das Problem ist der Druck auf das Gehirn, der durch den eingedrückten Schädelknochen und vor allem den Bluterguss zwischen Knochen und Hirnhaut entsteht. Dadurch werden offenbar Teile des Gehirns blockiert, die für die Bewegung und das Sehen zuständig sind."

„Wie geht denn das?", fragt Fee verwundert, während Laus ausruft: „Also haben die Philosophen recht, die jedem Organ eine eigene Aufgabe zuordnen!"

Asklepios nickt. „Ja und auch die Annahme einiger Philosophen, das Gehirn steuere Bewusstsein, Gefühle und Regungen, ist durchaus richtig."

„Warum sagst du es ihnen dann nicht? Dann würden sie aufhören zu streiten!"

„Weil die Menschen es selbst herausfinden müssen. Es ist nicht gut, wenn wir Götter uns zu sehr einmischen", erklärt Asklepios.

Ich sehe, wie Dionysos den Mund verzieht und denke mir meinen Teil. Es geht sicher um Zeus' Verbot, den Menschen in ihrer Entwicklung zu helfen. Prometheus hat ja bereits erfahren müssen, wie der Olympier reagiert, wenn man das umgeht.

„Jedenfalls", fährt der Heilergott fort, „lassen die Beobachtungen über Kopfverletzungen darauf schließen, dass jeder Teil des Gehirns seine eigenen Aufgaben hat. Darum hat euer Bruder so lange überlebt. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass er sich erholen kann, wenn man den Druck von seinem Gehirn nimmt."

„Kannst du das machen?" Fees Frage trifft den Kern dessen, was uns alle bewegt. Asklepios' Ausführungen mögen ja interessant sein – ich bin sicher, dass sich Laus gedankliche Notizen gemacht hat – aber im Moment wollen wir alle nur einfach Andé zurückhaben.

„Ich glaube ja", Asklepios dämpft unsere aufsteigenden Hoffnungen gleich wieder. „Aber dazu brauche ich sehr feine und doch stabile Werkzeuge von einer Art, wie ich sie nicht habe. Ich hoffe, dass Hephaistos eine Lösung weiß. Ich müsste den Knochen aufsägen und eine Säge, die fein genug ist, ihm nicht zu schaden, ist auch zu schwach dafür."

Wir lassen enttäuscht die Köpfe sinken. Hephaistos' Geschick als Schmied in allen Ehren, aber die Frage ist ja auch, ob er überhaupt zu helfen bereit wäre.

Hinter mir ertönt plötzlich ein Lachen. „Ach, wenn's nur das ist ... Das lässt sich machen."

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