Kapitel 27 - Flammen & Asche

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Zane blickte ihr direkt und mit ernster Miene ins Gesicht. Seine Brust hob und senkte sich schwer und sie konnte seinen rasenden Puls förmlich in ihren Ohren hören. Was sie aber auch hörte, war das Knurren, mit dem er seine Worte herauspresste und wie viel Überwindung es ihn gekostet hatte.

Wie widerwärtig musste es für ihn sein, sich dazu herabzulassen?

War ihm die Rache für Kaie so wichtig, dass er sogar den Todfeind an seine Kehle ließ?

Oh, dummer kleiner Kater...

Ihr Blick glitt von den Katzenaugen des Caith-Sith über sein blutüberströmtes Gesicht.

Dann beugte sie sich zu ihm hinunter. Ihr langes, silberweißes Haar fiel ihr über die Schultern und befleckte sich mit dem Blut der Menschen und des Caith-Sith selbst, als ihr kalter Atem seinen Hals streifte. Sie sah den schnellen Puls des Lebens unter seiner gebräunten Haut flattern, der sie anzog, wie ein Fluss aus Honig und Milch.

Niemand bot einem Vampir an, von ihm zu trinken und konnte erwarten, dass jener sich zurückhielt. Sie kannten keine Scham, keine Hemmungen, keine Bescheidenheit, keine Zurückhaltung. Vampire waren die Verkörperung der Gier. Sie nahmen sich alles, was sie in die Finger bekamen. Sie war verletzt und durstig... Wenn sie ihre Zähne erst in seinen Hals geschlagen hatte... dann würde sie nicht so leicht aufhören können.

Und doch kämpfte sie gegen den fast übermächtigen Drang an, ihm wie ein wildes Tier an die Kehle zu springen und ihre Zähne tief in seinen Hals zu schlagen.

Was hielt sie zurück?

Myra atmete zitternd ein und wusste es: Es war der Duft von Wildblumen und Zedernholz... das seltsame, unerwünschte, irritierende Ziehen in ihrer Brust, wo nichts sein dürfte und vor allem der Gedanke an Kaie. 

Ihre Lippen glitten über die kantige Linie seines Kiefers und ihre Zunge folgte einer Spur von Blut zu der Wunde an seinem Mund.

Zanes Adamsapfel hüpfte, als er härter schluckte und sie hörte, wie er den Atem anhielt. Seine Finger griffen nach ihren Oberarmen und packten sie so fest, dass Myra unsicher wurde, ob er sie nicht gleich wegschleudern würde.

Es gab nur diese Möglichkeit. Sein Hals war keine Option, so viel Selbstbeherrschung besaß sie im Moment nicht. Seine Arme... durfte sie nicht noch mehr verletzen. Ein Schluck nur sollte reichen... nur ein klein wenig...

Statt zurückzuweichen, überwand sie die letzte Distanz. Ihre Zunge streifte seinen Mundwinkel, kostete die roten Rubintropfen, dann legte sich ihr Mund auf seinen. Ihre Zunge pflückte den honigsüßen Geschmack des Lebenssaftes von seinen Lippen. 

Myra erschauderte beinahe vor Verzückung. Er schmeckte nach warmem, köstlichem, metallischem Blut. Seinem, dem der Menschen, denen er die Kehle aufgerissen hatte. Sein ganzes Gesicht war voll davon und so manche mit weniger Stolz hätten es ihm vielleicht sogar von Wangen und Stirn geleckt. 

Vampiren bedeutete die Lust nichts. Ein Kuss und mehr war so leicht verschenkt, wie ein falsches Lächeln oder so simpel für sie, wie ihre Form in Nebel zu wandeln. Es hatte normalerweise keine Bedeutung. Doch nun... war es Kaies Bruder. 

Aber er war es auch, der unbedingt überleben musste. 

Und es gab einen Mörder zu jagen. 

Mit einem Keuchen öffnete er den Mund und die Lippen um sie einzulassen, dann wurde sie von seinen Händen nicht etwa weggestoßen, sondern schon fast grob an seine Brust gezogen. Sie spürte ein tiefes Grollen, das seine Brust vibrieren ließ, als er ihrer Zunge fordernd entgegenkam und es schien, als wollte er sie auf seine Art und Weise ebenso verschlingen.

An diesem Kuss war nichts Zärtliches.

Vielmehr schwang darin Wut, Frustration, Hass, Abscheu ... und eine seltsame Anziehungskraft, die in ihrer explosiven Art geradezu berauschend war.  Myra fühlte sich wie damals, wenn die Kaie küsste. Als sickerte Wärme in ihre Adern zurück, wo es lange kein Leben gab. Doch das hier war anders. Selbst jetzt, in diesem kurzen Moment, kämpften sie darum, zu dominieren. Jeder über den anderen. 

Ihre scharfen Zähne drückten auf weiches Fleisch, als Myra ihre Lippen auf seine presste und ihre Zunge ein wenig gieriger nach dem Geschmack des Lebens haschte. Sie wollte nicht IHN, so wenig wie er sie wollte. Darum ging es nicht. Sie wollte sein Blut und das, was darin lag: Macht und Heilung. 

Es war schon beinahe faszinierend, dass er noch klar genug dachte, damit seine Finger an ihren Armen fest in ihr Fleisch drückten. Seine Rettungsleine, wenn sie ihn doch noch ansprang. Vampire, ihre Nähe und vor allem ihr Biss waren berauschend. Eheschwüre und Geliebte spielten keine Rolle, sah man einem Vampir lange genug in die Augen und küsste man einmal die sündigen Lippen. 

Aber hier trafen Hitze und Kälte aufeinander, Leben und Tod, Gegensätze in allem was sie waren und entluden das Chaos unterdrückter Gefühle ineinander. Der Rausch riss sie beinahe hinfort bevor sie ihm in die Unterlippe biss und die bereits leicht verheilte Wunde mit den spitzen Zähnen frisch aufriss.

Ein Knurren unterbrach den Kuss, und die beiden Seelenspiegel, die nicht unterschiedlicher sein konnten, starrten einander für einen Herzschlag an, der in ihrer Brust gleichzeitig widerhallte.

Seine Augen waren dunkel und es war schwer zu sagen, ob es Abscheu und Hass war... oder vielleicht doch etwas anderes.

Obwohl es nur wenige Sekunden waren, kamen sie ihr wie eine Ewigkeit vor.

Mit der Andeutung eines Lächelns auf den Lippen wischte Myra den einzigen Tropfen Blut von seinem Kinn, der aus der Wunde sickerte, und leckte ihn von ihrer Fingerspitze wie köstliche Schokolade.

Beißen und Trinken von ihm ... nein, das würde sie nicht. 

Er war Kaies Bruder... und sie nahm nur dieses eine Mal, was sie benötigte. 

Und dann niemals wieder. Aber das musste er nicht wissen. Es war besser, wenn er sie weiter für das kalte Monster hielt... denn das sollte sie eigentlich sein. Und das musste sie sein. Um Kaie zu rächen, würde sie so monströs werden, wie sie musste. 

„Vielleicht ein andermal, Kater...", summte sie deshalb, sprang von ihm weg und haschte der flüchtigen Beute hinterher.

Casimirs Schritte entfernten sich. Das Dickicht raschelte.

Der Vampirspross bahnte sich seinen Weg durch das Grün, mitten hinein in die Dunkelheit der Nacht. 'Die Toten reiten schnell', hieß es einst in der Ballade Lenore. Die Schnelligkeit der Untoten war eine ihrer Stärken. Casimir war keine Ausnahme.

Aber Myreille auch nicht.

Auf seiner Flucht brachen Äste knackend und Blätter raschelten wütend, als Myreille wie eine Erscheinung aus Nebel und Schatten aus der Dunkelheit auftauchte und ihn von den Füßen riss.

Körper prallten aufeinander, Knurren und Brüllen wie von kämpfenden Raubtieren erfüllte die Nacht, dann schleuderte Myreille den verräterischen Mörder zurück auf die grüne Fläche des Schlachtfeldes. Die Wucht ließ die Knochen des jungen Vampirs hörbar knacken und röchelnd blieb er im blutverschmierten Gras liegen, nur wenige Katzensprünge von Zane entfernt.

Mit einem Wimpernschlag hatte Myreille die Distanz wieder überbrückt und sprang Casimir erneut an. Der Verräter versuchte, nach ihr zu schlagen, verfehlte sie knapp und riss mit seinen scharfen Krallen blutende Wunden in ihr Gesicht.

Gnadenlos holte Myra aus, schlug seine Hand beiseite und stieß zu. Fleisch und Stoff zerrissen, als die scharfen Krallen sie durchdrangen. Mit lautem Knacken brach das Brustbein unter der Wucht, als ihre Hand sich tief in den Brustkorb des anderen Vampirs grub. Wie ein Messer wühlten sich die Klauen durch das Fleisch - und durchbohrten das tote, kalte Herz wie eine präzise Klinge.

„Das ist für Kaie...", summte Myra, und es fühlte sich an, als wäre ihre Rache zum Greifen nah.

Casimirs rot glühende Augen starrten sie an, weit aufgerissen. Blut füllte seine Kehle, er würgte seinen eigenen Lebenssaft, während seine langen Finger in letzter Anstrengung ihren Arm umklammerten. Seine scharfen Fingernägel gruben sich in ihre Haut und hinterließen Schnitte wie die einer Katze, die sich zur Wehr setzte.

Der vergehende Körper unter ihr krümmte sich und dann...

lachte Casimir.

Es war ein gurgelndes, rachsüchtiges Geräusch, durchzogen von den letzten Atemzügen eines Sterbenden.

„Kaie... war unbedeutend... mein Tod ist unbedeutend", stieß Casimir hervor und um seine Lippen spielte das schmierige Grinsen eines Mannes, der sich selbst jetzt noch seines Sieges sicher war. „Ihr wisst nichts!"

Blinder Zorn erfüllte die Vampirin, die ihre blutverschmierten Finger aus seiner Brust zog, um ihn am Kragen zu packen. Ein eisiger Schauer fuhr ihr durch die Glieder, obwohl sie längst tot war. Eine dunkle Ahnung, deren Wurzel im Verborgenen lag, doch Myra hatte ihr Instinkt selten getäuscht.

„Was meinst du damit?", zischte sie eisig.

„Es ist viel größer... das ist erst der Anfang...", spie er.

Casimir lachte kalt und höhnisch, während sein Körper Stück für Stück zu grauer Asche zerfiel.

In diesem Moment zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Stille, und ein heller Schein verwandelte die Nacht für Sekunden in einen gleißenden Tag.

Myra riss die Augen auf und wandte den Kopf. Selbst hier spürte sie noch, wie der Boden unter ihnen bebte, und hinter den Baumwipfeln hüllte orangerotes Licht den eben noch dunklen Himmel in die Farben eines falschen Morgens.

Die Vampirin sprang von Casimir auf.

Sein schallendes Lachen und seine Genugtuung blieben bei dem Sterbenden. Sie waren die Einzigen, die ihm in seinem letzten Atemzug Gesellschaft leisteten.

Myreille hingegen schoss mit fliegenden Schritten den nächsten Hügel hinauf. Von dort aus konnte man einen großen Teil von Paris überblicken.

„Was war das?", hörte sie Zane keuchen kurze Zeit später, der ihr folgte, aber viel langsamer hinterher kam.

"Jetzt wissen wir, für was sie dich als Sündenbock gebraucht haben..."

Als Zane schließlich bei ihr angekommen war, starrte er auf die Stadt hinab und fand darin seine Antwort.

Der Geruch von Feuer und Asche lag in der Luft. Lodernde Flammen erhellten den Nachthimmel und griffen gierig nach allem, was sie erreichen konnten. Der Wind trug das Dröhnen von Signalhörnern und Glocken an ihre Ohren. 

In dieser Nacht waren vom Palais Garnier und den umliegenden Gebäuden nur noch Trümmer übrig geblieben, inmitten von Tod, Flammen und Asche.

Mit klopfenden Herzen starrten sie auf das Bild des Grauens, und es war, als heulten Casimirs letzte Worte im Wind über den Hügel:

„Es ist viel größer... das ist erst der Anfang".

Wortanzahl: 1.654 Wörter

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