Trauer, Einsamkeit und mitten drin ein heller Stern

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Sein Handy klingelte bereits zum zweiten Mal in der letzten Minute. Wieder war es Veni, der versuchte ihn zu erreichen. Unter Tränen verschleierter Sicht drückte er ihn weg und vergrub den Kopf im Kissen. Dicke Tränen tropften auf das Kissen, lautes schniefen war zu hören. Vor schluchzen bebte sein Körper und er gab sich nicht mal die Mühe das zu verstecken. Ihm ging es scheiße und das sollte man auch sehen. Wieder hallte sein fröhlicher Klingelton durch das Zimmer. This Isn't Love. Eigentlich hatte er erwartet, dass How hard I try spielen würde, der Klingelton den er für Veni eingestellt hatte. Der hier war aber Stegis. Nur wollte er weder den, noch sonst wen sprechen. Blind tippte er auf dem Display rum, bis das klingeln verstummte. Er könnte sowieso nichts sehen, selbst wenn er hinschaute. Sein Zimmer war komplett abgedunkelt. Nur ein schmaler Streifen schwachen Lichtes schien unter der Tür hindurch. Ob nun Morgen oder Abend war, konnte er nicht sagen. Sein Zeitgefühl war weg. Mit dem Kissenbezug versuchte er sich die Tränen weg zu wischen, doch es flossen unaufhörlich neue nach. Als ob es nicht genug wäre, klingelte nun schon wieder sein Handy, diesmal aber wie sollte es auch anders sein Veni. So ging das seit Tagen. Erst war es nur ein Anruf pro Tag und die ein oder andere Nachricht. Verständlich, dass er such Sorgen machte, wenn Tobi nicht zu Aufnahmen auftauchte und dann noch kein Lebenszeichen von sich hinterließ. Mittlerweile häufte sich das und jetzt war es ein Dauer klingeln zwischen Veni und Stegi. Dabei wollte er nichts mehr als Ruhe. Einfach nur vor sich hin existieren. Sofort drückte er seinen besten Freund wieder weg. Natürlich kränkte er ihn damit auch, aber es ging im Moment nicht. Ihm ging es zu scheiße. Nur zwei Sekunden später schallte das Lied wieder durch den Raum. Seine Finger verkrampften sich leicht, während sich ein dumpfes pochen von seinem Herzen aus ausbreitete und sich durch seine ganze Brust zog. Schmerz gemischt mit den Erinnerungen kam hoch und er hätte sich am liebsten direkt übergeben. Außer einem leeren Würgen kam nichts hoch. Wie auch, wenn er absolut nichts zu sich nahm. Innerlich rang tobi mit sich selbst. Würde er es für zwei Minuten schaffen, nicht wie ein Kleinkind rum zu flennen und Veni zu beruhigen? Nein war die simple Antwort. Andererseits brauchte er Hilfe. Und Veni war sein bester Freund. Ihm konnte er das sagen und sicher auch drüber reden. Veni würde ihn niemals im Stich lassen. Schluchzend griff Tobi schließlich nach seinem Handy, hob dafür sogar den Kopf aus dem Kissen und drückte mit zitternden Fingern auf den grünen Hörer. Irgendwie traf er auch noch den Lautsprecher, damit er sich das Handy nicht ans Ohr halten musste. Das alles kostete Kraft, die er nicht hatte. Er konnte das erleichterte seufzen am anderen Ende hören, ehe die Standpauke anfing. „ Na endlich. Verdammt Tobi warum zur Hölle bist du nirgends zu erreichen? Wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Man kann dich seit einer Woche nicht mehr erreichen und du antwortest auf keine einzige Nachricht." In Venis Stimme schwang Sorge, wie auch Erleichterung und Wut mit. In erster Linie schien er aber froh zu sein, endlich wieder was von ihm zu hören. Tobi wollte ein sorry herausbringen, sich somit entschuldigen, für all den Trubel, den er fabriziert hatte, doch ihm glitt nur ein schluchzen über die Lippen. Tränen rannen wieder vermehrt seine Wangen hinab. Seine Freunde waren das letzte, was er noch hatte. Bei dem Gedanken zog sich in seiner Brust alles schmerzhaft zusammen. „ Hey Tobi alles gut. Beruhig dich, ich bin für dich da. Tief durchatmen, dann wird's besser." Sein Ton war mit einem Mal viel sanfter und besorgter. Die Wut darin war völlig verschwunden. Tobi zog nur wieder die Nase hoch und kniff die Augen zusammen. Teils um die Tränen zu stoppen, unterbewusst, um so zu verdrängen, dass Veni das gerade mit anhörte. Zitternd atmete er ein und aus, versuchte so die aufkommenden Gedanken nieder zu kämpfen. „ Sch es wird alles gut. Was ist los?", versuchte Veni ihn zu beruhigen. Gefühlt war sein Ton noch sanfter geworden und das lullte Tobi ein. Besser machte es das nicht. Eher schlimmer. An seiner Situation konnte man nichts mehr ändern. Sein schluchzen wurde nur noch unkontrollierter, schien bald schon hysterisch zu werden. Die nächsten Worte über die Lippen zu bringen verursachte innerlich Schmerz bei ihm und er schaffte es nicht mal mehr den Satz beenden. Es auszusprechen war, als ob er es endgültig machen würde. Als ob sie durch diese Worte erst starben und alles real wurde, auch wenn Tobi wusste, dass es totaler Quatsch war. „ M-eine Elt-ern... sie, sie sind.." Tobi brach in schluchzen ab, aber Veni schien es auch so zu verstehen. „ Scheiße.", war das erste, was er betroffen über die Lippen brachte. Dann herrschte eine kurze Stille seinerseits. Wie geht's dir damit? Ich mein kommst du klar? Du weißt hoffentlich, dass du jederzeit anrufen kannst. Ich bin für dich da. Ein Wort genügt und ich Sitz im Zug und komm zu dir." „ B-it-te.", schluchzte Tobi nur. Er ertrug die Einsamkeit nicht mehr. Ständig waren die Bilder des Unfalls in seinem Kopf. Wie seine Eltern schwerst verletzt im Krankenhaus lagen und schließlich starben. Das war gut eine Woche her. Jetzt noch sah er dieses grelle Licht auf sie zu rasen und frontal in ihr Auto krachen. Die Sekunden, wie ihre blutverschmierten und verletzten Körper auf liegen in den Krankenwagen geschoben wurden. Das weiße Tuch, welche über ihren Retriever Muk gelegt wurde, welche im Fußraum bei ihrer Mutter gesessen hatte. Seitdem hatte er sich nicht mehr aus dem Bett bewegt. Die Welt war grausam, hatte ihm sein Leben genommen und den Mut weiter zu machen. Er konnte nicht mehr. „ Gut fünf Stunden, dann bin ich bei dir. Stegi ist solang bei dir. Dann bist du nicht so alleine. Halt durch." Noch während er sprach, schien Veni aufgestanden zu sein und hastig irgendwas zu tun. Ein in Schluchzen untergehendes ja kam ihm über die Lippen, ehe Veni auflegte. Nur Sekunde später, als hätte der blonde darauf gewartet, klingelte sein Handy wieder. Veni zu liebe nahm er an. Der sollte sich keine zusätzlichen Sorgen um machen. „ Mein Beileid Tobi. Ich weiß, wie wichtig sie für dich waren. Kein Grund deswegen den Kopf in den Sand zu stecken. Das Leben geht mit dir weiter. Außerdem hast du jetzt zwei tolle Schutzengel, die nicht wollen würden, dass du dich selbst aufgibst." Stegis sonst so fröhliche gut gelaunte Art -welche jetzt natürlich ziemlich betroffen und mitleidig war- mit diesen sanften Worten brachte ihn unter Tränen leicht zum kichern. Keine Ahnung warum, aber es tat unheimlich gut. „ Siehst du. Den Spaß am Leben verloren zu haben scheinst du noch nicht. Das ist gut. Weißt du was, sobald Veni bei dir ist, pack ich hier auch zusammen und komm zu dir. So wie ich dich kenne, ist n Haufen liegen geblieben, bei dem du Hilfe gebrauchen kannst." Das war schon das zweite kichern, was ihm dank Stegi entwich. Er zog die Nase hoch und wischte sich die Tränen aus den Augen. Zum ersten Mal seit dem Unfall hatte er das Gefühl aufhören zu können zu weinen. „ Weißt du, dein Lachen zu hören ist gerade das schönste Tobi. In erster Linie brauchst du einfach Ablenkung und Hilfe, das zu verarbeiten. Dafür werden Veni und ich schon sorgen kleiner." „ Danke.", flüsterte Tobi schniefend. Seine Stimme war total rau von dem wenigen sprechen und trinken. Mit wem auch. Die Wohnung war leer bis auf ihn. Mal ganz abgesehen davon, dass er seit einer Woche pausenlos heulte. „ Nicht dafür Tobilein. Probier mal ein wenig zu schlafen kleiner. Ich bleib dran, falls was ist und red dich in den Schlaf. Sicher hast du schon ewig nicht mehr geschlafen. Tut dir gut." Tobi kuschelte sich wieder in die Kissen zurück, schob ein paar benutzte Taschentücher beiseite und schloss die Augen. Sein Handy neben seinem Kopf liegend schloss er die Augen und lauschte Stegis zugegeben sehr sinnlosen Erzählungen. So dumm es auch klang, es brachte die Stimmen und Bilder in seinem Kopf zum schweigen und ließ ihn seit langem einschlafen.

Wach wurde er durch eine heftige Diskussion auf dem Flur. Sofort fühlte er sich wieder allein gelassen und ihm ging es unglaublich schlecht. Alles holte ihn wieder ein. Schwach beugte er sich über den Bertrand und erbrach das wenige, was sein Körper noch zu bieten hatte. Sprich Magensäure und Spucke. Die streitenden Stimmen auf dem Flur wurden leiser, dafür wurde ein Schlüssel in seinem Schloss gedrehte. Zu dieser Wohnung besaß eigentlich nur eine Nachbarin, eine ältere Dame einen Schlüssel. Und einfach so ging diese nicht in die Wohnung. Kaum war die Tür offen, waren schnelle Schritte zu hören. Wohl angelockt von seinen würge Geräuschen, klopfte es zaghaft gegen die Tür und diese wurde geöffnet. Licht strömte herein, weshalb Tobi sofort die Augen zusammen kniff. Die letzte Woche hatte er in totaler Dunkelheit verbracht, demnach waren seine Augen wesentlich empfindlicher, was Licht anging. Wer auch immer es war, machte das Licht aber freiwillig wieder aus. „ Ich glaub, Sie können mich bei ihm lassen. Ich werde schon auf ihn aufpassen.", hörte er Venis vertraute Stimme. Er war also wirklich von Österreich aus zu ihm gefahren. Ihm wurde kurz warm ums Herz. Eine kleine Stelle tief im inneren. Fast augenblicklich fror die Stelle aber wieder zu und Kälte erfüllte sein Herz. „ Gut. Und entschuldige für die Unannehmlichkeiten." „ Kein Problem." Tobi hörte die Wohnungstür kurz darauf schließen, während Schritte in seinen Raum kamen. Die Matratze senkte sich unter dem neuen Gewicht und der Lattenrost knarzte leicht. Ganz sanft legte sich eine Hand an Tobis Schulter. Leicht hob er den Kopf. Ein schwaches Licht erhellte den kleinen Raum, was ihm nichts ausmachte. Es war nur minimal, damit man überhaupt was sehen konnte. „ Gott du bist total blass.", hauchte Veni und strich ihm sanft durch die fertigen schlaffen Haare. Duschen müsste er auch mal wieder. Bestimmt fand Veni ihn ekelig und abwertend. Nicht geduscht, teilweise noch Blutflecken auf den zerrissenen Klamotten, blass und abgemagert. Ihm kamen wieder die Tränen, doch diesmal wurde er sanft aufgerichtet und in eine Umarmung gezogen. Ganz behutsam, als wäre er zerbrechlich. Diese kleine Geste bedeutete ihm jedoch so unendlich viel. Er war endlich nicht mehr alleine. Leicht vergrub er sein Gesicht in Venis Hoodie, der ihn nur weiter beruhigend an sich drückte. „ Es wird wieder besser werden. Vielleicht nicht jetzt sofort aber bald. Das hier ist kein Weltuntergang. Was du brauchst, ist einfach einen geregelten normalen Alltag. Wir tun jetzt erstmal was dafür, dass du aus diesen Klamotten raus kommst und duschst und dann tun wir was gegen deinen mageren Körperbau. Du bestehst nur noch aus Haut und Knochen. Gesund ist das nicht mehr. Danach kuscheln wir auch, wenn du willst." Veni wollte den kleineren sanft hoch heben und ihn ins Bad tragen, da er sich nicht sicher war, ob Tobi noch die Kraft dazu hatte, doch sein zischen ließ ihn inne halten. „ Tschuldige, wo darf ich nicht hin fassen?", fragte er sofort besorgt, hielt ihn weiter, rührte sich aber keinen Millimeter mehr. „ Bein.", krächzte Tobi. Seine einzige schlimmere Verletzung, die er aus dem Unfall getragen hatte, während seine Eltern mit den Leben bezahlten. Es sollte anders rum sein. Er sollte jetzt in der Leichenhalle liegen und nicht sie. Zu seinen Füßen wurde die Decke weg geschlagen, sodass Veni den Gips sehen musste. „ Gut ich pass ab jetzt mehr auf. Hör auf zu denken Tobi. So wie es passiert ist, ist es akzeptabel. Du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Es wäre niemals besser, wenn du an ihrer Stelle jetzt dort liegen würdest. Red die das bitte nicht ein. Und ich weiß, das tust du im Moment." Veni kannte ihn wirklich gut. Noch behutsamer als davor, griff er Tobi unter Arme und Kniekehlen und hob ihn hoch. Ein wenig sträubte Tobi sich dagegen. Das Bett war der einzige Ort, an dem er sicher vor all dem Übel der Welt war. Bot ihm Schutz und wohlige Wärme. Ewig konnte er nicht liegen bleiben. Irgendwann musste er weiter machen. Tobi drückte sich halt suchend an ihn, genoss die Wärme, die von dem jüngeren ausging und seinen kalten Körper wieder etwas wärmte. „ Warte. Neben dem Bett, ich...", versuchte Tobi etwas von sich zu geben, doch er wurde sanft unterbrochen. „ Schon gut, ich hab gesehen, dass du dich übergeben hast. Ich mach's gleich weg." „ Aber.", protestierte Tobi schwach. Veni sollte nicht alles für ihn machen. Doch dieser achtete nicht mal auf seinen Protest, sondern trug ihn in den Flur und von dort aus ins Bad. Gerade als er ihn absetzen wollte, klingelte es an der Tür. „ Das ist wahrscheinlich Stegi. Er hatte gesagt, dass er fast zeitgleich mit mir ankommen sollte. Kann ich dich kurz hier sitzen lassen?" Auf ein schwaches Nicken hin wurde er auf dem Boden abgesetzt, sodass er an der Wand lehnte. Einige Sekunden blieben Venis Hände noch nah an Tobis Körper, um sicher zu gehen, dass er nicht umkippte. Langsam zog er diese zurück und stand auf. Mit einem milden Lächeln auf den Lippen verschwand er aus dem Raum, ließ nur das schwache Licht zurück. In Tobi machte sich Verlustangst breit. Unbegründet, aber dennoch hatte er das Gefühl alles und jeder würde ihn verlassen, sobald er außer Sichtweite war. Unterdrückt wimmerte er auf. Veni sollte wieder zu ihm kommen. Ihm fingen die Tränen an zu laufen, als er sekundenlang nichts hörte. Er war wieder alleine. Sein Atem wurde wieder hektischer und er bekam Panik. Aus dem Flur waren zwei leise miteinander redende Stimmen zu hören, die immer näher kamen, welche Tobi jedoch nicht wahrnahm. Er wurde erst aufmerksam, als jemand auf ihn zustürmte und er in eine herzliche Umarmung gezogen wurde. Kleiner und zierlicher, als Veni es war. Stegi. „ Nicht weinen Tobi. Wir sind für dich da.", hauchte der blonde in seinen Schopf. Schwach drückte Tobi sich fester an ihn. Wollte einfach spüren, dass er nicht allein gelassen wurde. „ Na komm du gehst jetzt mal duschen, ich sorg dafür, dass dein Bett ordentlich ist und wir zwei nen Schlafplatz haben und dann schlafen wir alle ne Runde. Es ist zwei Uhr nachts. Veni du hilfst ihm jetzt?" In dem schwachen Licht konnte er den brünetten Nicken sehen. Stegi löste die Umarmung, küsste ihn freundschaftlich auf die Stirn. Veni war es, der ihm vorsichtig aufhalf und auf den Hocker verfrachtete. Durch leichtes zupfen an seinem Pullisaum war Tobi gezwungen die Arme zu heben, was ihn unglaublich anstrengte. Vorsichtig zog Veni ihm den Pulli aus, sog dann erschrocken die Luft ein. Sein Oberkörper trug mehrere Schnittwunden, die durch das splitternde Glas verursacht wurden. „ Sieht übel aus. Ich probier da nirgends drauf zu kommen.", meinte Veni, während er begann Tobis Jeansknopf zu öffnen. Dieser fühlte sich ein wenig hilflos, fast schon erniedrigt. Nicht mal so was einfaches bekam er mehr selbst hin. Gleichzeitig war er aber auch irgendwie froh, dass kein weiterer Kommentar zu seinem mageren Körper kam. Sein Schlüsselbein zeichnete sich am deutlichsten ab, gefolgt von den Rippenbögen. Alle anderen Knochen jedoch ebenfalls. An ihm war kein Gramm Fett mehr. Vor einer Woche war er laut der Ärzte schon nah an der Grenze zu deutlichem Untergewicht. Tobi wurde leicht angehoben und ihm die Jeans ausgezogen. Seine Boxershorts blieben ihm zum Glück. Ihm wäre das peinlich, hier komplett nackt zu sitzen. Stegi kam noch mal kurz in den Raum, reichte Veni etwas und ging dann wieder. Etwas raschelte ziemlich stark. Es war ein Müllbeutel, den Veni über den Gips zog und mit Klebeband befestigte. Venis Hände legten sich unter seinen Arm und hoben ihn in die Dusche. Dabei gab er besonders acht auf Tobis verletztes Bein. Die Fliesen waren kalt auf seiner leicht ausgekühlten Haut, ließ ihn zittern. Mit dem Duschkopf in der Hand kniete sich Veni zu ihm runter und stellte das Wasser an. Noch hielt er die Brause weg von Tobi, hielt zwei der eigenen Finger drunter, um die Temperatur abzuschätzen. Tobi versuchte schwach nach Venis Hand zu greifen, der ihm seine zweite Hand anbot und ihm beruhigend über den Handrücken strich. „ Keine Sorge, ich bleib bei dir. Mich wirst du erst wieder los, wenn du das willst. Genauso wie Stegi. Versuch einfach mal nicht zu denken." Leichter gesagt als getan. Tobi versuchte wirklich sämtliche Gedanken in die hinterste Ecke zu drängen. Doch gerade die Verlustangst blieb ständig in seinem Kopf und machte ihn schier wahnsinnig. Der Gedanke wieder alleine da zu stehen war unerträglich. automatisch krallte er sich fester an Venis Hand. Dem tat es leicht weh, doch er sagte nichts. Im Moment brauchte Tobi das. Seine Eltern zu verlieren und das in so jungen Jahren musste schrecklich sein und er wollte sich nicht mal im Traum ausmalen, wie schlimm das sein musste. Plötzlich traf das Wasser sein Bein und Tobi zuckte heftigst zusammen. Nicht wegen der Temperatur, sondern einfach, weil er sich erschrocken hatte. Sofort breitete sich eine Gänsehaut über seinen ganzen Körper aus. „ Oh sorry. Zu kalt, zu warm?", entschuldigte Veni sich augenblicklich und hielt das Wasser wieder Richtung Boden, sodass es Tobi nicht mehr berührte. Leicht schüttelte Tobi den Kopf. Er war einfach nur zusammen gezuckt. „ Geht so?" Diesmal nickte Tobi schwach. Veni neigte seinen Kopf sanft nach hinten und ließ das Wasser dann vorsichtig über seine Haare und den Rücken hinunter laufen. Tobi schloss die Augen, versuchte einfach mal ruhig zu atmen und sich darauf zu konzentrieren. Erstaunlicherweise klappte das ganz gut und er dachte mal nicht an den Unfall. Auch kamen ihm die Bilder nicht mehr unter, sobald er die Augen schloss. Einer der Gründe, warum er kaum geschlafen hatte in letzter Zeit. Die Müdigkeit der letzten Woche machte sich deutlich bemerkbar. Doch er konzentrierte sich nur auf seinen ruhigen Atem. Veni löste seine Hand aus seiner, was ihn leicht panisch machte. Nur wenige Sekunden später fuhr jene Hand jedoch durch seine Haare. Nicht so, als wolle Venis sie bloß auswaschen, sondern als wolle er ihn beruhigen. Und das tat es auch. Kurz verschwand das Wasser und auch das Rauschen hörte auf. Stattdessen hörte er das klacken eines Deckels. Sanft fuhren Venis Hände durch seine Haare, verteilten das Shampoo in seinen Haaren. Kurz war da wieder keine Berührung, aber er hörte noch die Bewegungen des jüngeren, was ihm versicherte, dass Veni noch da war. Seine Hände legten sich an seine Schultern, fuhren seine Arme bis zu den Händen nach unten ab und an der Unterseite wieder nach oben. „ Versprichst du mir bitte, dass du morgen früh was isst? Ich spüre wirklich jeden Knochen unter deiner Haut. Gesund ist das nicht." Tobi konnte deutlich die Sorge raus hören, die in Venis Stimme lag. Ihm zu liebe nickte er auch. Zumindest probieren würde er es. Seine Eltern würden nicht wollen, dass er sich das antat. Wie sie sagen würden du bist noch so jung und hast dein ganzes Leben noch vor dir. Genieß es und lass dich von nichts und niemandem nieder machen. Er hatte lang genug gelitten. Zeit ein neues Kapitel aufzuschlagen. Venis Hände waren bereits über seine Brust und den Rücken gewandert, waren jetzt bei seinem verletzten Bein, was schon durch die Berührung leicht weh tat. Sagen wollte er aber nichts. Er war dankbar für die Hilfe, die er bekam. Lautlos gähnte Tobi. Am liebsten wollte er auf der Stelle einschlafen. „ Du hast's gleich geschafft. Gib mir noch drei vier Minuten, dann liegst du im Bett und kannst schlafen.", gab Veni sanft von sich und griff erneut nach dem Duschkopf. Wasser plätschern war zu hören und kurz darauf floss dieses über seinen Kopf, den Körper hinab und verschwand im Abfluss. Etwas Wasser lief ihm dieses Mal ins Gesicht, doch da er die Augen geschlossen hatte, störte es ihn nicht. Als das Wasser abgestellt wurde, versuchte Tobi sich selbst aufzurichten, was dank seines Beins nicht klappte. Mit Venis Hilfe dann schon. Veni nahm eines der Handtücher vom Hacken und wickelte Tobi darin ein. Dabei stützte er ihn immer noch leicht, damit nicht zu viel Gewicht auf dem verletzten Fuß lag. Tobi lernte jetzt, was Anstrengung hieß. Die zwei Meter zum Hocker, auf dem er sich fallen ließ raubten ihm komplett die Kraft. Hätte Veni ihn nicht gehalten, wäre er wohl direkt umgekippt. Einhändig hielt Veni ihn fest, trocknete ihn mit der anderen Hand ab und zog ihm schließlich die Boxershorts aus. Tobi wurde rot, doch in der Dunkelheit sah man dies nicht. Ihm wurde in eine neue Boxershorts und einen Hoodie geholfen. Kurz rubbelte Veni ihm mit dem Handtuch noch die Harre einigermaßen trocken, dann wurde er wieder hoch gehoben. Im Flur brannte Licht, weshalb er die Augen zusammen kniff und das Gesicht in Venis Pulli vergrub. Er wurde abgelegt, diesmal auf etwas weichem. Sein Bett. Sofort kuschelte er sich in die Kissen, ließ sich von einem der beiden zudecken. Erinnerungen, wie er die letzte Woche heulend hier im Dunkeln verbracht hatte kamen ihm wieder hoch und damit auch die Tränen. Diesmal war er aber nicht alleine. Mit dem Daumen wischte jemand ihn die Tränen aus beiden Augen und von den Wangen und fing dann an ihm über den Schopf zu streichen. „ Sch alles gut, du bist nicht mehr alleine. Ruh dich aus, wir sind bei dir, wenn du was brauchst." Das Bett senkte sich unter einem zweiten Gewicht. Eine zweite Hand legte sich diesmal an seine Schulter, was seine Tränen langsam stoppte. Er fühlte sich irgendwie schlecht, dass er nicht mal mehr heulen konnte. Dabei stimmte er doch noch trauern. Ihr tot war keine Woche her und er weinte schon nicht mehr um sie? War das normal? Sollte das so sein? Tief in sich drin wusste er aber dass er genug Trauer gezeigt hatte und innerlich auch ohne Tränen trauern konnte. Er musste nach vorne blicken. Tobi probierte einfach zu schlafen, alles um sich zu vergessen und sich nur auf seine beiden Freunde zu konzentrieren. Er könnte sich keine besseren wünschen.

Es dauerte gerade mal eine viertel Stunde, da hin und senkte sich Tobis Brust in langsamen, regelmäßigen Abständen. Lächelnd fuhr Veni ihm noch ein letztes mal durch die Haare, ehe er sich wie Stegi erhob. Leise schlichen sie auf den Flur und Stegi schloss geräuschlos die Tür hinter sich. „ Machen wir hier drin mal Großputz, während Tobi schläfst?", fragte Stegi leise, während sie beide in die Küche gingen und dort das Licht anmachten. „ Über Nacht würd ich schon sagen. Mal ordentlich aufräumen und Staub wischen und morgen Früh dann saugen und wischen. Gehen wir dann zusammen einkaufen? Tobi hat sicher kam mehr was essbares hier.", stimmte Veni ihm zu. Tobi so zu sehen war schon ziemlich heftig. Sämtliche Kommentare hatte er sich verkniffen. Normal war Tobi ordentlich und das wusste er auch. Ihn jetzt so in diese Ausnahmesituation zu sehen, tat einfach weh. Doch er konnte es gut verstehen. Wenn die Eltern starben machte man nicht einfach normal weiter. Es dauerte seine Zeit, bis alles wieder normal lief. Und sie konnten ihm dabei helfen, indem sie mal ein bisschen mit anpackten. „ Ich würde vorschlagen, dass wir Bilder und so abhängen und in ne Kiste packen, die wir erstmal ins Schlafzimmer seiner Eltern stellen. Wenn er das täglich sieht, kommt er nie drüber hinweg." „ Gute Idee. Dann ist alles noch da, aber er sieht es nur dann, wenn er wirklich möchte. Muks Sachen können wir dann gleich dazu tun." „ Oder wir spenden sie.", überlegte Stegi laut, während er sich ein Glas Wasser eingoss. Natürlich verwarf er den Gedanken sofort wieder. Das würde Tobi nicht verkraften. Muk war ihm zu wichtig gewesen. „ Auf gar keinen Fall. Das können wir Tobi nicht antun.", protestierte Veni sofort. „ Ich weiß." Veni nahm einen frischen Müllbeutel aus einem der Schränke unter der Spüle und schüttelte diesen auf. „ Ich geh mal alle Bilder hier rein packen. Machst du in der Küche und dem Wohnzimmer Klarschiff?" Mit einem letzten nicken seitens des blonden, ging er um den Esstisch herum und hängte die ersten Bilder von der Wand ab. Es waren so gut wie nur Familienfotos, oder Bilder von Tobi mit Muk. Sie waren alle samt unendlich niedlich. Vor allem klein Tobi mit dem Welpen. Er musste ihn fast sein gesamtes Leben kennen. So weit er sich halt zurück erinnern konnte zumindest. Das schmerzte besonders. Sorgfältig packte er alle Bilder in die Tüte, damit ja keins kaputt ging. Wörter machte er im Wohnzimmer und schließlich nahm er sich den Flur vor. Stegi hörte er die ganze Zeit leise Geschirr ins Spülbecken stellen, oder anderes Zeug wegschmeißen. Das würde eine lange Nacht werden.

Es wird nen zweiten Part geben. Wenn jemand noch wünsche hat, was er gerne hier sehen würde, immer her damit. Ich schreib fast alles. Es reichen zwei drei Strichpunkte. :^)

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