Wie Lorcan zu seiner Augenklappe kam (Teil 4)

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Wild mit den Armen fuchtelnd und seinen besten Kampfgesang auf den Lippen attackierte er die Merajotidaspinne. Lorcan strampelte noch schneller und holte zu ... zugegeben, er hatte keine Ahnung, was er tat, aber er hob die Hände und ballte sie zu Fäusten, wie für einen Schlag. Er schoss auf die Kreatur zu, die ihn still abwartend aus ihren kleinen schwarzen Punktaugen betrachtete. Der Verwesungsgestank, den die Spinne ausströmte, war fast zu viel für ihn und der Niom schluckte den sauren Geschmack hinunter. Eine der Zangen schnellte vor und schloss sich um Lorcans Taille. Spitze Krallen bohrten sich in seine Seiten und zerrissen seine Kleidung. Lorcan strampelte, doch eine Taubheit kroch von seinen Zehen die Beine hinauf und er riss sich die Haut an seinen Fingern auf bei dem Versuch, die Zangen zu lockern. Er wollte gar nicht wissen, wie es um seinen restlichen Körper stand. Alles brannte und kribbelte. Sein Herz raste und seine Kiemen schienen nicht genug Sauerstoff filtern zu können. Ein Ruck ging durch seinen Körper und er krümmte sich in dem Klammergriff, als die Merajotidaspinne sich in Bewegung setzte und langsam von der Steinsäule runterkletterte.

Lorcan vernahm einen Pfiff und Steinbröckeln, obwohl Letzteres könnte auch von der Kreatur kommen. Dennoch drehte er den Kopf in die Richtung, in der sich Sioda und Arianwen versteckt hielten. Er konnte nichts sehen, doch etwas sagte ihm, dass die beiden kaum ihre Beine stillhalten konnten und schon an einem Befreiungsplan für ihn arbeiteten. Er vertraute beinahe darauf. Dabei sollten sie die Möglichkeit nutzen und die Steintafel holen, die nun unbeobachtet auf der Steinplattform lag. Sein Plan, der keiner war, funktionierte! Die MErajotidaspinne hielt inne und ruckte in die Richtung, in die Lorcan immer noch schaute. Sie gab keinen Laut von sich, verharrte nur und stierte aus den toten Augen auf den Gang, in dem sich Sioda und Arianwen hoffentlich gut versteckten. Doch das stille Starren der Kreatur machte ihn noch unruhiger. Lorcan strampelte, schrie und hämmerte mit den Fäusten auf die Schale. Seine Haut an den Händen platzte weiter auf. Er spürte seine Beine nicht mehr, aber das war egal. Die Merajotidaspinne durfte seine beiden Schatzsucherkameraden nicht entdecken.

Ganz langsam drehte die Kreatur ihren Körper weg von dem Höhleneingang und setzte ihren Weg fort. Lorcan tobte noch weiter, um eventuelle weitere verdächtige Geräusche zu übertönen. Deswegen sah er auch das hakenbesetzte Bein zu spät, das auf sein Gesicht niederfuhr. Ein brennend heißer Schmerz flammte auf seiner Stirn und um sein Auge auf. Dann wurde alles schwarz.

                                                           *

Lorcan wachte auf und sein Kopf kam ihm doppelt so groß und wie in Ajevatowolle gepackt vor. Außerdem stimmte etwas mit dem Licht nicht. Eine Seite der Kapitänskajüte, in der er sich befand, war in völlige Dunkelheit gehüllt. Wie war er hierhergekommen? Er konnte sich nicht erinnern, wie er herein gelangt war und getrunken hatte er auch nicht. Nein, das Letzte, woran er sich erinnerte, war die weitverzweigte Höhle, die Suche nach der Tafel und die Merajotidaspinne. Wie er sie angegriffen und sie ihn einfach gepackt hatte, um ihn zu verschleppen. Wie sie innegehalten hatte aufgrund eines verdächtigen Geräuschs und sich zu ... Sioda! Arianwen!

Lorcan setzte sich ruckartig auf und bereute es sofort. Ihm schwindelte, sein Kopf kippte zur linken Seite weg und der restliche Körper fühlte sich an, als wäre er zusammengepresst, verdreht und nach ein paar Stichen wieder befreit worden. Na ja, es hat dich auch eine Merajotidaspinne in ihren Klauen gehabt. Was glaubst du, wie es dir da schon gehen soll ...

Sanfte Hände halfen ihm, sich wieder hinzulegen. Die kühlen Finger strichen ihm Strähnen aus der Stirn und erst da realisierte er, dass Sioda über ihn gebeugt stand. Warum hatte er ihn zuvor nicht gesehen? Vielleicht war er in der dunklen Seite geschwommen. Warum war da überhaupt so eine Dunkelheit. Sein Kopf dröhnte. Es gab eindeutig zu viele unbeantwortete Fragen.

„Du bist wach. Wir haben uns schon Sorgen gemacht", pfiff Sioda und die Erleichterung war ihm ins Gesicht geschrieben. Die tiefen Stirnfalten glätteten sich und seine Lippen zitterten nicht mehr so stark. Seine Schultern sackten ein gutes Stück ab, als er sich auf der Bettkante niederließ. Die Matratze senkte sich ab und Lorcan zuckte zusammen. Sofort sprang Sioda wieder auf, was eine neue Welle des Schmerzes durch Lorcans Körper jagte. Doch schlimmer war der Stich in seinem Herzen. Er hatte die Intimität genossen, die kurzzeitig zwischen ihnen geherrscht hatte. Deswegen streckte er die Hand aus und hielt Sioda auf. Überrascht blickte der Halbniom zuerst auf Lorcans Finger und sein Handgelenk und dann in das Gesicht des Kapitäns. Das Grün auf den Wangen verdunkelte sich, die Augen riss er weit auf und der Mund stand leicht offen. Wenn Lorcan vorher etwas zu singen gewusst hätte, war sein Gehirn nun wie leergefegt. Er schluckte und räusperte sich. „War- Warum ist nur die Hälfte des Zimmers erhellt?"

Siodas Augen huschten zu Lorcans linkem Auge, wandte aber seinen Blick gleich wieder ab. Er setzte sich wieder auf die Bettkante, vorsichtiger dieses Mal. Sioda leckte sich über die Lippen und, nachdem er Wasser aus den Kiemen gepresst hatte, pfiff er: „Die Merajotidaspinne dich ganz schlimm am Auge erwischt. Wir haben es so gut wie möglich versorgt und verbunden, aber ... ich glaube, du wirst auf dem Auge nie wieder sehen können."

Lorcan blinzelte und als wäre bis jetzt ein Schlauer der Betäubung über seinem verletzten Auge gelegen, spürte er den Druck und den kühlen, rauen Stoff des Verbandes. Wie hatte er den nicht mitbekommen können? Dumpf pulsierte es unter den Schichten des Verbandmaterials und hinter seinem guten Auge baute sich ein Druck auf. Bei jeder Bewegung ziepte es. Vorsichtig tastete der Kapitän die einbandagierte Verletzung ab. Irgendjemand hatte es sehr gut mit ihm gemeint, als er oder sie ihn behandelt hatte. Ein mehrschichtiger Wulst aus irgendeinem grobgewebten Material schlang sich um die Seite seines Kopfes. Dennoch vermied Lorcan es, zu nahe an die Stelle, wo sein Auge wäre, heranzutasten, aus Angst neuerlich Schmerzen durch seinen Kopf zu jagen.

„Wie bin ich entkommen? Habt ihr die Tafel?", summte er, die Töne verschwammen noch in seinem Mund. Lorcan hörte sich wie ein Betrunkener an. Aber ohne die guten Nebenwirkungen, nur das Kopfweh habe ich noch. Wäre er wirklich nur von einem Abend ausgelassenen Trinkens angeschlagen, würde Sioda vermutlich jetzt neben ihm liegen, statt auf der Bettkante zu sitzen. Zumindest hatte er seine Hand noch nicht aus Lorcans Griff gezogen.

Sioda schnaubte und er schüttelte den Kopf. „Unglaublich, selbst jetzt denkst du nur an den Schatz."

„Und an mich selbst", hielt Lorcan dagegen.

Sioda schürzte die Lippen, aber er konnte nicht verbergen, dass seine Mundwinkel zuckten.

„Arianwen hat die Tafel geholt, ich bin dir und der Kreatur nach. Sie hat dich in einen weiteren Gang verschleppt. Der war eine Sackgasse und voller Moos und Korallenflechten, ein kleiner Kelpwald wuchs auch dort. Ich hab mich versteckt und überlegt, wie ich dich da am besten rausholen könnte, ohne selbst gefressen zu werden. Währenddessen hat die Merajotidaspinne dich weiter angesabbert und ..." An der Stelle brach er ab, zog seine Unterlippe zwischen die Zähne und schluckte.

„Kannst du ihr das verübeln, ich bin auch einfach zum Anbeißen", amüsierte Lorcan sich. Sioda verdrehte die Augen.

„Sei bitte ernst. Das war nicht lustig, ich konnte nur dakauern und ihr zusehen, wie sie deinen bewusstlosen Körper zwischen ihren Zangen drehte und den Speichel über dich laufen ließ. Wir haben dich gesäubert, ehe wir dich verbanden, sonst wäre sonst etwas mit der Wunde gewesen", pfiff Sioda und nestelte an seiner Hosentasche, aber er hatte wohl keine Feuerstängchen mehr, denn er zog die Hand leer wieder heraus.

Lorcan schmunzelte, denn Sioda tat gerade etwas, das der Halbniom sonst ihm vorwarf. „Du bist heute aber ausschweifend", bemerkte der Kapitän.

Sioda schluchzte und warf sich auf Lorcans Brust. Obwohl alles in ihm vor Schmerz aufschrie, ließ er es zu. Nach kurzer Zeit streichelte er Siodas Kopf. Dass der Halbniom emotional war, wusste er, aber so einen Ausbruch hatte er verbunden mit der Nähe bei ihm noch nicht erlebt. Hatte er sich solche Sorgen gemacht? Um ihn? Lorcans Herz machte einen Hüpfer und in seinem Magen flirrte eine Wärme auf. Aber das konnte nicht sein. Das bildete er sich sicher ein. An seiner Brust brummte es und das Vibrieren schickte angenehmes Zittern durch seinen Körper, dass er erst einen Moment später verstand, was geschah. Sioda summte: „Ich hatte Angst um dich, du Quallenkopf!"

Ob Sioda noch weitersummte, bekam Lorcan nicht mehr mit. Das Flirren in seinem Magen explodierte und sein Inneres jubilierte. Sein Herz wummerte gegen seine Brust und in seinen Ohren Er grinste. Das war einer der besten Tage seines Lebens. Gleich, nach dem Tag, als er seine Wellenreiterin erhalten hatte. Er legte auch noch den anderen Arm auf Siodas Rücken und genoss die Wärme, die euphorische Geborgenheit.

„Man kann euch auch echt nicht alleine lassen. Dabei dachte ich mit Lorcans Verletzungen wäre endlich mal für kurze Zeit Ruhe", durchbrach Arianwens Stimme die stille Zweisamkeit.  Sioda schreckte hoch und senkte den Kopf. Lorcan krümmte sich zusammen, als erneut ein spitzer Schmerz seinen Körper durchfuhr, doch er war viel zu fasziniert von dem dunkler werdenden Grün auf Siodas Wangen, um die Schmerzen mitzubekommen.

„Da war nichts", widersprach Sioda und wischte sich über die Augen.

„Er hat bloß überprüft, ob wirklich alles an mir vor Schmerz vergeht. Und ich kann euch sagen, nicht alles verzehrt sich vor Schmerzen."

Siodas Kopf schoss zu ihm herum, seine Augen weiteten sich. Arianwen kicherte und flötete dann: „Das brauchte ich echt nicht zu wissen. Aber wenn du schon wieder anzügliche Witze reißen kannst, ist das Schlimmste überstanden."

Sie schwamm um das Bett herum und erschien endlich in seinem Blickfeld. Sie stellte sich neben ihren Bruder, der Lorcan immer noch mit Blicken erdolchte. „Ich habe hier was für dich", verkündete Arianwen und kniete sich vorsichtig aufs Bett. Sie hielt ihm ein kleines, schwarzes Ding vors Auge, das an einem Riemen von ihrem Finger baumelte. „Für dein Auge. Dann siehst du wie ein richtig verwegener Schatzsucher aus."

Neugierig nahm er es entgegen. Es fühlte sich glatt und ledrig an. Lorcan spannte den Lederriemen. Es war eine Augenklappe.

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