Funkenpfote

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Noch Herzschläge bevor die Stimme ihrer Mutter es tun konnte, wurde Funkenpfote von den aufgeregten Gerüchen vieler Katzen geweckt. Angstgerüche. Freude. Erstaunen. Ungläubigkeit.

Sie schlug die Augen auf. Ihr Herz raste.

"Funkenpf... oh!" Das Gesicht ihrer Mutter hatte sich über sie gebeugt, die Schnurrhaare der roten Kätzin zuckten. "Du bist ja schon wach! Dann komm schnell!" Eilig schubste sie ihre Tochter auf die Beine. "Sie ist wieder aufgewacht", verkündete ihre Mutter voller Erleichterung und drängte zusammen mit Funkenpfote durch die schaulustigen GipfelClankatzen, die alle versuchten, an Brandpelz vorbei in die Heilerhöhle zu gelangen.

Als Funkenpfote ihre Schwester sah, fiel ihr ein riesiger Stein vom Herzen. Die schwarzrote Kätzin lag aufrecht in ihrem Nest und betrachtete mit staunenden Augen ihr geheiltes Vorderbein. Sie sah etwas abgemagert aus, ihre Wangen waren seltsam eingefallen, doch der freudig peitschende Schweif der Schülerin beruhigte sie. "Nebelpfote, wie geht es dir?" Funkenpfote drückte ihre Schnauze liebevoll und schwach vor Erleichterung in den weichen Pelz ihrer Schwester. Er roch nach Moos und Erde. Und ... Funkenpfote zuckte zurück.

Irg. Was ist das denn?

Ein schaler, fauliger Geruch ging von ihrer Schwester aus. Vor Ekel kräuselte sich Funkenpfotes Schnauze. Doch als ihr Blick auf Nebelpfotes Bein fiel, vergaß sie alles um sich herum.

Es war das gleiche schwarze, spinnenartige Narbengewebe, das sich auch über das Auge des gruseligen Katers zog.

Sie schielte über ihre Schulter. Der riesige Kater saß schweigend und mit undurchdringlicher Miene im Schatten der Höhle und beobachtete sie. Als er ihren Blick bemerkte, erschien ein schmales Grinsen auf seinem Gesicht und seine gewaltigen Eckzähne blitzten im Dämmerlicht. Eine rote Pupille sirrte in seiner vernarbten Augenhöhle.

Sofort wandte Funkenpfote ihren Blick wieder ab. Ihr war mit einem Schlag eiskalt.

Sie hatte Angst vor diesem Kater. Nackte Angst.

"Funkenpfote, schau!" Nebelpfote war aus dem Nest geklettert und hüpfte vorsichtig immer wieder in die Luft, um ihr geheiltes Bein zu testen. Funkenpfote sah ihrer Schwester aufmerksam zu. Die schwarzen Fäden waren mehr als nur Narbengewebe. Tiefschwarz wie die Nacht wanden sie sich zu hauchdünnen Fasern, zu Knochen, zu einem neuen Gelenk. Nur die Haut hatte diese seltsame Struktur nicht nachgebildet. So konnte man stellenweise durch das Bein hindurch sehen.

Funkenpfote wich skeptisch einen Schritt zurück. "Und es tut nicht weh?", hakte sie nach und konnte nicht glauben, wie elastisch, natürlich und stabil das Narbengewebe war. Ihre Schwester ging und sprang, als hätte sie nie einen Unfall gehabt. Die vor Freude glänzenden Augen ihrer Nestgefährtin sahen sie überglücklich an. "Nein, überhaupt nicht! Es fühlt sich an, als wäre nicht passiert", wiederholte sie gespenstisch Funkenpfotes Gedanken. Funkenpfote wollte noch misstrauisch sein, wollte irgendeinen Fehler entdecken, doch sie merkte, dass sie reine Dankbarkeit erfüllte. Sie wandte sich erneut zu dem Kater, der ihrer Schwester vor einem Leben als Krüppel gerettet hatte. Sie konnte ein ungutes Gefühl nicht unterdrücken, doch jegliches Misstrauen und ihre Angst wurde von dem Glück überschwemmt, das sie beim Anblick ihrer geheilten Schwester empfand.

"Danke", miaute sie überglücklich, worauf der Fremde ein kehliges, knöcherndes Schnurren erwiderte. "Danke nicht mir.", zischte er und grinste wieder. Verwundert legte Funkenpfote den Kopf schief. Was meinte er damit? "Warum soll ich nicht di..."

"Nebelpfote! Alles in Ordnung?" Krähenfluch kam völlig außer Atem in die Höhle gestürzt. Sein Pelz war in alle Himmelsrichtungen gesträubt, er sah aus, als wäre er zum MoorClan und zurück gelaufen. Sein Blick fiel sofort auf die seltsamen schwarzen Gewebestrukturen, die Nebelpfotes Bein zusammen hielten.

Krähenfluchs Gesicht wurde dunkel wie ein Gewittersturm. "Was ist das denn?", knurrte er angewidert und warf dem immer noch völlig reglosen Fremdling einen feindseligen Blick zu. "Was hast du gemacht, Fremder? So etwas habe ich noch nie gesehen", knurrte der GipfelClan-Heiler und stellte sich vor Nebelpfote, als müsste er sie beschützen. Funkenpfote beobachtete das Treiben verwirrt. Was hatte Krähenfluch? Der Kater hatte ihre Schwester gerettet! Er war ein Held!

Nun trat der Einzelgänger aus dem Schatten und blickte gelassen auf den kleinen, schwarzen Kater vor ihm hinab. Ein Kichern, das wie aneinander gewetzte Knochen klang, entwich dem Kater, bevor er dem Heiler eine raue und kehlige Antwort gab: "Ich habe ihr zu einem Leben als wahre Kriegerin verholfen. Weswegen dieser Zorn in deiner Stimme, Heiler?"

Die zwei Kater starrten sich an. Ein, zwei, drei Herzschläge. Dann fauchte Krähenfluch, warf einen letzten, angewiderten Blick auf Nebelpfotes Bein und jagte hinaus. Funkenpfote sah ihm hinterher.

Warum ist er so wütend? Freut er sich etwa nicht für Nebelpfote?

Der Fremdling wandte sich mit einem sanften Lächeln an die Schwestern. "Wir sollten hinaus gehen und ihnen dein Bein zeigen, nicht wahr?" Nebelpfote nickte sofort begeistert und Seite an Seite mir ihrem Retter schritt sie aus der Höhle, während Funkenpfote noch kurz zögerte. Warum war ihr der Stofflappen, den der Kater umgehängt hatte, nicht früher aufgefallen? Er war voller Knochen, Pflanzen und seltsamen Gegenständen. Neugier juckte ihr unter dem Pelz. Sie wollte mehr über diesen Kater wissen! Wie hatte er das Bein ihrer Schwester geheilt? Wo kam er her? Warum sollte sie nicht ihm danken? Fragen über Fragen schwirrten in ihrem Kopf, als sie den beiden Katzen nach draußen folgte.

Dort hatte bereits der ganze Clan einen Kreis um sie gebildet. Lautes Miauen erfüllte die Höhle. Funkenpfote konnte ihre Mutter hinter den riesigen Schultern von Himmelssturm erkennen und beschloss, sich vorerst zurückzuziehen.

Hoffentlich bleibt der große Kater ... Ich möchte ihn so viel fragen!, dachte sie sehnsuchtsvoll und machte sich auf den Weg zur Frischbeutesenke. Ihr Magen knurrte entsetzlich. Sie hatte seit dem gestrigen Sonnenaufgang nichts mehr gefressen! Funkenpfote trottete glücklich durch die Höhle und schob am Rand einer stark bemoosten Felswand einen sehr flachen, breiten Felsen zur Seite. Zum Vorschein kam eine tiefe Grube, randvoll gefüllt mit riesigen, gehäuteten Fleischbrocken, die saftig im Dunkeln schimmerten. Funkenpfote lief das Wasser im Mund zusammen. Himmelssturm hatte sich bei der gestrigen Murmeltierjagd trotz des Unfalls wieder selbst übertroffen. Das Fleisch würde dem GipfelClan wohl bis zur nächsten großen Versammlung nicht ausgehen! Da fiel ihr ein, dass sie seit sie Schülerin geworden war, noch auf keiner einzigen großen Versammlung war - was bei erst zwei jemals abgehaltenen Versammlungen nicht sehr verwunderlich war.

Hoffentlich darf ich diesmal mit, dann kann ich Rab.. äh Moospfote endlich wieder sehen!

Mit brennenden Ohren zog sie einen kleineren Brocken Murmeltierfleisch aus dem Loch und schob die Felsplatte wieder zurück, dann machte sie sich es in ihrem Nest auf dem Schülerfelsen gemütlich. Der Schülerfelsen war ein leicht erhöhter, flacher Felsen, der nicht weit weg vom Höhleingang aus dem Boden ragte. Funkenpfote mochte diesen Platz, denn sie konnte mühelos das gesamte Treiben des Clans überblicken. Direkt links von ihr war die Heilerhöhle, über ihr - erreichbar durch eine stark zerklüftete, kleine Felswand- der Anführerbau.

Himmelssturm nickte ihr zufrieden zu und sprang mit einem Stück Frischbeute im Maul an ihr vorbei zu seinem Bau.

Ein lautes Knurren über ihr ließ Funkenpfote erschrocken zusammenfahren. Sie verschluckte sich und musste husten.

"Aber Silberblick! Ich tue dir doch nichts. Ich habe dir nur etwas zu Fressen gebracht, weil du so schrecklich dünn bist...", hörte sie das sanfte Miauen des GipfelClan- Anführers. Es klang verzweifelt.

Das heißere Fauchen seines Bruders jagte Funkenpfote das Mitleid tief in ihre Knochen. Es war Ausdruck nackter Panik. Silberblick fühlte sich bedroht, in Gefahr. Misstrauen, Angst und Abschottung. So weit Funkenpfote zurückdenken konnte, war das alles, was der verwahrloste Kater jemals für seinen Bruder - und jede andere Katze - übrig gehabt hatte.

Und Funkenpfote konnte es nachvollziehen. Was auch immer Silberblick zu dem Häufchen Elend gemacht hatte, das er jetzt war, musste so traumatisch gewesen sein, dass es Silberblicks Geist in den Wahnsinn getrieben hatte. Er hatte Verfolgungswahn. In allem und jedem sah er einen Angriff gegen sich selbst. Der Gedanke, dass ihm jemand helfen könnte, ihm nicht Schmerzen und Leid zufügen wollte, war für ihn undenkbar. Seine Blindheit, seine fehlenden Ohren und sein fehlender Schweif steigerten dieses Gefühl ins Unermessliche. Er fühlte sich schwach und verwundbar. Seiner Umwelt völlig ausgeliefert.

"Silberblick! Warte!"

Plötzlich schlitterte ein riesiger Körper direkt an Funkenpfote vorbei und kam krachend auf dem Felsboden auf. Der magere und Narben überzogene Körper von Silberblick rappelte sich auf. Seine Schnauze witterte panisch nach links, nach rechts, erkannte den Luftzug des Eingangs und einen Herzschlag später war Silberblick verschwunden. Er war einfach aus der Höhle gerannt.

Das Murmeltierfleisch lag still auf der Zunge in Funkenpfotes sprachlos geöffnetem Maul.

War er wahnsinnig? Er war blind! Es war gefährlich, alleine in dem felsigen Berggelände herumzulaufen, ohne zu sehen, wohin man lief!

Ein Windstoß fegte ihr das Fleisch aus dem Mund. Himmelssturm war an ihr vorbei gerannt und wie ein weißer Wirbelwind aus dem Lager gestürmt.

Beruhigt schnappte sich Funkenpfote erneut ihr saftiges Murmeltier und schlang es mit einem Happs hinunter. Himmelssturm würde Silberblick sofort eingeholt haben und zurück bringen. Wie sollte ein fast komplett blinder Kater auch Himmelssturm abhängen können?

Völlig erschöpft, aber überglücklich ließ sich Nebelpfote kurze Zeit später neben Funkenpfote in ihr Nest plumpsen. "Hach, ich kann es immer noch nicht glauben", schnaufte sie und schlug die Zähne ihrerseits in ein Stück Murmeltierfleisch. Das Reißen der zarten Hautschicht und der Fleischsaft der Funkenpfote dabei ins Gesicht spritzte, ließ erneut Hunger in Funkenpfote aufsteigen. Sollte sie sich noch ein Stück holen? Es war einfach zu köstlich!

"Ich komme gleich wieder, ich hole mir noch ein ..."

"Vergiss es.", unterbrach sie ein harsches Miauen, das Funkenpfote sofort vor Scham im Boden versinken ließ. Der zweite Anführer des GipfelClans und ihr Mentor Dohlenkralle war vor dem Schülerfelsen stehen geblieben und warf ihr einen missbilligenden Blick zu. "Ruh dich nicht auf den Erfolgen anderer aus. Das Training entfällt heute, dafür möchte ich, dass du zeigst, dass du dir auch selbst Nahrung besorgen kannst. Oder hilf Krähenfluch beim Kräutersammeln. Ich muss mit Himmelssturm über den Eindringling sprechen." Ohne ihr einen weiteren Blick zu schenkten, lief der stämmige Tigerkater aus der Höhle.

Das schadenfrohe Lachen ihrer Schwester verdarb ihr den Appetit. "Schön, dass es dir schon wieder so gut geht", knurrte sie ironisch und sprang vom Felsen. Beleidigt und mit lustlos am Boden schleifenden Schwanz trabte sie zur Heilerhöhle. Hoffentlich hatte Krähenfluch etwas für sie zu tun. Kräuter sammeln war immer noch besser, als den verfuchst schnellen Lemmingen hinterher zu rennen. Sie duckte sich durch den niedrigen Eingang und warf einen Blick in die Höhle, doch zu ihrem Erstaunen war sie leer. Krähenfluch war wohl noch nicht zurück gekehrt.

Wahrscheinlich ist er schon draußen beim Sammeln, stellte sie enttäuscht fest. Sie wandte sich um ... und erschrak heftig, als der Fremde plötzlich vor ihr stand. Dieser blinzelte entschuldigend mit seinem gesunden Augen und beugte sich zu der kleinen Schülerin hinab. "Verzeih mir, kleine Kriegerin, ich wollte dich nicht in Angst versetzen", schnurrte er süßlich und Funkenpfote lächelte unsicher zurück. "Alles gut", entgegnete sie und staunte erneut, um wie viele Köpfe er sie überragte. Doch sie hatte keine Angst mehr vor dem Kater. Sie würde ihm auf ewig für seine Tat dankbar sein. Da fiel ihr es wieder ein: "Wie hast du das eigentlich gemacht? Wie hast du das Bein meiner Schwester geheilt?", platzte es aus ihr heraus, sie konnte ihre Neugier nicht länger zügeln. Sie lugte auf den dreckigen Stoff, den der Kater an seiner Seite trug.

Ein knöcherndes Schnurren rumpelte in der Kehle des schildpattfarbenen Riesen. Mit einem Zucken seiner Schwanzspitze bedeutete er ihr zu folgen. "Ich vermute, deine Schwester begehrt es ebenfalls, dieses Geheimnis zu erfahren. Wir wollen ihr es doch nicht vorenthalten, nicht wahr?" Funkenpfote nickte zustimmend, während sie sich über die seltsame Ausdrucksweise des Katers wunderte. Sprachen die Katzen alle so, dort, wo er herkam?

Das Treiben im Lager hatte sich nach dem Vorfall schnell normalisiert. Der stille Brandpelz hielt immer noch Wache am Höhleneingang, Ahornkralle unterhielt sich mit Wolkensturm und Falkenflug über die Abendpatroullie, Rotlaub verschlang gerade die letzten Bissen ihrer Mahlzeit und Adlerruf lief nervös vor dem Höhleneingang auf und ab. Wahrscheinlich machte sie sich Sorgen um ihren geliebten Himmelssturm. Also ehrlich, der Anführer des GipfelClans war wirklich blind, wenn er nicht bald die Gefühle der schönen Kätzin bemerkte.

Für eine Sekunde wunderte sie sich, warum der Anführer noch noch nicht mit seinem Bruder zurück gekommen war, doch als sie es sich mit dem großen Kater und ihrer Schwester auf dem breiten Schülerfelsen gemütlich machte und der Retter ihrer Schwester anfing, zu erzählen, waren seine Worte alles, was für sie im Augenblick zählte. "Zunächst möchte ich mich vorstellen", begann er mit seiner tiefen, kratzigen Stimme. Ein Zischen begleitete jedes seiner Worte. "Das war mir bis jetzt verwehrt. Ich trage den Namen Knochen und ich komme von weit her." Nebelpfote starrte Knochen begeistert an. Sie blinzelte nicht einmal. "Woher kommst du? Aus den Bergen?", fragte Funkenpfote eifrig und mit einem langsamen Schütteln seines großen Kopfes erwiderte Knochen: "Ja und nein, kleine Kriegerin. Nicht aus den euren. Ich komme aus den Bergen im Süden. Die Berge hinter dem grünen Tal waren mein Zuhause, bevor ich .. oh verzeiht. Ich spreche wirr, denn meines Wissens werdet ihr es eher verstehen, wenn ich den Begriff Niemandsland benutze, habe ich Recht?" Erstaunt nickten die beiden Schwestern. Wieder war es Funkenpfote, die ihn mit einer Frage unterbrach. "Was ist das grüne Tal? Ist das ein anderer Name für das Niemandsland?" Ein Lachen, das mehr nach Erbrechen als nach einer Äußerung von Freude klang, war die Antwort. "Nein, euer Niemandsland ist jeneseits des grünen Tals unter dem Namen Großes Grasmeer bekannt. Erst wenn eure Flüsse am Horizont ins Erdreich entschwinden, das Gras dem Gesteine weicht und die Wolken an den Felswänden höher steigen, erst dann hat man die äußerste Grenze des grünen Tals erreicht."

Funkenpfote war wie gefesselt von Knochens Erzählung. Es war, als würde sich eine neue Welt vor ihr ausbreiten. Eine Welt, von der sie wohl nie erfahren hätte, hätte dieser fremde Kater nicht seinen Weg in ihr Lager gefunden.

"Das grüne Tal verbirgt sich tief in den Bergen fern des Großen Grasmeers. Dort hin zu gelangen ist ein beschwerliches Unterfangen, denn himmelhohe Felswände, vom Wind geschliffen und von Flüssen geformt, wehren jegliche Eindringlinge ab. Es ist ein Paradies in mitten eines Labyrinths aus Schluchten und Bergen. Und diese zerklüfteten Gesteinsmassen waren mein Zuhause."

"Woaa...", entfuhr es Nebelpfote unwillkürlich. Auch Funkenpfote wurde ganz unruhig, als würde es sie an diesen magischen Ort ziehen. Als würde ihr jemand befehlen, sofort los zu rennen und erst anzuhalten, wenn sie das grüne Tal erblicken würde.

"Wenn es ein Paradies ist, warum bist du gegangen? Warum bist du durch das ganze Niemandsland gewandert, nur um hier her zu kommen? Das ist doch gefährlich!", warf Funkenpote ein und war schon erschöpft, wenn sie nur an diese unglaublich beschwerliche Reise dachte. Die rote Pupille leuchtete schelmisch auf. "Es ist nicht gefährlich, kleine Kriegerin.", kicherte er. "Nur wenn du schutzlos wanderst. Doch ich war nicht schutzlos." "Wie meinst du das?", fragte nun Nebelpfote. Ihre Ohren waren aufmerksam gespitzt. "Nun", fuhr Knochen fort und die Knochen an seiner Halskette klackerten."das ist eine lange Geschichte. Eine alte Geschichte. Eine mächtige Geschichte. Wenn ihr sie hört, wird sie euch nicht mehr loslassen. Sie wird den Lauf eures Schicksals ändern. Sie wird neben eurem SternenClan wie ein Feuer lodern, sodass euch der Weg zu ihm vielleicht für immer verwehrt bleiben wird."

Er schwieg kurz und bedachte die Schwestern mit einem Blick, den Funkenpfote nicht deuten konnte.

Ihr Herz schlug hart und schnell gegen ihre Rippen. Ohne es zu merken hielt sie die Luft an.

"Seid ihr bereit, dennoch meinen Worten zu lauschen?"

Wie in Trance nickte Funkenpfote. Nebelpfote nickte ebenfalls. Synchron.

"Nun denn."

Knochen senkte seinen Kopf und schob mit seiner Pfote das Bündel Stoff über seinen Kopf, um es dann vor den beiden Schwestern aufzufalten. Unter allerlei Knochen von Vögeln, Mäusen und anderer Kleintieren, einer Schlangenhaut, seltsam geformten Heilkräutern und Gräsern, Vier toten Mäusen, dunklen Kieselsteinen und einem sonderbaren, schimmernden Ding, in dem auf unerklärliche Weise Wasser eingesperrt worden war, holte Knochen einen schwarzen, flachen Stein hervor. Es war eine Felsplatte von der Größe eines Hasen und so dünn wie ein Blatt. Grober, tiefschwarzer Stein. Er legte ihn vor seine Pfoten.

"Das ist meine Verbindung zu ihm. Ein Splitter aus einer Höhle in den Bergen beim Silbersee."

Er fuhr eine erschreckend lange Kralle aus, hakte sie unter die Platte und drehte sie um. Funkenpfote und Nebelpfote schnappten nach Luft. Die Oberfläche war spiegelglatt. Und knallrot. Nein, nicht ganz. Funkenpfote sah genauer hin. Die Oberfläche bewegte sich! So zäh und langsam, das es kaum auffiel, doch die roten und orangen Wolken schienen unter der Oberfläche zu schweben. In dem Dämmerlicht der Höhle offenbarte die Platte einen schwachen roten Schein. Das Licht pulsierte, als wäre es lebendig.

Die Schwestern waren sprachlos. Was beim heiligen SternenClan war das?

Wie zur Antwort fuhr Knochen mit seiner Erklärung fort. Seine große Pfoten ruhten links und rechts an den Seiten des Schatzes. "Er hat diese Platte gezeichnet. Er hat mir einen winzigen Teil seiner Macht geschenkt, einen kleinen Tropfen seiner Essenz hat er in dieser Platte zurück gelassen."

Die beiden Schülerinnen brauchten nicht zu fragen. Knochen konnte ihre Frage in ihren Blicken lesen. Wer?

"Was ich euch nun sage, bleibt zunächst unser kleines Geheimnis, einverstanden?", schnurrte er sanft und sah ihnen eindringlich in die Augen. Das rot seiner linken Pupille schien noch heller zu leuchten, seit er den Felsen hervorgeholt hatte.

Sie nickten nur atemlos und gebannt.

Mit einem bedeutungsschweren Nicken fuhr Knochen fort.

"Er ist uralt. Eine Existenz die für uns Normalsterbliche nicht im Ansatz begreifbar ist. Vor langer Zeit bin ich ihm begegnet, als ich noch ein Junges war. Seither diene ich ihm. Und er dient mir. Tartaras."

Ein Schauer lief Funkenpfote über den Rücken. "Ist das sein Name?", flüsterte sie ehrfürchtig.

Knochen nickte. "Seht ihr diese Krallenspuren?" Er deutete auf tiefe, schwarze Kerben, die die glatte Oberfläche am Rand durchschnitten. Sie waren unterschiedlich lang, manche warne eng aneinander eingeritzt worden, andere wiederum waren einmal, zweimal, dreimal durchgestrichen. Wieder nickten die Schwestern. "Das sind Worte.", erklärte Knochen und ein knöchriges Kichern schwang leise in seinen Worten mit. "Man kann lernen, sie zu lesen. Sie bedeuten etwas."

Funkenpfote verstand nicht alles, was Knochen sagte, doch das war ihr egal. Sie wollte mehr wissen, mehr hören, mehr lernen.

"Diese Kerben sind ein einziges Wort. Sie bedeuten "Lebe". Wenn ich dieses Wort in der Alten Sprache ausspreche, kann ich Tartaras herbeirufen."

Nebelpfotes Augen schossen Blitze. "Kannst du uns das zeigen? Kannst du ihn rufen?", fragte sie begeistert und ihr Schweif peitschte vor Aufregung hin und her.

Das Rot in seinem vernarbten Auge zuckte auf einmal hell auf. Es sirrte hin und her, als hätte jemand es angestoßen. Ein breites Lächeln zog sich über Knochens Gesicht, die Knochen an seiner Halskette klapperten aneinander und die riesigen Fangzähne des Katers hoben sich, als er Nebelpfote angrinste.

Er beugte sich langsam zu Funkenpfotes Schwester hinunter und flüsterte ihr mit kehliger, rauer Stimme ins Ohr. "Noch nicht."

Funkenpfote wusste, dass Knochen sie mithören hatte lassen. Es war kein geheimes, sondern lediglich geheimnisvolles Flüstern gewesen, und es hatte sein Ziel erreicht. Die beiden Schwestern platzten fast vor Neugier und Ungeduld.

"Doch so einfach ist das nicht", sprach Knochen laut weiter und sah wieder ernst auf sie hinab. "Es braucht weit aus mehr als die Worte. Und selbst wenn es mir gelingt, auf seine Macht in diesem Stein zu zu greifen, ist das nur ein trauriges Fünkchen seiner Existenz, ein schwaches Relikt aus alter Zeit. Nicht im Geringsten in der Lage, das zu vollbringen, was der Urheber dieser Macht vermag, wenn man ihn beschwört."

Knochen genoss es sichtlich, die beiden Kätzinnen immer nur mit gerade so viel Informationen zu füttern, dass sie von selbst nachfragten. Ihr Wissensdurst schien ihm allergrößte Freude zu bereiten. Funkenpfote wollte ihm diesen Gefallen gerne tun und gerade fragen, was man denn alles bräuchte, um dieses Wesen zu beschwören, als eine schneidende Stimme ihre heilsame Welt durchbrach.

"Funkenpfote! Ich glaube, mein Lemming pfeift! Warum bist du immer noch hier?"

Dohlenkralle kam wie eine düstere Gewitterwolke auf Funkenpfote zu marschiert und richtete sich auf die Hinterbeine. Seine Vorderpfoten krachten links und rechts von der kleinen Schülerin auf den Felssims. Der muskulöse Kater stieß ihr die Schnauze ins Gesicht. "War meine Anweisung nicht unmissverständlich? Hatte ich die Worte "Nahrung besorgen" und "Kräuter sammeln" etwa so undeutlich artikuliert, dass du aus Versehen "quatschen" und "faul rumliegen" verstanden hast?" Funkenpfote zog eingeschüchtert den Schwanz ein und duckte sich erschrocken auf den Felsen. Sie war Dohlenkralles harsche Befehle gewöhnt, doch so eine scharfe Zurechtweisung hatte sie nicht erwartet. Zorn loderte in den Augen des zweiten Anführers. Als hätte sie ihm persönlich auf seine Frischbeute gespuckt und ihr Geschäft darauf erledigt.

Sie zog eilig den Kopf ein und sprang sofort vom Schülerfelsen. Ihr Kopf berührte fast den Felsboden, so tief neigt sie zur Entschuldigung ihren Kopf. "Vergib mir, Dohlenkralle, ich bin schon unterwegs!", und so schnell wie möglich jagte sie aus der Höhle, zog eine scharfe Kurve und setzte mit großen Sprüngen den steilen Berghang neben dem Lagereingang hinauf. Sie sprang über die flachen Felsen, rannte über das Gras, zwängte sich unter einem tiefen Felsbrocken hindurch und ...

Wumms!

Krachte mit voller Wucht gegen Krähenfluch.

Sie wollte sich beschweren, doch der Heiler fiel ihr sofort ins Wort. "Funkenpfote, wie gut, dass ich dich treffe. Hör mir jetzt ganz genau zu."

Der Blick des Heilers war so besorgt und ernst, dass Funkenpfote nur stumm nickte.

"Hast du mit diesem Fremden gesprochen?"

Funkenpfote nickte wieder. "Ja."

Krähenfluchs Gesicht verdunkelte sich.

"Er ist gefährlich, Funkenpfote. Ich traue ihm nicht und das solltest du auch nicht." Die Stimme des schwarzen Katers troff nur so vor Misstrauen.

Sofort stieg Wut in Funkenpfote auf. "Warum? Warum sollte ich das tun? Er hat meine Schwester gerettet! Er hat das geschafft, was du niemals hättest schaffen können!"

Scham und Trauer blitzten für einen Herzschlag in den zweifarbigen Augen des Heilers auf. Dann war es wieder verschwunden. "Funkenpfote, sei vernünftig! Warum glaubst du, taucht er genau in dem Moment auf, als deine Schwester verunglückt? Warum will er bei seinem finsteren Werk nicht gesehen werden? Warum spricht er mit euch so vertraulich, obwohl er noch nicht einmal einen ganzen Tag hier ist!?"

Funkenpfote kochte vor Wut. Wie konnte dieser mäusehirnige Kater den Retter ihrer Schwester so schlecht reden? Wie konnte er es wagen, nach dem, was Knochen geleistet hatte?

"Du kennst ihn doch überhaupt nicht!", schrie sie wutentbrannt. Sie fuhr ihre Krallen aus und machte einen Buckel. Ihr Schweif peitschte wild hin und her. "Du warst machtlos, als meine Schwester dich am dringendsten gebraucht hat! Du und dein dämlicher SternenClan hättet sie zum Krüppel gemacht und du hättest nicht einmal mit der Wimper gezuckt! Ja, jetzt schau nicht so entsetzt, ich habe doch deinen Blick gesehen!" Ihr Fauchen überschlug sich. "Du bist doch nur enttäuscht, weil Knochen dir deinen Plan durchkreuzt hat! Für dich hätte sich alles perfekt ergeben: du hättest sie zum Krüppel gemacht, ihr das Bein genommen und sie dann als wertlose Heilerschülerin bei dir behalten, um sie mit nutzlosen SternenClan-Weisheiten zu füttern!"

"Funkenpfote! Du verstehst nicht, ich ...!"

"Nein, DU verstehst nicht", jaulte sie und schlug blind vor Wut nach dem Kater, der gerade noch ausweichen konnte. "Du hast nie gejagt, du hast nie trainiert, du verstehst nicht einmal im Ansatz, wie wichtig ein Kriegerleben für Nebelpfote ist! Du hättest ihr das genommen! Einfach so! E I N F A CH S O !"

Sie rammte den geschockten Heiler und jagte über die Felsen davon.

Sie hörte noch seinen verzweifelten Ruf "Der SternenClan hat damit doch ni...!"

"Dein SternenClan interessiert mich nicht!"


Tränen flossen heiß über ihre Wangen und sie wusste nicht wieso.

Sie rannte weiter.


Irgendwo tief in ihr regte sich ein Gefühl.

Sie hatte einen Fehler begangen.

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