Funkenpfote

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Noch während Funkenpfote ihren Körper zurück in den Tunnel schob, spürte sie die dunkle Macht, die unbarmherzig nach ihr griff. Kein Schritt, Kein Herzschlag, kein Atemzug war ohne Schmerz. Es fühlte sich an, als würde jede einzelne Faser ihres Körpers in Brand stehen. Ihre Brust wurde enger und enger. Die dunkle Präsenz umfasste ihr Inneres und begann, mörderischen Druck auszuüben. 

Tartaras wollte sie zerquetschen. 

Funkenpfote konnte nichts sehen, nichts hören. Sie spürte ihre Pfoten nicht mehr. Nicht den Stein unter ihr, nicht der Wind im Tunnel. Konnte nichts mehr riechen und nichts mehr schmecken. Er hatte Funkenpfotes Verbindung zur Welt gekappt. Sie begann zu frieren. Ihre Ohren und Pfoten wurden taub. Funkenpfote hatte jegliche Kontrolle und Orientierung verloren. Es fühlte sich an als würde sie schweben. In endloser, kalter Finsternis. Ihr Herz kämpfte gegen den Tod an. Es pumpte schneller und schneller, als der Druck immer größer wurde. Dann konnte Funkenpfote schlagartig nicht mehr atmen. Ihre Lunge hatte den Kampf verloren. Wie ihre Sinne. 

Funkenpfote hätte nicht gedacht, dass etwas schlimmer sein könnte, als der Tod, den sie wenige Sonnenaufgänge zuvor erlebt hatte. Doch das hier übertraf alles. Sie spürte wie jede einzelne Zelle ihres Körpers zerquetscht wurde. Wie jedes Leben in ihrem Körper quälend langsam ausgedrückt wurde, als wäre es ein lästiges Insekt. 

Bevor ihr Geist vollkommen von Dunkelheit umfangen war, konnte Funkenpfote nichts anderes tun, als ihren Körper zum Weiterkriechen anzufeuern. 

Doch irgendwann war auch damit Schluss. Ihr Bewusstsein entglitt ihr, rann wie Wasser durch ihre Pfoten. Mit einem tiefen Seufzen wich das Leben. 

Sie spürte wie ihr Herz den letzten Schlag tat. Und sich nicht mehr rührte. 


Ein weißer, blasser Schimmer schlich sich in ihre sterbende Seele. Die letzten Funken der Sterne, bevor auch sie erloschen: Es tut uns leid, Funkenpfote ...

Dann war auch der SternenClan in ihr verstummt. 



LEBE.

Es war, als wäre keine einzige Sekunde vergangen, als Funkenpfote ihre Augen wieder aufschlug. Ihr Herz schlug schwach und flattrig, doch es schlug. In ihren Ohren rauschte das Blut, doch sie konnte hören. Ihre Augen waren geblendet, doch nach mehrfachen Blinzeln öffnete sich die Welt ein weiteres Mal vor ihr. 

Drei vertraute Pelze. Die Füchse. Und ein Wesen, dass schwache Schmerzen zu den übrigen hinzufügte. 

Du bist zurück.

Der uralte Steinbock. Er sah noch älter aus, als in ihrer Erinnerung. Funkenpfote war zu schwach, um seinem mächtigen Anblick stand zu halten und wimmerte. Mit zugekniffenen Augen lauschte sie der schmerzhaften Stimme in ihrem Kopf. 

Steh auf, wir haben keine Zeit. Folge mir.

Ein leichtes Beben ging durch die Erde, als sich hunderte von Hufen auf einmal in Bewegung setzten. Funkenpfote öffnete die Augen erneut, als der Schmerz seiner Präsenz langsam nachließ. Dutzende Steinböcke sprangen vor ihren Augen den Hang hinab. Die drei Füchse kamen zu ihr, Nuna und Heppel halfen ihr, sich aufzurichten und stützen sie. Ohne ihre Gedanken ordnen zu können, folgte Funkenpfote mit zittrigen Beinen der Herde. 

Sie liefen lange. Immer bergab. Funkenpfotes Geist war noch zu zerschlagen, um ihre Umgebung genauer wahrzunehmen. Zweimal hintereinander zu sterben war nun mal ein wenig erschöpfend. Allein das Trommeln der Hufe und die Berührungen der Füchse leiteten sie auf ihrem Weg fort von dort, wo einmal der GipfelClan gewesen war. Ihr Kopf war leer. Ihre Gefühle stumpf. Alles, was sie spürte, war Erschöpfung. Unendliche Müdigkeit. Sie wollte schlafen. Nichts wünschte sie sich mehr, als sich einfach ein wenig Gras zusammenzukratzen, sich einzurollen und die Augen zu schließen. Auch der Hunger nagte an ihr. Wann hatte sie das letzte Mal etwas gegessen? Bei den Füchsen? Und selbst das war lächerlich wenig gewesen, wenn man bedenkt, dass sie mehrere Tag nichts zu sich genommen hatte, während sie beim SternenClan war. 

Auf einmal stolperte sie und winselte, als sie auf spitzes Felsgestein trat. Sie wollte weiter humpeln, doch eine weiche Schnauze schob sich vor ihre Brust und zwang sie, stehen zu bleiben. Rascal, der schwarze Fuchs, hob mit seiner Pfote Funkenpfotes Vorderbein an. Nach einem kurzen Blick packte er den Splitter mit den Zähnen und zog in mit einem Ruck heraus. Funkenpfote keuchte nur leise, dann trieben sie die Füchse weiter. Die Steinböcke waren ein ganzes Stück voraus. Sie warteten in der Ferne, dort, wo die Berheide zum Fluss abfiel. Blinzelnd verlangsamte Funkenpfote und erhaschte den ersten klaren Gedanken, seit der alte Steinbock sie zurück geholt hatte. 

Das ist der Grenzfluss ... 

Ein Hauch von Erleichterung waberte durch ihren Geist, als sie an den HeideClan dachte. Sie war nicht allein. Sie konnte Zuflucht finden. Sie hob den Kopf und überblickte von ihrem erhöhten Standort die Heide von Rabenpfotes Clan. Verwirrt sah sie, wie eine riesige Menge schwarzer und brauner Tiere Richtung Niemandsland weiterzogen. An der Spitze ein aufrechtgehendes Wesen. 

Ein... ein Zweibeiner? 

Als Funkenpfote und die Füchse am Fluss ankamen, waren die Tiere bereits hinter den Hügeln verschwunden. Weit entfernt im Niemandsland. 

"Funkenpfote, komm." Nuna warf ihr einen auffordernden Blick zu, die Steinböcke durchquerten bereits den seichten Fluss und ließen das dunkle Wasser aufspritzen. Funkenpfote setzte sich wieder in Bewegung. Seite an Seite mit den Füchsen watete sie durch das kühle Nass, der Fluss war dunkel und leer, kein Stern spiegelte sich in ihm. Als sie wieder festen Boden unter sich hatte, hob Funkenpfote den Kopf zum Sternenvlies. Tiefschwarze Wolken waren aufgezogen. Sie verschluckten den Mond und die Sterne und bewegten sich mit ungewöhnlich hoher Geschwindigkeit. Sie blickte über die Schulter. Dort, wo das GipfelClan Lager ungefähr lag, bildet sich ein langsam drehender Strudel von Gewitterwolken um den Gipfel, Blitze durchbrachen immer wieder die Finsternis und Donnergrollen drang an Funkenpfotes Ohr. Sie legte die Ohren noch fester an und folgte mit gesenktem Kopf den Steinböcken. 

Lange bevor das Lager des HeideClans in Sicht kam, zeichnete sich Birkenpelzs gefleckter Pelz gegen die verdunkelte Heide ab. Er kam in Begleitung fast all seiner Krieger und zu Funkenpfotes Freude erkannte sie auch den dichten schwarzen Pelz neben Efeudorn wieder. Die Katzen sahen erschöpft und verängstigt aus, doch ihre Pelze waren mutig gesträubt gegen die Herde an Steinböcken, die nun langsam über die Heide schritt. Der uralte Anführer hatte sich zu Funkenpfote und den Füchsen zurückfallen lassen, zu ihrem Leidwesen. Die Kopfschmerzen waren stechend, als er sprach. 

Ich spüre die Präsenz eines anderen Gottes. Sie ist schwach, doch scheinbar ist dieser schwarze Kater dort die Quelle. Kennst du ihn?

Überrascht riss Funkenpfote ihre Augen auf. Es gab nur einen Kater im HeideClan mit rabenschwarzem Fell. "Rabenpfote?", fragte sie erschrocken und warf den sich nähernden Kriegern einen verwirrten Blick zu. "Gott? Ich .. ich verstehe nicht ...", stammelte sie überfordert, da antwortete der Steinbock ihr bereits.

Götter sind mächtige Wesen aus einer alten Welt. Ich, Equu, habe mich aus ihr gelöst und bin in die sterbliche Welt übergegangen, doch alle anderen Götter existieren lediglich in der Ebene aller unsterblichen Wesen. Die einzige Möglichkeit, hierher zu gelangen, ist eine Beschwörung. So ist nun Tartaras ebenfalls in diese Ebene eingedrungen. 

Während Equus Erklärung waren Funkenpfote, die Füchse und der fleischgewordene Gott durch die Herde Steinböcke geschritten, die nun still stand und für sie eine Gasse gebildet hatte. Am Ende warteten bereits die wachsamen HeideClan-Katzen und peitschten aufgeregt mit dem Schwanz. Als sie Funkenpfote erkannten, weiteten sich ihre Augen. "Funkenpfote!", rief Birkenpelz überrascht. Funkenpfote humpelte mithilfe der Füchse vor den Anführer des HeideClans und nickte schwach zur Begrüßung. Dieser war sichtlich überfordert mit der Situation, Sorge schimmerte in seinen Augen. "Was ist passiert, Funkenpfote?", keuchte er und schnüffelte an den zahlreichen Narben in ihrem Gesicht und ihren Schultern. Sein entsetzter Blick glitt auch über ihren restlichen, von Narbengewebe überzogenen Körper. "Du siehst furchtbar aus, was beim SternenClan ist dir zugestoßen?" Auch die anderen Krieger waren geschockt, hielten aber noch Abstand von den Steinböcken und Füchsen, die sie misstrauisch beäugten. Rabenpfote drängte sich nach vorne und seine blauen Augen lösten in Funkenpfote das Bedürfnis aus, sich an seinen dichten Pelz zu drücken und zu weinen. Er hatte frische Krallenwunden an der Stirn, doch das schien ihn im Moment nicht zu stören. "Wer hat das getan?", flüsterte er fassungslos und berührte mit seiner Schnauze eine große Abschürfung an ihrer Schulter, sein Atem strich über die felllose Haut. 

Er versetzte Funkenpfotes Herz einen Stich. Hör auf damit ... du machst es nur schlimmer für mich ... Wenn er so fürsorglich war, fiel es ihr noch schwerer, sich mit seiner Liebe zu Moospfote abzufinden

"Ich...", setzte sie an, doch die Anstrengung der langen Flucht forderte ihren Tribut. Ihr wurde kurz schwarz vor Augen, dann hatte sie sich wieder gefangen und fand den Blick von Rabenpfote und Birkenpelz wieder. "Es ... es ist eine lange Geschichte", miaute sie mit schwacher Stimme, worauf der langbeinige Kater sofort verständnisvoll nickte. "Komm, wir bringen dich zu Schwarzpelz. Du hast alle Zeit der Welt, erhol dich erst einmal." Funkenpfote spürte einen bitteren Geschmack auf ihrer Zunge. Nein, habe ich nicht. Wir haben überhaupt keine Zeit mehr. Doch selbst sie musste einsehen, dass sie in ihrem derzeitigen Zustand nicht viel erreichen würde. "Und  welche Tiere hast du da mitgebracht?", fragte Birkenpelz, seine Stimme war immer noch voller Wachsamkeit und Misstrauen. "Sie tun euch nichts.", murmelte sie und drehte sich zu Equu um, der sich ein wenig entfernt hatte. Sein Blick war eindringlich, als sich erneut Worte in Funkenpfotes Geist bildeten. 

Ich werde ins Gebirge zurück kehren. Ich werde mit allen Lebewesen, die unter meinem Einfluss stehen, versuchen, Tartaras aufzuhalten. Doch ich fürchte, wir werden nicht lange standhalten. Ich habe dich auserwählt, weil ich spüre, dass du für die Rettung dieser Welt noch eine große Rolle spielen wirst. Halte dich an den schwarzen Kater, auch er scheint von einem Gott auserwählt worden zu sein. 

Er neigte sein gewaltiges Haupt. 

Überlebe. Deine Substanz wird schwächer, ich weiß nicht, ob ich dich ein weiteres Mal dem Tod entreißen kann. Um das Problem deiner Freunde habe ich mich gekümmert.

Dann stieß er einen donnerndes Röhren aus. Die Temperatur stieg schlagartig an und ein warmer Wind raste über den Boden. Seine Augen erstrahlten in einem sonnenfarbenen Ton, wie zwei leuchtende Sterne in der finsteren Nacht. Alle Steinböcke erhoben sich plötzlich auf die Hinterbeine, ihre Hörner wie Bergspitzen gegen den dunklen Himmel gerichtet. Sobald ihre Hufe wieder den Boden erreichten, spiegelten ihre Augen das Gelb von Equu wieder. Er hatte von ihnen Besitz ergriffen. Oder ihnen einen Teil seiner Macht geschenkt. Funkenpfote wusste es nicht. Die Herde kam in Bewegung, die Hufe wirbelten Staub auf, als sie die vertrockneten Heidepflanzen zertrampelten und mit lautem Röhren Richtung GipfelClan-Territorium davon jagten. Mit Equus Abwesenheit kam die Kälte wieder zurück, zähneklappernd wandte sich Funkenpfote wieder an Birkenpelz, nachdem sie sich endlich von dem atemberaubenden Anblick der Steinböcke gelöst hatte. "Gehen wir?" Noch völlig perplex nickte der Kater und wies mit einem Nicken seine Katzen an, ebenfalls zum Lager zurückzukehren. Nuna, Heppel und Rascal überließen es Rabenpfote sie zu stützen und hielten ein paar Katzenlängen Abstand, um die Katzen nicht zu beunruhigen. "Dich hat es echt schlimm erwischt", murmelte Rabenpfote mitfühlend und blickte dann kurz auf seinen Anführer, um sich zu vergewissern, dass dieser weit genug weg war, bevor er Funkenpfote ins Ohr flüsterte: "Es hat mit Tartaras zu tun, nicht wahr?" Allein beim Klang des Namens winselte Funkenpfote auf und fauchte. "Bitte nicht jetzt, Rabenpfote." Das letzte was sie jetzt brauchte, war, sich all das wieder ins Gedächtnis zu rufen, was ihr in den letzten Tagen passiert war. Sie wollte einfach nur ein warmes Nest und einen langen, traumlosen Schlaf. Und Fressen. Der muskulöse Kater zuckte entschuldigend mit dem Ohr. "Tut mir leid, ich wollte nicht unsensibel sein", miaute er leise, dann fügte er mit einem hörbaren Grinsen hinzu: "Ich heiße jetzt übrigens Rabenherz, Birkenstern hat mich gerade erst zum Krieger ernannt." Erstaunt spitzte Funkenpfote ihre Ohren, war aber zu erschöpft um ihren gesenkten Kopf anzuheben. "Birkenstern? Er war also im Niemandsland?" Kurz schweig Rabenherz beleidigt, dass Funkenpfote sich nur nach dem Anführer erkundigte, dann nickte er. "Ja, ich war dabei. In einer Schlucht mit kristallinen Wänden hat er seine neuen Leben erhalten", miaute er stolz. Funkenpfote konnte sich nicht wirklich für Rabenherz freuen. Himmelssturm hätte diese Leben gut gebrauchen können ... dachte sie bitter und die Trauer schwellte tief in ihrer Brust. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln folgten die beiden den anderen Katzen zum Lager. 

Funkenpfote erschrak zu Tode, als sie die Senke betrat und ihr Blick auf einen zusammengesunkenen Leib eines Katers fiel, der in der Mitte lag und von der zweiten Anführerin und Hagelschweif bewacht wurde. Beide hatten Kratz- und Bisswunden und sahen völlig verwirrt auf den bewusstlosen Kater zwischen ihnen. Birkenstern kam gerade zu ihnen gerannt. "Was ist passiert? Warum bewegt er sich nicht mehr?" Regenflug schüttelte nur ungläubig den Kopf. "Ich weiß es nicht. Gerade eben hat er noch verbissen gekämpft, dann ist er plötzlich zusammengesunken und hat sich nicht mehr gerührt." Birkenstern knurrte beunruhigt. "Das wird ja immer lustiger. " Funkenpfote löste sich von Rabenherz. Die Worte des Steinbocks ergaben jetzt Sinn. "Equu hat ihm vorübergehend das Bewusstsein entzogen", erklärte sie matt. Die drei Krieger sahen sie an, als würde sie eine fremde Sprache sprechen. Mit ausdruckslosem Gesicht blinzelte Birkenstern. "Achso, na dann.", miaute er sarkastisch. Mit einer unwirschen Schwanzbewegung schickte er Rabenherz, um sie zum Heilerbau zu bringen nachdem Funkenpfote noch erklärt hatte, wer und was Equu war. "Also bist du die Auserwählte, von der Akkar gesprochen hat!", flüsterte Rabenherz erstaunt, woraufhin nun Funkenpfote die Unwissende war. "Wer ist Akkar?", setzte sie an, doch da kam bereits Schwarzpelz aus seinem Bau. "Du siehst ja furchtbar aus, Funkenpfote!", miaute er besorgt und umrundete sie einmal vollständig um all ihre Narben in Augenschein zu nehmen. "Danke", brummte Funkenpfote. "Habe ich heute schon öfter gehört." Schwarzpelz schnurrte unsicher und verlegen, dann schob er sie energisch in seinen Bau. Sie blickte noch einmal über die Schulter. Rabenherzs tiefblaue Augen blickten ihr sorgenvoll hinterher. 

Im Bau war es deutlich wärmer als draußen, doch auch hier wollte die Kälte in ihren Knochen, die seit Tartaras' Ankunft tief in sie gekrochen war, nicht verschwinden. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Ihre Lider sanken immer wieder herab. "Hier kannst du dich hinlegen", miaute Schwarzpelz sanft und widmete sich seinen Kräutern. Mit einem wohligen Seufzer ließ sie sich schließlich auf ein  Nest aus weichem, weißen Flaum nieder, kugelte sich fest ein und schob ihre Schnauze in ihr dreckiges, vernarbtes Fell. Es roch noch nach den Bergen. Nach ihrem Zuhause. Die Tränen, die sie so lange zurück gehalten hatte, bahnten sich ihren Weg, bis sie in Strömen ihre Schnauze und Wangen hinab liefen. Leise Schluchzer schüttelten ihren Körper, der Schmerz in ihrer Brust glühte heiß, pochend im Takt ihres Herzschlages. Mama, Papa ... Ich vermisse euch so sehr. Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid. Nebelpfote, Wolkensturm, Adlerruf ... Sie hatte ihre Familie verloren. Ihr Clan war ausgelöscht. Sie fühlte sich hoffnungslos, verloren und im Stich gelassen. Ihr Körper sehnte sich nach liebevollen Berührungen, nach Schutz und Geborgenheit. So behütet sie hier auch lag, das Gewicht von Tartaras Ankunft hatte ihre Welt verdunkelt und jeden Atemzug zu ihrem vielleicht letzten verurteilt. Sie könnte einschlafen und niemals aufwachen. Equu und seine Gefährten könnten bereits tot sein. Vielleicht war die Todesboten bereits auf ihrem Weg hierher. Ihr Herz schlug seit seiner Ankunft nicht mehr im Takt. Es war zittrig und schwach geworden. Zermürbt von ihren Verlusten und zerschlagen vom Verrat ihrer Schwester. Erstarrt und erfroren, unfähig etwas anderes zu empfinden, als Verbitterung und Schmerz. 

Der Schlaf brachte nicht die erhoffte Ruhe oder Erholung. Es war schlichtweg eine Fortsetzung des Schreckens der vergangenen Tage. Blut, Verwüstung, Dunkelheit und gequälte Schreie beherrschten ihre Träume, versuchten immer wieder ihre Seele zu vereinnahmen, nur um an einem strahlenden Schutzschild abzuprallen. Ohne diesen Schild, den SternenClan und Equu formten, hätte sie wohl bereits in dieser Nacht gegen die Dämonen verloren und wäre  mit glühend roten Augen aufgewacht. Stattdessen konnte sie aufwachen und Birkenstern, Regenflug, Schwarzpelz und Rabenherz ansehen, ohne sie attackieren zu wollen. 

"Es tut mir leid, dich wecken zu müssen, Funkenpfote, aber wir müssen wissen was geschehen ist.", miaute Birkenstern und senkte seinen Kopf zu der zusammengerollten Funkenpfote hinab. Am liebsten hätte Funkenpfote gefaucht und die Katzen vertrieben, die sie dazu zwingen wollten, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. "Der GipfelClan ist ausgelöscht. Tartaras beherrscht sie alle.", knurrte sie matt. "Er wird noch viele weitere Todesdämonen hierher holen und alles Leben auslöschen. Ende der Geschichte." Sie versteckte ihren Kopf erneut in ihrem zerfetzten Pelz und wünschte sich, dass die HeideClan-Katzen genug gehört hatten, um ihre Hoffnung zu verlieren. Wofür die Mühe? Wir werden doch sowieso alle sterben... Equus Worte bedeuteten ihr nichts mehr. Egal wie viele Götter sie zusammentreiben würden, sie hatte gesehen, wozu Tartaras im Stande war. Er war zu mächtig. Equus Präsenz war im Vergleich zu ihm ein laues Lüftchen. 

"Das heißt, selbst Akkar und dieser Equu können ihn nicht aufhalten?", fragte Birkenstern mit der erhofften Verzweiflung in seiner Stimme. Sie knurrte nur bestätigend. Rabenherz meldete sich zu Wort. "Akkar hat das selbst zugegeben. Er meinte aber, dass es ein Wesen gibt, dass selbst Tartaras besiegen kann." Funkenpfote konnte nicht verhindern, dass sie neugierig die Ohren spitzte. Regenflug miaute leise: "Und wer wäre das?" Die nächsten Worte ihres Freundes klangen nicht mehr so zuversichtlich. "Er nennt sie Ruvyn, die große Mutter. Doch sie ist so alt, dass niemand mehr weiß, wie man sie beschwört." Frustriert fauchte Birkenstern auf. "Das darf doch nicht wahr sein! Es muss doch irgendetwas geben, was wir tun können!" Schweigen breitete sich im Heilerbau aus. Sie alle waren ratlos. Funkenpfote verfluchte sich bereits, einen Funken Hoffnung zugelassen zu haben, als plötzliche eine spitze, schwarze Schnauze im Eingang auftauchte. 

"Ruvyn? Habe ich richtig gehört?" 

Bei dem Klang von Rascals Stimme erhob Funkenpfote den Kopf und ihr Blick begegnete seinen saphirblauen Augen. Er sah aufgeregt aus. Erschrocken wichen die Katzen zurück. Rabenherz sammelte sich am schnellsten. "Ja, das hast du. Akkar hat den Namen erwähnt.." Sofort weiteten sich Rascals Augen. "Akkar auch noch? Kommt nach draußen, hier drinnen ist es viel zu eng für uns alle." Damit war er auch schon wieder verschwunden. Verwirrt sahen sie sich gegenseitig an, dann eilten Birkenstern, Schwarzpelz, Regenflug und Rabenherz nach draußen, auch Funkenpfote erhob sich wackelig auf die Pfoten und schlurfte ins Freie. Zuerst erzählte Rabenherz von seinen Träumen und Erlebnissen mit Akkar. "Er hat mir jemanden geschickt, um mich zu leiten. Bitte erschreckt jetzt nicht." Als dann ein großer Rabe mit zwei weißen Flecken unter dem linken Auge, die fast identisch zu Rabenherzs Flecken waren, auftauchte und zwischen den Füchsen und Katzen landete, wunderte sich Funkenpfote über gar nichts mehr. Götter, magische Steinböcke, verlorene Seelen ... warum nicht auch noch Raben als Freunde? "Lange Rede, kurzer Sinn: Ich muss zurück zur Spiegelschlucht und Akkar beschwören. Er wird Tartaras nicht aufhalten können, aber uns wenigstens etwas Zeit verschaffen." Regenflug lachte bitter. "Zeit verschaffen für was? Dein Gott hat es doch selbst gesagt: Er ist praktisch machtlos gegenüber dieses Tartaras. Und wenn niemand weiß, wie man Ruvyn beschwört ..." "Da möchte ich gleich einmal einhaken.", brummte Rascal und sah die Lauschenden eindringlich an. Nuna übernahm die Erklärung. "Wir sind viel herum gekommen. Wir kennen alle Götter der alten Zeit in und auswendig und Rascal selbst ist tief verbunden mit einer von ihnen. Vulpis, die Fuchsgöttin. Wir haben sie bereits beschworen und sie kämpft gerade Seite an Seite mit Equu gegen die Todesdämonen. Doch wie wir nun alle wissen, reichen die niederen Lebensgötter nicht aus, um Tartaras zu besiegen, denn für jeden von ihnen kann Tartaras fünfzig niedere Todesdämonen beschwören. Sie werden ihnen nicht lange standhalten können. Wir hatten schon die Hoffnung aufgegeben, bis du" Sie warf einen Blick auf Rabenherz. "Den Namen Ruvyn erwähnt hast." Heppel, der nun wohl zum ersten Mal ein ernstes Gesicht aufsetzte nickte. "Es gibt gerade einmal eine Handvoll Gerüchte über sie, aber sie ist bereits so alt, dass sie für einen Mythos gehalten wird und niemand mehr die Formeln kennt, um sie anzubeten oder gar zu beschwören. Bis ein Gott selbst, nämlich Akkar, ihren Namen genannt hat, haben auch wir nicht geglaubt, dass es eine Urmutter des Lebens gibt. Doch wenn wir seinen Worten glauben schenken, ist sie eine ebenbürtige Gegnerin für Tartaras." Rascal wurde sichtlich ungeduldig und unterbrach seinen Freund, indem er zum wesentlichen kam. "Wir sind auf dem Weg hierher durch ein Tal gekommen, das von den Bewohnern 'das grüne Tal' genannt wird. Dort sind wir auf der Suche nach Wissen, wie wir es immer tun, auf ein weiteres Gerücht gestoßen, dem wir ebenfalls keinen Glauben geschenkt haben, da es von einem verrückten Wiesel stammte, das zum einen so alt war, dass es bereits erblindet und völlig grau war, zum anderen, weil wir es gerade fressen wollten. Wir haben angenommen, dass es einfach aus reiner Todesangst das Blaue vom Himmel gelogen hat, doch ich denke, dieses Gerücht ist unsere letzte Hoffnung." Gebannt lauschte Funkenpfote. Mittlerweile hatten sie auch die restlichen Clankatzen um die Füchse versammelt und horchten mit großen Augen. "'Die Wächterin, die alles weiß' nannte er das Wesen, von dem er angeblich all sein Wissen hat. Dieses Wiesel hat dann solange über alles, was er über die alten Götter wusste, geschwafelt, bis Heppel ihm den Kopf abgebissen hat." Der rotgesichtige Fuchs grinste entschuldigend. "Ich hatte Hunger, tut mir leid." Mit einem missbilligenden Seitenblick auf seinen Freund, vollendete Rascal die Erzählung mit den Worten: "Gegen Ende hat er über Ruvyn geredet, dass nur die Wächterin die Formeln kenne  und wie enttäuscht er war, als sie ihm die Worte nicht beibringen wollte. Doch was sie ihm verraten hätte, sei, dass nur mit einem Opfer von vielen Leben die Beschwörungsformel funktionieren würde." Birkenstern knurrte gereizt. "Was soll das den für eine Lebensgöttin sein, wenn Lebewesen sterben müssen, damit sie aufersteht?" Schwarzpelz stimmte brummend zu und auch die restlichen Clankatzen zischten enttäuscht. Funkenpfote hätte am liebsten verbittert gelacht. Welch Ironie des Schicksals. 

"Wartet!", miaute Rabenherz auf einmal laut und verstummte dann wieder mit nachdenklichem Blick. Verwundert beobachtete Funkenpfote, wie der Rabe auf die Schulter des großen Katers sprang und sich scheinbar lautlos mit ihm unterhielt. Nach einer kurzen Weile des Schweigens strahlten Rabenherzs Augen. "Vielleicht verstehen wir das falsch!", miaute er triumphierend. "Robin versteht diesen Satz so, dass Opfer hier als Geschenk gemeint ist. Also, dass viele Leben, die eigentlich dem Tod geweiht waren, gerettet wurden und man sich somit praktisch als würdig erweist, ein Diener des Lebens zu sein. Und nur so ein Diener des Lebens kann die Beschwörungsformel wirksam aussprechen." Er blickte stolz in die Runde. "Na, was denkt ihr?" 

Rascal überlegte für einen Moment, dann stimmte er zu. "Das würde auf jeden Fall deutlich mehr Sinn ergeben. Bleibt nur die Frage, wo wir einen solchen Diener auftreiben. Hat jemand von uns sehr viele Leben gerettet?" Alle sahen sich gegenseitig an. Die Augen der Katzen leuchteten hell in der Finsternis, die immer noch den Himmel gefangen hielt. Funkenpfote hatte jedes Zeitgefühl verloren, ohne den Sonnenaufgang war es schwer, sich zu orientieren. Regenflug schlug schließlich Birkenstern vor. "Er hat doch damals die Hunde zusammen mit Himmelssturm abgelenkt und vertrieben. Damit hat er uns allen das Leben gerettet!" Birkenstern war sichtlich verlegen. "Was ist mit Himmelssturm? Gibt es eine Möglichkeit, dass er irgendwie ..." Funkenpfote fauchte wütend. "Habe ich mich vorher nicht klar ausgedrückt? Himmelssturm ist tot." Betroffenes Schweigen legte sich auf die Senke. Anscheinend war es nicht allen wirklich bewusst gewesen. Die Erkenntnis, dass der stärkste Kater aller Clans, der unbezwingbare Anführer des GipfelClan tatsächlich tot war, traf sie wohl ähnlich schwer, wie es Funkenpfote getroffen hatte. 

"Ich möchte eure Laune nicht ruinieren, aber du, Birkenstern, hast dich vollständig dem SternenClan verschrieben. Mit deinen neun Leben bist du in ihrer Ebene so stark verankert, dass es dich daran hindern würde, eine weitere zu öffnen." Birkenstern legte traurig die Ohren an. "Wen könnten wir sonst noch in Betracht ziehen?" Die Ratlosigkeit in seiner Stimme spiegelte sich in den Augen der anwesenden Katzen und Füchse wieder. Nachdem das Schweigen bereits so lange andauerte, dass jedes Fünkchen Hoffnung in allen erloschen war, erhob sich eine kräftige Stimme über den pfeifenden Wind. "Und was ist mit Funkenpfote?" Erschrocken riss Funkenpfote den Kopf zu Rabenherz herum, der sie mit warmem Blick ansah. "Sie hat es als Einzige hierher geschafft und uns gewarnt. Außerdem hat sie euch" und damit deutete er auf die Füchse "zu uns gebracht und damit das Wissen um Ruvyns Beschwörung. Hat sie uns allen nicht damit das Leben gerettet? Nicht zu vergessen, dass ein Gott sie ebenfalls auserwählt hat." Plötzlich ruhten alle Augen auf Funkenpfote. 

Sie brauchte nur in die Augen der Katzen sehen und sie wusste, dass alle Rabenherzs Vorschlag zustimmten. Selbst die Füchse nickten zufrieden. "Dann ist es entschlossen!", jaulte Birkenstern. "Wir werden zum Niemandsland aufbrechen und Akkar beschwören. Von dort werden wir die Wächterin im Grünen Tal suchen und Funkenpfote zu ihr bringen. So sollten wir Tartaras aufhalten können!" Begeistertes, euphorisches Jubeln brach aus. 

Doch Funkenpfote stand unbewegt mit kaltem Gesicht da. 

Ich und Leben gerettet? Ich habe versagt, meine eigene Familie, meinen eigenen Clan zu beschützen. Und ausgerechnet ich soll Ruvyn beschwören? 

Dass ich nicht lache. 


Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro