~ Kapitel 9 ~

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Die schwarze Nacht klebte wie ein hauchdünner Film in den Baumwipfeln und die Sterne übersäten den dunklen Himmel. Als die Katzen aus dem Wald traten erblickten Windwächters eisblaue Augen das gigantische Baumtal. Mehrere Urwaldriesen tummelten sich den Hang hinunter und säumten die Felswände mit ihren starken Wurzeln. In mitten ihrer tausenden Äste fielen grobe Steinwände ab und bildeten den unerschütterlichen Baumkreis.

Er war wie ein Loch in der Landkarte und der Versammlungsort der drei Clans. Aus den schroffen Felszügen stießen immer wieder größere Vorsprünge heraus, die von den Katzen als Weg benutzt wurden. So führte Vipernstern seine Clanmitglieder sicher den Abhang hinunter und landete geschmeidig auf dem harten Boden. Elsterflügel trat neben ihn und begann direkt wieder leise auf ihn einzureden. Wie sehr Windwächter das doch hasste!

Er stellte sich hinter die zweite Anführerin und kam nicht vorbei. Die Kätzin versperrte ihm geschickt den Weg, damit er unter keinen Umständen zu Vipernstern gelangen und ihm etwas anderes erzählen konnte. Genervt drängte sich der Krieger zwischen den anderen Katzen hindurch und gesellte sich zu Lichtufer. Seine Schwester begrüßte ihn freundlich und schnurrte: „Und, was liegt dir auf dem Herzen? Ich sehe doch, dass dir etwas die Nerven raubt!"

Windwächter wich ihrem neugierigen Blick aus und knurrte leise: „Elsterflügel verhindert immer noch, dass Vipernstern das Erscheinen des GeisterRudels erzählt. Ich habe zum Glück meine paar Kontakte zu den anderen Clans, als dass ich mehr Teilnehmer an der Versammlung arrangieren konnte. Wenn es mir gelingt, dass Vipernstern alle Informationen preisgibt, werden es die meisten Katzen hören."

Überrascht sah Lichtufer ihrem Bruder in die hellen Augen. „Du meinst das ernst, oder?", fragte sie sicherstellend. Der Kater antwortete harsch: „Natürlich, Lichtufer! Natürlich meine ich es ernst! Wenn wir das GeisterRudel verschweigen, wird es schon bald keine Clans mehr geben!"

Inzwischen war der SturmClan eingetroffen. Unter der Führung von Donnerstern sammelten sich die Katzen ein bisschen entfernt vom NebelClan. Es galt zwar, dass man sich nun nicht bekriegen durfte, doch feindselig blieben trotzdem alle. Die drei Clans standen sich noch nie sehr nahe und jedes Mal spürte man die Rivalität zwischen den Anführern.

„Nun, jetzt fehlt nur noch der SonnenClan! Mal wieder!", fauchte Donnerstern höhnisch in die Runde und lachte leicht gekränkt. Vipernstern nickte ihr genervt zu und zuckte mit dem Schwanz. Alle waren angespannt. Insbesondere Windwächter, denn er hatte eine Mission zu erfüllen! Und er dachte nicht im Traum daran diese zu vergeigen. Er musste alle informieren! Sonst gab es für viele Katzen keine nächste Versammlung mehr!

Der Geruch von feuchtem Gras und nassen Blättern lag in der Luft. Lichtufer leckte sich gerade über ihr samtiges Fell und säuberte ihre trockenen Pfoten. Die Zeit schien stehengeblieben zu sein und nichts als Langeweile zu hinterlassen. Die Augenlider der Kätzin wurden schwer und eine bleierne Müdigkeit überfiel sie. Schon kurz darauf schloss sie ihre Augen für einen Augenblick und verlor sich sofort im Land ihrer Träume.

Plötzlich schreckte Lichtufer auf. Was war passiert? War sie etwa eingeschlafen? Doch die Versammlung hatte scheinbar noch nicht ohne sie begonnen. Alle Katzen standen an ihrem vorherigen Platz und als die Kriegerin sich gerade auf den Weg zu ihrem Bruder machte, erschienen die Clanmitglieder des SonnenClans am oberen Rand des Baumkreises. Sie begannen die steilen Felswände hinabzusteigen und landeten geschickt auf dem steinernen Boden.

„Gut. Dann können wir ja jetzt beginnen!", brummte Donnerstern grimmig. Auch sie hatte nicht vor, die gesamte Nacht mit den anderen Clans zusammen zu verbringen. Vipernstern erhob sich und verkündete lauthals: „Nun denn. Hiermit heiße ich alle Clankatzen willkommen, die an dieser Versammlung Teil haben wollen. Rubinstern. Donnerstern." Der imposante Anführer nickte seines gleichen höflich zu. Die Leiterin des SturmClans wirkte sichtlich gelangweilt und presste die Worte förmlich aus ihrem Maul: „Ja ... danke Vipernstern."

„Also, bei uns im SturmClan ist nichts ungewöhnliches passiert. Deshalb können wir meiner Meinung nach diese große Versammlung beenden und alle nach Hause gehen", ergänzte sie monoton. Sofort verfinsterte sich der Gesichtsausdruck der anderen beiden Anführer, woraufhin Donnerstern schnell miaute: „War ja nur ein Vorschlag! Ihr müsst nicht gleich böse werden!"

„Na ja. Wofür machen wir die Versammlungen sonst? Wir informieren uns auf jeden Fall über die Vorfälle in den anderen Lagern! Sei nicht so stur und eigensinnig, Donnerstern!", räumte Rubinstern wütend ein und trat vor. Er fragte geduldig weiter: „Ist denn etwas im NebelClan passiert?" Vipernstern wich seinem feuerroten Blick aus und starrte zu Boden. Schließlich meinte er zerknirscht: „Nein ... nein, bei uns ist nichts geschehen."

Doch diese Aussage duldete eine Katze nicht. Windwächter drängte sich hastig zwischen seinen Clanmitgliedern durch und stellte sich in die Nähe von Vipernstern. „Nein! Das stimmt so nicht!" Mit seinen eisblauen Augen fing der Krieger die Blicke der anderen Versammlungsteilnehmer ein und hielt immer wieder gnadenlosen Augenkontakt zu den Anführern. Er hatte sie in seinen Bann gezogen und das war äußerst wichtig!

Verwunderte Gesichter glotzten ihn aus drei unterschiedlichen Richtungen an und konnten das, was da geschah kaum nachvollziehen. Bisher hatten sich nur wenige getraut, etwas in Frage zu stellen, was aus dem Maul eines Anführers gesprochen wurde. Doch Windwächter wagte es ohne zu zögern, ihm zu widersprechen. Der Kater versuchte, möglichst imposant zu wirken und baute sich, so eindrucksvoll er konnte, vor der Menge auf.

Mit fester Stimme verkündete Windwächter: „Bei uns im NebelClan ist etwas passiert. Es ist extrem wichtig, das ganz viele Katzen davon erfahren. Das heißt, am besten erzählt ihr es allen euren Clanmitgliedern, die nicht an der Versammlung teilnehmen und informiert sie über die Gefahren dieser Erscheinung." Sofort wanderte verunsichertes Raunen durch die Reihen der Zuhörer und plötzlich stand Elsterflügel neben Vipernstern.

„Stopp! Hört nicht auf diesen Halunken! Er erzählt Unsinn!", rief die zweite Anführerin in die Runde und warf dem vorgetretenen Krieger einen düsteren Blick zu. Sie zuckte mit dem Ohr und bedeutete ihm, dass sein Verhalten noch Folgen haben würde. Doch Windwächter interessierte das nicht im Geringsten. Er konzentrierte sich auf seine Aufgabe und entgegnete: „Warum sollte ich Unsinn erzählen?"

„Um die Wahrheit hinter deinem Vorhaben zu vertuschen!", spekulierte Elsterflügel entschlossen. Der Krieger lachte kurz spöttisch auf und meinte: „Warum sollte ich lügen? Und außerdem. Wer ist hier die Katze, die falsche Informationen verbreitet?" Tobend vor Wut bissen sich die stechend grünen Augen der zweiten Anführerin, wie die Fangzähne einer Schlange in den Augen ihres Gegners fest und ließen nicht locker. Allerdings hatte Windwächter sie bloßgestellt, worauf sie nichts zu antworten wusste.

„Nun, ich würde gerne fortfahren", rief der Kater in die Menge, um für Ruhe zu sorgen, „Ich weiß, ihr wundert euch, warum ich hier stehe und euch angeblich belüge. Doch vor mehr als einem halben Mond sind bei uns Tote ins Lager gekommen. Und waren vom GeisterRudel befallen."

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