032 ** Haltet den Dieb! ** Mo. 26.8.2019

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Genau eine Woche hat sie mich in Ruhe gelassen. Und schon ist es wieder passiert. „CSI Essen" hatte die Lust an dem Spiel verloren. Uuuuund - Frau Hartmann hat wieder zugeschlagen. Ich bin nach der Klassenlehrerstunde und der ersten Pause in den Naturwissenschaftstrakt gegangen, weil ich zum Bioraum musste. Ich habe eine Brieftasche auf dem Boden neben den Lehrertoiletten gefunden, auf dem Absatz kehrt gemacht und die Brieftasche ins Sekretariat gebracht. Frau Zimmermann hat die Brieftasche entgegen genommen und sich für meine Ehrlichkeit bedankt.

Plötzlich stand die Hartmann neben ihr, riss ihr die Brieftasche aus der Hand, schaute flüchtig hinein und brüllte los.
"Da fehlt ganz viel Geld. Ich war heute Morgen noch bei der Bank. Gersten, geben Sie sofort mein Geld wieder her."

Jetzt sitzen wir – mal wieder, hurra – vor dem Schreibtisch des Direktors. Und diesmal habe ich keine Zeugen. Ich kann es nicht wegbeweisen, ich kann nicht beweisen, dass ich die Brieftasche erst direkt davor gefunden habe. Und dass ich so auch gar keine Zeit gehabt habe, das Geld irgendwo zu verstecken. Nur Frau Zimmermann ist mit reingekommen. Aber die hat ja nur den Schluss mitbekommen.
Diesmal bin ich echt geliefert.

Kaum haben wir uns gesetzt, holt die Hartmann tief Luft und klagt lang und breit darüber, wieviel Geld doch darin war und jetzt verschwunden ist. Und dass sie mich noch damit hat aus den Lehrertoiletten kommen sehen. Und was ich da eigentlich zu suchen gehabt hätte. Und dass man mir das schlechte Gewissen ja schon ansehen könne. Und ...  Direktor Miegel hört ihr mit undurchdringlicher Miene zu und mustert dabei die ganze Zeit mein Gesicht. Ich schrumpfe mehr und mehr in mir zusammen auf meinem Stuhl.

Bis mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schießt.
Egal, ob ich mich klein mache oder gegenhalte – es erwischt mich doch sowieso!
Dann kann ich ja wohl wenigstens vor mir selber die Würde bewahren. Ich weiß, was ich nicht getan habe. Also darf ich den Kopf oben behalten. Entschlossen richte ich mich auf und setze mich grade in meinen Stuhl. Für einen winzigen Moment sehe ich ein Aufblitzen und sowas wie Zufriedenheit in Dr. Miegels Gesicht.
Was auch immer das zu bedeuten hat ...

Irgendwann hat die Hartmann sich ausgetobt und schaut triumphierend in die Runde. Dr. Miegel fragt nun Frau Zimmermann.
„Wieviel haben Sie davon mitbekommen?"
„Das ist ganz einfach. Max kam nur fünf Minuten, nachdem ich ihn das erste Mal hier hatte vorbeigehen sehen, zurück und gab mir ohne Umschweife diese Brieftasche. Er sagte, er habe sie vor den Lehrertoiletten auf dem Weg zum Naturwissenschaftstrakt gefunden, er habe nicht hineingesehen und wisse darum auch nicht, wem sie gehöre. Sie war sorgfältig verschlossen und nicht in dem Zustand, wie sie es jetzt ist."
Sie zeigt auf das halb geöffnete und sichtlich durchwühlte Corpus Delicti mitten auf dem Schreibtisch. Ich könnte sie knutschen, weil sie offensichtlich hinter mir steht und versucht, mir zu helfen. Aber die Hartmann pampt sofort beleidigt dazwischen.
„Naja, man wird ja wohl noch nachsehen dürfen, ob was fehlt."

„Das kann ja sein. Aber selbst wenn ich voraussetze, dass der junge Mann sich beeilt hat, wofür er keinen Grund hatte, kann er zwar in der kurzen Zeit bis dorthin und wieder zurückgelaufen sein. Aber er kann unmöglich auch noch in die Lehrertoiletten eingedrungen sein, die Brieftasche durchsucht und das Geld irgendwo versteckt haben. Es bliebe nur die Möglichkeit, dass er das Geld am Körper hat."
Frau Zimmermann ist die Wucht in Tüten!

Mein Gehirn arbeitet wieder. Und es spuckt eine brandgefährliche, aber seeeeeehr coole Idee aus ...
„Was ich ganz schnell wegbeweisen kann."
Ich stehe betont langsam auf und fange vor aller Augen an, mich auszuziehen.
Jacke.
Schuhe.
Socken.
Gaaaaanz genüsslich.
„Igitt!"
Ich grinse Frau Hartmann an.
Du hast es so gewollt, du blödes Weib!
T-Shirt.
Sorgfältig auf dem Stuhl zusammengelegt.
Jetzt bin ich ein bisschen froh über meinen durchtrainierten Sportlerkörper.
Dr. Miegel läuft rot an.
„Maximilian!"
Ich fange an, meine Hose aufzuknöpfen. Frau Zimmermann lehnt sich entspannt zurück.
„Ich bin gespannt, wie weit du zu gehen bereit bist, Max."
Ich kann das unterdrückte Lachen in ihrer Stimme hören.

Der Reißverschluss.
„Max, es reicht, wir glauben Ihnen, dass Sie das Geld nicht am Körper haben."
Wieder der Direx.
Ich greife an den Bund meiner Hose und schiebe sie gaaanz langsam nach unten.

„Bestimmt ist er ein notorischer Dieb und hat das Geld in irgendeine geheime Tasche gesteckt!"
Oh, da schwimmen jemandem die Felle weg ... Wiiieee bedauerlich!
Da stehe ich, mit nacktem Oberkörper, barfuß und mit weit offener Jeans. Ich greife meinen Kleiderhaufen und schmeiße ihn Frau Hartmann in den Schoss, von wo er prompt mit angewidertem Gesicht auf den Boden gestoßen wird.
„Kein Problem, Frau Hartmann. Sie dürfen gerne alles umkrämpeln und alle Nähte abtasten. Sorry, dass ich die Socken schon zwei Stunden lang anhatte. Frau Zimmermann, möchten Sie vielleicht meine Schuhe untersuchen? Dr. Miegel, ich stelle Ihnen gerne meinen Ranzen zur Verfügung."

„Maximilian Gersten, es reicht!"
Hei, sogar der Duckmäuser von Direx kann auf einmal energisch werden! Naja - ICH bin ja nicht die Hartmann.
In dem Moment klopft es an der Tür, und –
Yes!!! -
Herr Erdmann steckt den Kopf zur Tür rein.
„Dr. Miegel, haben Sie eine Ahnung, wo Frau Z... - WAS IST DENN HIER LOS???"
„Hallo, Herr Erdmann. Es tut mir leid, aber die anderen untersuchen schon meine ganzen anderen Sachen. Wenn Sie das geklaute Geld finden wollen, bleibt für Sie nur noch die Unterhose übrig."
Meine Jeans rutscht mir in die Kniekehlen. Ich greife nach dem Bund meiner Unterhose, grinse den völlig entgeisterten Mann breit an und habe plötzlich überhaupt keine Angst mehr.

Da Frau Hartmann sitzt und ich in ihrer Nähe stehe, weiß sie zu ihrem Unglück nun auch nicht mehr, wo sie noch hinsehen soll, und verliert dadurch einiges an Souveränität. Herr Erdmann schaut mir tief in die Augen und nickt dann. Er weiß ja durch Frau Süß Bescheid, was bei mir alles abgeht, er kennt meine Geschichte mit dieser Frau, und jetzt bin ich ganz dankbar dafür. Also ziehe ich meine Jeans wieder hoch, sammele meine Sachen vom Fußboden und ziehe mich wieder an.
Der kam grade rechtzeitig, jetzt hätte ich sowieso aufhören müssen ...

Zum Glück ergreift Herr Erdmann entschlossen die Initiative.
„Und jetzt nochmal von vorn. Was ist passiert?"
Ich halte meinen Mund. Frau Hartmann interessanterweise auch. Der Direx stöhnt.
„Max hat eine Brieftasche gefunden und zu Frau Zimmermann gebracht. Frau Hartmann hat sie als die ihre identifiziert und angegeben, dass eine größere Summe Geldes fehlt. Es besteht der Verdacht, dass Max etwas damit zu tun haben könnte."
„Wieso schleppen Sie denn auch soviel Geld mit in die Schule?"
„Weil ich das heute morgen erst von der Bank geholt habe, auf dem Weg hierher."

Kurz überlegt Herr Erdmann.
„Na, dann ist das ja gar kein Problem. Wir rufen einfach Ihren Kontoauszug ab, und dann können wir ganz leicht ausrechnen, wieviel Geld verschwunden ist. Zählen Sie doch schonmal nach, wieviel jetzt drin ist."
Ich brauche einen Moment, bis ich begreife, was er grade gesagt – und gemeint hat. Aber Frau Hartmann sofort. Sie wird weiß wie die Wand, und da schalte dann auch ich. Genial! Einfach genial.
Und überhaupt. Wenn sie es dann noch weiter versucht – gestohlenes Geld lässt sich hervorragend vor Gericht klären – mit einem sehr guten, hauseigenen Anwalt. Und IN der Brieftasche ist kein einziger Fingerabdruck von mir ...

Ein weiteres Mal bin ich mit heiler Haut davon gekommen. Ein weiteres Mal muss sich Frau Hartmann geschlagen geben. Da Herr Erdmann grade eine Freistunde hat, bringt er mich persönlich zum Bioraum.
„Du hast grade ganz schön hoch gepokert, Max. Weiter hättest du echt nicht gehen dürfen."
„Was wäre dann passiert?"
„Dann hätte sie die Gelegenheit beim Schopf ergriffen – nach der tiefen Ohnmacht natürlich – und hätte dich wegen ... keine Ahnung, wie das heißt, aber du warst mehrfach aufgefordert worden aufzuhören. Und wenn ich nicht gekommen wäre, wäre dir was weit Schlimmeres passiert, als ein paar hundert Kröten nicht geklaut zu haben, weil sie nämlich hoch und trocken auf ihrem Konto liegen."
„Hm. Hat aber Spaß gemacht."
Ich kann mir schon wieder das Grinsen nicht verkneifen, als mir ihr dezent rot angelaufenes Gesicht einfällt.
„Hättest du ... also, echt ..."
„Nö, natürlich nicht. Es ging mir ja um meine Würde. Ich wollte ihr zeigen, dass sie mich nicht klein kriegt. Aber ich wollte mich nicht im wahrsten Sinne des Wortes bloßstellen."

„Na dann – cool!"
Er klopft erst mir auf die Schulter, dann an die Tür des Biosaales, erklärt eben noch meine unverschuldete Verspätung und zieht mit einem Schmunzeln ab. Ich setze mich in meine Bank, hole Buch und Heft raus und versuche, in das Thema reinzufinden. Und erst jetzt fange ich an zu zittern, weil mir bewusst wird, was für ein Risiko ich da grade eingegangen bin. Ich muss ein paarmal tief durchatmen und etwas trinken, bevor ich mich endlich auf Bio konzentrieren kann.

In der zweiten großen Pause erzähle ich dann meinen Freunden von der brenzligen Situation. Das Gelächter zieht schnell weitere Leute aus dem Sport-LK an, und bald schon sind wir mitten in der schönsten Lästerorgie. Milly kuschelt sich an mich, schaut mir tief in die Augen, plinkert mit den Wimpern und seufzt.
„Schaaaade. Ich hätte sooo gerne gewusst, was deine Unterhosenmarke ist, Süßer. Darf ich nochmal lunzen?"
Mit gekonnt laszivem Augenaufschlag lässt sie ihren Zeigefinger über meinen Bauch nach unten fahren, bis sie an meinem Hosenbund angekommen ist. Zum Glück muss ich außer mit einem breiten Grinsen nicht selbst reagieren. Moritz legt schnell seinen Arm um meine Schultern, zieht mich mit Augenbrauenwackeln an sich ran und näselt mit hoher, tuntiger Stimme los.
„Nix 'Süßer'. 'Süßer' gehört mir, und seine Unterhosenmarke darf nur ich sehen."
Jetzt liegen endgültig alle grölend am Boden.

Nach der gemeinsamen Mittagspause habe ich noch Spanisch mit Paul. Egal, wo ich langlaufe, heute reagieren alle sehr deutlich auf mich. Das hatte ich natürlich nicht erreichen wollen, aber mein Striptease scheint sich rumgesprochen zu haben, denn ich ernte Zwinkern, Grinsen und Schulterklopfen. Dummerweise weiß ich aber nicht, WELCHE Version sich rumgesprochen hat. Das könnte nämlich durchaus unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob Frau Hartmann oder Frau Zimmermann der Ursprung ist. Aber ändern kann ich es eh nicht mehr, also bleibe ich gelassen und grinse zurück. In ein paar Tagen hat es eh jeder wieder vergessen.

Nach Spanisch verabschiede ich mich von Paul bei den Fahrradständern und radele direkt zu Frau Süß. Sie ist inzwischen von Herrn Erdmann und natürlich auch von Frau Zimmermann informiert worden. Ich erzähle ihr auch meine Sicht der Dinge, gehe aber nicht ins Detail, weil ich ja in Mathe jetzt echt Gas geben muss. Kurz darauf mache ich bereits einen hilflosen Kopfsprung mitten in Kurvendiskussionen und Funktionen und möchte am liebsten alles hinschmeißen.
„Keine Panik, Max. das blockiert dich nur. Wir haben noch acht weitere Termine, das schaffst du. Und uns war ja von Anfang an klar, dass die erste Klausur noch nicht berühmt ausfallen wird. Kopf hoch!"
"Und Hosen runter ... oder so."
Gemeinsam lachen tut echt gut. Ich mag dieses helle Lachen, das immer ein bisschen wie Kichern klingt.

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16.10.2020    -    22.4.2021

DAS Kapitel hat vielleicht Spaß gemacht beim Schreiben!
Ich freue mich seit Wochen darauf, das zu veröffentlichen.

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