6. Kapitel

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„Teresa?" Was soll das denn jetzt? Verständnislos erwidere ich seinen Blick. Dabei würde ich ihm am liebsten an die Gurgel gehen, weil mich sein Getue höllisch aufregt. Wie kann man nur so abgebrüht sein? Und das als Freund und Helfer! Pah!

Um mich zu beruhigen, konzentriere ich mich wieder mal aufs Atmen. Ein ... und aus. Eiiin ... und auuus. Dann stelle ich so ruhig wie möglich klar: „Mein Name ist Tess."

„Na und? Interessiert mich nicht. Jetzt komm schon, wir müssen endlich hier weg." Er packt mich am Arm und will mich doch ernsthaft hinter sich herziehen, als wär ich ein Pferd an der Leine. Das kann er vergessen! Also nehm ich mir ein Beispiel an 'nem anderen Tier und stemme bockig wie ein Esel die Fersen in den Boden. Ich rühre mich kein Stück. Na ja, fast kein Stück. Er ist extrem stark.

„Mich interessiert es aber, verdammt noch mal! Benutz gefälligst meinen richtigen Namen, wenn du was von mir willst!" Wütend funkle ich ihn an und bin fest entschlossen, hier stehen zu bleiben, bis er nachgibt. Zufällig mag ich meinen Namen! Wenigstens eine Sache haben meine Junkie-Eltern richtig gemacht ...

„Solange du dich wie Mutter Teresa aufführst, kannst du das vergessen", hält er genauso unnachgiebig dagegen.

Ah, ein schlaues Kerlchen. Der hat dich sofort durchschaut. War ja klar, dass mein Hirngespinst auch 'ne Meinung dazu hat. Und die gefällt mir – wie so oft – gar nicht.

Aber was hab ich auch erwartet? Die ganze Situation ist doch zum Kotzen! Ups ... Mein Blick fällt auf die eingesauten Leichen-Schuhe und wieder schießt mir Hitze ins Gesicht. Peinlich. Einfach nur peinlich. Hoffentlich hat der Rosen-Polizist nicht gesehen, wie das passiert ist.

Na und wenn schon, ertönt es in meinem Oberstübchen. Noch schlechter kann seine Meinung von dir wohl kaum werden, Teresa.

Oh, verdammt! Jetzt fängt die auch noch damit an. Natürlich verbündet sie sich mit dem Möchtegern-Komiker hier und übernimmt diesen bescheuerten Spitznamen. Ach, reg dich ab. So schl–

„Jetzt beweg dich endlich, du stures Weib!", knurrt der Kerl, der immer noch an meinem Arm zerrt. „Er kommt sicher bald zurück. Und für den da", wieder nickt er in Richtung Leiche, „kannst du eh nichts mehr tun. Also lass uns von hier verschwinden, Teresa!"

„Hört endlich auf damit! Ich heiße Tess, nicht Teresa! Tess, Tess, Tess! Nennt mich gefälligst auch so!"

Verständnislos sieht er mich an. „Hört, nennt ... Mehrzahl? Wen meinst du denn noch?"

Argh! Das ist doch zum Verrücktwerden. „Vergiss es einfach", fauche ich ihn an, aber sein Blick huscht schon misstrauisch von einem Schatten zum andern. „Aber nicht die Sache mit dem Namen! Warum zur Hölle muss eig–"

Shit! Ich hab das H-Wort gesagt. Und er war so abgelenkt durch meinen blöden Versprecher, dass er mich diesmal nicht davon abgehalten hat.

Ohne zu wissen, was jetzt passiert, bildet sich eine Gänsehaut auf meinem Körper. Die Luft wird spürbar kälter und selbst die leisesten Geräusche um mich herum verstummen. Kein Rascheln der Blätter mehr im Wind, kein Schaben irgendeines Tiers in der umgekippten Mülltonne vorm Haus. Es herrscht Totenstille. Und ich bin schuld.

„Verdammt noch mal!", knurrt der Kerl, der mir unmissverständlich klargemacht hat, wie gefährlich das H-Wort ist. Ich kapiere zwar immer noch nicht, was daran eigentlich so schlimm ist – zumal nach dem Fluch mit ‚Teufel' überhaupt nichts passiert ist. Aber dass sich gerade was verändert hat, kann ich wohl kaum leugnen. Und als dann noch ein lautes Heulen ertönt, wird mir die Sache richtig unheimlich.

„Ah, da kommt schon der große böse Wolf, um dich zu holen. Bist du jetzt zufrieden?"

Das finde ich gar nicht witzig! Zumal ... Gibt es etwa auch Werwölfe?! Schockiert sehe ich ihn an. „Wolf? Wie in Werwolf?", bringe ich zittrig heraus, doch er winkt bloß ab.

„Ach, sei still. Wir müssen hier weg."

Wieder packt er meinen Arm und dieses Mal wehre ich mich nicht. Dass er dann den falschen Weg einschlägt, kann ich aber nicht ignorieren. „Zur U-Bahn geht's doch da lang!" Ich drehe mich um und zeige in die entgegengesetzte Richtung.

U-Bahn. Ernsthaft? Weil die Dämonen bestimmt dafür gesorgt haben, dass der Fahrplan auch in der Apokalypse eingehalten wird. Die Stimme in meinem Hirn lacht sich mal wieder über mich schlapp und auch mein Retter reagiert anders als erwartet. Er runzelt stumm die Stirn und wirft mir einen Blick zu, als würde ich in die Klapse gehören. Ich sag's ja: Ein schlaues Kerlchen.

Wie ich diese blöde Stimme hasse! Dauernd macht sie sich über mich lustig. Wann ist denn bitte aus meinem Kindheitshelfer ein sadistisches Arschloch geworden? Aber ... na ja. In dem Fall hat sie natürlich recht. Dämonen brauchen sicher keine U-Bahn.

Meinen unfreiwilligen Begleiter hat der Einwurf sowieso nicht aufgehalten. Immer weiter schleift er mich mit – vorbei an zerstörten Häusern, ausgebrannten Autos und zerfetzten Körpern. Mister Kopflos hatte scheinbar noch Glück, die anderen Leichen hat's viel schlimmer erwischt.

Mit jedem Meter, den wir zurücklegen, wird mir die Gefahr bewusster, in der wir schweben. Ich hätte das H-Wort niemals laut aussprechen dürfen. Wie diese Menschen will ich nicht enden ... Dieser Hunde-Werwolf-Dämon darf uns auf keinen Fall kriegen!

Ich hab echt keine Ahnung, wie lange wir schon laufen, aber es kommt mir vor wie Stunden. Dummerweise hab ich keine Uhr, um das zu überprüfen. Dafür benutze ich sonst mein Handy, aber ... na ja, das liegt mit leerem Akku in der Wohnung. Echt zu blöd.

Die eisige Kälte kriecht in meine Glieder und versucht, mich zu lähmen. Der anstrengende Marsch lässt mich nach Atem ringen und keuchen. Ja, verdammt! Schon wieder. Ich hätte doch auf die Kids hören und mehr Sport machen sollen ...

Irgendwann kann ich nicht mehr und breche kraftlos zusammen. Einfach so, mitten auf der zerstörten Straße. Das ist mir noch nie passiert! Diese blöde Krankheit hat mich wohl mehr geschwächt, als ich dachte ... Wär ich doch bloß im Bett geblieben!

Verschwommen nehme ich wahr, wie ich hochgehoben und über eine kräftige Schulter geworfen werde. Aua! Geht das nicht zärtlicher?

Oh je. Bist du etwa schon in den muskulösen Adonis hier verknallt?

Die Rückansicht des Kerls ist jedenfalls nicht übel. Aber ich bin so erschöpft, dass ich diese Erkenntnis gar nicht richtig würdigen kann. Nicht mal, dass ich genau auf seinen knackigen Hintern gucke, löst etwas in mir aus.

Hey, sag doch sowas nicht! Das hat dieser Prachtarsch echt nicht verdient ...

Und auch meine innere Stimme ist nur noch ein Hintergrundrauschen. Kurz darauf verstummt sie völlig, als meine Augen zufallen und ich ins Traumland abdrifte. Dort ist die Welt noch in Ordnung.

***

Ein unwiderstehlicher Rosenduft steigt mir in die Nase und ich öffne blinzelnd die Augen. „Hast du mir Rosen mitgebracht, Anton?", frage ich etwas verschlafen, aber mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ich bin immer noch ganz gefangen von dem schönen Traum, den ich gerade hatte.

„Und schon wieder dieser Name! Wer zum Teufel ist der Kerl, von dem du dauernd sprichst? Nerv mich ja nicht damit, dass ich den da draußen suchen soll." Oh. Das ist definitiv nicht die sanfte Stimme meines Freundes. Ex-Freundes! Seit drei Jahren. Schon vergessen? Ach ja, da war was ...

Aber der Traum hat sich so real angefühlt! Bestimmt, weil mich die böse Stimme in meinem Kopf wieder an das Gute während unserer Beziehung erinnert hat – genau davon hab ich auch geträumt. Es ging um einen typischen Abend zu Hause. Wir haben gemeinsam gekocht und gegessen, dann unsere Serie geschaut und sind später eng umschlungen auf dem Sofa eingeschlafen. Friede, Freude, Eierkuchen also. Kein Drama, keine Zerstörung und schon gar keine Dämonen weit und breit. Dafür würde ich jetzt sogar die Langeweile hinnehmen, die mich irgendwann so sehr genervt hat, dass ich Schluss machen musste. Aber für 'nen Rückzieher ist es nach drei Jahren eindeutig zu spät.

Weil ich keine Lust auf die echte Welt mit all ihren Problemen habe, will ich mich noch mal umdrehen und weiterschlafen, falle dabei aber fast vom Bett. Oder ... worauf auch immer ich hier liege. Meine weiche Matratze ist es jedenfalls nicht. Die schmale Liegefläche hat absolut nichts gemein mit meinem schönen breiten Eins-sechzig-Bett. Außerdem sind da so komische Rillen an meinen Beinen und dem Rücken. Und weil das noch nicht seltsam genug ist, knirscht es auch noch bei jeder Bewegung verdächtig. Sind das etwa ... aufeinander gestapelte Säcke oder so? Ein Blick nach unten zeigt, dass ich recht habe. Ich liege auf Blumenerde. Aha.

Mein Lieblingsduft kommt auch nicht von 'nem Strauß roter Rosen, sondern von unzähligen bunten Büschen und Sträuchern, die im ganzen Raum verteilt sind. Ihr intensives Aroma liegt in der Luft und beruhigt mich, obwohl ich eigentlich ausflippen müsste. Schließlich hab ich nicht den blassesten Schimmer, wo ich überhaupt bin. Also sehe ich mich erst mal genauer um.

Ein riesiges Oberlicht sorgt für die nötige Helligkeit in diesem Blumen-Paradies, andere Fenster gibt es nicht. Klar, dass weitere Rosen an den grauen Steinmauern emporklettern, um so nah wie möglich ans Sonnenlicht zu kommen. Würde ich genauso machen.

Tja. Und dann ist da noch der Kerl, der mich jetzt schon zweimal vor 'nem Dämon gerettet hat.

Verdammt! Wie konnte ich das nur vergessen?

Das frag ich mich auch immer wieder. Aber dein Kopf ist halt ein Sieb. Dagegen lässt sich nichts machen ... Leb damit! Na, vielen Dank! Sowas hört man doch gern von seiner inneren Stimme.

„Wo bist du denn dauernd mit deinen Gedanken? Ich habe dich was gefragt!", fährt mich der Nörgel-Polizist schon wieder an und wirkt sogar ein bisschen bedrohlich, als er mit finsterer Miene auf mich zukommt. Zum Glück bleibt er nach ein paar Schritten stehen und durchbohrt mich dann aus sicherer Entfernung mit seinem Blick.

Ich sag doch, er ist lernfähig. Und er macht dir Feuer unterm Hintern – das gefällt mir! Jaja. Meine innere Stimme ist hin und weg. Dabei ist der Kerl total unsympathisch!

Aber weil ich so viele Fragen hab, die im Moment nur er beantworten kann, stelle ich gleich mal die erste: „Wie heißt du eigentlich?" Ich will ihn schließlich nicht die ganze Zeit Rosen-Mann oder so nennen.

Irritiert zieht er die Augenbrauen zusammen. Doch dann beschließt er wohl, mir erst mal zu antworten. Das Thema Anton läuft ihm ja nicht weg. Obwohl ... Eigentlich will ich überhaupt nicht über meinen Ex reden – nicht jetzt und auch nicht später.

„Alex", antwortet er einsilbig.

Klar. Mit Beschimpfungen hält er sich nicht zurück, aber wenn ich mal Antworten will, ist er wortkarg wie ein Fisch.

„Alex ... und weiter?", bohre ich also nach.

„Das ist irrelevant." Seine schönen Schokoaugen starren mich finster an. „Wie konntest du nur schon wieder das H-Wort benutzen?! Ich habe dir doch lang und breit erklärt, dass ..."

„Lang und breit erklärt?" Ich pruste los. „Von wegen! Du hast mir noch überhaupt nichts erklärt – weder lang noch breit."

„Na schön. Das H-Wort wirkt wie ein Lockruf. Da, wo es benutzt wird, wartet meist Arbeit auf die Dämonen – oder ein Unterhaltungsprogramm. War bei dir ja auch so. Also ... kapierst du es jetzt?", gibt er genervt zurück.

Nein, nicht wirklich. „Und bei ‚Teufel' passiert nichts?"

„Den Teufel gibt es nicht."

Das kommt mit so viel Nachdruck aus seinem Mund, als wäre es selbstverständlich. Und ich ... pruste schon wieder los. „Natürlich. Wie dumm von mir!" Es dauert nicht lange und mein ungehemmtes Lachen wird hysterisch. „Dämonen? Klar! Werwölfe? Vielleicht. Aber den Teufel? Nein, den gibt es nicht!"

Er verdreht nur die Augen, überbrückt die letzten Meter zwischen uns und schüttet mir doch tatsächlich eine Kanne mit eiskaltem Wasser über den Kopf. „Iiiiiiahhh!", kreische ich. Wann zur Hö– ... zum Teufel hat er sich die denn geschnappt?!

„Besser?", fragt er ungerührt und jault im nächsten Moment genauso auf wie ich. So ein Tritt in die Eier klappt doch jedes Mal.

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