7. Kapitel

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„Alex ...", beginne ich vorsichtig. Inzwischen sitzen wir friedlich auf zwei alten Holzkisten und knabbern an ein paar Müsliriegeln. Keine Ahnung, wo er die auf einmal hergezaubert hat, aber ich bin ihm unglaublich dankbar dafür. Das gilt übrigens auch für das übergroße Kapuzenshirt, das er mir im Tausch gegen meine nasse Bluse gegeben hat. Ich soll schließlich nicht gleich wieder krank werden, meint er. Und dass wir nach dem Essen wohl beide ‚leidlicher' sind. Wer spricht denn heutzutage noch so?

„Was?", brummt er und klingt dabei tatsächlich nicht mehr ganz so genervt wie vorher.

„Hast du das wirklich ernst gemeint? Es gibt keinen Teufel?"

„Richtig." Aha. Die einsilbigen Antworten sind also noch da, trotz Essen.

„Aber das ist doch unlogisch! Zu Himmel und Hö–" Dieses Mal stoppe ich rechtzeitig. Seine Hand landet trotzdem auf meinem Gesicht. Na ja, sicher ist sicher. Das kann ich ihm wohl kaum vorhalten.

Also sage ich nichts, schnappe mir nur sein Handgelenk und schiebe es zur Seite. „Dazu gehören einfach Gott und Teufel. Apropos." Ich reiße entsetzt die Augen auf. „Gibt es etwa auch keinen Gott?"

„Doch." Er seufzt. „Den gibt es schon. Und seine himmlischen Heerscharen auch." Dann verdreht er die Augen. Das tut er fast so oft wie dieses Ding mit seiner Augenbraue – und das Kopfschütteln. „Obwohl man nach ihrem grandiosen Versagen vermutlich eher ‚himmlische Schnarchnasen' sagen sollte."

Was dabei in seinem Blick liegt, kann ich nicht deuten. Aber eins ist klar: Alex weiß mehr über die ganze Sache, als er wissen sollte. Und er verschweigt so einiges, das merkt man. Ich muss unbedingt vorsichtig sein. Klar, er hat mich gerettet. Doch das heißt ja nicht automatisch, dass ich ihm trauen kann. Auch von ihm könnte Gefahr ausgehen – Polizist hin oder her!

Also ich mag ihn. Himmlische Schnarchnasen ... das hätte von mir kommen können! Jaja. Lach dich ruhig kaputt da oben. Aber seine Wortwahl sorgt auch nicht dafür, dass meine Zweifel verschwinden.

Weil ich trotzdem mehr erfahren will, verschiebe ich diese Gedanken auf später. Mit hochgezogener Augenbraue hake ich nach: „Wobei haben sie denn so grandios versagt?"

Alex' Blick schießt zu mir und ich kann förmlich sehen, wie er die Schotten dichtmacht. „Beim Beschützen der Erde, schätze ich. Sonst hätten die Dämonen wohl kaum die Macht übernommen, oder?"

Ja, das klingt logisch. Trotzdem. Ich wette, er könnte mir noch mehr erzählen. Haben die staatlichen Stellen vielleicht Insider-Infos bekommen, als das ganze Chaos losging?

„Aber wie kannst du dir so sicher sein, dass es keinen Teufel gibt?" Er soll mir endlich sagen, was er weiß!

Genau, nerv ihn einfach weiter. Das hat bisher ja bestens funktioniert, meint meine innere Stimme ironisch. Dummerweise hat sie auch dieses Mal recht. Ich konnte es noch nie gut sein lassen, wenn ich was wissen wollte. Meinen Freunden hat das nicht unbedingt gefallen ... Deinen WENIGEN Freunden, ergänzt die Stimme. Wie immer sehr hilfreich, danke! Alle andern hast du mit deiner ewigen Nerverei gleich in die Flucht geschlagen.

„Ich bin halt neugierig, na und? Ich hab noch nie verstanden, was daran so schlimm sein soll", knurre ich und ernte mal wieder einen skeptischen Blick vom Rosen-Mann. Äh, von Alex.

„Sag mal, führst du Selbstgespräche?"

Sein abfälliger Ton stört mich gewaltig. Also richte ich mich zu meiner vollen Größe auf, verenge die Augen zu Schlitzen und stelle mit fester Stimme klar: „Selbst wenn's so ist, geht dich das überhaupt nichts an. Antworte lieber auf meine Fragen! Denn glaub mir, ich werde weiterbohren, bis ich alles weiß."

Er mustert mich noch einen Moment kritisch, seufzt dann aber ergeben und redet endlich weiter. Allerdings spricht er jetzt mit mir, als wär ich ein bisschen beschränkt. „Während du tief und fest geschlafen und friedlich geträumt hast, sind die ersten Dämonenfürsten hier angekommen. Es muss einen Kampf im Himmel gegeben haben. Es sah aus, als würden die Wolken in Flammen stehen. Dann kamen die Gewitter, Erdbeben, Überschwemmungen, Hurrikans – alle Naturkatastrophen, die du dir vorstellen kannst. Die Zerstörung ..." Sein Blick ist so eindringlich, dass ich es fast nicht aushalte. Warum schüttelt er denn jetzt den Kopf und redet nicht weiter?

Ich will ihn fragen, ihn dazu bringen, mir mehr zu verraten. Aber meine innere Stimme hält mich davon ab. Danach kannst du später immer noch fragen. Kapierst du es nicht? Das Thema geht ihm zu nah. Er wird jetzt nicht weiter drüber reden. Also hör zu und merk dir, was er freiwillig erzählt!

Es nervt mich echt, dass sie dauernd recht hat. Aber ja, ich sollte froh über seine Offenheit sein und erst mal abwarten.

Braves Mädchen. Ach, halt die Klappe! Das zieht schon seit Jahren nicht mehr.

„Die Menschen wollen sich einfach immer aus allem herausreden. Da war es ihnen nur recht, ihre schlechten Taten und Gedanken einer übergeordneten bösen Macht zuschieben zu können. Der Teufel war's! Der Teufel hat mich verführt! Der Teufel ist in mich hineingefahren! Glaub mir, ohne den Teufel wäre das nie passiert ... Alles Bullshit!"

Alex hat sich richtig in Rage geredet und muss jetzt ein paarmal tief durchatmen. Und ich? Ich kann seinen Standpunkt verstehen, wirklich. All die Sünden ... letztendlich entscheidet jeder selbst, ob er sie begeht oder nicht. Viel zu viele Menschen tun Böses, ich seh das immer wieder. Und ich hab's erlebt. Das war mir 'ne Lehre. Trotzdem kann ich nicht glauben, dass alle so sind. Es gibt auch das Gute, das weiß ich! Selbst hier und jetzt.

„Die Dämonen mussten nur für ein bisschen Chaos sorgen und ein paar gezielte Worte an die Menschen richten und schon sind sie aufeinander losgegangen. Sie haben sich regelrecht gegenseitig abgeschlachtet. Die Dämonen konnten sich entspannt zurücklehnen, mit den Fingern schnippen und auf den Straßen das Feuer der Verdammnis entzünden. Zu ihrem eigenen Vorteil haben die Menschen dann ihre Nachbarn, Freunde und sogar Familienangehörigen hineingestoßen. Ohne Reue, ohne Bedauern. Die Dämonen haben sich dabei nicht einmal die Hände schmutzig gemacht – und ein imaginärer Teufel schon gar nicht!"

Oh. Das ist der Grund für die Krater und den Ruß? Überall dort waren Scheiterhaufen? Die armen Menschen!

Als ich kapiere, was das bedeutet, hält mich nichts mehr auf der Kiste. Völlig aufgewühlt klopfe ich an meiner Hose herum und versuche, dieses widerliche graue Zeug loszuwerden. Das ist so eklig! Es ist überall!

Überall? Nein, nein, nein! Hektisch fahren meine Hände in mein langes dunkelbraunes Haar, als mir bewusst wird, dass auch darin menschliche Überreste stecken. Aber die Strähnen sind feucht und ich sehe nicht eine einzige helle Rußflocke. Die Gießkannen-Aktion hatte also doch was Gutes – keine Mikro-Menschenteile mehr auf meiner Kopfhaut. Dummerweise weiß ich, dass sie da waren. Und das ... Shit! Ich kann nicht ...

Dieses Mal müssen Alex' Schuhe dran glauben, als mein Mageninhalt den Rückweg antritt. Der springt natürlich sofort auf und brüllt mit angewidertem Gesicht: „Hast du sie nicht mehr alle?! Neben dir steht ein Eimer, verdammt noch mal!"

Mein Blick wandert zur Seite und ... tatsächlich. Da steht ein halb voller Eimer mit schrumpligen Rosenblättern und abgeschnittenen Stielen. Ups.

Laut fluchend verschwindet Alex durch die Tür und kommt wenig später mit einem zweiten Eimer und einem großen Lappen zurück.

„Hier", knurrt er und wirft mir das feuchte Teil direkt ins Gesicht. Na, vielen Dank auch! Ich hab das doch nicht mit Absicht gemacht. „Aufwischen kannst du die Sauerei alleine!" Und schon ist er wieder weg.

Kurz frage ich mich, warum die Dämonen die Wasserversorgung beibehalten haben. Denn so muss es sein. Nicht nur der Aufwischeimer hier sagt mir das, sondern auch das fließende Wasser in meiner Wohnung. Damit gab es in der ganzen Zeit keine Probleme.

Vermutlich schmecken saubere Menschen einfach besser, grübelt mein Hirngespinst. Oder die Dämonen wollen nicht, dass ihre Opfer verdursten, bevor sie sie umbringen können. Klingt beides gar nicht so abwegig. Ich bin ja auch schlau. Deshalb brauchst du mich.

„Oh, das kannst du vergessen. Ich brauch dich nicht! Ohne dich wär ich viel, viel besser dran."

„Ach ja?", ertönt es hinter mir. Vorsichtig drehe ich mich um. Alex' Gesichtsausdruck passt genau zu dem schneidenden Ton seiner Stimme. „Dann solltest du vielleicht verschwinden und alleine dein Glück da draußen versuchen." Er deutet zur Tür und ich bin mir absolut sicher, dass er's ernst meint. So ein Mist!

„Aber ich hab doch gar nicht mit dir gesprochen!", versuche ich ihn zu besänftigen.

„Ach nein? Und mit wem dann?" Da ist sie wieder, die hochgezogene Augenbraue. „Mit diesem Anton vielleicht?" Seine Stimme trieft vor Sarkasmus.

Gequält schließe ich die Augen. Es hilft nichts, ich muss es zugeben. „Nein, ich ... ich habe ... Also, da ist diese ... Stimme. Seit meiner Kindheit tritt sie mir verbal in den Hintern. Aber ... na ja. Sie ist nur in meinem Kopf. Und manchmal reizt sie mich so sehr, dass ich ... laut antworte." Beschämt senke ich den Kopf. Jap. Jetzt sieht er mich wirklich als Fall für die Klapse. Garantiert.

Seltsamerweise höre ich weder Gelächter noch sonst einen Laut, der mir zeigen würde, was Alex gerade denkt. Doch da! Plötzlich fällt ein Schatten auf meine Füße und ich kneife schnell die Augen zu. Ich will den Ausdruck auf seinem schönen Gesicht gar nicht sehen. Das hab ich schon viel zu oft. Meine besten Freunde in der Kita hatten ihn und auch die Kinder in der Schule. Sogar die Vertrauenslehrerin, zu der ich in der zweiten Klasse gehen musste. Zum Glück war meinen Eltern ihre Meinung völlig egal. Sonst wäre ich schon Stammgast im Irrenhaus.

Na und? So schlimm klingt das gar nicht. Denk doch mal nach! Da hättest sogar du gute Freunde gefunden – und ich auch. Wie schade, dass ich nie die Bekanntschaft andrer Stimmen machen konnte ... Ich hätte zu gern 'ne Band gegründet. Wir wär'n der Hit auf jeder Party!

Das amüsierte Kichern in meinem Kopf ist so laut, dass ich nicht mitbekomme, wie Alex ganz dicht an mich herantritt. Erst als er mal wieder mein Kinn anhebt, bemerke ich seine Nähe. Und bekomme direkt eine Gänsehaut. Denn er flüstert etwas in mein Ohr.

„Du wirst immer reizvoller, Teresa. Ich bin gespannt, was du noch so alles vor der Außenwelt verbirgst. Sicher eine ganze Menge. Ich kann es kaum erwarten, all deine Geheimnisse zu ergründen."

Als ich mich endlich traue, meine Augen zu öffnen, ist er verschwunden. Nicht nur aus meiner Reichweite, sondern aus dem Raum. Ich bin ganz allein in diesem Rosen-Paradies. Umgeben von Blumen, die mich nicht nur schwach machen. Ihr Duft bringt mich scheinbar auch dazu, über Dinge zu reden, die ich normalerweise für mich behalte.

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