(10/2) Pläne

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Erst als sie heran kamen, sahen sie die Trümmer, die in einer kniehohen Schicht den Boden bedeckten. Es begann ungefähr acht Meter vor der ersten Tür. Eine Barriere aus Dachpfannen und Gewölbeteilen aus dem Säulengang versperrte den Weg, dazu Steine, Balken und Bodenplatten der ersten Ebene. Wie eine Lawine hatte sich der Schutt durch den Gang und bis vor die Türen geschoben.

Tomaso war vom Laufen ausser Atem, obwohl es nur einige Meter gewesen waren. Grob rupfte er Valerio die Fackel aus der Hand. Sie flackerte stark, als er sie hektisch in alle Richtungen bewegte. Er leuchtete Decken und Wände neben ihnen ab, legte an verschiedenen Stellen die gespreizten Finger seiner Hand auf dem Putz auf und schien zugleich nachzudenken, zu rechnen, zu fühlen und zu lauschen.

"Schht", zischte er einmal über seine Schulter, als er ein Ohr gegen die Wand hielt - dabei hatte Valerio nur von einem Fuß auf den anderen gewechselt und einen Blick zur Decke hinauf geworfen.

Während der Baumeister vor der Wand auf und ab lief und jeden Winkel, jede Fläche zwischen Decke und Boden inspizierte, sah er sich um. Es war nicht mehr auszumachen, wo der Gang an der Außenseite ursprünglich begrenzt gewesen war und der parallel laufende Säulengang begann. Auf Metern war alles ineinander gefallen und eine Mauer aus Schutt versperrte die Sicht nach draußen. Aber er kannte diesen Flur und den Säulengang, und er hatte ein Gefühl für die Proportionen.

Ganz hinten schien durch eine Lücke unmittelbar über dem Boden ein wenig trübes Tageslicht herein, von draußen schimmerte es grün ... was war das? In seinem Kopf ließ er ein Bild des Bereiches vor dem Säulengang entstehen. Da gab es diesen großen Busch mit den gefiederten Blättern, der im Frühling gelb blühte. Das musste er sein. Die herab gefallenen Steine schienen ihn nicht vollständig unter sich begraben zu haben. Er merkte sich diese kleine Lücke, vielleicht konnte sie später noch gute Dienste leisten.

Tomaso, hatte begonnen, die Wand an verschiedenen Stellen abzuklopfen. Valerio platzte beinahe vor Ungeduld, seit sie die leisen Worte und das Husten gehört hatten. Er lauschte ebenfalls - nur richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Gang, in der Hoffnung, noch weitere Lebenszeichen wahrnehmen zu können. Als er das Warten nicht mehr ertrug, gab er sich einen Ruck und unterbrach die Untersuchungen des Baumeisters.

"Wir müssen doch über die Trümmer hinweg, zu den Türen hinüber", sagte er leise und zeigte den Gang entlang. "Warum untersuchst du hier vorne  die Wand?"

Tomaso lachte auf. "Na, du bist ja ein cleveres Kerlchen! Willst du einem alten Baumeister Rat geben? Wer, sagte ich noch, ist der Meister?" Er schnaufte. "Warum ich sie hier untersuche, fragst du? Das will ich dir sagen. Weil hier die Wand ebenso beschaffen ist wie dort drüben. Es ist dieselbe Wand - nur komme ich dort nicht so gut an sie heran wie hier."

Er senkte den Kopf und warf ihm unter seinen buschigen Augenbrauen einen triumpfierenden Blick zu. "Weißt du, was wir dort hinten tun können, Junge? Ich hab' s gerade heraus gefunden. Wir können ein Loch hinein hauen. Bei dieser Wand ist das möglich. Sie besteht aus Lehm und Flechtwerk, dazwischen gibt es mehrere Abschnitte mit Mauerwerk. Nur die Mauern sind tragend in diesem Gang, wir nehmen der Stabilität also nicht allzu viel weg, sollten wir dort vorne tatsächlich ein Loch brauchen. Aber ich muss mir erst die Türen ansehen. Wenn sie fest in den Rahmen sitzen - und wenn diese ummauert sind, wovon ich ausgehe - dann stützen sie die Decke besser, als eine Wand mit Loch es tun würde. Aber wenn sie in den Rahmen klappern, wenn sie Spielraum haben, können wir sie genauso gut auch vorsichtig öffnen und die Mauer in Ruhe lassen. Denn mit Luft zwischen Rahmen und Türblatt tragen sie sowieso nichts."

Valerio nickte. Er war nicht sicher, ob er Tomasos Erklärungen richtig verstanden hatte. Eines hatte er auf jeden Fall verstanden: Es schien Möglichkeiten zu geben. Der Baumeister wusste offenbar, was er tat, also begann er ihm zu vertrauen. Aber was blieb ihm auch anderes übrig! Immer noch hatten sie nichts erreicht, und dennoch hatte Tomaso ihm bereits mehrere Male vor Mauern und Balken gerettet, ihn im Halbdunkel durch Berge von Trümmern geführt und kam hier nun auf Ideen und Vorgehensweisen, die ihm selbst niemals eingefallen wären.

Es war nicht schlecht, den Baumeister bei sich zu haben! Ohne ihn hätte er bei diesem entsetzlichen Wirrwar und der unübersichtlichen und gefährlichen Lage längst aufgeben müssen. Sie hatten gerade ein Lebenszeichen erhalten - und sie waren unversehrt bis in diesen Gang vorgedrungen! Und nun hatte Tomaso auch noch einen Plan, wie sie in den Raum hinter der Tür gelangen konnten! Und eine Alternative dazu, sollte sich ihr Vorhaben als zu unsicher erweisen.

Im Übrigen wusste er nun auch genau, wo sie waren. Ungefähr zwanzig Meter hinter ihnen ging es im Winkel nach links hinüber und dann noch einige Meter weiter - dort musste Ubertas Waschkammer liegen. Wenige Meter vor ihnen, hinter der ersten Tür in der linken Wand, befand sich ein Raum, den er aber nie betreten hatte - und dahinter der Kartenraum, den er kannte. Und noch ein Stück weiter lag dann also links der Durchgang zum Treppenhaus.... und rechts der große Türbogen mit den beiden Flügeln, die in den Säulengang hinaus führten. Vom Hof aus hatte er gesehen, dass er vollständig unter der herabgestürzten Wand begraben war. Dort gab es also kein Durchkommen. Wenn sie an Verletzte heran kamen, mussten sie sie auf anderen Wegen hinaus bringen.

Valerio starrte auf den dünnen Schimmer von Grün und Tageslicht, der dort vorne in der Dunkelheit glomm. Vielleicht war diese Lücke größer und höher, als sich von hier aus sagen ließ, dachte er, und ein unruhiges Drängen machte sich in seiner Brust bemerkbar. Diese Meter Boden vor ihm, übersät mit einer dicken Schicht von Balken, Steinen und Deckenfragmenten, waren ihm im Weg. Wenn der Schotter den Blick auf ungefähr die Hälfte der lichten Stelle dort hinten versperrte, konnte man dort vielleicht sogar hindurch schlüpfen! Sicher war die Größe jetzt nicht ausreichend - aber man konnte sie erweitern. Es musste das Loch gewesen sein, durch das Evelina ins Freie gelangt war.

"Die Türen", ächzte Tomaso, als er von seiner Untersuchung des Fußbodens mühsam wieder auf die Füße kam, "sie gehen nach innen auf?"

Im Licht der Fackel sah sein Gesicht verschwitzt und dreckig über dem stoppeligen dunklen Bart hervor. Die Haare klebten ihm wirr auf der Stirn, man sah ihm die Erschöpfung an. Aber ein feuriges Glühen in den Augen des Baumeisters verriet, dass Kampfgeist und Wille in ihm geweckt waren. Valerio sah diese Augen, das entschlossene Gesicht und wusste plötzlich, sie konnten es schaffen. Was genau sie vorfinden würden, was zu schaffen war - er hatte keine Ahnung. Aber etwas würden sie zusammen bewegen können. Irgendetwas. Nur bis hier wollte er denken, nicht weiter.

 "Ja. Nach innen, beide", beantwortete er Tomasos Frage. Mit brennender Hoffnung begegnete er dem Blick des Baumeisters. "Das ist ein Vorteil, oder?"

Tomaso verzog den Mund, er wiegte den Kopf hin und her. "Nein", stieß er schließlich aus. "Ist es nicht. Wenn jemand hinter der Tür liegt, oder ein Berg von Trümmern - oder beides miteinander - dann müssen wir beides wegschieben, um hinein zu kommen. Das kann grausam werden... Ich würde die Tür lieber nach außen öffnen. Aber dann müssten wir einen Haufen Schotter wegräumen. Er wies auf das Trümmerfeld zu ihren Füßen. "Es gibt keine Vorteile", schnaufte er. Das eine ist so schwierig wie das andere."

"Eine Axt", schlug Valerio vor. "Wir lassen die Tür geschlossen und hauen sie ein. So bräuchte sie weder innen noch aussen Platz."

"Wir haben keine."

"Wir könnten rufen, vielleicht schiebt uns jemand eine dort hinten durch." Er zeigte auf den schwachen Lichtschein.

Tomaso kniff die Augen zusammen. "Da hinten ist eine Lücke? Meine Augen sind nicht mehr so gut... Zu gefährlich wahrscheinlich." Er grübelte, dann knurrte er ablehnend. "Nein. Keine Axt, Junge. Die Erschütterungen bringen uns noch die Decke herunter. Ich bin schon froh, dass der Regen den Brand auf dem Dach erledigt. Jeder weitere Sturz von Balken und Steinen auf die obere Ebene kann das Erdgeschoss samt diesem Gang hier zu einem platten Fladen zusammen drücken. Da ramme ich jetzt keine Axt in eine Tür, wenn es im Gebäude gerade mal still ist. Die Türrahmen übertragen die Erschütterung in die Wände und Decken."

Er drehte sich um und malte mit der Fackel einen rußigen, senkrechten Streifen auf die Wand. Dann fügte er im oberen Drittel einen kürzeren Querbalken hinzu. Er bekreuzigte sich. Seine Stimme klang nun noch tiefer und rauer als zuvor. "Du hast den Raum, der an diesen hier anschließt, gesehen." Er legte die flache Hand vorsichtig neben dem Kreuz auf die Wand. "Die Reste der Decke hängen dort nur noch wie an Spinnwebfäden, sie ist beinahe zur Hälfte verschwunden, die hält nichts mehr."

Er warf einen zweifelnden Blick nach oben. "Wir können froh sein, dass sie hier noch intakt ist. Noch! Und bevor wir nicht hinter die Tür da vorne geschaut haben, wissen wir nicht, in welchem Zustand die Decke dort drinnen ist. Wir schließen ein Grab über ihnen und uns, wenn wir auch nur einen Kiesel gegen diese Tür werfen. Wie ich dir sagte - und merke es dir gut: Alles, was in Kontakt mit der Decke steht, bleibt vollkommen unberührt."

Er schlug Valerio gegen die Schulter. "Komm. Lass uns dieses Chaos bewältigen. Wir müssen näher heran. Keine Verschwendung von Kräften und Zeit, wir machen nur das Nötigste. Ziel ist die Tür dort vorne. Wir müssen sie öffnen. Wir brauchen den Radius des Türblattes auf dem blanken Boden. Oder die Hälfte davon, das könnte genügen."

"Es ist die zweite der beiden Türen dort hinten, nicht die erste", erinnerte ihn Valerio.

"Mach mich nicht unglücklich, Junge", stöhnte der Baumeister. "Das sind einige Meter mehr über dieses Gerümpel! Also, an die Arbeit. Wir müssen jetzt von hier aus einen Weg bis da hinüber freiräumen."

"Aber warum denn? Es genügt doch, wenn wir dort hinten an der Tür..?"

"Na, willst du etwa mit mir altem Knochenhaufen zehn oder mehr verletzte Menschen über diese Steine und Balken hinüber tragen? Wir brauchen einen vernünftigen, ebenen Weg bis hier vorne. Und er muss wenigstens schulterbreit sein, sonst brechen wir uns die Beine."

Valerio zeigte über das Trümmerfeld hinweg. Er schüttelte den Kopf. "Wir sollten erst einmal hinüber klettern, bis zur Tür. Dann räumen wir Stück für Stück den Platz davor frei, damit wir festen Boden unter den Füßen haben und an Tür oder Wand arbeiten können. Von der Tür aus sind es höchstens noch zweieinhalb Meter bis zum Treppenhaus, das in die oberen Stockwerke führt. Das Treppenhaus ist massiv gebaut, vielleicht ist es noch zugänglich. Vielleicht sind die Stufen frei! Dann müssten wir sie also gar nicht hierher zurück schleppen, sondern könnten sie gleich dort hinten..."

"Was willst du denn mit dem Treppenhaus? Konzentriere dich, Junge, streng deinen Kopf an! Wir bringen sie nicht nach oben, sondern dort hinaus, wo wir herein gekommen sind!"

Wie stur dieser Mann war! Es war keine Zeit mehr zu verlieren. Entschlossen zog er Tomaso die Fackel aus der Faust. "Warte hier, hock dich hin, mach Pause. Ich komme wieder."

"Aber wohin..."

"Nach vorne", rief Valerio und war schon dabei, in die Trümmer hinein zu klettern. "Ich sehe mir das Treppenhaus an. Bleib hier, warte! Ich beeile mich."

Er wollte nicht, dass der Baumeister sich umsonst anstrengte und seine Kräfte sinnlos verschwendete, außerdem machte er den Weg lieber allein.

Aber Tomaso hatte kein Licht. Er konnte auf diesem mit Steinen zugeschütteten Weg keine zwei Meter weit kommen, ohne sich ein Bein zu brechen, und dann hatten sie ein Problem mehr.
"Bleib hier, ich komme wieder, rief er noch einmal über die Schulter zurück. Er würde ihn unter dem Rußkreuz abholen, sobald er wusste, wie es vor den Türen und im Treppenhaus aussah.

Ende Teil 76


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