(14/16) Elf

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Der lose Bogen zitterte in seiner Hand. Er hatte Holz gehackt. Seine Finger hinterließen blutig verschmutzte Abdrücke auf dem Papier. Erschöpft und durstig sank er in den Armlehnstuhl, wischte sich die Augen und blinzelte im trüben Licht des Raumes.

11. Tag, las er und bemühte sich um innere Distanz. Er wollte nicht wieder weg brechen wie vorhin. Oder gestern. Und vorgestern. Vorgestern hatte er geschrien, bis er heiser war. Er hatte seine Hand verletzt, die Schläge gegen die mit Ziernägeln bestückte Tür des Baderaumes waren nicht sehr clever gewesen. Auf kaputte Art hatte das trotzdem gut getan... Aber es hatte nichts bewegt. Und diese Erkenntnis - dass er bis über jede Grenze gehen konnte, dass er um sich schlagen, weinen und das ganze Haus zusammen brüllen konnte und doch buchstäblich nichts bewegte - das war wie ein stumpfes Fallbeil auf sein Genick.

11. Tag, begann er erneut.

Der Himmel macht mich krank. Ich hasse, hasse die Stille hier. In diesem Haus. Und draußen. Ich kann das nicht mehr. Hab wieder geträumt. Die Stimmung, die von den furchtbaren Bildern nachhallt, senkt sich wie Blei in meine Knochen. Ich hab Angst, dass sie mich ganz übernimmt. Nichts, was mir die verdammten Tage füllt! Nichts außer Schlaf. Ich kann nicht lesen, nicht essen, nicht nachdenken, alles ist sinnlos. Ich weiß nicht mehr, ob Tag oder Nacht ist, hab Mühe die Tage noch weiter zu zählen. Es ist egal, so lange er nicht wieder kommt! Es ist Wahnsinn, aber ich bemühe mich weiter. Wenn ich aufgebe, könnte ich mich umbringen. Gestern habe ich hundertvierundzwanzig Runden um die Wiese geschafft und konnte danach bis in die Nacht hinein schlafen. Mein rechter Schuh ist kaputt. Ich laufe, weil ich schlafen will. Schlafen ist wie tot sein. Die Tomaten und Zwiebeln sind alle. Ich brauche Gemüse und Fleisch. Der Hase in der improvisierten Falle war ein Glückstreffer, aber er ist fünf Tage her und es war nicht viel daran. Ich hätte die Innereien nicht wegwerfen dürfen. Vielleicht war es der einzige und es gibt keine weiteren? Vor vier Tagen habe ich einen Vogel gesehen. Eine Krähe. Sie hat mich angeschaut, mit einem Auge. Die Vorstellung, dass solche Augen die letzten sind, in die ich blicken werde, macht mir eine Scheißangst. Genauso wie das Haus. Valerios Bücher helfen bei der Bestimmung von Wildkräutern, aber das wird wohl kaum genug sein, um gesund zu bleiben.

Ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich werde mehr Brot backen, ich brauche Vorrat. Das Mehl geht aus. In zwei Tagen packe ich ein, was ich habe, und erkunde die Gegend. Bis dahin muss ich müde genug sein, um etwas Schlaf vorholen zu können, ich schlafe zu wenig. Jedenfalls fühlt es sich so an. Meine Hand, meine Seele für eine Uhr! Das Wasser ist beinahe alle, ich strecke es mit gleichen Teilen Regenwasser und Wein. Ich brauche Hilfe. Es muss andere Menschen geben. Wenn ich hier bleibe, sterbe ich. Vorher werde ich verrückt.


Seine Hand sank auf den Tisch nieder. Mit einer schwachen Geste aus dem Handgelenk warf er den Bogen zu den anderen. Beim Lesen hatte er kaum geatmet. Nun drückte und drängte das beklemmende Gefühl in seinem Hals und er sog die Luft tief in seine Lungen. Seine Augen brannten, das war in den letzten Tagen ein Dauerzustand geworden. Zitternd atmete er aus, die Sicht verschwamm, die Muskeln in seinem Gesicht schmerzten.

"Du verdammter Mistkerl", brüllte er in die Stille hinein. Seine Stimme überschlug sich und brach weg. Unten in der Halle vibrierte der Spiegel. Mit Gewalt ging die verletzte Hand auf die Tischplatte nieder. "Du Scheißkerl!" Die letzten Worte presste er nur noch heiser, flüsternd hervor. "Komm zurück, verdammt. Komm zurück." Einen Moment saß er da, ließ den Schmerz in seiner Hand pulsieren, spürte das raue, wunde Gefühl in seiner Kehle. Haltlos schluchzte er in die beginnende Dunkelheit hinein. Schließlich stemmte er sich schwankend hoch, starrte, die Hände auf die Tischplatte gestützt, durch den dämmrigen Raum. Der Anblick der offen stehenden Tür quälte ihn. Er würde nicht kommen, auch heute Nacht nicht. Er griff nach der Wasserflasche mit der trüben, nach Wein riechenden Flüssigkeit und trank sie aus. Mit einer unbedachten Bewegung stellte er sie auf den Tisch zurück; die Flasche taumelte, dann fiel sie um, rollte über die Tischkante hinaus. Das Geräusch, als sie am Boden in Scherben ging, erreichte ihn nicht.

Er musste Feuer machen. Eigenartigerweise hatte sich Feuer in den letzten Tagen und Nächten als das einzige Mittel erwiesen, das ihm Ersatz für Kontakt und menschliche Wärme sein konnte. Es war lebendig und hell. Und er verband es mit ihm.

Als die Flammen das Holz erfassten, saß er wie betäubt auf dem Boden. Ohne zu blinzeln starrte er in das Gelb der Flammen. Immer sehnte er sich nach dem seltsam distanzierten, abwesenden Gefühl, das ihn überkam, wenn er nur still da saß und ins Feuer sah. In diesem Zustand bildete sich eine hauchdünne Schutzmembran zwischen ihm und dem überwältigenden Gefühl des Verlusts.

Er hatte sämtliche Kissen, die er finden konnte, und dazu seine Bettdecke und die zwei Decken, die Valerio im Kaminraum bei den Sesseln verwahrte, auf dem Teppich gesammelt. In der letzten Nacht hatte er hier ein wenig geschlafen - und dann auch heute Vormittag über einige Zeit. Er ließ das Feuer nur ausgehen, wenn er draußen war. Es war nicht nur zu einer ständigen Aufgabe und Beschäftigung, sondern auch zu seiner lebendigen Gesellschaft geworden. Nur er selbst und die Flammen hatten einen eigenen Puls, einen Rhythmus. Nur er selbst und das Feuer waren in spontaner Bewegung. Alles andere in diesem Haus - und auch da draußen - stand unerträglich still wie die Zeiger seiner Uhr.

Seitwärts ließ er sich auf die Decken nieder sinken, schob ein Kissen unter seinen Kopf und zog die Beine an. Liegend starrte er in die Flammen. Spürte die Zugluft, die über den Boden strich, an seinem müden Rücken. Er wollte die Tür dort hinten nicht schließen. Er wollte ihn nicht verpassen, wenn er zurück kam. Wenn.

Als ihm die Augen zufielen, stürzte er in endlos tiefe Tunnel, weit weg von jeder Angst und Verlassenheit. Die rauschende Schwärze darin war pure Gnade.

(Teil 133)  - ENDE BAND II -

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