(18/10) Geständnis

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Er hielt die Flasche gegen das Licht. Die Trübung des Wassers war nur schwach. Es mussten Schwebeteilchen aus dem Teich sein, von den Baumwurzeln, die hinein ragten. Es hatte die ganze Nacht geregnet. Auf die Reinigungsfähigkeit natürlicher Gewässer war Verlass. Und wenn nicht, so sah er wenigstens keine tote Katze, die im Wasser trieb; er hatte keine Wahl. Er füllte drei der vier Flaschen, die er aus dem Haus mitgebracht hatte. Drei mussten genügen, bis er das nächste trinkbare Wasser finden würde. Die Flaschen bestanden aus Glas und er wollte nicht unnötigen Ballast mit sich schleppen. Aber seine Plastikflasche fasste keine ausreichende Menge und er hatte nur eine. Und dann mussten ja auch noch die anderen Dinge Platz finden. Ja. Drei Flaschen würden genügen. Und die letzten Brote, die jetzt abgekühlt in der Küche lagen, die durfte er nicht vergessen. Dazu ein paar Kerzen, Schlageisen und Zunder, einige Bögen Papier und ein Bleistift. Und das scharfe Messer, das er in Valerios Raum gefunden hatte.

Blinzelnd sah er zum Himmel empor. Der Anblick war unverändert trüb, graue Wolken bis zum Horizont. Nur vor zwei Tagen, da hatte die Sonnenuhr mit schwachem Schatten plötzlich Mittag angezeigt. Zum ersten Mal. Mit brennenden Augen hatte er in den Himmel geschaut in der Hoffnung, die grellweißen Wolken würden sich beiseite schieben und eine dahinter vermutete Sonne freigeben. Und am Abend war es dann soweit.

Noch niemals zuvor hatte er bei Sonnenuntergängen geweint, nie selbst erfahren, warum man so viel Aufhebens darum machte. Wie er da so auf dem wilden Gelände gestanden hatte, barfuß, zwei Schritte von dem schwarzen Fleck entfernt, der Valerios Feuer gewesen war, hatte er gewartet, dass der blutrote Ball hinter den Bäumen versank. Und so endgültig hatte er es auf einmal empfunden, als die Glut zwischen den schwarzen Stämmen erlosch, so brutal endgültig, dass das Schauspiel für ihn zum Abbild seiner wahren Gefühle wurde. Wie ein Phoenix: einmal in hellen Flammen aufgehen und dann ... zu Asche zerfallen, im Nachtwind verwehen. Ja. Genau das war ihm passiert. Feuer ... und Asche.

An Feuer hatte er in diesem Moment denken müssen. Feuer. Und was es ihm bedeutete, seit er Valerio ... kannte. An das Feuer hier draußen, wo er zuletzt gesessen hatte. Mit ihm. Und an all die Feuer, die sie gehabt hatten. Feuer, die Zeuge und Sinnbild ihrer besonderen Begegnung geworden waren. Er hatte in den Sonnenuntergang geschrien, ein Schwarm Krähen war aufgeflogen, gebrüllt hatte er. Vor Wut und Trauer, dass er ihn verloren hatte. Wenn das hier ein Traum war, dann würde er jetzt aufwachen müssen. Wenn es real war, dann ... musste er es jetzt vergessen. Hinter sich lassen. Abschied nehmen von alldem. Er hatte keine Ahnung, wie er das anstellen sollte, es ... hatte ihn verändert. Er war nicht mehr derselbe. Ein Teil von ihm, vielleicht der einzige, der jemals wirklich lebendig gewesen war, würde hier bleiben. Er zerriss, wenn er ging. Er war nicht mehr ganz, seit Valerio weg war. Nicht mehr vollständig.

Die Nachricht. Er durfte nicht vergessen die Nachricht zu schreiben. Aber was konnte man da schreiben! Am Besten das übliche, dachte er, als er sich mit den gefüllten Flaschen zum Haus wandte. Eine kurze Erklärung, ein Danke, ein ... Tschüss.

Ich habe gewartet. Ich weiß nicht, wo du bist, darum muss ich gehen. Danke. Und mach' s gut.

Mach' s gut. Das war nicht gut. Es klang so knapp. Zu wenig. Nicht freundlich. Er wollte etwas Freundliches schreiben. Ich danke dir für das Essen, die Gespräche, deine Zeit. Deine Gastfreundschaft. Und deine Geduld mit mir.

War das besser? Irgendetwas fehlte... Das struppige Gras fühlte sich nass unter seinen Fußsohlen an. Die leeren Fenster des Hauses starrten ihm entgegen, als er auf die alten Eiben zu stapfte. Valerio... du bist nicht zurück gekommen. Ich weiß nicht, was ich machen soll, die Vorräte sind alle... Ich kann nicht länger warten. Ich bin dir... du warst... du bist... für mich...

Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Wie ein Pferd, das sich scheute vorwärts zu laufen, weil es der schmalen Brücke nicht traute, die vor ihm lag. Seltsam, dass er ausgerechnet jetzt an Pferde dachte. Valerio. Ich danke dir für alles, ich... will nicht weg. Ich will nicht, aber ich muss. Ich werde... dich... vermissen.

Ich vermisse dich jetzt, verdammt nochmal, dachte er. Ich vermisse dich, seit du weg bist. Ich vermisse... alles. So sehr, dass es schmerzt. Du hast keine Ahnung, wie.

Es war seit geschätzten zwei Stunden hell. Er musste jetzt packen, wenn er noch vor dem Mittag weg wollte. Musste. Nicht wollte.

Ende Teil 172

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro