Ganz normaler Krieg

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„Uuuuh! Ooaah, tut das gut! Ja, genau da, bitte. Yendis, du bist großartig, das fühlt sich so wunderbar an!"

Luno windet sich wohlig unter meinen knetenden Händen. Nach einem Tag im Sattel ist die Albe dermaßen verspannt gewesen, dass sie sich kaum noch hat rühren können. Nachdem ich die Pferde sowie uns versorgt habe und ein Nachtlager gerichtet, habe ich daher Luno befohlen, sich oben herum auszuziehen und sich auf diesem auszustrecken. Wie immer hat sie das getan, ohne nach dem Grund zu fragen und nun genießt sie es, von mir kräftig durchgewalkt zu werden.

„Mir tut schon gar nichts mehr weh", verkündet sie schließlich. „Ich glaube, jetzt bin ich reif für die Pfanne."

„Hä?"

„Naja, du hast mich eingeölt und weichgeklopft, jetzt kannst du mich braten."

„Danke, nein, an dir ist zu wenig Fleisch dran." Ich erhebe mich und schüttele meine Hände aus.

„Ja, ich weiß, dass ich vorne nichts zu bieten habe", mault Luno halb ernst, halb im Scherz. „Darüber jammern meine Zofen auch schon die ganze Zeit."

„Wieso das denn? Du hast eine gute Figur und so flach bist du ja auch nicht. Du kannst doch nichts dafür, dass deine Kleider für eine Oberweite wie meine gemacht sind. Warum eigentlich?"

„Weil sie alle meinen, ein Mann interessiert sich nur für Frauen mit großen Brüsten."

„Pff – Quatsch. Große hängen und das wollen die auch wieder nicht. Das, was Männer sich bei Frauenbrüsten vorstellen, gibt es in Wirklichkeit gar nicht. Deine schlackern wenigstens nicht so rum wie meine, wenn ich das Brustband ablege." Ich ziehe Lunos voluminösen Wintermantel aus dem Rucksack.

Die Albe kichert. „Da hast du auch wieder recht. Ich habe auch die Nase voll davon, immer überlegen zu müssen, was den Männern gefällt."

„Das solltest du nicht", schimpfe ich. „Irgendeine Hofdame hat mal zu meinem Vater gesagt, man solle mein Haar färben, weil die Farbe alle Freier abschrecken würde. Er hat erwidert, die Haarfarbe gehöre nun mal zu seiner Tochter und entweder nimmt man sie mit ihren Haaren oder gar nicht! Und der Meinung bin ich auch."

„Ich finde deine Haarfarbe schön", bemerkt Luno. „Nur den Schnitt würde ich ändern. Ein Stufenschnitt wäre besser für dich."

„Ich weiß zwar nicht, was das ist, aber wenn du meinst ..."

„Ja, ich kann dir einen schneiden, wenn du magst. Rendael habe ich auch einen gemacht und alle sind begeistert davon."

„Wer ist das?"

„Mein kleiner Bruder. Der hat auch so kräftiges Haar wie du, nur in braun." Luno räkelt sich auf dem Polster, das ich ausgelegt habe. „Ich bin jetzt so entspannt, dass ich nicht mal Lust habe, mich wieder anzuziehen."

„Ist dir nicht kalt?"

„Äh – ja. Jetzt wo du weg bist ..."

„Ich komme ja wieder", verspreche ich, gebe den Pferden noch einen Gute-Nacht-Tätschler, den alle drei mit leisem Schnauben erwidern und gehe zurück zu Luno.

„Setz dich mal auf."

Sie tut es und ich ziehe ihr das Hemd über, dann breite ich den Mantel über ihr aus und kuschele mich mit darunter. „Zu zweit schläft's sich wärmer."

„Da hast du recht", murmelt Luno schläfrig und schmiegt sich an mich. „Jetzt ist's mir so richtig wohl."

Das geht mir ebenso. Es fühlt sich gut an, die Albe im Arm zu halten. Ganz so, als sollte das so sein und bleiben.

Am Morgen schneidet mir Luno tatsächlich die Haare und zeigt mir in ihrem Spiegel, den sie doch allen Ernstes mitgenommen hat, wie ich jetzt aussehe. Und ich stelle fest, dass ich mir zum ersten Mal in meinem Leben gefalle. Luno hat meine Haare grundsätzlich lang gelassen, die Deckhaare jedoch auf verschiedenen Höhen gekürzt – gestuft eben – und jetzt fallen sie viel lockerer und stehen nicht mehr wie Stroh durch- und gegeneinander. „Meine Brüder werden staunen, wenn sie das sehen!"

Luno packt ihr Werkzeug wieder ein. „Werden sie enttäuscht sein, weil sie dich nicht mehr verspotten können?"

„Im Gegenteil, sie werden begeistert sein. Sie lästern zwar über meine Haare, aber wehe, das wagt jemand anders!"

„Ja", Luno lächelt versonnen. „Rendael ist auch so. So klein er ist, aber wenn meine Zofen jammern, weil meine Figur nicht ihren Richtlinien entspricht, zieht er sein Holzschwert und bedroht sie damit. Er lässt erst davon ab, wenn sie zugeben, dass seine Schwester die schönste Frau der Welt ist!"

„Ganz so weit würden meine nicht gehen, aber so ähnliches hab ich auch schon erlebt. Brüder sind doch echt was Tolles, meinst du nicht auch?"

"Äh - ja!"

In den nächsten Dörfern wiederholt sich, was wir am Tag zuvor erlebt haben. Die Korbflechterin hat durchaus recht gehabt, all diese Dörfer gleichen sich darin, dass die Hütten ärmlich und verwahrlost sind und deren Bewohner ausgemergelt und unzureichend bekleidet. Die Leute weichen scheu vor uns zurück oder verstecken sich schleunigst, wenn wir ins Dorf einreiten; sie scheinen nur auf den nächsten Schicksalsschlag zu warten. 

Wenn sie dann das Zeichen auf Lunos Hut bemerken, leuchten die trüben, hoffnungslosen Augen auf und die Bauern wagen sich näher. Nun beantworten sie bereitwillig unsere Fragen, bringen von sich aus Wasser für die Pferde und für uns und bedanken sich überschwenglich, wenn sie von uns Essen und Geld empfangen. Denn ohne Gaben schaffen wir es aus keinem dieser Dörfer heraus und ich sehe schon voraus, dass wir bald zur Großen Straße zurückkehren müssen, um unsere Vorräte aufzustocken. In den Raststätten werden wir zweifellos die Lebensmittel beschaffen können, die diesen Bauern weggenommen worden sind.

Ich sehe gerade einer alten, zahnlosen Frau zu, wie sie selig in ein weiches Weißbrot beißt, von dem sie sich nicht träumen lassen würde, dass es von der Tafel ihres Königs stammt, als ein junger Mann auf mich zukommt. „Seid ihr Boten?", flüstert er mir zu. „Ist es bald soweit?"

Mit dieser Frage verrät er mir ungewollt, dass ich recht vermutet habe; dieses Zeichen ist ein Erkennungssignal der Rebellen. Zu gerne würde ich ihm meinerseits Fragen stellen; etwa nach den Wegen, wie man die Führer des Ganzen kontaktieren kann. Aber der Mann würde mich dann zweifellos für einen Spitzel halten.

Ich schüttele den Kopf. „Ich habe keine Botschaft, leider."

Er senkt den Kopf. „Es kann nicht mehr lange so weitergehen. Bitte helft uns!"

„Nichts, was ich lieber täte", erwidere ich spontan. „Aber ich kann es nur versuchen und nichts versprechen."

„Selbst das ist schon viel wert", sagt er leise. „Selbst wenn ihr nicht mehr zuwege bringt als das, war ihr heute getan habt, ist das schon viel – und mehr als der König und seine Schergen in ihrem ganzen Leben für uns getan haben."

Lunos Augen sind voller Tränen, als wir das Dorf verlassen. „Es kann doch nicht so bleiben. Das dürfen wir nicht zulassen!"

„Das werden wir auch nicht. Ich werde eine Möglichkeit finden, diesen Leuten zu helfen. Egal wie!", verkünde ich entschlossen.

Luno nickt eifrig. „Ja, du findest sicher einen Weg. Und was immer das sein wird, ich werde dir beistehen!"

Einige Meilen weiter bemerken wir plötzlich eine dünne Rauchsäule, die träge zum Himmel aufsteigt. „Da brennt es!", ruft Luno erschrocken und treibt Dickschädel an.

Ich folge ihr, auch wenn mir klar ist, dass der Brand längst erloschen sein muss. Die Säule zeigt nur an, wo wir die schwelenden Überreste finden. Ein aktiver Brand würde schwere Rauchwolken verursachen.

Da ich auf Starkrückens Gepäck achtgeben muss und ihn daher nicht zu vollem Galopp antreiben kann, ist Luno lange vor mir an der Brandstelle. Als ich eintreffe, steht sie fassungslos vor den geschwärzten Ruinen dreier Hütten, die bis auf den Boden niedergebrannt sind. „Was ist hier nur passiert?", fragt sie mich.

„Das kann ich dir genau sagen!" Ich deute auf den Boden, der von Hufen und unzähligen Füßen aufgewühlt ist. „Plünderer! Vermutlich ein weiterer Soldatentrupp, der in diesem Weiler nicht genug zum Rauben gefunden hat und sich daher an den Bewohnern schadlos gehalten hat."

„Aber was haben sie denn davon?", fragt Luno verwirrt.

„Nichts! Das ist ja das Traurige daran!" Ich übergebe Luno Tänzerins Zügel und springe ab. „Ich sehe mir das mal genauer an."

Das Feuer ist schnell und heftig gewesen und ebenso rasch verloschen; Teile der Hütten sind fast unversehrt, andere regelrecht verkohlt. Ich vermute, dass hier Familien gewohnt haben. Frauen hätten die Soldaten nicht rekrutiert, auch wenn sie vielleicht die Männer mitgenommen haben. Aber Überlebende wären jetzt damit beschäftigt gewesen, in den Trümmern nach Brauchbarem und Erinnerungsstücken zu wühlen. Ich muss also davon ausgehen, dass die Soldaten niemanden am Leben gelassen haben. 

Das geschieht leider viel zu oft, gerade wenn die eigenen Leute überfallen werden. Schließlich will man keine Zeugen zurücklassen. Zudem hätten die Bewohner des Weilers die nächsten Dörfer warnen können. Höchstwahrscheinlich werde ich die Personen, die hier gelebt haben, im Schutt der niedergebrannten Hütten finden. Eine grausige Arbeit, aber eine, die getan werden muss. Und ich bin mir sicher, dass die vorbeiziehenden Truppen sich dieser mühe nicht unterziehen werden, während die Bewohner der umliegenden Dörfer keine Zeit haben werden; die sind voll und ganz mit ihrem Überleben befasst.

Luno schaudert. „Ich wollte das auch – aber ich schaffe das nicht!"

„Ich weiß auch nicht, ob ich es kann", gebe ich zu und ziehe mein Schwert.

Mit der Klinge schiebe ich den Schutt beiseite und stoße schon bald, wie erwartet, auf eine Leiche. „Luno", rufe ich meiner Gefährtin zu. „Sammle bitte Steine, so viele wie möglich!"

Die Albe ist nicht auf den Kopf gefallen. „Tote?"

„Ja, einen habe ich schon."

Die nächste Stunde bin ich damit beschäftigt, die Toten ausfindig zu machen und zu bergen, während Luno den Weg entlangläuft und Steine aufliest, bis sie für ein primitives Grab ausreichen. Wir werden die Toten übereinander legen müssen, aber das ist besser, als sie für die Raben liegen zu lassen.

Ich stöbere insgesamt fünf Leichen auf, zwei Frauen und drei Männer. Als ich den letzten Körper aus dem Schutt ziehe, kollert etwas beiseite, was darunter gelegen hat. Etwas Winziges, Eingewickeltes, das jetzt ein leises Wimmern von sich gibt.

Ich greife danach und entferne die Hüllen. Es ist ein Baby.

Und es lebt.

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