Kapitel 3

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Mit einem gewaltig dröhnenden Schädel stand ich auf und torkelte nach unten ins Badezimmer. Das kalte Wasser in meinem Gesicht weckte mich etwas auf. Ich erschrak als ich mich im Spiegel ansah und versuchte, schnell das Nest auf meinem Kopf zu bändigen. Niemand hatte mitbekommen dass ich weg war, und das sollte auch so bleiben. Auf dem Weg zum Speisesaal sah ich jemanden auf der Couch im Flur liegen. Leisen Schrittes ging ich auf den schlafenden Körper zu und erkannte Stephen. Was war hier denn los? Wieso lag er plötzlich auf der Couch und nicht in seinem Bett? Mit einer winzigen Berührung weckte ich ihn auf. Er erschrak und setzte sich panisch auf. Als er mich vor ihm stehen sah, lies er sich wieder nach hinten sinken und atmete tief aus. „Na Prinzessin? Mangelnder Schönheitsschlaf oder wieso liegst du hier im Flur?" Er strich sich über sein Gesicht und schenkte mir einen bösen Blick. Was war denn mit dem los. Er war ja ein noch üblerer Morgenmensch als ich. „Ich wollte mein Bett nicht mit einer Schnapsbar teilen also bin ich hier runter." Verwirrt sah ich ihn an und hoffte er würde deutlicher sprechen. Ich hatte andere Fähigkeiten als Gedanken lesen. „Du sprichst in Rätseln, Einstein." Er stand auf und strich sich sein T-Shirt glatt. „Das nächste mal teleportierst du dich gefälligst in dein eigenes Zimmer oder du wirst im Löwengehege des New Yorker Zoos aufwachen, kapiert." Mir fiel sämtliche Mimik aus dem Gesicht. Shit, hatte ich etwa in seinem Bett geschlafen? Während er daneben lag? Oh mein Gott, so etwas konnte auch wirklich nur mir passieren. Das erklärte warum ich keinen Stuck an der Decke finden konnte. „Hoffentlich hast du meine hilflose Lage nicht ausgenutzt." Er sah mich belustigt an. „Nicht mal im Traum." Schnell verkroch ich mich in mein Zimmer und lies mich aufs Bett fallen. Ich konnte mich an gar nichts mehr erinnern. Gott war das Peinlich. Nie wieder Wodka. Das war das letzte mal!

Nachdem ich dem Alkohol abgeschworen hatte, wendete ich mich meinem Kleiderschrank zu. Ich hatte noch immer nicht ausgepackt und wollte für etwas Ordnung sorgen als es an der Tür klopfte. Jill, ein Lehrling die schon seit über einem Jahr hier lebt, spickt durch den Türspalt hindurch. „Ich habe gehört du wolltest duschen gehen aber wurdest von jemanden aufgehalten?" Wow, das Sanctum hatte noch größere Ohren als das Kamar-Taj. Unglaublich diese Tratschtanten. Ich war noch nicht einmal eine Woche hier und schon wurde ich in Beschlag genommen. Ohne Aufforderung kommt sie in mein Zimmer und setzt sich mit einer Selbstverständlichkeit auf den Stuhl meines Schreibtisches. Als wären wir Freundinnen. „Setz dich doch..." sagte ich nur leise und faltete weiter meine T-Shirts zusammen. „Du musst mir alles erzählen." Ich hob eine Augenbraue an. „Muss ich das?" Fragte ich desinteressiert. Ich hatte bestimmt nicht vor, in meiner Freizeit an Dr. Blödmann Strange zu denken. Es reichte mir schon ihn weiterhin jeden Tag sehen zu müssen. Schön ruhig bleiben, Dove. Das hier ist dein Ticket zur Freiheit. „War er nackt? Hast du gesehen wie er geduscht hat?" Ihre Augen funkelten und ich wusste genau wieso sie mir solche Fragen stellte. Sie stand auf ihn. Sie wartete noch nicht einmal auf meine Antwort sondern durchlöcherte mich weiter mit Fragen. „Warst du nackt? Hat er dich gesehen? Hat er einen Sixpack? Wie ist er eigentlich so? Seit ihr eng vertraut? Und wie kommt es dass ihr zusammen in einem Zimmer schläft?" Mein Mund stand offen. Ich musste die Dinge die sie sagte unbedingt korrigieren. „Stop, Moment mal..." ich seufzte und versuchte mich zu sortieren. Das war ganz schön viel auf einmal. „Okay, schön langsam. Also erst einmal Nein, er war nicht Nackt, Jesus sei dank. Ich glaube ich hätte mir ansonsten die Augen ausstechen müssen.." „Also warst du nackt" unterbrach sie mich wieder. „Niemand war nackt, Jill!" Sagte ich etwas lauter. Jetzt müsste sie wohl gemerkt haben, dass ich minimal genervt war. Wie konnte man nur so viel reden wie sie. „Zweitens.." sagte ich etwas lauter damit sie aufpasst und mir nicht schon wieder dazwischen quatschte. „..Er ist ein riesiger, arroganter, selbstverliebter Arsch und kennt keine Manieren. Wahrscheinlich hat er die bei seinem Unfall verloren." Wohl eher: er muss noch nie welche gehabt haben. „Und drittens, wir sind weder eng vertraut, noch schlafen wir gemeinsam in einem Bett. Das gestern war ein versehen. Ein Teleportationsfehler, mehr nicht. Das wird auch nie wieder vorkommen." 

Sie hörte mir gespannt zu und nickte zwischendurch immer wieder. Ihre Augenbrauen waren aber noch immer fragend zusammen gezogen. Irgendetwas beschäftigte sie noch. „Eine Frage hast du vergessen." Sie grinste und legte den Kopf zur Seite. „Auf einer Skala von eins bis zehn, wie definiert sind seine Muskeln?" Bitte lass mich vom Blitz treffen damit das aufhörte. „Keine Ahnung, ich schätze eine solide 4. Und selbst wenn sie eine 13 wären, seine Arroganz würde siegen." Jill schüttelte nur den Kopf. „Kann ich mir nicht vorstellen. Stephen ist der heißeste Zauberer den wir hier schon seit langem haben. Alle sind verrückt nach ihm." Ich drehte mich wieder meinem Schrank zu und hing meine Roben auf. Ich musste zugeben, für eine Frau hatte ich nur ein einziges Kleid. Schwarz, kurz, und ziemlich sexy. Ich liebte dieses Kleid und würde es tragen bis es nur noch an fetzen hingen würde. Doch mein momentanes Leben lies mir keine Möglichkeiten zu, diesen Fummel anzuziehen. Die strikte Kleiderordnung erleichterte mir aber die tägliche Outfit suche. Ich erwachte wieder aus meinen Träumereien und versuchte mich zu erinnern was Jills letzter Satz war. Menschen ausblenden war meine Spezialität. „Naja, wenn du auf einen stolzen, egoistischen und unempathischen Mann stehst, solltest du dein Glück bei ihm versuchen. Nur zu." Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist das nur zwischen euch" warf sie in den Raum und musterte mich eindringlich. Ich verstand nicht genau was sie meinte, also hakte ich nach. „Was meinst du? Da ist nichts zwischen uns" ich betonte das letzte Wort deutlich. „Okay, wie du meinst." Sie grinste frech. Ich wusste dass sie mir nicht glaubte. „Jill, da ist nichts" sagte ich nun warnender. Sie erhob die Hände. „Hey, mich musst du nicht überzeugen. Ich bin ich der Bibliothek falls du über...nichts... reden willst." Sie lies ihr langes rotes Haar schwingen und lies mich wieder in meinem Zimmer allein. 

Dachten die Leute wirklich Stephen und Ich wären....Ich wollte gar nicht drüber nachdenken. Ich packte meinen Kulturbeutel mit allen nötigen Utensilien wie Rasierer, Shampoo und Spülung und ging in die Duschräume. Endlich hatte ich etwas Ruhe und Zeit für mich. Ich wusch mir meine Haare, rasierte meinen gesamten Körper und peelte meine Haut. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so um mich gekümmert. Die kleinen Krusten um die Wunde an meiner Flanke weichten auf. Ich hatte noch nie Wundheilungsstörungen, doch die Stichwunde wollte einfach nicht zugehen. Verdammt, ich hatte kein Verbandsmaterial mitgenommen. Besaß ich überhaupt welches? Das Sanctum muss bestimmt etwas vorrätig haben. Ich beobachtete kleine Blutstropfen die sich mit dem Wasser auf meinem Körper verdünnten und auf den Fliesenboden fielen. Ich wickelte mich in mein Handtuch, fluchte über die Tatsache dass es keine Kabinen gab um sich umzuziehen, und huschte wieder in das Obergeschoss Richtung meinem Zimmer. An der letzten Stufe der Treppe rutschte mir meine Shampoo Flasche aus der noch feuchten Hand aus, und besprenkelte den dunklen Parkett Boden. „Scheisse verdammt", fluchte ich leise vor mich hin. Seufzend hob ich die Plastikflasche auf und bewunderte mein tollpatschiges Meisterwerk. Als ich den Kopf wieder hob, sah ich Stephen im Gang stehen. Doppelte Scheisse. Ich hätte innerlich explodieren können, behielt aber meine Coolness und lies es mir nicht anmerken dass ich am liebsten alles in Schutt und Asche zerlegt hätte. Ich gab zu, meine Geduld war nicht die stärkste. Er verschwand in sein Zimmer und kam kurz darauf wieder mit einem Handtuch in der Hand zu mir. Wortlos hielt er es mir hin und beobachtete mich von oben herab. Die Situation war mir unangenehm. Ich auf meinen Knien, nur in einem Handtuch umwickelt, die Haut noch feucht von der warmen Dusche. Und obendrein war meine Wunde wieder aufgeplatzt. Fantastisch. Er sagte immer noch nichts. Ich konnte seine Blicke auf mir spüren.

Still säuberte ich den Boden und richtete mich wieder auf. Als ich wieder auf den Beinen stand, wurde mir schwindelig und ich machte einen Schritt nach hinten. Ich stand immer noch auf der letzten Stufe der Treppe und war dabei nach hinten zu fallen, doch Stephen packte mich schnell unsanft am Arm und zog mich wieder nach vorne. Mein Schädel dröhnte. Gerade als ich mich daran gewöhnt hatte keine Schmerzen mehr zu haben, fing alles wieder von vorne an. Sein fester Griff lag noch immer an meinem Arm. Scheinbar zu besorgt um loszulassen. Die Berührung lies meine Nackenhärchen aufstellen und ich löste mich schnell von ihm. „Du blutest" stellte er fest. „Nein echt?" sagte ich beim vorbeigehen. Mein Handtuch war durchnässt und knallrot. Ich drückte gerade die Türklinke hinunter als er sich neben mir hin stellte und eine Hand vor mir ausstreckte. Er hielt mich davon ab in mein Zimmer zu gehen und sah mich mit starrem Blick an. „Lass mich das sehen." „Ich glaube ich passe" sagte ich knapp. „Das kann Infektionen verursachen die weit aus schmerzhafter sind." Ich seufzte. „Und ich kann mich selbst versorgen. Wenn du mich jetzt entschuldigst." Er lies seine Hand frustriert wieder runter und ging einen Schritt zur Seite um mich rein zu lassen. Ich schloss die Tür hinter mir und verriegelte sie. Mir war es egal das er noch immer im Flur stand. Ich würde lügen wenn ich sagen würde ich bräuchte seine Hilfe nicht. Doch meine Hilflosigkeit würde sein Ego nur noch mehr ernähren. Ich dürfte mir das wahrscheinlich bis auf alle Ewigkeiten anhören müssen. Ich schlüpfte in mein Slip und BH und stellte mich vor den Spiegel um die Wunde zu begutachten. Vorsichtig reinigte ich sie mit etwas Toilettenpapier und warmen Wasser. Plötzlich erschrak ich als sich im Spiegel hinter mir ein Portal öffnete und er mit Verbandszeug in den Händen hinter mir stand. „Fuck, Stephen! Gehts eigentlich noch?" Rief ich ihm zu während ich mich eher dürftig mit meinem Handtuch bedeckte. Sein Blick wanderte immer wieder von dem Spiegel zu meinem Gesicht. Er wurde nervös, das konnte ich spüren. 

Ich ging einige Schritte auf ihn zu und stellte mich leicht auf meine Zehenspitzen. Wieso musste er auch so groß sein. „Was fällt dir eigentlich ein einfach in meinem Zimmer aufzutauchen?" Sein Kiefer spannte sich an. „Du stehst dir selbst im Weg. Ich wollte nur helfen und du knallst mir die Tür vor der Nase zu" sagte er gleichgültig und hielt mir Kompressen und Klebestreifen hin. „Nur weil die Tür geschlossen ist, heißt es nicht, dass du dir durch Magie trotzdem Eintritt verschaffen kannst. Und jetzt verschwinde." Ich musterte seine Gesichtszüge und entdeckte keinerlei Makel. Nur das verletzte Ego konnte ich in seinen Augen deutlich sehen. „Was auch immer" brummte er während sich das Portal wieder schloss. „Was auch immer" äffte ich ihn nach. Arschloch. Für wen hielt er sich eigentlich. Spielt sich als meinen Retter auf und verletzt meine Privatsphäre. Als ich meinen Kopf in Richtung Spiegel bewegte, erkannte ich wieso er am Anfang immer wieder an mir vorbei geschaut hatte. In der Reflexion des Spiegels konnte man meinen gesamten Arsch sehen. Dieser Tag konnte nicht schlimmer werden. Ich verband schnell meine Wunde und zog mich an um mich ins Bett zu legen. Die Kopfhörer in meinen Ohren gaben leise Klänge des Vivaldis von sich. Die vier Jahreszeiten halfen mir fast immer zuverlässig beim einschlafen. Bitte lass den morgigen Tag nicht ganz so schlimm werden. Noch bevor ich an irgendetwas anderes denken konnte, sank ich in einen unruhigen und von Albträumen geplagten Schlaf.

Ich wälzte mich hin und her, versuchte dem festen Griff meines Feindes zu entkommen und auf meine Eltern zu zu rennen. Ich rannte und rannte und rannte. Doch ich kam nicht einen Zentimeter voran. Mein Körper war wie fest gemeißelt. Hilflos und voller Schmerz musste ich erneut mit ansehen, wie die fleischlichen Überreste meiner leblosen Eltern vor sich hin brannten. Die Haut verbrannt, der Geruch bestialisch. Es gab keinen schlimmeren Geruch als verbranntes Fleisch. Ich versuchte zu schreien. Öffnete meinen Mund so weit wie es ging. Versuchte irgendeinen Ton aus mir zu pressen. Das einzige was ich hörte war das knistern des Feuers. Ich war verstummt. Zerstört. Eine leere Hülle. Noch bevor ich weiter hilflos vor den Pfeilern stehen konnte, wachte ich schweißgebadet auf. Meine Lungen brannten. Mein Mund war trocken. Und meine Wangen waren...feucht. Ich hatte im Schlaf geweint. Als ich mich aufsetzte und realisierte dass ich nicht mehr in meinem Traum gefangen war, entdeckte ich Stephen an der Tür. Er lehnte lässig dagegen und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Wenn das noch eine einzige Nacht so weiter geht, schwöre ich dir bei Dormamu, dass ich dich eigenhändig erwürge."


„Bevor du deine Hände überhaupt auf meinen Hals legen könntest, hättest du bereit zehn Jahre deines Lebens verloren. Also, versuch es wenn du dich traust."
Er löste sich von der Tür und kam auf mich zu. Das Licht der Straßenlaterne erhellte nur die Hälfte seines Gesichts und Oberkörper. Er trug nur eine Hose. „Du bist mit Abstand die furchtbarste und frustrierendste Person die ich jemals gekannt habe."
„Oh, du musst mir keine Komplimente machen Stephen. Ich weiß dass du etwas für mich übrig hast." Provokativ zwinkerte ich ihm zu. Er stand nun seitlich an meinem Bett und sah auf mich herab. „Du bringst mich manchmal dazu mir vorzustellen wie es wäre, dich umzubringen damit du für nur eine einzige gottverdammte Minute die Klappe hältst." Er beugte sich über mich und zwang mich nach hinten auf die Matratze. Sein Atem war ruhig und er sprach es mit einer Leichtigkeit aus. „Aber dann erinnere ich mich daran, dass ich Arzt geworden bin um Menschenleben zu retten und nicht um sie zu nehmen, doch bei dir würde ich eine Ausnahme machen."


„Nur zu, du Idiot. Doch bedenke eins, wenn du mich umbringst, werde ich dich heimsuchen. Tag für Tag. Du würdest dir wünschen ich sei noch am Leben."
Seine Mundwinkel zuckten kurz. Er war mir so nah, dass ich jede Pore in seinem Gesicht erkennen konnte. „Absolut nichts auf der Welt würde mich das wünschen lassen." Er hatte seine Hände links und rechts von mir aufgestellt und stützte sich darauf ab. Ein Knie hatte er bereits auf der Matratze, das andere stand fest und sicher auf dem Boden. Wir funkelten und böse an bevor er sich mit einem Schwung nach oben drückte und wortlos aus meinem Zimmer verschwand. Was zum Teufel war sein Problem? Dieses selbstverliebte Arschloch. Mein Herz schlug mir noch immer bis zum Hals und ich hatte nicht gemerkt wie ich meine Beine zusammen gepresst hatte, bis ich ziehende Schmerzen spürte. Irgendwann musste ich tatsächlich wieder eingeschlafen sein, denn als ich die Augen aufschlug, schien die gedeckte Sonne durch mein Fenster. Ein weiterer grandioser Tag. Wie jeden Morgen stand das gemeinsame Frühstück mit dem gesamten Sanctum an. Ich richtete mir eine Schüssel Müsli, ein Glas Saft und verkroch mich in die hinterste Ecke des Raumes. Konversation am frühen Morgen konnte ich überhaupt nicht ausstehen. Morgenmuffel eben. Apropos Morgenmuffel. Stephen, der eher aussah als hätte er die gesamte Nacht in der Bibliothek verbracht als geschlafen zu haben, stolzierte hinein. Ich hoffte zumindest dass er so gut wie nicht geschlafen hatte. Neben ihm Jill. Sie kicherte wie ein Teenager und berührte ab und an seinen Arm. Schien so als ob sie meinen Rat angenommen hatte. Natürlich musste sie zu mir kommen nachdem sie mich entdeckt hatte. Sie konnte es wahrscheinlich nicht abwarten mir sämtliche Details über sein Gesicht zu erzählen. Uargh. Ich schrie innerlich. „Guten Morgen Sonnenschein. Na gut geschlafen?" Wahnsinn. Ihr schien die Sonne aus dem Arsch. „Komm, setz dich zu uns." Sie zog etwas an meinem Oberteil und zeigte zum Tisch. Da wollte ich nun wirklich nicht hin. Ich wehrte mich und schüttelte den Kopf. 

„Ich verzichte, danke." „Du bist so ein Miesepeter. Los jetzt." Grob packte sie mich am Oberarm und ich watschelte ihr widerwillig hinterher. Stephen musterte mich kurz, sagte aber wie immer nichts. Auf seinem Teller lag allerlei buntes Gemüse. Er stopfte gerade genüsslich einen Löffel Brei in sich. Großer Gott, was war das? Das sah aus wie Erbrochenes. Ich rümpfte meine Nase, sah aber schnell wieder weg. Wohl nicht schnell genug, denn er sprang sofort darauf ein. „Das nennt sich Grießbrei. Ich weiß, das ist ganz schön erstaunlich für jemanden der nur Unterstufen Fraß in sich kippt." Burger King war mit Sicherheit kein Unterstufen Fraß. Ich fühlte mich beleidigt. „Wenigstens muss man mir das Essen nicht vorkauen." Ich nickte zu seiner Schüssel und grinste abfällig. Jill lachte und drückte sich etwas näher an Stephen. „Ihr beide seit wie ein altes Ehepaar," sagte sie lachend. Stephen verdrehte die Augen. „Sollte sie irgendwann einen Mann abbekommen, tut mir dieser jetzt schon leid." Wütend sah ich ihn an und zeigte mit dem Löffel auf ihn. „Und du brauchst dich nicht wundern wenn deine Frau dich verlässt. Lieber eine Beziehung mit sich selbst als mit so jemandem wie dir." Jill sah zwischen uns hin und her bevor sie weitersprach als ob nichts gewesen wäre. „Alsooo, was wollen wir heute machen? Ich dachte an Sightseeing. Endlich haben wir einen freien Tag. Es wäre gut wenn wir alle mal etwas raus kommen, findest du nicht auch?" Sie sah ihn hoffnungsvoll an und wartete auf eine Antwort. „Moment mal. Wir haben heute frei und ich muss trotzdem hier mit euch sitzen?" Genervt lehnte ich mich zurück. „Meister der Mystischen Mächte haben niemals frei" sagte er lehrerhaft und setzte das frei mit seinen Fingern in Anführungszeichen. „Ihr habt genug Zeit um in die Bibliothek zu gehen. Außerdem steht heute Kampftraining an." „Aber heute Abend gehen wir trotzdem aus, oder?" Jill konnte nicht ruhig auf ihrem Stuhl sitzen. Entweder hatte sie ADHS oder...nein. Es konnte nur ADHS sein. „Ausgehen?" Hakte ich nach. „In Midtown findet heute eine Party statt. Nur geladene Gäste. Ratet mal wer die letzten Karten ergattern konnte?" Euphorisch sah sie uns an und rollte schließlich mit den Augen. „Wow, ihr seit wirklich spießiger als ich dachte. Sonnenuntergang, Dress-code Black & White. Schöne Menschen. Ein Uber ist bereits reserviert." „Oh bitte nicht" ich massierte meine Schläfe und sah auf den Tisch. 

Nur ein heftiger Schlag gegen das harte Holz könnte mich befreien. „Du brauchst so ungefähr drei Stunden" Jill sah auf ihre Uhr und man konnte die Zahnräder in ihrem Kopf mahlen hören. „Und für was genau bitte?" Ich würde auf gar keinen Fall mitkommen. „Ein Make Over! Wir müssen unbedingt etwas aus deinen Haaren machen. Und deine Augenbrauen." Genervt sah ich sie an. „Hast du den Verstand verloren? Was stimmt denn nicht mit meinen Augenbrauen?" Sie entwich meiner Frage und plapperte weiter. Sie war völlig aufgeregt und hörte nicht auf zu reden. Ich hörte ihr schon gar nicht mehr zu. Nur Wörter wie Make up oder Kleid konnte ich aus ihrem Gefasel raushören. Ganz bestimmt kein Make up. Nur über meine kalte, leblose Leiche würde ich mir irgendetwas ins Gesicht klatschen. „Also...bis heute Nachmittag. Schlaf dich etwas aus. Diese Augenringe müssen verschwinden." Lächelnd stand sie auf und verschwand zügig aus dem Saal. Selbstgefällig grinste Stephen in seine Schale. „Halt die Klappe." Sein Kopf schnallte nach oben und sah mich unschuldig an. „Ich habe gar nichts gesagt." „Mir egal. Halt die Klappe."

Nachdem ich mich nach dem Frühstück wieder hingelegt hatte, fühlte ich mich definitiv besser. Ich las das Buch der Astralprojektion, Meditierte und machte mich fertig für mein Training. Heute trainierte ich nicht mit Stephen, sondern mit Mike. Mike war riesig. Nein, im Ernst. Er war gigantisch. Mit Sicherheit einen ganzen Kopf größer als Stephen. Seine Schultern waren so breit wie die eines Schranks. Er war stark. Zu stark. Mit einer schnellen Armbewegung lag ich auf dem Boden. Ich hatte keinerlei Chance gegen ihn anzukommen. Mein Rücken brannte und ich stütze mich auf meine Arme. Ich erinnerte mich an Wongs Worte. Ich war zwar klein, aber dafür schnell. Ich musste ihm nur einen richtigen Schlag verpassen und er könnte auf dem Boden liegen. Mit einer schnellen Bewegung lies ich mein ausgestrecktes Bein kreisen und trat ihm die Beine vom Boden weg. Er stürzte nach hinten und keuchte. Ich war zufrieden mit mir und streckte ihm meine Hand als Hilfe entgegen. Diese schlug er schmerzhaft weg und stellte sich schnell wieder auf. Sein Blick war starr auf mich gerichtet. Als ob er nicht verkraften konnte von einer Frau besiegt worden zu sein. Mike erhob die Fäuste und schlug mehrmals in meine Richtung. Waren wir jetzt in einem Boxring oder wieso hüpfte er von einem Bein auf den anderen. Verwirrt, aber bereit ihn erneut zu Boden zu bringen, spielte ich mit. Ich wich seinen Schlägen gekonnt aus, duckte mich immer im richtigen Moment und traf ihn ein paar male im Gesicht. Ich lies nur für eine einzige Sekunde meine Deckung fallen und er nutzte es sofort aus. Mit einer gewaltigen Kraft traf er meine Wange und schlug mich damit zu Boden. 

Um mich herum wurde es schwarz und ich schmeckte Metall. Mein Körper prallte auf den kalten Fliesenboden und ein stechender schmerz durchfuhr mich. Mike saß auf meinem Bauch und eröffnete damit unbewusst die Wunde. Schon wieder. Schnell wurde mein hellblaues T-Shirt durchnässt und rot. „Du zerquetscht noch meine Milz Mike" sagte ich gepresst und versuchte zu atmen. Er hielt meine Handgelenke fest und drückte sie in den Boden was höllische Schmerzen auslöste. „Du weißt noch nicht einmal wo deine Milz ist." Er wirkte ganz schön selbstsicher. Er kannte mich doch gar nicht. Kurz dachte ich darüber nach ihm nur circa neunzehn Jahre seines Lebens zu stehlen, als ich ein lautes Rufen hörte. Zielsichere Schritte kamen immer näher und machten neben mir halt. „Es reicht" sagte Stephen warnend. Mike hielt mich noch immer fest. Wo sollte ich denn jetzt noch hinlaufen. Ich war komplett außer Gefecht. „Ich bin noch nicht fertig mit ihr" sagte Mike völlig geladen. Was war nur plötzlich in ihn geraten? Das war noch immer nur Training und kein echter Kampf. Welchen er übrigens jämmerlich verloren hätte. „Runter von ihr" warnte Stephen ihn erneut. Sein Körper war angespannt und die Hände ausgestreckt, bereit zur Verteidigung. Er sollte das lieber lassen. Ansonsten würde er noch neben mir auf dem Boden landen. Der Boden gehörte nun nur mir allein. Der Druck an meinen Handgelenken lies langsam nach und auch mein Bauch wurde entlastet. Ich konnte endlich wieder frei atmen. Mike biss sich auf die Lippe und legte seinen Kopf enttäuscht zur Seite. Ich versuchte mich auf meine Unterarme zu stützen, doch der pochende Schmerz in meinem Oberkörper lies das nicht zu. Stephen streckte mir seine Hand entgegen die ich nur widerwillig annahm. Er zog mich hoch und stützte mich mit seiner Schulter von der Seite. „Ich brauche keinen Babysitter" grummelte ich ihn an. „Noch nicht einmal wenn du verletzt bist kannst du deine Klappe halten. Halt dich fest." Mit seiner freien Hand öffnete er ein Portal, drehte sich vorher noch einmal zu den Schülern um, warnte sie mit nur einem Blick keine weiteren Dummheiten zu machen, und schloss das funkeln hinter uns. Schon wieder in seinem Zimmer. Ich hätte nicht gedacht dass ich es so oft in so kurzer Zeit sehen musste. „Ich hole Verbandsmaterial. Leg dich hin." Das musste er mir nicht zweimal sagen. Meine Beine trugen mich nicht eine weitere Minute und ich lies mich auf sein Bett fallen. Als er mein T-Shirt hochziehen wollte, schlug ich ihm seine Hand weg. „Fass mich nicht an" zischte ich kraftlos. 

Er seufzte. „Wie in Gottes Namen soll ich deine Wunde versorgen OHNE dich anzufassen?" „Keine Ahnung, durch Gedankenkraft? Du bist hier der Ober Merlin, nicht ich." Er schüttelte den Kopf. „Hör auf rum zu motzen und lass mich meinen Job machen." Er ermahnte mich ein letztes mal bevor er die Wunde erneut vernähte. So langsam hatte ich die Nase voll davon. Ich wollte mich endlich wieder frei bewegen, ohne dass ich auf jeden Schritt achten musste. Er spritzte mir ein Schmerzmittel und schlupfte mit seinen Armen unter meinen Körper um mich hoch zu heben. Betäubt und fast schmerzfrei legte er mich in mein eigenes Bett. „Du bist echt nervig, weißt du das?" Sein Mundwinkel zuckte. Sein Blick war auf mich gerichtet. Er sagte nichts, doch ich wusste ich amüsierte ihn. „Tu mir einen gefallen und stell nichts mehr an, okay? Ich bin es leid ständig auf dich aufpassen zu müssen." Ich streckte ihm die Zunge heraus. „Was auch immer." Bevor er aus der Tür ging, warf er einen letzten Blick zu mir und verschwand dann in der Dunkelheit des Ganges.

Nur gefühlte zehn Minuten später klopfte es laut an der Tür. Als ich die Augen aufschlug um auf die Uhr zu sehen, traf mich fast der Schlag. Ich hatte ganze vier Stunden geschlafen. Jill stand vor der Tür. Im Schlepptau Marie, die Anna Wintour des Sanctums. Die Jaclyn Hill der Zauberer. Sie sollte mich heraus putzen. Ehrlich gesagt wäre ich lieber im Bett liegen geblieben. Ich hätte noch sicher bis zum nächsten Tag schlafen können. Das Zeug, welches Stephen mir gegeben hatte, konnte sicherlich Elefanten lahm legen. Ich fühlte mich wie überfahren und am Straßenrand links liegen gelassen. Nach feiern war mir überhaupt nicht, doch ich zwängte mich trotzdem mühselig aus dem Bett. Jill platzierte einen Stuhl, wirbelte durch das Zimmer wie ein Tornado und warf einen Blick in meinem Schrank. „Sag mir bitte nicht dass das alles ist was du hast?" Entsetzt rief sie Marie zu sich die noch größere Augen hatte als Jill. „Hätte ich das vorher gewusst wären wir vorher noch Shoppen gegangen. Und wieso liegst du eigentlich noch im Bett?" Ich stützte meine Flanke und trank einen großen Schluck Wasser. „Meine Wunde ist wieder aufgegangen." Plötzlich wurden ihre Gesichtszüge ganz weich. Fast schon mitleidig. Wie ich das hasste. „Oh. Fühlst du dich denn in der Lage weg zu gehen?" Jetzt war ich die jenige die sie bemitleidenswert ansah. Sie hatte sich wohl schon ziemlich lange darüber gefreut endlich wieder auszugehen, da wollte ich es ihr nicht vermiesen. „Klar doch. Das bisschen Blut hält mich nicht auf." Ich bezweifelte dass ich das lange aushalten würde, doch ich zwang mich dazu. Ich wusste nicht genau wieso ich das tat. Wir waren noch nicht einmal richtige Freundinnen. 

Wir kannten uns ganze vier Tage. Aber irgendetwas sagte mir, ich sollte wenigstens einen Menschen in mein Leben lassen. Jill schien mir ehrlich, vertrauenswürdig zu sein. Ich wollte ihr eine Chance geben. Ich wollte mir eine Chance geben. Nach ganzen zwei Stunden voller Schminken, Fingernägel lackieren und Glitzerspray auftragen, erkannte ich mich im Spiegel fast nicht wieder. Ich sah gut aus. Ich sah sogar mehr als gut aus. So konnte ich mich zur Abwechslung mal wirklich zeigen. Mein Lieblings Kleid schaffte es aber nicht Jills kritische Meinung zu überstehen. Sie diskriminierte es bis auf die letzte Faser. „Du kannst nicht dieses Meisterwerk" sie zeigte mit ihrem Finger auf mein Gesicht, „mit diesem...diesem...Müllsack ruinieren!" Entsetzt stemmte ich die Hände in die Seiten. „Noch ein falsches Wort..." drohte ich. Entschuldigend warf sie die Hände in die Luft und grinste. Auch ich musste lächeln. Ein echtes Lächeln. Lange war es her. Mein Herz machte einen kleinen Sprung. Ich wusste gar nicht, dass ich dazu noch in der Lage sein konnte. Sie lieh mir ein Kleid von sich aus. Ein dunkelgrünes Spitzen Kleid. Eng anliegend. Kurz. 2009 Gossip Girl Style. Meine absolut ehrliche Meinung verkraftete sie noch nicht. Also verpackte ich sie so gut ich konnte. „Na ja, das ist nicht ganz das was ich mir vorgestellt hatte." Sie musterte mich ausgiebig. „Jetzt wo du es sagst sieht es wirklich etwas billig aus." Mit gespitzten Lippen suchte sie nach etwas anderem. Ein Schwarzes Midi Kleid. Knielang, ebenfalls figurbetont, aber diesmal mit langen Ärmeln. Für diese Jahreszeit in New York perfekt. Der Stoff war aus Samt. Ein Herzförmiger Ausschnitt rundete das Kleid ab. Ich fühlte mich pudelwohl und vergaß für einen klitze kleinen Moment die Schmerzen. Ich schmiss eine weitere Tablette ein und hoffte dass sie Wunder wirken würde. Den Verband hatte ich zusätzlich verstärkt. Jill sagte sie hätte vier Karten. Wer noch mitkommen würde wusste ich noch nicht. „Wir müssen los. Der Uber wartet schon."

Vor dem Club angekommen konnten wir die unwirkliche, lange Schlange sehen. Was war das für eine Party bei der einfach alle dabei sein wollten? Jill ging schnurstracks auf zwei Männer im Anzug zu und begrüßte sie. Ich folgte ihr. Das konnte nicht war sein. Ich würde sie irgendwann noch umbringen. „Was tust du hier?" Fragte ich Stephen der erstaunlicherweise ziemlich gut im Anzug aussah. Schwarz stand ihm. Es war trotzdem komisch ihn ohne seine Gewänder zu sehen. „Das gleiche wie du."
Ich sah Jill mit einem mörderischen Blick an und zog sie zur Seite. „Wieso? Wieso ihn? Hättest du nicht jemand anderen fragen können?" Sie machte eine abfällige Handbewegungen. Ihre pinken Nägeln blitzten kurz auf. „Stell dich nicht so an. Er ist wirklich nett. Außerdem ist er heute meine Begleitung." Ich lies die Schultern hängen und sah nach oben in den wolkenlosen Himmel. Dein Ticket zur Freiheit, Dove. Ich musste mich selbst daran erinnern um nicht wahnsinnig zu werden. Alles Jill zu liebe. „Na dann, wollen wir rein gehen?" Fragte sie aufgeregt und hakte sich bei Stephen ein. Ich streckte dem anderen, daneben stehenden Mann die Hand und stellte mich vor. „Dove. Und du bist?"

„Mika. Nett dich kennen zu lernen." Sein Händedruck war fest. Seine Hände groß. Er hatte ein strahlendes Lächeln. Für einen kurzen Augenblick erhellte er die Umgebung. Er bot mir seinen Arm an. Gemeinsam stolzierten wir in den Club, an der Schlange vorbei. Neidische Blicke folgten uns bis hinter die Tür. Wie lange sie wohl schon warten?

Die Musik dröhnte, die Luft war stickig und die Menschen tanzten ausgelassen mit ihren Gläsern in der Hand. In den oberen Etagen gab es unzählige VIP Lounges mit unglaublich bequem aussehenden Sesseln. Die Bude war rappelvoll. Von allen Seiten wurde man angerempelt. In den hinteren Reihen startete gerade eine Prügelei. Männer. Harmonisch und ausgelassen war anders. Wir quetschten uns durch die Leute in Richtung Bar. Jill gab die erste Runde aus. Tequila und Wodka. Eigentlich hatte ich doch dem Alkohol abgeschworen. Ich lies meinen Blick schweifen und beobachtete die Leute. Knappe Kleider und aufwendig gestylte Haare wo man sich nur umsah. Jill kippte ihren Shot in einem Zug hinunter und tippte mit ihren Fingerkuppen auf die Bar um noch einen eingeschenkt zu bekommen. Ich passte die nächste Runde. Mit der Menge an Schmerzmittel die noch in meinen Venen floss, würde ich schneller betrunken sein als ich mich Teleportieren konnte. „So viele schöne Frauen" stellte Jill fest und wandte sich an Stephen. Dieser zuckte nur mit den Achseln und verzog keine Miene. „Alle nicht annähernd so hübsch wie du." Er konnte also wirklich nett sein. Naja, zu Jill zumindest. Aber ich blickte hinter seine Fassade. Das war kein aufrichtiges Interesse. Er spielte ihr etwas vor. Bei der sechsten Runde Shots, innerhalb fünfzehn Minuten, war ich wieder dabei. Sein Blick ruhte auf meinem Glas. Er zog nur eine Augenbraue hoch. Wie ich das hasste. Er brauchte nichts zu sagen. Ich wusste sofort was er meinte. Konnte ein Mensch noch nerviger sein? Ich starrte ihn ebenfalls provokant an. „Spucks aus." „Denke daran dich in das richtige Zimmer zu teleportieren. Die Idee mit dem Zoo steht immer noch." Ich erhob mein Glas, lächelte ihn so breit ich konnte an und kippte die scharfe Flüssigkeit hinunter. Mein Rachen brannte. Das Zeug war heftig. Ich lehnte mich ihn entgegen und gab ihm zu verstehen dass ich ihm etwas ins Ohr flüstern wollte. Er zögerte eine Sekunde, gab aber nach. „Leck mich, Stephen." Ich griff nach Mikas Hand und zog ihn auf die Tanzfläche. „Komm mit."

Die elektrischen Klänge der Musik vibrierten durch meinen Körper. Alles kribbelte. Ausgelassen bewegte ich mich im Takt, warf meine Haare nach hinten und streckte die Arme von mir aus. Wir tanzten einige Minuten ohne jeglichen Blick Kontakt. Ich sah über die Schulter zu Jill. Sie redete mit Strange. Naja, versuchte es bei dieser Lautstärke zumindest. Doch er sah nicht sie an. Er sah mich an. Sein Blick fixiert. Ich hatte das Gefühl er sah durch mich hindurch. Als Mika seine Hände auf meine Hüfte legte, spürte ich ein negatives Gefühl in ihm wachsen. Irgendetwas ging in ihm vor. Ganz ohne Berührung konnte ich aber nur schätzen. Mikas Hände wanderten über meinen Körper. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so begehrt gefühlt. Immer wieder schloss ich die Augen. Nur um dann wieder zu sehen, das Strange mich noch immer ansah. Was war nur sein Problem? Konnte er nicht einen einzigen Abend lang dieses Lehrerding ausschalten? „Sollen wir hoch in eine Lounge?" Fragte Mika in einem dunklem Ton. Ich nickte nur und verschwand mit ihm in der Menschenmenge. Die Vorhänge wurden zugezogen. Eine Flasche Sekt stand auf dem Tisch in der Mitte. Er löste den Korken und schenkte uns ein. Die Gläser klirrten beim anstoßen. Meine Lippen prickelten vom Sekt und ich leckte darüber als ich mein Glas abstellte. Ohne mich vorzuwarnen zog mich Mika an sich und drückte seinen Mund auf meinen. Wild und ungezügelt küsste er mich. Er fasste mir in die Haare, dann an den Hals. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf seine Berührung. Ich war wie elektrisiert von seiner Körperwärme. Schnell konnte ich keine guten Absichten von ihm aus, spüren. Sanft drückte ich ihn an seiner Schulter zurück. Irritiert sah er mich an und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel. „Nicht so stürmisch, Romeo." Ich versuchte die unangenehme Situation weg zulächeln. 

Doch er hörte nicht auf. Diesmal drückte ich ihn fester von mir weg. Er lies sich nicht bewegen. Er war stark und wollte nicht aufhören. „Mika.." Keuchte ich während ich zwischen seinen Küssen sprach. „Bitte, hör auf." Seine Hand wanderte unter mein Kleid. Seine Finger arbeiteten sich vor. Sie hatten ein genaues Ziel. „Lass das" sagte ich energischer und schlug ihm seine Hand weg. „Du brauchst dich nicht rar machen. Ich weiß das du es auch so sehr brauchst wie ich." Brauchen tat ich ganz bestimmt nicht das. Sein Gewicht erdrückte mich. Es dauerte keine Minute und ich war unter ihm gefangen. Meine Handgelenke hatte er fest in seinem Griff. Verdammt, ich brauchte meine Hände um mich zu wehren. Oder ihm seine Lebenskraft zu stehlen. Ich konnte mich nur noch weg teleportieren. Seine Hand verschwand unter mein Slip und ich schrak auf. „Hör auf Mika. Fass mich nicht an!" Panik stieg in mir auf und ich fühlte mich ausgeliefert. Niemand konnte mich bei der Lautstärke hören. Noch bevor ich mir einen passenden Ort, an dem wir hätten landen können um ihn bloßzustellen, vorgestellt hatte, wurde der Vorhang gewaltsam zur Seite gerissen und Stephen stand in der Lounge. Seine Augen weiteten sich. Eine einzige Handbewegung von ihm, lies Mika von mir runter reißen und ihn auf den Boden fallen, mit dem Gesicht voraus. Er winselte vor schmerz und hielt sich eine Hand an die Wange. Stephen eröffnete ein Portal, dahinter war das Wohnzimmer des Sanctums zu sehen. „Steh auf" befahl er mir. Schnell stand ich wieder auf den Beinen und rückte mir mein Kleid zurecht. „Geh durch." Ich warf einen letzten Blick zu Mika, versuchte mir nichts anmerken zu lassen und landete wieder im Sanctum. Still stand ich da, wie angewurzelt. Ich schämte mich zu sehr um jetzt noch etwas zu sagen. Ich musste versuchen cool zu bleiben. Nichts und niemand durfte so bevormundend mit mir umgehen. Ich atmete ein und wieder aus und sah ihn wütend an. „Für wen hältst du dich eigentlich? Ich hatte alles im Griff!" Er lies einen abfälligen Ton aus seinem Mund. „So nennst du das? Im Griff?" Er machte mich nach. 

„Du hast Hilfe gebraucht. Dieser miese..." auch er atmete ein und wieder aus. „...Kerl, hat gewaltsam versucht besitz über dich zu erlangen. Wieso hast du nichts getan? Hast du denn gar nichts gelernt?" Meine Hände schwitzten. Ich wurde immer wütender. „Du hast uns gelehrt unsere Kräfte nicht einfach so einzusetzen. Wir sollten Probleme erst ohne Magie lösen." Stephen strich sich über seinen Bart. „Du solltest deine Magie einsetzen, um genau so etwas zu vermeiden. Gerade du besitzt die Fähigkeit in den Menschen hineinzusehen und nutzt es dann nicht? Wieso?" Seine Stimme klang enttäuscht. Er sah mich noch immer als das hilflose, überzogene Mädchen. „Vielleicht weil ich mich endlich mal wieder normal fühlen wollte? Ich habe es satt jedem immer einen Schritt voraus sein zu müssen. Ich möchte Menschen unvoreingenommen kennen lernen. Okay, vielleicht ist es dann ein Fehler. Aber ich darf Fehler machen. Das ist mein verdammtes Leben!" Ich redete mich in Rage und merkte wie trocken meine Kehle war. Wieso verstand er mich einfach nicht. „Indem du dich von ihm anfassen lässt?" Seine Hände lagen ruhig an seinem Körper. Er wirkte nicht wütend oder nervös. „Ist das wirklich so abwegig dass ich das auch wollte?" Ich schluckte und ertappte mich bei meiner eigenen Lüge. Gott vergib mir, ich hatte gesündigt— schon wieder. Plötzlich veränderte sich etwas. Er wurde sauer. Er senkte seinen Kopf und ballte seine Hände zu Fäusten. „Das ändert alles." Er sah mich mit einem Blick an, bei dem mein Blut mir in den Adern gefror. „Wenn das so ist..." er öffnete wieder ein Portal, zurück zum Club. „...dann solltest du wieder zurück gehen. Du weißt wie man das schließt." Er sah mich abwertend an, drehte sich um und verschwand in den Gang. Verloren stand in dem riesigen Raum und fixierte einen Punkt. Meine Gedanken kreisten um seine Worte. Immer und immer wieder lies ich sie in meinem Kopf abspielen. Doch egal wie oft ich darüber nachdachte, ich wurde nicht aus ihm schlau. 

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