38 | T O M

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»Und dann? Frage ich sie, ob sie die Klospülung nicht findet, oder was?«

Seit meine Mutter mich – sehr zum Leidwesen von Joshua und inzwischen auch von meinem – geradewegs in den Hauswirtschaftsraum gezogen hat, bombardiert sie mich. War dieser Tag nicht beschissen genug? Erst taucht Greg hier auf, obwohl sie mir am Telefon gesagt hat, dass er heute Dienst hätte und meint dann auch noch Emma ausquetschen zu müssen.

»Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für deine Scherze, Tom!«

Seufzend streiche ich mir den Pony nach hinten. Eigentlich sollte ich wissen, wie hartnäckig Mom sein kann. Obwohl sie diese Eigenschaft in den letzten Jahren sehr gut zu verstecken gewusst hat. Am liebsten hätte sie mich in Watte gepackt und auf rosa Wolken gebettet.

Wieso muss sie ausgerechnet heute die Keule auspacken?

Dabei sollte ich diesen Tag rot im Kalender anstreichen. Immerhin bin ich mal nicht das Opfer ihres Helfersyndroms, sondern Emma.

»Ich sage dir, da stimmt was nicht«, meint sie und kneift die Augen zusammen. »Dieses Bild muss irgendwas in ihr ausgelöst haben. Ich habe ein Gespür für sowas.«

»Welches Bild?!«

Mom hebt erstaunt den Kopf. Vielleicht habe ich auch ein bisschen zu panisch geklungen, aber ich kann nicht anders. Denn wenn Emma das gesehen hat, wird sie hundertpro Fragen stellen.

Das hättest du dir überlegen sollen, BEVOR du sie hier angeschleppt hast!

Ja verdammt! Es war eine Schnapsidee! Ich wollte ihr nur eine Freude machen, weil sie mir geholfen hat. Das Ganze ist immer noch nicht leicht für mich und die Tatsache, dass ich noch nicht einsatzfähig bin, macht es nicht besser. Dennoch hat Emma mir geholfen. Ihre Worte waren so aufrichtig, sodass ich nicht anders konnte, als sie mir durch den Kopf gehen zu lassen. Vielleicht hat sie sogar recht. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ich das noch mal sagen werde, aber ich bin dankbar, dass ich lebe. Nicht nur weil es meiner Mutter wahrscheinlich den Rest gegeben hätte nach allem, was sie schon durchmachen musste.

Ich bin froh, dass Greg ihr scheinbar nichts von meinem kleinen Ausflug ins County erzählt hat, aber auch verwundert. Schließlich mischt er sich sonst überall ein. Ob er es endlich kapiert hat? Es wäre schön, wenn wir wieder so wie früher miteinander umgehen.

Normal eben.

»Ein Kinderbild von dir«, erklärt Mom und ich atme erleichtert aus. »Sie hat es die ganze Zeit angestarrt. Du hättest sie sehen sollen. Sie war ganz blass.« Erneut kneift sie die Augen zusammen, ehe ihre Stimme einen seltsamen Klang annimmt. »So als würde sie etwas Schreckliches damit in Verbindung bringen.«

»Du liest eindeutig zu viele Psychothriller«, versuche ich ihre Sorgen abzutun, obwohl meine immer größer werden. Ich weiß nicht, was Emma in ihrer Kindheit erlebt hat, aber irgendwas sagt mir, dass es nichts Gutes war. Trotzdem kann ich jetzt nicht einfach da hochspazieren.

Ihr vorwurfsvoller Blick überrascht mich genauso wie ihr ganzes Verhalten. Wer ist das? Und was hat sie mit meiner Mutter gemacht? Dabei kann ich froh sein, dass sie endlich wieder normal mit mir umgeht. Nichts anderes wollte ich in den letzten Jahren. Ich fasse mir in den Nacken und lege den Kopf schief. »Sorry.«

Sie lächelt. Nein. Eigentlich strahlt sie regelrecht in diesem dunklen Raum hier, bevor sie mir näher kommt. »Es ist schön, nach all den Jahren endlich wieder meinen Sohn wiederzuerkennen.«

Überfordert sehe ich auf ihre Hand, die an dem Kragen meines Hemdes rumfummelt. Wie zum Teufel kommt sie denn jetzt darauf?

»Du magst sie, oder?«

Scheiße! Das führt hier gerade in eine völlig falsche Richtung. So war das nicht geplant. »Äh ...«

Erneut hebt sie ihren Zeigefinger. Ihr breites Lächeln bleibt jedoch. »Du brauchst es gar nicht abzustreiten. Ich sehe es an deinem Blick.«

Okay. Zeit, die Notbremse zu ziehen. »Mom! Da läuft nichts, okay? Wir sind Freunde. Nicht mehr und nicht weniger.«

»Nun ja. Das eine schließt das andere ja nicht aus. Nicht wahr?« Sie lächelt immer noch und geht mir damit langsam echt auf den Geist.

Witzig! Hat sie etwa den fetten Klunker an ihren Finger nicht gesehen? Ihren Adleraugen entgeht doch sonst nichts!

»Hör auf damit. Es ist gut so, wie es ist«, versuche ich ihr klarzumachen, aber sie lässt sich nicht von ihren Hirngespinsten abbringen.

»Ich habe es immer gewusst!«

Hat sie mir überhaupt zugehört?!

»Was?«, frage ich und reibe ich mir übers Gesicht.

»Dass Gott es richten wird. Was auch immer euch zusammengeführt hat, ich danke ihm dafür.«

Ob sie das auch noch sagen würde, wenn sie wüsste, dass ich dabei beinahe draufgegangen wäre?

Erneut kommt sie mir näher und legt ihre Hand auf meine Schulter. »Sie hätte gewollt, dass du glücklich wirst. Da bin ich mir sicher. Deshalb solltest du ...«

Ich dreh durch ...

»Jetzt nach oben gehen und fragen, was Emma hat«, beende ich ihren Satz möglichst gelassen, obwohl der Drang zu schreien gewaltig ist. »Das ist wirklich eine hervorragende Idee.« Bevor sie etwas sagen kann, habe ich die Klinke gepackt. »Vielleicht fliest sie ja da oben neu und braucht meine Hilfe.«

Auf dem Weg zur Treppe schüttele ich mit dem Kopf. Ich weiß, wie sehr Mom sich wünscht, dass es wieder wird wie früher. Aber das wird es nicht. Daran kann weder Gott noch Emma etwas ändern.

Stimmt. Aber du kannst es!

Hervorragend. Diese dämliche Stimme hat mir zu meinem Glück gefehlt.

Vor dem Badezimmer angekommen klopfe ich leise gegen das helle Holz. »Emma? Bist du dadrin?«

Natürlich ist sie noch drin! Oder meinst du, sie hat sich inzwischen im Klo runtergespült?

»Ja.« Ihre Stimme klingt seltsam. Irgendwie erstickt.

»Ist ... alles in Ordnung bei dir?«, frage ich und drücke die Klinke runter. Wie ich es bereits befürchtet habe, ist die Tür verschlossen. »Kann ich reinkommen?«

»Nein! Ich meine, ich ... bin gleich soweit. Du kannst ruhig wieder gehen. Alles bestens.«

Komisch, dass ihre raue Stimme mir was anderes sagt. »Okay.« Ich beschließe, vor der Tür zu warten. Irgendwann muss sie schließlich mal da rauskommen.

Dementsprechend groß ist der Schock, als sie mich fünf Minuten später erblickt. »Du ... bist ja noch da. Ich habe doch gesagt, es ist alles in Ordnung.«

Ohne es zu wollen, schnellt meine Augenbraue in die Höhe. Nicht nur ihre Stimme bestätigt meine Befürchtung, sondern auch ihre geröteten Augen. »Du weißt, dass du mit mir reden kannst, oder?«, erinnere ich sie im Begriff, meine Arme um sie zu legen.

Doch Emma tritt sofort einen Schritt zurück. »Es ist nichts. Das habe ich doch gesagt.«

Diesmal werde ich allerdings nicht locker lassen. »Nach nichts sieht mir das aber nicht aus. Du hast ...«

»Hab ich nicht! Das ist ... meine Allergie! Die Pollen! Ja genau! Ganz blöde Geschichte.«

Anhand ihres hysterischen Lachens kann ich mir an fünf Fingern abzählen, dass auch das eine Lüge ist. »Pollen? Im Winter?«

»Ja«, sagt sie und zieht das Wort in die Länge, »hast du etwa noch nie etwas von Spätblühern gehört?«

Auch wenn ich damit weder ihr noch mir einen Gefallen tue, fasse ich sie vorsichtig bei den Schultern und senke den Kopf. »Hey! Sieh mich an.«

Fast in Zeitlupe hebt sie ihren Blick. Das Schimmern in ihren Augen lässt mich für einen Moment vergessen, was ich eigentlich sagen wollte. Auch Emma kommt kein Wort über die zitternden Lippen. Es muss sie Überwindung kosten, meinem Blick standzuhalten. Und mir geht es nicht anders. Am liebsten würde ich sie in den Arm nehmen und einfach nur ganz fest an mich drücken. Damit sie sieht, dass sie nicht allein ist.

Doch irgendwas hält mich davon ab.

»Es ist okay zu weinen, wenn einem danach ist«, sage ich stattdessen und ernte dafür keine Sekunde später wieder einen blöden Kommentar.

Das sagst ausgerechnet du?! Dass ich nicht lache!

Auch bei Emma scheint meine Aussage nicht die gewünschte Wirkung zu erzielen. »Du hast doch keine Ahnung!«

Automatisch weiche ich einen Schritt zurück und hebe die Hände. Solch einen Tonfall bin ich von dieser Frau überhaupt nicht gewöhnt. Dabei wollte ich ihr nichts Böses.

»Lass ... lass mich ... einfach in Ruhe, okay?«, stottert sie, bevor sie so schnell die Treppe runterrennt, dass sie sich beinahe auf die Nase legt.

Stöhnend lege ich den Kopf in den Nacken.Ich brauche frische Luft. Und zwar dringend.

Draußen angekommen lehne ich mich gegen das Geländer der Veranda und sehe in den Himmel. Inzwischen ist es dunkel. Nur die Sterne strahlen mich an. Ich seufze. Was gäbe ich jetzt für eine Zigarette.

Erst recht, als ich feststelle, dass ich nicht allein bin. Er muss gar nichts sagen. Ich rieche seine Anwesenheit förmlich. »Danke, dass du Mom nichts gesagt hast«, sage ich leise, ohne Greg anzusehen.

»Glaub ja nicht, dass ich das für dich getan habe. Ich wollte nur nicht, dass sie wieder schlaflose Nächte hat. Sie hat sich schließlich schon zu Genüge deinetwegen die Augen aus dem Kopf geheult.«

Als wenn ich das nicht selbst wüsste.

»Oder denkst du etwa, sie wüsste nicht genauso wie wir alle, dass du bloß deine ...« Er deutet Anführungszeichen in der Luft an. »... Zeit hier absitzt? Sie geht kaputt daran, zu sehen, wie du dich langsam zu Grunde richtest. Weißt du das überhaupt?!« Inzwischen hat er sich so in Rage geredet, dass seine ansonsten eher helle Gesichtsfarbe mit dem rötlichen Ton in seinen Haaren konkurriert. »Aber stimmt! Das kannst du ja gar nicht wissen! Du lässt dich ja so gut wie nie hier blicken!«

»Ich arbeite?!«

»Ach! Komm mir nicht immer mit deinen blöden Ausreden!«

Ich schnaube. Das hat man davon, wenn man einmal nett sein will. Am liebsten würde ich mich auf dem Absatz rumdrehen, aber da ich heute nicht alleine hier bin, kann ich auch das vergessen.

»Wie oft noch? Das war eine einmalige Sache! Wann kapierst du das endlich?«, erwidere ich, nachdem ich mich zu ihm umgedreht habe. Angriff ist schließlich die beste Verteidigung.

»Natürlich! Für wie blöd hältst du mich eigentlich?«

»Hmm ...« Ich lege den Finger unters Kinn und schaue nach oben. »Auf einer Skala von eins bis zehn? Ne glatte zwölf würde ich sagen.«

»Tom ...«

Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, wie sehr ich es hasse, wenn er meinen Namen dermaßen in die Länge zieht, dass man die Fäden des Mitleids mit der Kabeltrommel aufrollen kann?

»Ich habe öfters mit Menschen zu tun, die, die ... Notbremse ziehen wollten.« Seufzend massiert er sich die Stirn. »Glaub mir, wer einmal diese Hemmschwelle überwindet, tut es auch wieder, wenn er sich keine Hilfe holt. Deshalb ...«

Ich verdrehe die Augen. »Soll ich es dir schriftlich geben, oder was?«

»Du versuchst es vielleicht nicht mehr aktiv, aber im Grunde genommen riskierst du trotzdem ständig dein Leben.«

»Das ...«

»Ist dein Job, ich weiß. Trotzdem ändert es nichts. Nur, dass man dich auch noch dafür bezahlt.« Er stöhnt ausgiebig. »Entweder ist dein Vorgesetzter blind oder du führst ihn genauso an der Nase herum wie uns alle.«

»Er weiß es, okay?«, kläre ich ihn auf und könnte mir dafür eine reinhauen. Wieso kann ich auch meine Klappe nicht halten? Ich kann ihn sowieso nicht vom Gegenteil überzeugen. In hundert Jahren nicht.

»Alles?«, fragt er mit erhobenen Augenbrauen, woraufhin ich beschließe zu schweigen.

Natürlich weiß Eric genauso wie Daniel nicht, dass ich diese verdammten Tabletten geschluckt habe. Es geht ja niemanden etwas an. Ich habe das im Griff, auch wenn mein lieber Bruder mir das nicht glaubt.

»Dachte ich mir.«

Wenn er so weiter macht, brauche ich wirklich eine Zigarette oder Valium. »Wenn du nur gekommen bist, um dich wieder aufzuspielen, kannst du auch direkt wieder gehen.«

Leider tut er mir den Gefallen nicht. Schlimmer noch. »Ich spiele mich nicht auf. Ich mache mir nur Sorgen, was ja in Anbetracht der momentanen Situation dringend von Nöten ist.«

»Sorry, aber ich verstehe kein Undeutlich«, erwidere ich cool, obwohl ich kurz vorm Explodieren bin. Was ist das bitte für ein Scheißtag?!

»Emma?«, klärt er mich, liebevoll wie er ist, auf.

Ich wusste es! Schon als ich seinen Blick gesehen habe, war mir klar, dass er mir das aufs Brot schmieren würde. Mit einem hörbar lauten Atemzug lasse ich die Schultern sinken. »Was ist jetzt daran schon wieder falsch?«

»Einfach alles?!« Greg sieht mich an wie einen Schwerverbrecher. Seit diesem Tag kann ich ihm einfach nichts recht machen. Dabei war ich derjenige, der mit Dad geredet hat, weil er anfangs absolut nicht mit der sexuellen Neigung meines Bruders einverstanden war. Unser Vater ist zwar grundsätzlich aufgeschlossen, aber die Tatsache, dass sein Sohn auf Männer steht, hat ihn doch etwas überfordert. Bis heute hat er daran zu knacken, obwohl er nichts mehr dazu sagt und Juan sogar ein Teil der Familie geworden ist. Greg könnte also ruhig mal den Ball flach halten. Ich mische mich schließlich auch nicht in sein Leben ein.

»Vor ein paar Monaten machst du mir noch die Hölle heiß, dass ich sie dir ... wie war das gleich? Auf den Hals gehetzt habe und heute bringst du sie sogar mit zu einem Familientreffen?! Da stimmt doch was nicht.«

Bei dem stimmt was nicht!

»Was willst du eigentlich von mir, he?«, blaffe ich ihn an, weil es mir endgültig reicht. »Erst jammerst du mir die Ohren voll und wenn ich ...«

»Wenn du was?«, hakt er nach, als ich mir das Wort abschneide.

»Nichts.« Seufzend reibe ich mir über den Nacken und erschrecke, als ich ein klatschendes Geräusch vernehme.

»Natürlich! Wieso habe ich da nicht gleich dran gedacht? Ich bin so ein Idiot!«

»Schön, dass du es endlich einsiehst«, erwidere ich mit einem Grinsen, obwohl ich ihm am liebsten eine reinhauen würde. Denn ich weiß, was jetzt kommt.

Und ich soll recht behalten. »Scheiße! Du denkst ... Deshalb hast du eben nicht die Wahrheit gesagt. Verdammt! Ich hätte es wissen müssen. Der ...«

»Äh«, werfe ich mit erhobenem Zeigefinger ein, bevor er noch mehr Schwachsinn von sich gibt. Doch er läuft weiterhin kopfschüttelnd auf und ab. »Ich störe dich ja nur sehr ungern, Dr. Freud. Aber das, was du dir da zusammenspinnst ist Bullshit.«

»Bullshit also, ja?«, fragt er und ich nicke. »Dann weiß Emma also von ihr

Schnaubend wende ich mich ab. Leider ist das Antwort genug.

»Bei aller Liebe, Tom. Ich freue mich wirklich, dass du es nach S ...« Als ich scharf die Luft einsauge und die Augen schließe, schluckt er den Rest zum Glück runter. »... so langer Zeit wieder jemanden gefunden hast, den du an dich ranlassen kannst. Aber ausgerechnet sie?!«

Wenn er weiter so schreit, weiß es bald die halbe Nachbarschaft. Mit erhobener Augenbraue sehe ich ihn an und verschränke die Arme vor der Brust. »Beantworte du mir doch die Frage.«

»Ich? Wieso ich?«

»Na ja. Immerhin bist du nicht ganz unschuldig daran, dass wir uns kennengelernt haben, ne?« Mein dreckiges Grinsen sorgt dafür, dass ihm die Kinnlade runterklappt.

Volltreffer! Hoffentlich ist jetzt endlich Ruhe im Karton!

Er schnappt nach Luft. »Ich wollte dir vielleicht nur helfen? Ich konnte ja nicht ahnen, dass du dich ...«

»Habe ich damals so einen Aufstand gemacht, als du Juan hier angeschleppt hast?« Ich weiß, dass es unfair ist, ihn genau an seiner Schwachstelle zu treffen. Aber er nimmt ja auch keine Rücksicht auf meine.

Greg reißt die Augen auf, sodass ich befürchte, sie fallen ihm jeden Moment aus dem Kopf. »Du vergleichst das jetzt gerade nicht ernsthaft miteinander, oder? Wie verzweifelt muss man sein?«

Obwohl ich nach wie vor weiß, dass mein Verhalten alles andere als fair ist, zucke ich mit den Schultern. Ich will einfach nur, dass er mich endlich in Ruhe lässt. Was ist daran so schwer zu verstehen?

»Das ist ...« Er schluckt. »... selbst für dich ne Nummer zu hart.«

»Also gut«, lenke ich ein, »es geht dich zwar immer noch nichts an, aber wir sind nur Freunde, okay?«

Er lacht. Nein. Eigentlich verschluckt er sich an seiner eigenen Spucke. »Freunde?«

»Glaub es oder lass es.« An der Tür drehe ich mich noch mal um. »Und damit du es weißt, ich habe Mom extra nichts gesagt. Oder glaubst du Emma ist scharf darauf, dass jeder erfährt, wie es zu dem Unfall kam?«

»Was ist, wenn dieses Freunde-Ding irgendwann nicht mehr funktioniert? Ich meine, so wie ich das gesehen habe, heiratet sie bald.«

Muss er mich daran erinnern?!

Selbst wenn ich wollte, könnte ich ihm keine Antwort darauf geben. Es muss einfach funktionieren.

Dennoch kann er es nicht lassen mir noch einen weiteren klugen Ratschlag mit auf den Weg zu geben. »Du spielst mit dem Feuer, Tom. Pass auf, dass du dich nicht verbrennst.«

Als ich ins Wohnzimmer komme, sitzt Emma mit Joshua am Esstisch. Sie spielen mit seinem Autoquartett und der Knips hat sichtlich Spaß dabei. »Deine Freundin ist voll cool«, meint mein Neffe in seinem kindlichen Leichtsinn. Zusammen mit dem Selbst-er-hat-es-gemerkt-Blick von Mom, gibt es mir endgültig den Rest.

Ich räuspere mich. »Wir sollten langsam los«, sage ich an Emma gewandt, woraufhin sie vom Stuhl aufspringt.

»Oh äh ... ja, sicher! Ist ja auch schon spät.« Höflich wie sie ist, verabschiedet sie sich von allen und dankt meiner Mutter an der Tür noch mal für das leckere Essen.

Die kann es natürlich nicht lassen, sie erneut zu zerquetschen. Was sie ihr ins Ohr flüstert, verstehe ich jedoch nicht. Emmas irritierter Blick lässt den Wunsch, hier so schnell wie möglich zu verschwinden, aber noch größer werden.

Auf der Fahrt nach Beverly Hills ist die Stimmung komisch. Kurz überlege ich, das Radio einzuschalten, lasse es jedoch bleiben.

Emma wirft mir von Zeit zu Zeit einen Seitenblick zu, wenn sie glaubt, ich bekomme es nicht mit.

»Deine Familie ist wirklich nett«, meint sie irgendwann.

Oh ja! Und wie nett sie sind!

»Hmm ... ich schenk sie dir«, erwidere ich mit zusammengebissenen Zähnen und verfluche mich keine Sekunde später dafür.

»Wieso bist du so zu ihnen?« Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass sie mit dem Kopf schüttelt. »Ich meine, was hast du denn gegen sie? Sie lieben dich. Dafür solltest du dankbar sein. Ich ... verstehe das einfach nicht.«

»Ist ja meistens so, dass man Dinge erst zu schätzen weiß, wenn man sie nie hatte, ne?«, erwidere ich absichtlich provokant und umklammere das Lenkrad fester. Wieso muss ich Idiot auch ausgerechnet das sagen? Schließlich kann Emma überhaupt nichts für meine Wut auf ... ach keine Ahnung! Einfach auf alles gerade. Und wahrscheinlich am meisten auf mich selbst. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen vor allem das mit Greg wieder ins Lot zu bringen, aber das, was er gesagt hat in Bezug auf Emma und ... das war einfach zu viel.

Die Quittung bekomme ich spätestens, nachdem wir den Highway verlassen haben und sie mir sagt, dass ich anhalten soll.

»Ach komm schon! Das ist doch jetzt kindisch.« Ich hoffe nur, dass dieser Tag bald vorbei ist.

Emma schnaubt. Etwas, das sie selten tut. »Kindisch also, hmm?«

»Ich fahre dich wirklich gern nach Hause«, versuche ich die Wogen zu glätten, aber der eisige Wind in diesem Auto hat das Unheil schon längst ins Rollen gebracht.

»Nicht nötig. Ich muss sowieso ...«

»Lass mich raten. Noch was erledigen?«, scherze ich, aber auch das macht es nicht besser.

»Hör zu.« Emma atmet tief durch. »Ich bin dir wirklich sehr dankbar für alles, was du für mich getan hast, aber wir sollten uns besser nicht weiter auf diese Ebene begeben.«

»Ach? Auf einmal, Mylady?« So langsam macht mich diese Frau echt sauer. »Vor zwei Wochen war meine Schulter noch gut genug, um sich daran anzulehnen!«

Genauso wie bei unserer ersten Begegnung im Park murmelt sie sich etwas in den nicht vorhandenen Bart. Nur mit dem Unterschied, dass ich diesmal ansatzweise verstehe, was sie sagt. Immerhin hatte ich in den letzten Wochen genügend Zeit mich mit dieser komischen Sprache zu beschäftigen. Ich verstehe zwar nicht alles, aber das, was ich höre, macht mich noch wütender. »Ein Fehler also ja? Na, herzlichen Dank auch!«

Ihre aufgerissenen Augen signalisieren mir, dass sie damit nicht gerechnet hat. »Halt sofort an!«, fordert sie, doch ich werde den Teufel tun. Ich habe ihre Spielchen satt. Endgültig!

»Wieso? Damit du wieder abhauen kannst? So wie du es immer machst, wenn es mal schwierig wird?! Wirklich ganz großes Kino, Emma!«

Erneut sagt sie etwas und macht mich langsam rasend damit. Zumal ich mich frage, warum sie will, dass ich eine Tür kehre. »Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann sag es gefälligst so, dass ich es auch verstehe oder bist du dafür zu feige?!«

»Wieso denn?«, fragt nun sie genauso provokant. »Wenn du mir schon hinterherspionierst, solltest du auch deine Hausaufgaben ordentlich machen, mein Lieber!«

»So nennst du das also, wenn sich jemand für dich interessiert? Ah ja.«

»Ich habe dich nicht darum gebeten«, gibt sie mit verschränkten Armen zurück und ich beschließe, dass es doch besser ist, wenn ich anhalte.

Die Chance zu flüchten lasse ich ihr jedoch nicht, was sie spätestens merkt, als sie wie eine Irre am Türgriff zieht. »Lass mich hier raus! Sofort!«

»Wozu? Damit du dir weiter vormachen kannst, wie perfekt dein Leben ist?!«

»Lass John gefälligst daraus«, stellt sie klar, obwohl ich dieses Arschloch nicht mal namentlich erwähnt habe. »Du hast kein recht über mein Leben zu urteilen. Du kennst mich nicht und ich kenne dich nicht.« Erneut rüttelt sie an dem Türgriff.

Doch ich werde sie nicht gehen lassen. Nicht so. »Emma«, sage ich sanfter und strecke meine Hand nach ihrer Schulter aus, »du weißt, dass ...«

»Fass. mich. nicht. an!«, faucht sie und reißt ihre Schulter weg, ehe sie so fest am Griff rüttelt, dass ich befürchte, sie könne ihn jeden Moment in der Hand halten. »Wenn du mich nicht sofort hier raus lässt, dann ...«

»Dann was?«

Inzwischen ist aus dem verschüchterten Mädchen eine Raubkatze geworden. Der Hass aus ihren zusammengekniffenen Augen springt mir förmlich entgegen und trifft mich mit voller Wucht. »Dann werde ich von dem Pfefferspray hier drin Gebrauch machen. Ich bin nämlich nicht so hilflos, wie du denkst.« Um mir zu zeigen, wie ernst sie es meint, fasst sie in ihre Tasche.

»Woah«, sage ich und hebe die Hände, »komm mal wieder klar, okay? Ich bin nicht derjenige, vor dem du dich schützen musst.«

Leider sieht sie das anders. »Ach nein?! Wer sagt mir denn, dass du ehrlich zu mir bist?« Mit ihrem typisch hysterischen Lachen fasst sie sich an die Stirn, ehe sie mir mit voller Absicht den nächsten Schlag verpasst. »Du bist ja nicht mal zu deiner Mutter ehrlich. Oder warum hast du ihr nicht gesagt, wie wir uns kennengelernt haben?«

»Ich wollte dich vielleicht nur schützen?«, biete ich an, aber das ist auch wieder falsch.

»Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen. Dazu brauche ich dich nicht. Merk dir das!«

Am liebsten würde ich sie schütteln. War etwas in den Brownies von dem ich nichts weiß? Wieso dreht sie mir jedes Wort im Mund herum? Ja. Es war nicht fair, dass ich sie angegangen bin, aber muss sie mir deshalb gleich einen Tritt in die Eier verpassen?

»Oh ja! Das merkt man«, spotte ich, »deshalb hältst du ja auch an einem Typen fest, für den du nicht mal den Dreck unterm Fingernagel wert bist!«

»So! Das reicht jetzt!« Wieder rüttelt sie am Griff. Dabei müsste sie langsam mal begriffen haben, dass diese Scheißtür nicht aufgeht. »Lass mich auf der Stelle hier raus! Oder ich schreie!«

»Tust du doch eh schon«, erinnere ich sie, »aber gut. Wenn es das ist was, du willst, dann renn doch in dein Unglück! Aber bilde dir ja nicht ein, dass du wieder bei mir angekrochen kommen kannst, wenn dieses Arschloch dich mal wieder wie Dreck behandelt!«

Für einen kurzen Moment blitzt etwas in ihren Augen auf, dass ich nicht definieren kann. Sie zuckt kurz zusammen, setzt aber dann wieder ihre Maske auf. »Keine Sorge. Das wird nicht passieren«, erwidert sie mit solch einer Kühle und Abgeklärtheit in der Stimme, dass es mir eiskalt den Rücken unterläuft.

Wer auch immer diese Frau ist, die Emma, die ich kennen- und liebengelernt habe, ist es auf keinen Fall. Wie konnte ich mich nur so in ihr täuschen? »Gut«, sage ich bedeutend leiser, »dann ist ja alles geklärt.«

»Schön!« Sie schenkt mir ein bissiges Lächeln, ehe ihr Blick erneut zur Tür wandert. »Hättest du dann jetzt bitte die Güte mich gehen zu lassen? Ich will schließlich in mein perfektes Leben zurück.«

Alles in mir sträubt sich dagegen, aber inzwischen bin ich mit meinem Latein echt am Ende. Ich habe es versucht. Doch diese Frau ist einfach so verdammt stur, dass es einen wahnsinnig machen kann. »Bitte. Ich will dich nicht aufhalten«, gebe ich mindestens genauso bissig zurück, entriegele das Schloss und höre im nächsten Moment die Tür, die sie zuknallt

»Fuck!«, schreie nun auch ich und schlage gegen das Lenkrad.

Ja. Das war wirklich eine Spitzenidee, die ich da hatte!

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