Kapitel 2

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Nach der Mittagspause begleite ich Sage, Lucy und Milla zum Unterrichtsraum, in dem gleich Professor Paolis Stunde über praktische Magie stattfinden soll. Schließlich habe ich nichts Besseres zu tun und hoffe, dass die Schulleiterin ein Auge zudrückt und mich doch teilnehmen lässt. Schließlich ist das die Art von Unterricht, die mir bei meinem stetig wachsendem, aber ziemlich unfreiwilligen Kampf gegen Joana überaus weiterhelfen könnte.

»Es gibt sogar einen Kurs übers Duellieren, aber erst wenn man die Grundvoraussetzung abgeschlossen hat. Sowie die drei älteren: Cally, Maria, und Lana«, berichtet Sage auf dem Weg, kurz bevor wir um die Ecke biegen und den Zugang zum Unterrichtsraum erreichen.

»Das hat auch seine guten Gründe«, erklingt Professor Paolis Stimme hinter uns und lässt uns alle vier zusammenzucken. Ich habe sie gar nicht kommen hören, aber ein Blick auf ihre baren Füße zeigt, dass keineswegs Magie dafür verantwortlich ist. Ob ihr auf dem kalten Steinboden nicht kalt wird? Bei meinem Glück hätte ich mir längst einen Spreißel auf dem rauen Holzboden in den oberen Stockwerken in meine Fußsohle gerammt. Oder mir sonstwie die Zehen an den massiven Steinwänden White Oaks gestoßen. Da bleibe ich doch lieber bei meinen Stiefeln. Mehr Verletzungen kann ich im Moment nämlich gar nicht gebrauchen. Da reicht mir schon die eine, auf die sich Professor Paolis Blick unweigerlich richtet.

»Isa, ich glaube, ich hatte dir gesagt, dass du diesen Kurs mindestens eine Woche aussetzen musst«, sagt Professor Paoli und deute dabei auf meine linke Seite, wo ich noch immer den dumpfen Schmerz von Joanas Angriff spüre. Wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein ...

»Ein bisschen frische Luft könnte dir vielleicht gut tun. Wer weiß, vielleicht kann ich dich danach eher in diesen Kurs lassen?«, fügt sie nach kurzem Überlegen hinzu und setzt wieder dieses Lächeln auf, das ich nicht so recht einordnen kann. Als wüsste sie längst etwas, das uns anderen allen verborgen bleibt. Fast schon wie Mum früher, bevor ihre Gabe einen zu hohen Preis von ihr gefordert hat.

»Auf, auf! Wir wollen die Magie nicht warten lassen.« Damit wendet sie sich meinen drei Mitbewohnern zu und scheucht sie in Richtung der Tür zum Sommersaal.

»Sorry, wir sehen uns dann beim Abendessen«, ruft mir Sage über die Schulter zu, ehe sich die dicke Holztür hinter ihnen schließt.

Unschlüssig bleibe ich vor dem Unterrichtsraum stehen und kann nicht verhindern, dass mir ein Seufzer über die Lippen kommt. Wie gerne würde ich endlich lernen, meine Magie praktisch einzusetzen. Vielleicht kann ich so auch herausfinden, wie ich diese blöde Verletzung schneller heilen kann. Aber anscheinend ist die Schulleiterin so stur, dass sie an ihrem Beschluss weiter festhalten wird, bis sich auch der letzte Millimeter meiner Wunde geschlossen hat.

Super! Noch mehr freie Zeit, die ich mit Professor Flints unverständlichen Büchern verbringen könnte, anstatt wie die anderen endlich zu lernen, meine Kräfte einzusetzen. Eventuell ist mir das intuitiv gelungen, schließlich ist es nicht gerade schwer, Magie in Feuer umzuwandeln, vor allem dann nicht, wenn dieses Feuer einen in seinen tiefsten Albträumen heimsucht. Feuer hat mich schon immer angezogen, schon als Kind. Ein paarmal habe ich mir die Finger an unserem offenen Kamin verbrannt, noch so ein Grund, warum wir ihn nur noch so selten anschüren. Vielleicht fällt es mir deshalb so leicht, meiner Magie diese Form zu verleihen und sie in gleißenden Flammen meinen Feinden entgegenzuschicken.

Aber von allem anderen habe ich keine Ahnung. An die Bücher, die mir Antworten liefern könnten, komme ich nicht ran. Schließlich ist es eine Sache, einen winzigen Stein in der Luft schweben zu lassen, aber eine ganz andere, ein fünfhundert Seiten Wälzer aus den obersten Regalen herabschweben zu lassen. Bisher habe ich dort nämlich noch keine Leiter gefunden. Warum auch, wenn man noch Magie zur Verfügung hat?

Weil ich keine Lust mehr auf die langweiligen Büchern über die Wasserwesen, die Lucy mitgebracht hat, habe, beschließe ich, Professor Paolis Rat zu folgen. Es ist ein schöner Tag, fast sommerlich warm draußen, obwohl es langsam auf den Herbst zugeht. So langsam färbt sich das Laub im Wald ringsum White Oak und dem See. Vereinzelt sieht man schon goldene und rote Sprenkel inmitten der grünen Riesen, wenn man aus unserem Fenster blickt. Trotzdem wird es noch eine Weile dauern, bis der Herbst endgültig über Codwyll und die angrenzenden Wälder hereinbricht. Ich kann es schon kaum mehr erwarten, denn nach dem Herbst beginnt meine Lieblingsjahreszeit. Die Zeit für Zimtgebäck und guten Geschichten. Der Winter.

Ohne Jacke mache ich mich auf den Weg nach draußen, um ein wenig durch die Landschaft zu stapfen. Irgendwie zieht es mich zur Lichtung, auf der mich Joana mit ihrem magischen Ast beinahe getötet hat. Nach Codwyll traue ich mich im Moment noch nicht. Nicht mehr aus Angst, einem der Dorfbewohner wehzutun, sondern aus Angst, einem ganz bestimmten über den Weg zu laufen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich mir eingebildet habe, dass Evan mir eine Haarsträhne aus aus dem Gesicht gestrichen hat. Ich bin mir ja noch nicht einmal sicher, ob er mich wirklich nach White Oak zurückgetragen hat, oder ob ich mir das bloß eingebildet habe. Fest steht allerdings, dass er weiß, was wir sind und zu was wir fähig sind. Und ich weiß, dass Evan das alles andere als gut findet. Genauso wie die restlichen Dorfbewohner mit ihrem Halbwissen und der Hetze, die auf jahrelange katholische Erziehung zurück führt, wenn man Sages und Lucys Erzählungen trauen kann. Noch immer frage ich mich, warum sich die Hexen nicht einen noch abgeschiedeneren Ort für ihre Schule ausgesucht haben. Was ist denn so besonders an White Oak, außer dass es mitten auf einem spiegelglatten See steht, dessen Wasser beinahe zu jeder Tageszeit wie schwarze Tinte aussieht?

Aber es ist nicht Evan, dem ich bei meinem Spaziergang über den Weg laufe, sondern jemand anderes, den ich in den wenigen Wochen, die ich nun schon auf White Oak bin, kennengelernt habe. Jemanden, von dem ich eigentlich auch fernhalten sollte.

»Graham«, entfährt es mir, als ich ihn an einer Bank kurz vor dem Seeufer gelehnt sehe, fast so hätte er mich dort erwartet. Als er meine Schritte auf dem matschigen Boden hört, hebt er den Blick und sieht mir direkt in die Augen. Ein Ruck durchfährt mich, meine Schritte kommen ins Stocken, weil mich sein Blick regelrecht gefangen hält. Es ist dämlich, ich weiß, aber dieser Moment ist so intensiv, dass ich kaum atmen kann. Meine Nackenhaare stellen sich auf, während sich auf meinen Armen eine Gänsehaut bildet und alles in mir danach schreit, so schnell wie möglich umzukehren.

Das letzte Mal, dass ich Graham getroffen habe, bin ich allein gewesen und er umringt von anderen Schülern aus Darkwood und seiner Schwester Joana samt Begleiterinnen. Jetzt ist er ebenfalls alleine und sein Lächeln noch breiter als bei unserer ersten Begegnung. Wie er da so steht, umrahmt vom sanften Schein der Herbstsonne ... Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass er mit Joana verwandt sein könnte. Er hat nicht dieselben schwarzen Haare wie seine Schwester. Sie sind golden wie das Laub zu unseren Köpfen. Und während Joanas Blick nur allzu oft von Hass oder Missgunst erfüllt ist, strahlen seine Augen mit der Sonne in seinem Rücken um die Wette.

»Ach, die Neue«, begrüßt er mich und deutet auf die Bank, eine stumme Aufforderung, sich zu ihm zu setzen. Ich bleibe, wo ich bin, mitten auf dem Weg in einer tiefen Pfütze aus Matsch und Brackwasser.

»Jeder hier in der Nachtwelt könnte dein Feind sein«, tönen die Worte von Professor Paoli durch meinen Kopf. Jeder. Auch Graham, schließlich hat mich seine Schwester beinahe umgebracht. Warum sollte ich ihm trauen? Heißt es nicht immer, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm? All das, was ich bisher über seine und Joanas Familie gehört habe, lässt mich vom schlimmsten ausgehen, auch wenn er keineswegs so aussieht, als wolle er mir irgendetwas tun.

Das sind oft die Schlimmsten, Isa, flüstert eine Stimme in mir und ich muss ihr zustimmen. Aber trotzdem ... Ein Teil von mir will ihm vertrauen.

»Keine Sorge, ich bin nicht wie Joana. Von mir hast du nichts zu befürchten«, versichert mir Graham, als ich mich ihm nun doch nähere. Zögerlich zwar, aber ich trete aus der Pfütze, die mir meine Stiefel mittlerweile durchweicht hat, und komme einige Schritte auf ihn zu. Die Magie in meinem Inneren brodelt leise vor sich hin, bereit, hervorgerufen zu werden und ihm wenn nötig die Haut zu versengen, so wie ich es bei seiner Schwester gemacht habe, als wir uns vor ein paar Tagen duelliert haben.

»Vater war nicht gerade über euer kleines Duell erfreut«, sagt Graham, als ich mich schließlich doch neben ihn setzte, allerdings ans andere Ende der Bank, mit einigem Abstand zwischen uns. Nur für den Fall.

»Und ich war nicht gerade erfreut, dass deine Schwester meine Freundinnen bedroht hat«, gebe ich zurück und verschränke die Arme vor der Brust.

Graham seufzt und schüttelt den Kopf. »Joana ist nicht gerade einfach, ich weiß. Wahrscheinlich besser als jeder andere hier. Aber sie hat auch ihre guten Seiten«, entgegnete er und verringert den Abstand zwischen uns. Sofort löse ich meine Arme wieder und lege meine Hände stattdessen auf meine Oberschenkel, nur für den Fall, dass ich doch mit meinen Flammen eingreifen muss.

»Ihre guten Seiten?«, frage ich mit einer gehörigen Portion Ungläubigkeit. Normalerweise dauert es eine Weile, bis ich mir eine Meinung von einem Menschen bilde, aber bei Joana ist mir von der ersten Minute an klar geworden, mit wem ich es zu tun habe. Und dass es gefährlich werden könnte.

»Ich weiß, ich weiß. Man sieht es ihr nicht an, aber hier in der Nachtwelt versucht jeder ein gewisses Image aufrechtzuerhalten«, meint Graham und lässt sich nach hinten fallen und legt den Kopf in den Nacken, um den Ärzten über unseren Köpfen zuzusehen.

Er wirkt entspannt, alles andere, als würde er mich gleich angreifen wollen, um sich für das, was ich seiner Schwester »angetan« habe zu revangieren. Das lässt meine Anspannung etwas von mir abfallen, doch bleibe ich weiterhin wachsam. Nur weil jemand gut und nett aussieht, heißt das noch lange nicht, dass er das auch wirklich tief in seinem Inneren ist.

»Welches Image versuchst du aufrechtzuerhalten?«, frage ich, in der Hoffnung, ihn von möglichen Rachegedanken abzulenken.

»Keines. Ich bin ein offenes Buch«, sagte er mit einem lauten Lachen, was einfach viel zu ansteckend ist, um es ihm nicht gleich zu tun.

»Morgen ist ein dreizehnter«, sagt Graham nach einer Weile der Stille, die wir beide damit verbracht haben, den winzigen Wellen am Ufer des Loch zuzusehen. Hin und wieder tauchen schmale Schuppenschwänze auf, doch meistens sieht man nur die Luftblasen an die Oberfläche steigen.

»Aber ein Samstag, also kein Grund sich Sorgen zu machen«, meine ich, auch wenn ich mir nicht sicher bin, worauf er hinaus will.

»Als ob wir uns jemals an einem Freitag den dreizehnten Sorgen machen müssten, Isa«, sagte er lachend, was mich allerdings stutzen lässt. Er kennt meinen Namen. Vorher bin ich für ihn immer nur die Neue gewesen, aber jetzt weiß er, wie ich heiße. Sicher hat er mit Joana über mich gesprochen. Aber es wundert mich, dass er ihn sich gemerkt hat, schließlich bin ich nur eine Zufällige, Hunderte von Jahren und Generationen entfernt, zur Oberschicht der Hexenfamilien zu gehören, so wie er und seine Schwester.

»Wir feiern trotzdem jeden dreizehnten. Draußen auf der Lichtung, du weißt, welche ich meine«, fährt er ungeachtet meiner Reaktion fort, gerät dann allerdings ins Stocken. Sein Blick richtet sich auf meine linke Seite, dort wo ich noch immer das sanfte Pochen der Wunde spüre, die mich beinahe umgebracht hätte.

»Es tut mir übrigens leid, was Joana da gemacht hat. Manchmal verliert sie einfach die Beherrschung, wenn sie ihre Magie benutzt«, sagt er leise, fast so als hätte er Angst, seine Schwester könnte ihn hören.

Ich zucke mit den Schultern und mache mit der Hand eine wegwerfende Geste. Er soll nicht sehen, wie sehr mir diese Wunde zugesetzt hat, es noch immer tut.

»Du solltest kommen, morgen. Du und alle anderen Mädels von White Oak. Es wird sicher lustig«, meint Graham und steht plötzlich auf. »Du weißt ja, dass man als alte Traditionen besser nicht brechen sollte.«

Weiß ich das wirklich? Bisher wusste ich nicht, dass die Feier eines dreizehnten auf der Lichtung im Wald, auf der ich beinahe gestorben wäre, tatsächlich zu einer Tradition gehört. Oder ist das Lust Joanas Art, noch mehr Salz in die Wunde zu reiben für meine Niederlage beim Duell, wortwörtlich.

»Ich checke mein Terminkalender, aber ich kann keine Versprechungen machen«, entgegnete ich, in der Hoffnung, ruhig zu wirken. In Wirklichkeit regt sich in mir meine altbekannte Angst davor, Joana irgendwann doch noch einmal zum Opfer zu fallen, diesmal so schlimm, dass es mich unter die Erde befördert.

»Viel beschäftigt, was?«, fragt Graham, lässt mir allerdings keine Zeit ihm zu antworten. Stattdessen dreht er sich einfach um und verschwindet irgendwo im Wald, folgt einem unsichtbaren Pfad, den ich zwischen den Bäumen nicht ausmachen kann.

»Was für ein merkwürdiger Tag ...«, murmele ich, wobei ich an Professor Paolis Bemerkung, dass mir etwas frische Luft gut tun könnte, denken muss. Ob sie gewusst hat, dass ich dabei auf Graham treffen würde? Nein, woher auch, ist ja nicht so, dass sie immer genauestens darüber informiert ist, wo sich der Prinz der Hexen gerade aufhält.

NÄCHSTES KAPITEL FOLGT AM 10. MAI 2019

Hey ihr Lieben!

Heute nur kurzes Gelaber von mir, weil's mir grad nicht so gut geht. Hab mir irgendwie den Magen verdorben oder so ...

Deswegen habe ich auch nicht noch einmal drüber gelesen, aber wenigstens ist das Kapitel einigermaßen rechtzeitig für euch da (danke für die Erinnerung!).

Habt ein schönes Wochenende!
Kate

PS: Schaut morgen unbedingt auch bei YouTube vorbei. Ich habe ein paar richtig coole Neuigkeiten, auch was andere Projekte von mir angeht :D

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro