14. Stumme Übereinkunft

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Ich starrte meinen Gegenüber wortlos an. Was hatte er hier zu suchen?! Ich dachte, er wäre eben erst aus der Cafeteria verschwunden. Warum stand er nun direkt vor mir? „Wir müssen reden.“ beantwortete er meine unausgesprochene Frage. „Ich wüsste nichts, was ich mit dir besprechen wollte.“ gab ich knurrend zurück und starrte ihm feindselig in die blauen Augen. „Sei nicht so, Avalon. Was ist mit deinen Träumen?“ fragte er und kam langsam auf mich zu, fast als wäre ich ein Reh, das er nicht verschrecken wollte. Woher wusste er von meinen Träumen? Alle dachten, sie wären weg. Nur Helin wusste, dass ich sie noch hatte. Anscheinend wusste mein Gegenüber, was ich dachte, denn er sprach weiter, als er meinen verwirrten Gesichtsausdruck sah.

„Ich bin dein Mate, Avalon. Ich werde mitten in der Nacht wach, weil du unterbewusst nach mir rufst. Du nutzt unser Band im Traum.“ erklärte Aidan und stand jetzt dicht vor mir. Sein Blick wanderte forschend über mein Gesicht, bevor etwas weiches hervorbrach und er die Hand hob, um mich zu berühren. Blitzschnell schlug ich sie weg und trat erneut einen Schritt zurück. „Was gehen dich meine Träume an?“ verlangte ich zu wissen und lief langsam an ihm vorbei. Ich wurde in der Cafeteria erwartet und hoffentlich würde mein Seelengefährte mir nicht dorthin folgen. „Du gehst mich etwas an, Avalon. Wir gehören zusammen.“ gab dieser zurück und hielt mich am Arm zurück. Knurrend riss ich mich von ihm los und sah ihn aus glühenden Augen an. „Wir gehören nicht zusammen! Du hast mich verraten! Wenn jemals etwas von mir zu dir gehört hat, dann ist es seit dem Angriff gestorben!“ schrie ich Aidan an und stürmte dann davon.

Ich würde mir sicher nicht solch einen Mist von ihm anhören. Ich hatte gespürt, wie es zerbrochen war. Jedes positive Gefühl, dass ich für Aidan hatte. Es war zerstört worden und auch keine wirren Träume oder irgendwelche Mateverbindungen konnten das ändern. Ich verabscheute, dass ich so naiv war und ihm getraut hatte. Als ich in die Cafeteria stürmte, flog die Tür gegen die Wand, doch das interessierte mich nicht. Ich eilte zu dem Tisch der Tika und setzte mich mit grimmiger Mine neben Helin. „Was ist los?“ fragte diese bestürzt und sah sich alarmiert um. „Mein Mate hat mir aufgelauert. Er wollte reden.“ gab ich wütend zur Antwort und ballte die Hände zu Fäusten, um nicht irgendwas durch die Gegend zu schleudern. Am liebsten würde ich jetzt hier randalieren und meiner Wut freien Lauf lassen, doch das war keine gute Idee.

„Was wollte er denn von dir?“ fragte Helin überrascht und sah jetzt mich forschend an. Ich seufzte und stand auf. „Bist du fertig mit essen? Ich würde das lieber auf unserem Zimmer besprechen.“ erklärte ich und ließ meinen Blick suchend über die anderen Tische schweifen. Mit meinem Blick fand ich Lirim, der leicht schuldbewusst dreinschaute. War er Schuld, dass Aidan mich gefunden hatte oder hatte er James Zeit mit mir verschaffen wollen? Schließlich war der Betaanwärter vor meinem Zimmer herumgetigert. „Ich bring nur schnell mein Tablett weg, dann können wir gehen. Jace ist sowieso schon weg.“ antwortete meine Mitbewohnerin da und zog so wieder meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich nickte daraufhin nur und folgte ihr nachdenklich. Vielleicht sollte ich Lirim vorerst nicht mehr allein bei mir lassen. Er war schließlich noch immer ein Aev und seinem zukünftigen Alpha verpflichtet.

Ich lief also in Schweigen gehüllt neben meiner besten Freundin zu unserem Zimmer. Sie war dabei ungewöhnlich still, doch das würde ich ihr nicht vorwerfen. Sie hatte selbst noch genug mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen. Ich hoffte zwar, dass es bald besser wurde, doch ich konnte es nicht wirklich beeinflussen. Als wir in den Gang zu unserem Zimmer ankamen, lief James noch immer davor auf und ab. Ich stöhnte genervt auf, was ihn dazu veranlasste, sich zu uns herumzudrehen. „Avalon!“ rief er mit seltsamer Erleichterung in der Stimme und kam auf uns zugestürmt. „Das ist nah genug.“ knurrte ich, als er vielleicht noch einen Schritt entfernt war und keine Anstalten machte, innezuhalten. Sofort blieb er stehen und lief leicht rot an. Was sollte das denn?

„Es tut mir wirklich leid, falls ich euch störe, aber ich muss dich warnen.“ meinte er und machte uns etwas Platz, damit wir zu unserem Zimmer gehen konnten. „Ist etwas zu spät, findest du nicht?“ wollte ich provokant wissen und hob eine Braue. „Nein! Bitte. Hör mir zu. Alistair, er will… “ begann der Betaanwärter eindringlich, wurde allerdings unterbrochen, als ein grimmig blickender Aidan um die Ecke kam. „Sei bloß ruhig, James!“ rief er wütend und sofort schrillten alle meine Alarmglocken. Meine Muskeln spannten sich angriffsbereit an, doch Aidan stoppte, bevor er uns zu nahekam. Panik war in James‘ Gesicht zu lesen und ich wurde argwöhnisch. „Was ist hier los?“ knurrte ich und fixierte meinen Mate konzentriert. Zeigte er nur das kleinste Anzeichen, dass er uns angriff, würde ich mich verwandeln und ihm in den Weg stellen. Niemand sonst würde wegen mir nochmal verletzt werden.

Mein Mate schien allerdings gar nicht an mir interessiert und starrte nur seinen Freund an. Sie schienen ein stummes Gespräch zu führen und ich fürchtete, James verlor, denn einen Moment später seufzte er ergeben und ging zu seinem zukünftigen Alpha. „Es tut mir leid, Avalon.“ murmelte er nur, mied meinen Blick und eilte dann mit meinem Seelengefährten davon. „Also das war seltsam.“ kommentierte Helin leicht überfordert und ging in unser Zimmer. „Da stimme ich dir zu.“ murmelte ich und folgte ihr. Allerdings interessierte es mich ungemein, was James mir sagen wollte. Es schien wichtig gewesen zu sein. Ich sollte später versuchen, mit ihm zu reden.

Ich schloss die Tür hinter mir ab und ließ mich dann neben Helin ins Bett fallen. „Wie geht es dir?“ fragte sie da plötzlich und drehte sich mit sorgenvollem Blick zu mir. „Es wird besser. Und dir?“ erwiderte ich und musterte meine beste Freundin mit derselben Sorge. Ich wusste, dass die Situation mit Jace ihr noch ziemlich zu schaffen machte. „Ich weiß nicht. Es ist anders mit Jace. Unsere Verbindung ist irgendwie… beschädigt. Außerdem bemüht er sich so sehr, aber ich will nicht, dass er sich ständig Vorwürfe macht. Ich weiß nicht weiter.“ murmelte Helin mit einem Hauch Verzweiflung in der Stimme. Tröstend strich ich ihr über den Rücken. „Das wird wieder. Ich bin für dich da.“ erklärte ich und sah ihr eindringlich in die Augen. „Darauf konnte ich mich schon immer verlassen.“ meinte sie lächelnd und zog mich dann in eine feste Umarmung.

Aus irgendeinem Grund schossen mir Tränen der Rührung in die Augen und ich erwiderte die Umarmung meiner besten Freundin schnell. Ich drückte sie fest an mich und eine angestaute Anspannung wich von uns. Ich konnte genau spüren, wie Helin sich entspannte. Irgendwann lagen wir einfach nur stumm nebeneinander und starrten an die Decke. „Ich habe das vermisst. Diese entspannte Zweisamkeit.“  meinte Helin schließlich grinsend und ich nickte zustimmend, bevor ich mich aufraffte, über meine Begegnung mit Aidan im Wald zu reden. „Er wusste von meinen Träumen. Anscheinend rufe ich ihn über die Matebindung.“ murmelte ich nachdenklich und spürte kurz Helins verwirrten Blick.

„Euer Band scheint noch stärker zu sein, als ich vermutet hatte.“ erklärte sie schließlich und sah wieder zur Decke. „Keine Ahnung. Ich habe gespürt, wie etwas davon zerbrochen ist, als ich seinen Verrat so richtig realisiert hatte.“ meinte ich unsicher und strich über meine Lippen. Ob unsere Küsse unser Band so sehr gefestigt hatten? „Ich weiß, was du meinst. Es ist, als würde ein Teil von dir verloren gehen.“ beschrieb meine beste Freundin das Gefühl, das sie offensichtlich auch hatte. „Denkst du, es geht irgendwann weg?“ fragte ich unsicher, ob ich ihre Antwort überhaupt wissen wollte. „Hoffentlich.“ sagte sie daraufhin nur mit traurigem Blick. Es wirkte eher so, als rechnete sie nicht damit. Das waren ja keine besonders rosigen Aussichten. Ich sah auf die Uhr.

Zeit für einen Themenwechsel. „Ich muss mit James reden. Er wollte mich vor irgendetwas warnen. Ich sollte alles ernst nehmen, was die Aev angeht.“ lenkte ich das Gespräch einfach auf meinen nächsten Gedanken. „Du könntest Kristin fragen, wo sein Zimmer ist. Normalerweise wissen die Betas immer extrem viel übereinander. Und nach dem Abendessen kannst du zu ihm. Ich kann versuchen, solange deinen Mate abzulenken.“ fing Helin sofort an zu planen und stand mit einem Blick zur Uhr auf. Ich nickte langsam, da klopfte es plötzlich und ich sah meine beste Freundin irritiert an. „Ich bin jetzt dann mit Jace verabredet. Wir holen dich dann aber zum Abendessen ab.“ erklärte sie leicht verunsichert. „Klar. Bis dann.“ sagte ich noch, dann war sie auch schon verschwunden.

Wie versprochen kam Helin rechtzeitig und lief mit mir zum Abendessen. Dort sah ich mich aufmerksam um und vergaß dabei fast das Essen. Irgendwann kam James in die Cafeteria und ich entspannte mich etwas, als ich keine Wunden oder ähnliches sah. Irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass Aidan mal wieder seine Wut an seinem Beta ausgelassen hatte, doch dem war anscheinend nicht so. Ich sah mich weiter um und mein Blick fiel auf Kristin, die mich für einen Moment fixiert hatte und jetzt schnell wegschaute. Ich stand auf und ging zu ihr. Zeit, Helins Plan umzusetzen. „Können wir kurz reden? Ich brauche deine Hilfe.“ flüsterte ich der Beta-Tochter der Tika zu und sie sah überrascht zu mir auf. Auch der Rest der Tika schien überrascht, denn kurzes Schweigen setzte ein. Beinahe, als würden die anderen die Luft anhalten.

Kristin musterte mich nochmal, bevor sie aufstand und nickte. „Natürlich. Komm mit.“ meinte sie und lief aus der Cafeteria in eine etwas abgelegene Nische. „Weißt du, wo James‘ Zimmer ist?“ fragte ich, nachdem wir uns gesetzt hatten und sie hob überrascht eine Braue. „Klar, aber warum willst du zu seinem Zimmer?“ wollte sie argwöhnisch wissen. Natürlich war sie skeptisch, was meine Beweggründe anging. „Ich glaube, er wollte mich vor etwas warnen, aber Aidan hat ihn vorher abgehalten.“ erklärte ich mich in der Hoffnung, sie ließ das einfach so stehen. Ich wollte nicht, dass sie in meinen Angelegenheiten herumschnüffelte. Allerdings war sie ein Schlüsselpunkt in unserem Plan. Schließlich seufzte sie ergeben. „Na gut. Ich schicke dir eine Wegbeschreibung, aber du schuldest mir etwas.“ willigte sie ein und hielt mir ihre Hand hin. Ich schlug ein und damit war der erste Schritt getan.

Wir gingen wieder zurück zu unseren Plätzen in der Cafeteria und ich gab Helin ein stummes Zeichen, dass es geklappt hatte. Einen Moment später bekam ich die Nachricht mit der Wegbeschreibung und Kristin zwinkerte mir verschwörerisch zu. Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und zwinkerte zurück. Die ganze Situation kam mir so surreal vor. Schließlich brachte ich mein noch halb volles Tablett weg und sah einmal durch den Raum. James war schon weg und Aidan war heute nicht einmal aufgetaucht, was nicht ganz so gut war, da Helin ihn so nicht so leicht ablenken konnte, weil sie natürlich nicht wusste, wo er war. Ich winkte ihr noch kurz zum Abschied und schlüpfte dann aus der Cafeteria. Auf meinem Handy hatte ich die Wegbeschreibung offen und lief möglichst leise und ungesehen durch die Gänge. Ich wollte keine Verfolger.

Schließlich war ich zwei Gänge von Aidans Zimmer entfernt und spürte ihn seltsam nah. Als ich um die nächste Ecke bog, verstand ich auch, wieso. Er saß mitten im Gang an eine Tür gelehnt und sah in meine Richtung. Was zum…?! Ich sah schnell auf meine Wegbeschreibung und erkannte, dass er genau vor James‘ Zimmertür saß. Mit skeptisch verkniffenen Augen lief ich langsam auf ihn zu. Er lächelte mich leicht an, stand auf und öffnete mir wortlos die Tür. Argwöhnisch blickte ich hinein und sah James, der konzentriert an seinem Schreibtisch saß. Skeptisch sah ich nochmal zu meinem Mate, dann ging ich hinein und zog die Tür hinter mir zu. „Was tut er hier?“ wollte ich wissen und ignorierte dabei, dass er mich sicher hören konnte. James sah auf.

Seine Augen glühten leicht golden und ich sah mich alarmiert um. „Er wollte dich sehen. Das ist jetzt aber nicht wichtig. Komm her.“ antwortete der Betaanwärter und fuhr sich gestresst durch die Haare. Stirnrunzelnd ging ich zum Schreibtisch und blickte auf einen Bauplan von… irgendetwas. „Was ist das?“ fragte ich nachdenklich und versuchte mir sicherheitshalber den Plan einzuprägen. Es waren einige verschlungene Wege eingezeichnet, die augenscheinlich unterirdisch waren. „Das sind die Pläne des Rudelhauses der Aev.“ erklärte James mit einem Seitenblick zur geschlossenen Zimmertür. Er wirkte extrem gestresst. Warum zeigte er mir diese Pläne? Und wieso hielt Aidan ihn nicht davon ab? „Was soll ich damit?“ verlangte ich zu wissen und lenkte James‘ Aufmerksamkeit wieder auf mich. „Präg sie dir ein. Ich… wir glauben, Alistair will dich entführen. Er hat extra gewartet, bis dein Cousin wieder weg ist und mit euren Alphas eine Waffenruhe ausgehandelt.“ erklärte James mit leicht unsicherem Blick.

Geschockt erstarrte ich und spürte, wie meine Augen vor Panik zu glühen anfingen. „Was?!“ fauchte ich ein paar Oktaven höher als sonst. „Du hast mich schon verstanden. Die Pläne können dir helfen, wieder zu entkommen. Du musst dir nur die unterirdischen Gänge einprägen. Alistair benutzt sie zu wenig, um sich darin gut auszukennen.“ erklärte der Betaanwärter nochmal eindringlicher und schob meinen Blick wieder auf die Pläne. „Ich sollte doch wohl eher meine Alphas informieren!“ erwiderte ich leicht wütend und funkelte James böse an. „Das wird dir wohl kaum helfen, wenn eine Waffenruhe besteht. Deine Alphas plädieren immer auf die Ehre anderer. Alistair ist bereit, die Waffenruhe für dich zu brechen. Du hast seinen Stolz verletzt.“ versuchte er mich ruhig zu überzeugen.

Was, wenn er Recht hatte? Ich seufzte erschöpft und ließ mich auf den Schreibtischstuhl fallen, bevor ich mich über die Pläne lehnte. „Das kann ich mir doch niemals alles auf die Schnelle merken.“ jammerte ich etwas überfordert von den vielen Wegen. „Du könntest dir erstmal den wichtigsten Geheimgang einprägen und Aidan zeigt dir dann immer wieder ein paar alternative Wege. Er kennt sich am besten aus. Er hat sich oft rausgeschlichen.“ meinte mein Gegenüber nun leicht verunsichert. Mein Blick ging zur Tür. Ich wollte mit diesem Verräter nichts zu tun haben. „Ich fürchte, der wichtigste Gang muss reichen.“ murrte ich schließlich und sah mir die Pläne wieder genauer an. Ich würde sicher nicht meine Zeit mit Aidan verbringen, nur weil sie fürchteten, dass ich entführt würde. James rollte genervt mit den Augen, zeigt mir dann aber geduldig den Geheimgang.

Es brauchte ziemlich lange, bis ich mir die ganzen Abzweigungen gemerkt hatte. Als es so weit war, leuchtete uns der zunehmende Mond entgegen. „Okay. Und was tue ich, sobald ich hier bin?“ wollte ich wissen und zeigte auf den Punkt, der den Ausgang des Weges darstellte. James fuhr sich frustriert durch die Haare. „Dann wartet dort schon jemand von deinem Rudel. Es würde schließlich nicht unbemerkt bleiben, wenn du verschwindest. Aidan oder ich nehmen dann mit Helin Kontakt auf und sagen ihr, wo sie dich finden kann.“ erklärte er etwas von meiner langsamen Auffassungsgabe verärgert. Ich konnte nichts dafür, wenn er so ungeduldig war. „Okay.“ murmelte ich nur müde und lehnte mich zurück. „Denkst du, sie würde uns überhaupt vertrauen?“ hakte der Betaanwärter nun nach.

Ich musste nicht lange grübeln. „Dir würde sie wahrscheinlich vertrauen. Sie weiß, dass ich jetzt bei dir bin.“ meinte ich und schaffte es endlich, mich selbst zu motivieren, aufzustehen. „Ich geh dann mal wieder.“ erklärte ich noch und schon wurde die Zimmertür von draußen geöffnet. „Ich begleite dich.“ bestimmte mein Seelengefährte. Ich seufzte als Antwort nur schwer, bevor ich mich noch kurz zu James wandte. „Sag deinem Bruder, dass er mich nicht mehr beschatten soll. Er hat mein Vertrauen missbraucht.“ Dann lief ich einfach weg. Aidan mir dabei dicht auf den Fersen. Am liebsten hätte ich ihn direkt abgehängt, aber eine schwere Müdigkeit legte sich über mich und ich fand einfach nicht die Kraft, mich gegen meine Instinkte zu stemmen. „Triff mich morgen nach dem Abendessen bei der Grenze zwischen Tika und Aev. Du musst die anderen Geheimgänge auch kennen, wenn mein Vater dich entführt.“ meinte der Aev-Alphas Sohn eindringlich.

Ich blieb abrupt stehen und musterte ihn kritisch. Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, aber ich wollte auch sicher wieder aus dieser Geschichte herauskommen. Ich wollte wieder weiterlaufen, doch natürlich hielt er mich schnell zurück. „Ich meine es ernst, Avalon!“ knurrte er mit eindringlichem Blick und ich spürte, dass sein Griff nicht ganz so sanft war. Ich wollte nicht mit ihm reden! Stattdessen sah ich ihm nur grimmig in die Augen. Sein Griff bohrte sich dabei immer stärker in meinen Arm, bis ich mich von ihm losriss. „Jetzt hör doch endlich auf damit! Ich hatte keine andere Wahl!“ rief mein Seelengefährte dann plötzlich auch und jetzt war ich wirklich irritiert. Was meinte er denn bitte damit? Statt wie vorgehabt, zu verschwinden, blieb ich stehen und legte den Kopf schief.

Was wollte er mir damit sagen? Man hatte immer eine Wahl. „Ich musste meinem Vater sagen, wo er die Tika finden konnte, aber ich dachte, wir wären schon weg, wenn sie ankämen.“ versuchte Aidan sich zu rechtfertigen. Warum sollte er da denn keine Wahl gehabt haben? Ich wollte mich gerade überwinden, diese Frage zu stellen, da lief plötzlich jemand direkt in mich rein. Erschrocken stolperte ich ein paar Schritte zurück und wurde sanft von Aidan in die Arme gezogen, wahrscheinlich, damit ich nicht fiel. Sein berauschender Duft schwappte über mich und die plötzliche Nähe versetzte mich in eine kurze Starre. „Avalon?!“ sagte dann allerdings die andere Person etwas überrascht, die mittlerweile selbst wieder vom Boden aufstand. Blinzelnd musterte ich Helin, die sich den Dreck von der Hose streifte. „Was tust du hier?“ fragte ich sie verwundert, als sie sich wieder gefangen hatte.

Sie hob provozierend eine Braue und blickte auf Aidan, der noch immer seine Arme fest um mich geschlungen hatte. Er wirkte genauso erstarrt, wie ich. „Dich suchen. Und was tust du da?“ erwiderte Helin mit finsterem Blick. „Zurück zum Zimmer gehen?“ sagte ich, wobei es seltsamerweise eher nach einer Frage klang. Da schmiegte Aidan sich plötzlich näher an mich und ich verstand, was Helin mit ihrer Frage eigentlich meinte. Oh. Schnell wand ich mich aus Aidans Arme und eilte zu meiner Freundin. „Hättest du mir nicht den Moment noch gönnen können?“ seufzte Aidan an Helin gewandt, die nur verärgert mit dem Kopf schüttelte. Dann sah er zu mir und irgendwie schienen wir in dem Augenblick eine stumme Übereinkunft zu schließen. Ich musste die restlichen Wege kennenlernen. Sonst würde Aidan mich nicht mehr aus den Augen lassen und das würde ich nicht verkraften.

Ich nickte ihm kaum merklich zu und griff dann nach Helins Arm. „Lass uns gehen.“ bat ich leise und zog sie neben mir weiter zu unserem Zimmer. „Was war das denn? Ich dachte, du wärst bei James?“ stellte sie mich zur Rede, als wir in unser Zimmer kamen. Ich seufzte schwer und ließ mich erstmal auf mein Bett fallen. „Ich war bei James. Mein Mate wollte mich nur sicher zu meinem Zimmer zurückbringen.“ antwortete ich recht oberflächlich, was größtenteils an meiner steigenden Müdigkeit lag. Ich driftete langsam in den Schlaf, aber das war Helin noch nicht genug. „Was wollte James von dir?“ verlangte sie zu wissen und musterte mich skeptisch. Warum war sie denn jetzt so? Warf sie es mir doch vor, dass die Tika angegriffen wurden? Seit wann vertraute sie mir nicht mehr? „Er denkt, Alistair will mich entführen lassen, weil ich ihn zum Abbruch seines Angriffs gezwungen habe. Er ist in seinem Stolz verletzt.“ antwortete ich schließlich und starrte aus dem Fenster.

Der zunehmende Mond leuchtete hell am Himmel und ließ den Tau leicht glitzern. „Was?!“ kreischte meine beste Freundin panisch und sah sich um, als würde jeden Moment ein Aev um die Ecke springen und mich packen. „Keine Sorge. Ich weiß mich durchaus zu verteidigen und James hat mir einen Weg gezeigt, mit dem ich aus dem Rudelhaus der Aev entkommen könnte.“ meinte ich beschwichtigend und schloss träge die Augen. Die Müdigkeit übermannte mich langsam. Ich hatte durch die Albträume viel zu wenig Schlaf gehabt. „Und was wollte dein Mate da?“ nahm ich wage noch Helins nächste Frage wahr, doch ich driftete langsam ins Land der Träume ab und konnte nicht mehr antworten. Die Bilder des wütenden Feuers und eines schwarzen Wolfes flammten bereits auf und ich wusste, dass ich wieder nicht genug Schlaf bekommen würde.

Ich wachte wie erwartet immer wieder auf, wenn mein Traum sich dem Höhepunkt näherte und versuchte, sofort wieder einzuschlafen. Als ich knapp eine Stunde vor dem Frühstücksbeginn erneut erwachte, beschloss ich, nicht weiterzuschlafen. Es würde ja sowieso nichts bringen. Stattdessen stand ich auf und lief unruhig im Zimmer umher. Sollte ich mich heute Abend tatsächlich mit Aidan treffen? War es vielleicht auch einfach nur eine Falle? Ich sollte vorsichtig sein, was ihn betraf. Mein Blick fiel auf Helin, die sich selbst unruhig im Bett herumwälzte. Ob sie auch Albträume hatte? Schließlich hatte ihr Band zu Jace ebenfalls Schaden genommen. Für sie musste das noch gravierender sein als für mich. Sie war mit ihrem Mate schließlich schon verbunden. Ich seufzte müde und zog mich dann schnell um. Ich könnte Helin ja auch mal Frühstück ans Bett bringen. Sie würde erst eine halbe Stunde nach Beginn der Frühstückszeit aufstehen.

Die Cafeteria machte gerade auf und war dementsprechend noch ziemlich leer. Nur am Tisch der Aev saßen ein paar bekannte Werwölfe. Als sie mich entdeckten wirkten sie überrascht und starrten mir nach. Ich ignorierte sie nach besten Möglichkeiten und lief zur Essensausgabe, wo ich für mich und Helin ein Tablett zusammenstellte. Irgendwann stand plötzlich ein Aev dicht neben mir. „Was ist?“ grummelte ich abweisend und sah Lirim feindselig an. Er hatte mein Vertrauen missbraucht und mich absichtlich allein gelassen, damit sein Bruder mit mir sprechen konnte. „Es tut mir leid, Luna. Ich war der Meinung, es wäre in deinem Interesse, wenn James mit dir spricht.“ beteuerte er mit traurigem Blick. Es war klar, dass es ihm wirklich leid tat, doch das würde nichts ändern.

Ich hätte schon nach dem Angriff auf die Tika jeden Kontakt mit den Aev abbrechen sollen. Ausnahmen hätte ich gar nicht erst machen sollen. „Lass gut sein, Lirim. Es ist besser, wenn ich keinen Kontakt mehr mit Aev habe.“ sagte ich und lief mit dem Tablett in Richtung meines Zimmers. „Aber du bist dazu bestimmt, selbst eine Aev zu werden. Du… “ begann Lirim zu widersprechen, doch dafür hatte ich so früh am Morgen noch keine Nerven. „Ich sagte, lass es gut sein! Ich will meine Ruhe.“ knurrte ich ihn an und ließ meine Augen silbern aufglühen. Erschrocken wich er ein paar Schritte zurück und sah mich dann traurig an. Ich wandte mich ab, bevor er wieder zusprechen begann und eilte weiter zu meinem Zimmer. Es war besser, Abstand zu bekommen. Die Aev taten mir nicht gut. Das Verhältnis zwischen Tika und Aev war schließlich schon immer gestört.

In meinem Zimmer angekommen, weckte ich Helin. Sie freute sich über das Frühstück und wir plauderten über ein paar belanglose Dinge, bevor wir zum Unterricht mussten. Der restliche Tag verlief seltsam ruhig. Die Aev schienen meinen Wutausbruch in der Cafeteria mitbekommen zu haben und hielten sich von mir fern, während die Tika mich einfach als Teil des Rudels behandelten. Zumindest der Großteil der Tika. Kristin beäugte mich immer wieder skeptisch und schien sich zu fragen, was ich bei James gewollt hatte. Allerdings ließ sie es sich von den anderen Tika kaum anmerken. Sie war schon immer gut darin, ihre Abneigung mir gegenüber vor den anderen zu verstecken. Vor dem Abendessen wurde ich dann zu meiner Überraschung endlich wieder zu einer Patrouille an den Grenzen unseres Reviers eingeteilt, die ich mit Linto schweigend ablief.

In letzter Zeit hatte Kristin mich nicht mehr eingeteilt, aus offensichtlichen Gründen, doch anscheinend hatte ihr Vater oder unsere Alphas sie darauf hingewiesen, dass jedes Rudelmitglied patrouillieren musste. Das war auch früher schon so. Beim Abendessen ging ich im Kopf immer wieder den Geheimgang durch, den James mir eingebläut hatte. Ich sollte ihn auf keinen Fall vergessen. Irgendwann spürte ich den intensiven Blick meines Mates auf mir und sah mich kurz um. Er stand an der Tür und lächelte mich an, bevor er die Cafeteria verließ. Es war klar, was er erwartete. Ich aß schnell auf und wandte mich dann an Helin. Wie würde ich es schaffen, dass sie sich keine Sorgen machte, wenn ich für längere Zeit verschwand. „Ich gehe ein wenig im Tika-Territorium trainieren.“ sagte ich schließlich und lächelte sie leicht an. Es sollte möglichst unverfänglich klingen.

Einen Moment sah Helin sich im Raum um, bevor sie seufzend eine Augenbraue hob. Genau wie gestern, als sie mich in Aidans Armen gesehen hatte. „Okay. Aber sei vorsichtig.“ gab sie schließlich zurück, wobei ich mir sicher war, dass sie mir nicht glaubte. Leicht schuldbewusst, stand ich auf, brachte mein Tablett weg und eilte aus der Cafeteria. Natürlich hatte Helin bemerkt, dass mein Mate nicht da war und wahrscheinlich hatte sie für sich selbst herausgefunden, dass ich mich mit ihm treffen würde. Ich sollte es ihr später genauer erklären. Vielleicht fühlte sie sich dann nicht mehr ganz so verraten von mir. Ich lief strikt auf das Revier der Tika zu und verwandelte mich, sobald ich die Grenze passiert hatte. Ich würde in meiner Wolfsgestalt am schnellsten sein, auch wenn ich damit riskierte, dass meine Instinkte in Aidans Nähe die Überhand gewannen. Ich musste vorsichtig sein.

Schon von weitem konnte ich meinen Mate über unsere Verbindung spüren, doch seine Gedanken waren mir versperrt. Wahrscheinlich eine Auswirkung der Splitterung unserer Verbindung. Ich kam an der Lichtung an und erblickte meinen Mate in seiner imponierenden Wolfsform, doch davon durfte ich mich nicht ablenken lassen. Ich musterte ihn prüfend, bevor ich dicht an die Grenze trat und durch den dunklen Wald hinter Aidan sah. Er wandelte sich vor meinen Augen in seine menschliche Form und holte die Pläne hervor, die ich gestern schon mit James studiert hatte. Seine Augen schimmerten dabei seltsam und ich hatte das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein. Alarmiert sah ich mich nochmal um und prüfte die Luft. Ich konnte nur den intensiven Duft meines Seelengefährten in der Nähe wahrnehmen. Wir waren allein an dieser Grenze.

Warum lag dann dieser Triumph in seinem Blick? Ich blieb vorsichtshalber in meiner Wolfsform und beobachtete, wie Aidan die Pläne vor sich ausbreitete. „Ich wusste, du würdest kommen.“ meinte er schließlich triumphierend grinsend und sah zu mir hoch. Es ärgerte mich, dass er sich mir so überlegen fühlte, nur weil er mich durchschaut hatte. Allerdings würde ich ihm nicht auch noch die Genugtuung geben, mich jetzt mit ihm zu unterhalten. Ich schnaubte also nur abfällig und sah auffordernd auf die Pläne. Sie lagen jetzt genau zwischen uns auf der Grenze. Aidan lachte leise und handelte sich einen bösen Blick von mir ein. Wenn er nicht langsam tat, was er angeboten hatte, würde ich mich entweder auf ihn stürzen oder einfach gehen. Je nachdem, wie sehr er mich noch reizte.

Er rollte mit den Augen und zeichnete mit dem Finger eine Linie auf dem Plan nach. „Hier verläuft ein paralleler Weg, auf den du wechseln könntest, um Verfolger am Anfang loszuwerden. Kaum ein Aev kennt ihn und er ist durch zwei unsichtbare Zugänge erreichbar. Hier und hier.“ begann er endlich zu erklären und zeigte an zwei Stellen, die den neuen Gang mit dem Hauptgang verbanden. Ich nickte langsam und versuchte mir zu merken, wo im Hauptgang die Zugänge waren. „Die Zugänge lassen sich öffnen, indem du auf einen Stein drückst, der einen kleinen Stern eingeritzt hat. Allerdings musst du in diesem Gang extrem leise sein, weil man deine Bewegungen sonst im Hauptgang verfolgen kann. Die Wände hier sind besonders dünn.“ fuhr Aidan mit seiner Erklärung fort und fuhr an der Zeichnung die genannte Stelle entlang.

Na wunderbar. Ich musste also auch noch besonders leise sein. Ich nickte erneut, als ich mir den Weg eingeprägt hatte und legte mich dann hin. Das würde sicher wieder länger dauern. Aufmerksam legte ich meinen Kopf auf meine übereinander geschlagenen Vorderbeine und sah auf die Pläne. Ich konnte es mir schließlich gemütlich machen, wenn ich schon diese ganzen Pläne studieren musste. Außerdem würde ich in meiner Wolfsform sofort mitbekommen, wenn sich jemand uns näherte. Aidan wartete, bis ich gemütlich lag und grinste mich dann breit an, bevor er fortfuhr. Ich hörte einfach nur zu und bemühte mich, soviel in meinem Kopf zu behalten, wie es eben ging. Mir fiel auf, dass er sich wirklich erstaunlich gut mit den Geheimgängen auskannte und war etwas beeindruckt. Allerdings wollte ich lieber nicht wissen, was er in diesen Gängen alles getrieben hatte.

Nach dem, was ich mit Naomi mitbekommen hatte und dem, was Madelin gesagt hatte, würde nur etwas dabei herauskommen, das meine Instinkte aufregte. Das konnte ich im Moment einfach nicht gebrauchen. Irgendwann wurde es immer dunkler und ich war froh, dass durch meine Wolfsaugen das Mondlicht ausreichte, damit ich die Pläne weiter gut sah. Allerdings spürte ich irgendwann die Müdigkeit über mich hereinbrechen. Ich blinzelte immer schwerer und versuchte mich, auf Aidans Ausführungen zu konzentrieren, doch irgendwann schien er zu bemerken, wie ich immer weiter wegdriftete. Ich bekam noch mit, die er auf mich herunterlächelte und die Pläne zusammenrollte, bevor ich meine Augen nicht mehr öffnete und in den Schlaf driftete.

Sanfte Sonnenstrahlen kitzelten mich und eine Zunge strich über meinen Hals, als ich aufwachte. Ich war in meiner Wolfsgestalt und genoss die Wärme, die von dem Körper neben mir auf mich wirkte. Ich kuschelte mich näher an den Wolf neben mir und blinzelte dann verschlafen in die aufgehende Sonne. Wieder strich eine Zunge sanft über mein Fell und meiner Kehle entrang sich ein wohliges Grummeln. Dann wurde ich langsam wacher und sah mich irritiert um. Wo war ich? Mein Blick schweifte über die hohen Bäume, die uns umzingelten und dann auf die Lichtung mir gegenüber. Plötzlich wusste ich, wo ich war und leider auch, mit wem ich hier war. Ich sprang auf die Beine und hinter die Grenze der Tika zurück. Ich knurrte meinen Seelengefährten an, der mit zufriedenem Blick und als schwarzer Wolf neben mir gelegen hatte. Ich hatte diese Nacht neben ihm geschlafen.

Er erhob sich gemächlich und kam auf mich zu. Knapp vor der Grenze blieb er stehen und wandelte sich in menschliche Form. „Hattest du wieder Albträume?“ fragte er und musterte mich provokant. Ich musste kurz überlegen. Verdammt. Er hatte sie wohl ferngehalten. Ich knurrte als Antwort nur und wandte mich von ihm ab, um zu verschwinden. Helin machte sich bestimmt Sorgen. Ich sollte zurück ins Internat. „Jetzt tu doch nicht so. Ich weiß genau, dass es dir gutgetan hat, bei mir zu sein.“ meinte der Aev-Alphas Sohn dann und übertrat die Grenze. Ich reagierte sofort und wirbelte knurrend zu ihm herum. Er sollte nie wieder Tika-Gebiet betreten. Schnell wich er meinen Fangzähnen aus, die nach ihm schnappten und grinste mich dann weiter provokant an.

Es machte mich rasend, wie entspannt er sich gab, wo doch auch ein Teil in ihm zersplittert war, als er unsere Verbindung verraten hatte. „Entspann dich und komm wieder hier rüber, wenn du mich nicht auf Tika-Territorium haben willst. Ich werde dich zu deinem Zimmer zurückbegleiten.“ erklärte er festentschlossen. Wie konnte er es nur wagen, mich so herumzukommandieren?! Ich war nur hier gewesen, um wieder aus den Fängen der Aev entkommen zu können. Nicht um ihnen in die Falle zu laufen. Ich knurrte und wandelte in meine menschliche Form. „Lass mich in Frieden, Aidan. So etwas wie heute wird nicht wieder geschehen. Und wehe, du wagst es nochmal, mir oder meinem Rudel zu nahe zu kommen.“ schrie ich ihn an und eilte dann wieder tiefer ins Tika-Territorium. Ich hörte, dass er es tatsächlich wagte, mir ein Stück zu folgen, doch dann wandelte ich mich, um schneller weg zu kommen. Die Morgen-Patrouille näherte sich und er würde sicher nicht wegen sowas das Abkommen mit meinen Alphas brechen.

Ich hatte Recht, denn kurz darauf hörte ich, wie er wieder zurück ins Aev-Territorium lief. Ich war ihn also los. Schnell durchquerte ich das Territorium der Tika und eilte dann wieder in Menschengestalt zu meinem Zimmer. Zwischendurch nahm ich nochmal kurz Aidans Geruch wahr, aber anscheinend hatte er endlich verstanden, was ich zu ihm gesagt hatte. Als ich ihn damals mit Naomi erwischt hatte, hätte ich schon wissen müssen, dass es darauf hinauslief, aber besser spät als nie. Ich musste mit ihm abschließen, und zwar endgültig. Ich musste unsere Verbindung durchtrennen. Auch, wenn ich dann mein Rudel nicht wieder damit schützen konnte. Ich musste es für mich tun. Vorher würde er es nicht sein lassen und mich immer wieder auf seine Seite zu ziehen versuchen.

Ich stürmte in mein Zimmer und war froh, dass Helin nicht hier war. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass sie wahrscheinlich frühstücken war. Ich stellte mich vor den Spiegel und zupfte einige kleine Äste und Blätter aus meinem Haar, die sich bei meinem Heimweg darin verfangen hatten. Ich musterte mein eigenes Gesicht und fand es immer noch seltsam. Jahrelang hatte mir ein ganz anders Gesicht entgegengeblickt, doch jetzt fühlte sich dieses Gesicht an, als wäre es das richtige. Das wahre Ich, obwohl ich mich eigentlich nie wie eine Luna gefühlt hatte. Ein Gefühl tief in mir strafte mich Lügen. Ich war eine Luna. Nicht nur durch mein Aussehen oder meine Fähigkeiten. Mein ganzes Wesen entsprach dem einer Luna, doch ich versteckte es. Wollte es nicht anerkennen. Vielleicht würde ich wieder ich selbst werden, wenn meine Verbindung zu Aidan zerstört war.

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