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Ich kenne den Weg zur Bühne noch genau.
Den Weg, den ich damals immer gegangen bin, wenn ich den Auftrag bekommen habe, die Leute zu begleiten.
Damals war ich nicht aufgeregt.
Aber damals musste ich anschließend auch nicht mit auf die Bühne.
Und jetzt stehe ich hier, warte darauf, dass ich das Zeichen bekomme, um vor das Publikum zu treten - nicht etwa mit jemandem, sondern alleine.
Auf mich gestellt, auf mich ganz alleine.
Nur, weil mir ein paar Menschen gesagt haben, dass ich es tun soll.
Ich seufze und frage mich schon wieder, wieso ich das hier grade mache.
Ein kleiner Tipp auf meine Schulter, und schon setzte ich mich - ganz wie von selbst - in Bewegung.
Ich darf jetzt nicht zu viel nachdenken.
Nicht zu viel analysieren.
Das ist mein Problem überall.
Immer.
Fast immer.
Egal, was ich mache.
Nur beim Singen nicht.
Beim Schreiben.
Beim Reiten.
„Willkommen beim X-Factor!", begrüßt Simon mich, ohne aufzuschauen.
Das kenne ich.
Das hat er damals nicht gemacht, das wird er auch heute nicht machen.
„Wie heißt du?", fragt Nicole und lächelt mich an, als sie merkt, dass Simon nicht weitermachen wird. Wahrscheinlich hat er irgendetwas in seinen Notizen gefunden, das interessanter ist als ich.
„Ich heiße Feline Grador, bin 20 Jahre alt und lebe in London", sage ich und bin mir ziemlich sicher, dass ich damit all die Fragen beantwortet habe.
„Und als was arbeitest du?", fragt Nicole dann und zerstört meine selbstzufriedenen Gedanken.
„Ich bin Reitlehrerin und nehme an Turnieren teil", antworte ich und verziehe fast mein Gesicht, als ich merke, wie komisch das klingen muss.
„Oh mein Gott, das war der Traum meiner Kindheit!", wirft Sharon ein und bringt das gesamte Publikum zum Lachen.
Selbst Simon kann sich ein Glucksen nicht verkneifen.
Und dann schaut er hoch.
Sein Blick könnte - würde - mich wahrscheinlich durchbohren, hätte ich nicht eine gesamte Staffel Zeit gehabt, mich darin zu üben, ihm standzuhalten.
„Was wirst du heute für uns singen?", übernimmt Cowell und ich atme beinahe erleichtert auf.
Ich habe nicht wirklich erwartet, dass er mich wiedererkennen wird, aber es bestätigt zu bekommen, ist noch mal etwas ganz anderes.
„A drop in the Ocean von Ron Pope", sage ich und stelle mich grade hin, um beginnen zu können.
Simon nickt kurz anerkennend und sagt anschließend, dass ich anfangen soll.
Und das mache ich.
Ich versinke in meinem Gesang, bekomme fast nichts mehr mit, was um mich herum geschieht, ich verschiebe den Takt, fange ihn neu auf, singe mit rauer Stimme und sanft, spiele mit der Melodie.
Dann ist es vorbei.
Ich öffne die Augen, der Applaus schießt durch meinen Körper wie Adrenalin.
„Dankeschön", sage ich mit einem Lächeln im Gesicht.
Die Jury setzt sich wieder, und ich schaue jeden einzelnen kurz an, um wenigstens zu versuchen, hinter ihre Miene sehen zu können.
Bei Sharon und Nicole muss ich mich nicht sonderlich anstrengen, da die beiden grinsen und einen kurzen Blick austauschen, der Bände spricht.
Nur Simon und Louis sehen aus wie immer: In Stein gemeißelt.
„Nicole", übergibt Simon seiner Kollegin das Wort.
„Ich muss zugeben, ich mag das Original nicht sonderlich, weil mir der Takt einfach fehlt. Aber du hast das ganz anders interpretiert, da war Feuer, da war Trauer, da war alles. Wow."
„Okay, Sharon?"
„Mir geht es ganz genau so. Ich meine, ich mag das Original, aber bei dir war es anders. Es war bewegender, und ich liebe deine Stimme! Wirklich! Höre bitte nie auf, zu singen, egal, was hier passiert!", ruft sie und ich bedanke mich mit einem leisen Lachen.
Ich sollte mich nicht zu früh freuen.
Nicole und Sharon habe ich vielleicht überzeugt, aber das sind nur zwei von vier Jurymitgliedern.
Und ich brauche mindestens drei, um weiterzukommen.
„Louis?"
Es wird still, wahrscheinlich weiß nicht nur ich, dass Louis und Simon am schwersten zu überzeugen sind.
„Ich stimme den Mädels zu, es war ganz anders interpretiert. Ich wusste am Anfang nicht, ob ich es gut finden soll, dass du gleich so viel zeigst, was du kannst und so weiter. Ich wusste nicht, ob die Welt direkt dazu bereit ist, dich so wagemutig in diesem Lied zu sehen. Aber eins kann ich sicher sagen: Ich denke, du hättest ein wenig warten sollen. Dich hier vielleicht noch zurückhalten", meint Louis und ich kann den Schlag in meiner Magengrube quasi spüren.
Ob er weiß, dass er mein Selbstbewusstsein hier auf der Bühne damit so sehr runterzieht?
„Louis...", fängt Simon an und wieder wird es still.
Selbst in mir rumort es nicht mehr.
„Ich stimme dir ganz und gar nicht zu."
Und da fällt er, der Stein.
Erleichtert atme ich auf.
„Das war eine runde, wundervolle Performance. Deine Stimme ist großartig, deine Ausstrahlung beim Singen war großartig, die Art, wie du mit dem Lied gespielt hast, war großartig - Ich weiß nicht, was ich dazu noch groß sagen soll", sagt Simon, und seine letzten Worte gehen im Applaus unter.
„Lasst uns abstimmen", meint Louis, nachdem es wieder ruhig geworden ist.
„Ein ganz klares Ja", grinst Nicole und auch Sharon schließt sich ohne zu zögern an.
„Simon?"
Simon beugt sich ein wenig vor und schaut über den langen Tisch zu Louis.
„Ja", meint er dann, und in dem Moment, in dem die Aufmerksamkeit von fast allen auf Louis liegt, weil die Bildschirme ihn zeigen und Simons Blick auf ihn gerichtet ist, in dem Moment zeigt er vier Finger.
Für einen winzig kleinen Augenblick.
Und doch bin ich mir sicher, zu wissen, was er meint.
„Dann gebe ich dir hiermit dein viertes Ja", gratuliert mir Louis.

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