1. Die Bibliothekarin rastet aus, als ich aus versehen die Leiter umkippe

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 Der Geruch von alten Büchern stieg mir in die Nase, als ich nach einem interessanten Buch über Zeitreisen stöberte. Meiner Meinung nach gibt es nichts, was Bücher übertreffen kann. Ich war ein absoluter Bücherfreak - Manchmal wünschte ich, in der Welt der Bücher zu leben, anstatt hier.

Deshalb verbrachte ich jede Menge Zeit in der Bibliothek. Sie war wahrscheinlich genauso alt wie ihre Bücher. Oh, und natürlich die Bibliothekarin. Steinalt. Sie hatte immer eine kerzengerade Haltung, als ob in ihren Armen und Beinen Stöcke steckten. Eine schreckliche Vorstellung, aber wahr.

"Hallo?" Eine gezierte Stimme erklang über die Flure hinweg. Die Bibliothekarin, wie immer. Egal wo ich war - sie schien mir auf Schritt und Tritt zu folgen. Es schien fast schon so, als ob sie mich verfolgen würde. Obwohl das natürlich ein vollkommen absurder Gedanke war.

"Ich bin hier!" rief ich, und versuchte mich lässig gegen die nächststehende Leiter anzulehnen. So oder so würde sie mich finden, und...

"Ah, Leonora." begann die Bibliothekarin, als sie mich entdeckte. Ja, das ist mein Name. Leonora. Aus irgendeinem Grund hatten meine Eltern sich dazu entschieden, mich wie eine Frau aus dem neunzehnten Jahrhundert zu nennen. Ich bevorzugte es, Leo genannt zu werden - Doch natürlich nahm die Bibliothekarin keinerlei Rücksicht darauf.

 "Also, ich muss dich darum bitten, alle Bücher mit Sorgfalt zu Behandeln." Fuhr sie fort. "Es dürfen keine Bücher aus der Bibliothek mitgenommen werden. Letzte Woche waren wieder einmal diese unaufmerksamen Jugendlichen da, die haben ein Buch total zerfetzt, und ich musste es mit hochwertigem Klebeband reparieren... Außerdem haben diese Leute-" sie rümpfte die Nase. "-versucht eins der sehr alten Bücher mit zu nehmen. Das konnte ich ja wohl nicht gestatten..." Blablabla...

Ich hörte nur noch mit halbem Ohr zu, als mein Fuß gegen die nächststehende Leiter knallte. Einen Moment zu spät wurde mir klar, dass ich einen fatalen Fehler begangen hatte. Wie Dominosteine begannen die Bücherregale nacheinander umzukippen.

"Neeeeeiiiiiiin!" Die schrille Stimme der Bibliothekarin hallte in dem Gang wieder. Meine Güte, so schlimm war das jetzt doch auch nicht, dass man einen hysterischen Anfall kriegen musste. 

"DU!" Mit lodernden Augen wandte sich die Bibliothekarin zu mir. Und wenn ich lodernde Augen sage, meine ich das auch wortwörtlich so. Vor meinen Augen verwandelte die Frau sich in einen - war das ein Dämon?

Ich schnappe nach Luft. Sie war tatsächlich zu etwas anderem geworden, ich wusste leider nicht den Namen von dem Wesen, was ich nun vor mir hatte. "Ist doch halb so schlimm." versuchte ich sie zu beschwichtigen. (Oder besser gesagt: ES?) "Ich kann ihnen auch helfen, das alles aufzuräumen."

"Nein!" fauchte sie. "Darum geht es nicht." Ehrlich, ich hatte keine Ahnung was sie meinte. Die Bibliothek sah genau so aus wie immer, mit Ausnahme von der durchgedrehten Bibliothekarin und den umgefallenen Bücherregalen.

Dann sah ich es. Hinter den Schränken, die an der Wand angelehnt waren, war keine Wand gewesen. Zahlreiche Flaschen mit blubbernden, unidentifizierbaren Inhalten waren an Bunsenbrennern und Gasherden angeschlossen. In der Mitte war ein Podest, auf dem ein kleiner, unscheinbarer Stein lag. Und dahinter - jede Menge Bücher! Diese sahen sogar noch älter aus als die ältesten Bücher in der Bibliothek.

"RAAAUUUS!" schrie die Bibliothekarin. Ich folgte ihrer Aufforderung, da ich noch nicht bereit war, in die Unterwelt einzugehen.

Doch an dem Schreibtisch, wo die Bibliothekarin immer saß, blieb ich stehen. Auf dem Stuhl lag ein Buch - eines der Bücher hinter den nicht vorhandenen Wänden! Ich warf einen kurzen Blick nach hinten. Die Frau hatte begonnen, die Schränke zu den versteckten Zimmern wieder aufzustellen. Für eine alte Dame war sie ziemlich stark.

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, schnappte ich mir das Buch. Diebstahl? Vielleicht. Es war mir aber auch ziemlich egal. Obwohl das Buch so groß war, passte es wie angegossen in meinen Rucksack.

Dann rannte ich wie besessen aus der Bibliothek. Vermutlich war es spät eingesetzter Schock, denn als ich an meiner Haustür stand, war ich völlig außer Atem, und mein linkes Auge hatte ein nervöses Zucken entwickelt.

Ich klingelte an der Haustür, welche sich ein paar Sekunden später quietschend öffnete. "Hallo, mein Schatz!" begrüßte meine Mutter mich, und sah mich prüfend an. "Alles in Ordnung bei dir? Du scheinst ziemlich außer Puste zu sein."

"Jaja, alles gut." erwiderte ich. "Ich bin nur bis hier hergerannt." Ihr Blick durchbohrte mich wie ein scharfer Dolch. Meiner Mutter entging wirklich nichts. Allerdings schien sie sich dieses mal dafür zu entscheiden, mich nicht weiter auszuquetschen.

"Komm rein! Es gibt Spaghetti mit Ragout und Salat." Sie schob mich in das Haus. Als wir über den Flur liefen, knirschte dieser verdächtig laut. Da das Haus schon mehrere Jahrzehnte alt war, konnte das auch kein Wunder sein. 

Ich wusch mir die Hände, und deckte gleich darauf den Tisch. Allerdings schwirrten so viele Gedanken in meinem Kopf herum, dass ich anstatt Gabeln Messer deckte. (Echt mal, wer isst seine Spaghetti schon mit einem Messer?) Glücklicherweise bemerkte ich es rechtzeitig, und holte das richtige Besteck heraus.

Während des Essens redeten wir nicht viel. Das taten wir nie. Zum einen, weil es sowieso nicht viel zum reden gab. Zum anderen, weil ich das Essen immer so schnell herunterschlang, dass mir gar keine Zeit zum Reden blieb. Schließlich war meine Mutter die beste Köchin auf der ganzen weiten Welt.

"Mama? Kann ich nach oben gehen? Ich muss noch Hausaufgaben machen..." sagte ich, nachdem ich das Essen heruntergeschlungen hatte. (Jaja, das ist nicht gut, und das sollte man eigentlich auch nicht machen.)

Sie seufzte nur. "Na gut. Aber räum noch deinen Teller auf, okay?" Ich nickte, und tat wie geheißen. Normalerweise hätte ich noch bei dem Abwasch helfen müssen, aber heute schien meine Mutter guter Laune zu sein.

Ich rannte die Treppen hoch, in mein Zimmer. Natürlich hatte ich nicht vor, Hausaufgaben zu machen. Das nahm ich immer nur als Ausrede, um schnell in mein Zimmer zu kommen. So langsam müsste meine Mutter das eigentlich gemerkt haben, doch sie ließ die Ausrede immer wieder durchgehen.

Als ich das Buch aus dem Rucksack holte, klopfte mein Herz wie verrückt. Das Buch hatte einen schönen Ledereinband, und auf der Vorderseite stand in goldener, geschwungener Schrift: Griechenland.

"Hm..." Leise seufzte ich. Ich hatte gehofft, eine Geschichte mit Zeitreisen zu finden. So ein Reinfall aber auch...Lustlos blätterte ich in dem großem Buch. Jede Menge Landkarten, darunter auch wirklich verrückte Bilder. Aber eigentlich nichts interessantes.

Ich zog mich um und kroch ins Bett. Morgen würde ich das Buch in die Bibliothek zurückbringen. Auch wenn die Bibliothekarin wahrscheinlich wieder ausrasten, und ich einen riesen Ärger bekommen würde. 

Das Buch lag noch immer offen auf dem Schreibtisch.

Und es strahlte ein schwaches Leuchten von sich aus.

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